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UMGRÜNDUNGEN | Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie ante portas!

Die „EU-Mobilitätsrichtlinie“ regelt bzw vereinheitlicht grenzüberschreitende Umgründungen von Kapitalgesellschaften innerhalb des EU- bzw EWR-Raumes und sollte grundsätzlich bis 31.1.2023 in nationales Recht umgesetzt werden. In Österreich soll dies mit einem Gesellschaftsrechtlichen Mobilitätsgesetz (GesMobG) erfolgen, dessen Herzstück das EU-Umgründungsgesetz (EU-UmgrG) darstellt. Das Gesetzespaket liegt derzeit erst als Ministerialentwurf des zuständigen Justizministeriums vor (die Begutachtungsfrist endete am 24.2.2023). Mit dem neuen EU-UmgrG sollen die Gestaltungsmöglichkeiten für grenzüberschreitende Umgründungen (derzeit insbesondere Verschmelzungen nach dem EU-Verschmelzungsgesetz) um grenzüberschreitende Umwandlungen und Spaltungen erweitert werden. Wenngleich der Gesetzwerdungsprozess noch einige Wochen bzw Monate dauern dürfte, möchten wir im nachfolgenden Beitrag bereits einen ersten Überblick über die Kerninhalte der geplanten Richtlinienumsetzung in Österreich geben.

Europarechtliche Vorgaben


Mit der Richtlinie (EU) 2019/2121 betreffend grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen (idF kurz „EU-Mobilitätsrichtlinie“) werden die bislang bestehenden Möglichkeiten für grenzüberschreitende Umgründungen von Kapitalgesellschaften innerhalb des Gemeinschaftsgebietes und des EWR-Raumes erweitert. Sie umfasst neben den bislang schon möglichen Verschmelzungen nunmehr auch grenzüberschreitende Umwandlungen (Sitzverlegungen) und Spaltungen.

Die EU-Mobilitätsrichtlinie sollte bereits bis zum 31.1.2023 durch die Mitgliedstaaten in innerstaatliches Recht umgesetzt werden.
 

Ministerialentwurf für ein Gesellschaftsrechtliches Mobilitätsgesetz (GesMobG)


​​​​​​​Ungeachtet der von der EU vorgegebenen Umsetzungsfrist hat das zuständige österreichische Justizministerium erst am 20.1.2023 den Ministerialentwurf für ein „Bundesgesetz, mit dem zur Umsetzung der Gesellschaftsrechtlichen Mobilitäts-Richtlinie 2019/2121 ein Bundesgesetz über grenzüberschreitende Umgründungen von Kapitalgesellschaften in der Europäischen Union (EU-Umgründungsgesetz – EU-UmgrG) erlassen wird und mit dem das Firmenbuchgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Übernahmegesetz sowie das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (Gesellschaftsrechtliches Mobilitätsgesetz – GesMobG)“ veröffentlicht (mit einer Begutachtungsfrist bis 24.2.2023).

Der Gesetzwerdungsprozess zur sohin überfälligen Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie in Österreich wird daher noch einige Wochen bzw Monate in Anspruch nehmen. Nichtsdestotrotz möchten wir nachfolgend bereits die drei wesentlichen Anwendungsbereiche des EU-UmgrG für grenzüberschreitenden Umgründungen von Kapitalgesellschaften kurz darstellen:

Grenzüberschreitende Verschmelzungen

Grenzüberschreitende Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften im EU- und EWR-Raum sind in Österreich bereits durch das EU-Verschmelzungsgesetz (EU-VerschG – BGBl I Nr. 2007/72 idgF) geregelt. Diese Bestimmungen werden nunmehr im Wesentlichen in das EU-UmgrG übernommen und adaptiert (und das bisherige EU-VerschG sodann aufgehoben).

Wie bereits im EU-VerschG vorgesehen, sollen sowohl Hinaus-Verschmelzungen (Verschmelzung einer ​​​​​​​inländischen Kapitalgesellschaft aus Österreich hinaus) als auchHerein-Verschmelzungen (Verschmelzung einer EU-/EWR- Kapitalgesellschaft nach Österreich herein) vom Anwendungsbereich des EU-UmgrG umfasst werden. Als Verschmelzungen iSd EU-UmgrG sind sowohl Verschmelzungen zur Aufnahme als auch zur Neugründung zu verstehen. Als übertragende Gesellschaft(en) können eine oder mehrere Gesellschaften fungieren.

​​​​​​​Grenzüberschreitende Umwandlungen (Sitzverlegungen)

Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Sitzverlegung ist anzumerken, dass nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes (vgl ua EuGH 25.10.2017, C-106/16, Rs Polbud) grenzüberschreitende Verlegungen des Statutarsitzes aufgrund der EU-rechtlich gebotenen Niederlassungsfreiheit bereits bisher als zulässig anzusehen waren. Durch Aufnahme in die EU-Mobilitätsrichtlinie und in der Folge in das österreichische EU-UmgrG soll nunmehr ein förmlicher Rechtsrahmen bzw entsprechende Rechtssicherheit für Sitzverlegungen innerhalb des Gemeinschaftsgebietes bzw des EWR-Raumes geschaffen werden.

