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WERBUNGSKOSTEN | Schadenersatz für Kartellstrafe abzugsfähig?

Rathmair Melanie  |  Winkler Harald

Strafen und Geldbußen, die von Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Organen der Europäischen Union verhängt werden, sind steuerlich nicht abzugsfähig. Davon zu unterscheiden bzw abzugrenzen sind andere Aufwendungen in einem solchen Zusammenhang, für die unter gewissen Voraussetzungen eine ertragsteuerliche Abzugsfähigkeit zugestanden wird. In einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzgerichts hatte ein ehemaliger Arbeitnehmer eine ihm von seinem damaligen Arbeitgeber auferlegte Vergleichszahlung zur anteiligen Schadenswiedergutmachung nach einem kartellrechtlichen Verfahren als Werbungskosten geltend gemacht und wurde dies vom BFG als zulässig anerkannt. 

Nach dem Einkommensteuergesetz gehören Strafen und Geldbußen, die von Gerichten, Verwaltungsbehörden oder den Organen der Europäischen Union verhängt werden, zu den nichtabzugsfähigen Aufwendungen bzw Ausgaben (§ 20 Abs 1 Z 5 lit b EStG). In Kartellstrafverfahren ist jedoch für den – von der Strafe ieS zu unterscheidenden – sog. „Abschöpfungsanteil“ unter bestimmten Voraussetzungen die ertragsteuerliche Abzugsfähigkeit zu bejahen, während EU-Kartellstrafen zur Gänze nicht abzugsfähig sind (vgl dazu bereits unseren NL-Beitrag vom 18.08.2014: ERTRAGSTEUERN | EU-Kartellstrafen zur Gänze nicht abzugsfähig). Demgegenüber sind – jedenfalls bei Kapitalgesellschaften – Verteidigungskosten iZm Geldbußen aus EU-Wettbewerbsverstößen als Betriebsausgaben abzugsfähig und steht hiefür auch ein Vorsteuerabzug zu (vgl dazu unseren NL-Beitrag vom 14.11.2016: KAPITALGESELLSCHAFTEN | Verteidigerkosten iZm Kartellstrafen abzugsfähig!; die gegen diese BFG-Entscheidung eingebrachte Amtsrevision wurde vom VwGH am 22.3.2018, Ro 2017/15/0001 und 0002, als unbegründet abgewiesen).

In einer aktuellen Entscheidung hatte sich das Bundesfinanzgericht nunmehr mit Arbeitnehmerzahlungen iZm kartellrechlichen Verfahren auseinanderzusetzen:

Entscheidung des Bundesfinanzgerichts (BFG 2.4.2019, RV/7104966/2016)

 

Ausgangslage des Judikats war, dass über den ehemaligen Arbeitgeber wegen kartellrechtswidriger Preisabsprachen vom Gericht eine relativ hohe Geldbuße verhängt wurde und daraufhin ein ehemaliger Arbeitnehmer im Vergleichswege eine Schadenersatzzahlung aufgrund seines beruflichen Fehlverhaltens an seinen ehemaligen Arbeitgeber leistete.

Der ehemalige Prokurist hat die in diesem Zusammenhang getätigten Zahlungen (Schadenersatz zuzüglich Rechtsanwaltskosten) als Werbungskosten geltend gemacht. Das Finanzamt versagte jedoch die Abzugsfähigkeit mit Hinweis auf § 20 EStG.

Werbungskosten sind Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen (vgl dazu im Detail auch unsere Artikelserie im letzten Jahr, zuletzt den NL-Beitrag „LOHNABGABEN | Werbungskosten vermindern die Steuerbelastung (II)“ vom 13.5.2018). Schadenersatzleistungen sind dann als Werbungskosten zu betrachten, wenn die Ersatzpflicht ihren Ursprung im Dienstverhältnis hat. Daraus ergibt sich, dass das Fehlverhalten der betrieblichen bzw beruflichen Sphäre zurechenbar sein muss (vgl etwa VwGH 13.9.2006, 2002/13/0091). Das unrichtige Verhalten darf hingegen nicht infolge „privater“ Gründe bewusst pflichtwidrig gesetzt worden sein.

Das BFG anerkannte im vorliegenden Fall, dass die gesetzte Handlung der Annahme der Vergleichszahlung nicht eindeutig dahingehend auszulegen ist, dass ein Fehlverhalten vorgelegen hat bzw dass dieses bewusst rechtswidrig war. Zusätzlich war aus der Beweislage kein Indiz ersichtlich, dass der Steuerpflichtige aus privaten Interessen gehandelt hätte. Ein allfälliges Fehlverhalten ist daher unzweifelhaft der beruflichen Sphäre des ehemaligen Prokuristen zuzuordnen (erwerbsbezogener Veranlassungszusammenhang). Die Vergleichszahlung wurde akzeptiert, um einen drohenden Zivilprozess auf Schadenersatz abzuwenden.  Infolgedessen sind auch die gegenständlichen Vergleichszahlungen als beruflich veranlasst anzusehen und demzufolge als Werbungskosten abzugsfähig.

Weiters ist hervorzuheben, dass § 20 Abs 1 Z 5 lit b EStG ausdrücklich Strafen und Geldbußen für nichtabzugsfähig erklärt, der gegenständlichen Vergleichszahlung jedoch kein Strafcharakter zukommt.

Im Ergebnis sind daher aus beruflicher Veranlassung resultierende Vergleichszahlungen als Werbungskosten absetzbar. Etwaige Rechts- und Beratungskosten sind den Vergleichszahlungen zuzuordnen und demgemäß ebenfalls abzugsfähig.