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BETEILIGUNGEN | VwGH contra BMF zum „aufgespaltenen Konzernerwerb“

Wesentliche Voraussetzung für den Zinsenabzug iZm fremdfinanzierten Beteiligungserwerben wie auch für die Firmenwertabschreibung im Rahmen der Gruppenbesteuerung (für Beteiligungserwerbe bis 28.2.2014) ist, dass die betreffenden Beteiligungen von einem fremden Dritten und nicht bloß konzernintern erworben wurden. Die diesbezüglichen gesetzlichen Konzern(ausschluss)klauseln werden seitens der Finanzverwaltung in wirtschaftlicher Betrachtungsweise sehr weitgehend bzw streng ausgelegt. Dies insbesondere auch hinsichtlich einer mehrstufigen Vorgangsweise beim Erwerb mehrerer Beteiligungen von einem fremden Konzern (sog. aufgespaltener Konzernerwerb), wo der Verwaltungsgerichtshof den Rechtsansichten des BMF in den Körperschaftsteuerrichtlinien nunmehr Einhalt geboten hat.

Die Abzugsfähigkeit von Fremdfinanzierungszinsen (gemäß § 11 Abs 1 Z 4 iVm § 12 Abs 1 Z 9 KStG) sowie auch die auslaufende Firmenwertabschreibung im Rahmen der Gruppenbesteuerung für Beteiligungsanschaffungen bis 28.2.2014 (gemäß § 9 Abs 7 iVm § 26c Z 47 KStG) samt jeweiligem Ausschluss von konzerninternen Beteiligungstransaktionen gehören sicherlich zu den „Dauerbrennern“ im Körperschaftsteuerrecht. Demgemäß haben auch wir im Rahmen unseres Newsletters schon mehrmals über aktuelle Entwicklungen zu diesem Themenkomplex informiert (vgl zuletzt unseren NL-Beitrag „BETEILIGUNGEN | Kein Konzernausschluss für Treuhanderwerbe!“ vom 21.4.2020).

Aufgespaltener Konzernerwerb 

Einen besonderen Aspekt stellt in diesem Zusammenhang die Vorgangsweise beim Erwerb mehrerer Beteiligungen bzw Beteiligungsketten von einem fremden Konzern dar, weil sich hier die Frage stellt, inwieweit diesfalls – ua auch im Lichte von steuerlichen Optimierungsüberlegungen - die Zielobjekte einzeln erworben werden können oder dies in einer wirtschaftlicher Betrachtungsweise dennoch als gesamthafter Vorgang anzusehen wäre (sog. „aufgespaltener Konzernerwerb“) und dies ggfs zu anderen steuerlichen Ergebnissen führen kann (zB nur Beteiligung an der Obergesellschaft wird als Fremderwerb anerkannt, während die Umstrukturierung des miterworbenen Unterbaus bereits als uU schädliche konzerninterne Vorgänge anzusehen wären?). 

Die Finanzverwaltung vertritt dazu eine relativ restriktive Rechtsansicht, die in den Körperschaftsteuerrichtlinien (KStR) wie folgt formuliert ist: 

Rz 1127 KStR (betr. Konzernausschlusstatbestand bei der Firmenwertabschreibung iS § 9 Abs 7 KStG) lautet: „Ein Erwerb von einer konzernzugehörigen Körperschaft liegt auch dann vor, wenn der einheitliche wirtschaftliche Vorgang des Erwerbs eines Konzerns rechtlich derart "aufgespalten" wird, dass zunächst die inländischen Beteiligungen und erst danach die restlichen Konzerngesellschaften erworben werden.“ 

Rz 1266 af KStR (betr. Konzernausschlusstatbestand beim Zinsenabzug iS § 12 Abs 1 Z 9 KStG) lautet analog: „Ein für die Abzugsfähigkeit schädlicher konzerninterner Beteiligungserwerb einer Körperschaft liegt auch dann vor, wenn der einheitliche wirtschaftliche Vorgang des Erwerbs eines Konzerns rechtlich derart "aufgespalten" wird, dass zunächst die inländischen Beteiligungen und erst danach die restlichen Konzerngesellschaften erworben werden (siehe auch Rz 1127 zur Konzernklausel bei der Firmenwertabschreibung in der Unternehmensgruppe).“ 

Mit einem solcherart „aufgespaltenen Konzernerwerb“ hatte sich unlängst auch der Verwaltungsgerichtshof zu befassen:

Der Rechtsmittelfall

Sachverhalt 

Eine „T-Gruppe“ erwarb von einem (fremden) „W-Konzernmehrere Beteiligungen wie folgt (Sachverhalt auf entscheidungsrelevante Aspekte verkürzt): 