Im EU-UmgrG wird die grenzüberschreitende Sitzverlegung alsUmwandlung“ bezeichnet, da sich durch eine Sitzverlegung in einen anderen Staat naturgemäß die Rechtsform der Kapitalgesellschaft verändert. Hingegen behält die betreffende Gesellschaft weiterhin ihre eigene Rechtspersönlichkeit bei. So kann zum Beispiel eine österreichische GmbH durch Sitzverlegung zu einer französischen SARL werden. Durch das EU-UmgrG sollen zukünftig Herein-Umwandlungen (Sitzverlegung nach Österreich herein) ebenso wie Hinaus-Umwandlungen (Sitzverlegung aus Österreich hinaus) erfasst werden.

Grenzüberschreitende Spaltungen (zur Neugründung)

Bisher waren grenzüberschreitende Spaltungen nicht unmittelbar, sondern nur über Umwege möglich. Dabei erfolgte im ersten Schritt eine innerstaatliche Spaltung und in einem zweiten Schritt sodann eine grenzüberschreitende Sitzverlegung oder Verschmelzung. Durch die EU-Mobilitätsrichtlinie wurde nunmehr ein Instrumentarium für (unmittelbare) grenzüberschreitende Spaltungen geschaffen.

In den Anwendungsbereich des EU-UmgrG sollen jedoch nur Spaltungen zur Neugründung fallen. Darunter sind Abspaltungen und Aufspaltungen zur Neugründung zu verstehen. Eine Spaltung zur Aufnahme ist hingegen nicht vorgesehen. Diese muss daher auch weiterhin in einem zweistufigen Vorgang (innerstaatliche Spaltung und anschließende grenzüberschreitende Verschmelzung) erfolgen. Wie für Verschmelzungen und Umwandlungen, umfasst das EU-UmgrG sowohl grenzüberschreitende Herein-Spaltungen als auch grenzüberschreitende Hinaus-Spaltungen.
 

Änderungen im Steuerrecht


Das vorliegende EU-UmgrG umfasst nur gesellschaftsrechtliche Regelungen. Es ist daher zu erwarten, dass in nächster Zeit auch das österreichische Steuerrecht, insb. durch entsprechende Anpassungen im Umgründungssteuergesetz (UmgrStG), nachziehen wird. Änderungen sind vor allem zu Artikel VI (Spaltungen), insbesondere im Hinblick auf eine steuerliche Ent- und Verstrickung, zu erwarten.

Nicht zu verwechseln sind die im EU-UmgrG vorgesehenen „Umwandlungen“ mit Umwandlungen nach dem österreichischen Umwandlungsgesetz (UmwG) bzw Umgründungssteuergesetz (Artikel II UmgrStG). Umwandlungen nach dem gesellschaftsrechtlichen EU-UmgrG sind daher nicht vom steuerlichen UmgrStG umfasst. Steuerliche Auswirkungen können sich daher nur nach allgemeinem Ertragsteuerrecht ergeben (insb. Wegzugs- bzw Zuzugsregelungen gemäß § 6 Z 6 EStG).
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​​​​​​​FAZIT


​​​​​​​Im Ergebnis ist festzuhalten, dass durch das - derzeit erst als Ministerialentwurf des BMJ vorliegende - EU-UmgrG ein einheitlicher gesellschaftsrechtlicher Rahmen für grenzüberschreitende Umgründungen von Kapitalgesellschaften geschaffen wird. Die von der Neuregelung umfassten Maßnahmen waren bisher, abgesehen von EU-Verschmelzungen, nur auf Grundlage der EuGH-Judikatur oder über Umweggestaltungen möglich. Durch die Neuregelungen bzw Zusammenfassung im EU-UmgrG sollen insbesondere Rechtsanwender künftig von einer verbesserten Rechtssicherheit profitieren.

Abzuwarten bleibt, wann und wie die steuerlichen Begleitmaßnahmen (insb. Novellierung des UmgrStG) erfolgen werden.

Die Gesetzwerdung (Regierungsvorlage und Behandlung bzw Beschlussfassung im Parlament) bleibt abzuwarten. Über die weitere Entwicklung bzw Umsetzung des EU-Umgründungsrechts werden wir Sie natürlich auch weiterhin auf dem Laufenden halten.

Für weitere Fragen stehen Ihnen die Verfasser dieses Beitrages sowie auch die übrigen Ansprechpartner unserer Service Linie Mergers & Acquisitions gerne zur Verfügung.