Schritt 1: Mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 17.8.2010 (samt Ergänzung vom 25.11.2010) erwarb eine österreichische Konzerngesellschaft der T-Gruppe 99 % der Anteile an einer österreichischen Gesellschaft des W-Konzerns („Zielgesellschaft“). Dies unter dem Vorbehalt verschiedener aufschiebender Bedingungen in Zusammenhang mit Schritt 2 (insb. vollständige Entrichtung des Kaufpreises für den Beteiligungserwerb in Schritt 2). Die Übertragung des zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Eigentums der Beteiligung an der Zielgesellschaft erfolgte am 22.12.2010. (Im Anschluss daran wurde zwischen Erwerberin und Zielgesellschaft eine körperschaftsteuerliche Unternehmensgruppe begründet.) 

Schritt 2: Mit demselben (!) Kauf- und Abtretungsvertrag erwarb die T-Gruppe durch die Muttergesellschaft der obigen Erwerberin vom W-Konzern 94,9 % der Anteile an der deutschen Großmuttergesellschaft der österreichischen Zielgesellschaft. Die zivilrechtliche und wirtschaftliche Übertragung dieser Anteile erfolgte ebenfalls am 22.12.2020. 

Die Finanzverwaltung sah in diesem „aufgespaltenen Konzernerwerb“ in wirtschaftlicher Betrachtungsweise bzw im Sinne der KStR ein einheitliches Geschäft, welches auf den Erwerb des gesamten W-Konzerns abzielte (deutsche Großmuttergesellschaft samt deren Beteiligungen). Insbesondere auch aufgrund der oa aufschiebenden Bedingung iZm der Kaufpreisentrichtung sei ein isolierter Erwerb der österreichischen Zielgesellschaft gar nicht möglich gewesen. Dieser Beteiligungserwerb sei daher erst in der Sphäre der erwerbenden T-Gruppe und somit konzernintern erfolgt, sodass sowohl der Zinsenabzug als auch die Firmenwertabschreibung für die österreichische Zielgesellschaft versagt wurden. 

Das Bundesfinanzgericht (BFG 25.10.2018, RV/7102978/2018) wies auf das Vorliegen einer sog. „aufgespaltenen Konzernübernahme“ hin, für deren steuerliche Würdigung jedoch vorrangig eine Wortinterpretation des § 9 Abs 7 KStG anzuwenden und demgemäß keine Anschaffung von einemkonzernzugehörigen Unternehmen“ erfolgt sei, zumal die „veräußernden Gesellschaften“ im Zeitpunkt der Übertragung der Anteile an der österreichischen Zielgesellschaft (noch) nicht Teil der erwerbenden T-Gruppe waren. Auch sei das für den Beteiligungserwerb maßgebliche wirtschaftliche Eigentum an der deutschen Großmuttergesellschaft NICHT vor jenem an der österreichischen Zielgesellschaft übergegangen und sei auch kein Auseinanderfallen von zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum feststellbar gewesen. Schließlich hat das BFG in der Vorgangsweise auch keinen Missbrauch iS § 22 BAO erkannt. Demgemäß wurde der Beschwerde der Steuerpflichtigen sowohl hinsichtlich Firmenwertabschreibung als auch Abzugsfähigkeit der Fremdfinanzierungskosten stattgegeben. 

Gegen diese BFG-Entscheidung hat die Finanzverwaltung eine Amtsrevision an das Höchstgericht adressiert: 

Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 6.7.2020, Ro 2019/13/0018) 

Der VwGH erläuterte zunächst die maßgeblichen Gesetzesbestimmungen in § 9 Abs 7 KStG sowie § 11 Abs 1 Z 4 KStG und wies insbesondere auf die jeweiligen Erläuterungen zu den szt Regierungsvorlagen hin, woraus hervorgehe, dass durch die Konzernausschlusstatbestände wirklich nur unerwünschte Gestaltungen im Konzern (konzerninterne Beteiligungsübertragungen) hintangehalten werden sollten. 

Die darüber hinausgehenden Restriktionen in den Körperschaftsteuerrichtlinien in Zusammenhang mit Erwerbsvorgängen mit fremden Dritten stoßen in der Literatur insbesondere deshalb auf Ablehnung, weil der Ausschlusstatbestand im Zeitpunkt der Anschaffung einer Beteiligung erfüllt sein müsse und es dabei auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums ankomme. Bei einem „gestaffeltenKonzernerwerb liege im Anschaffungszeitpunkt KEIN Erwerb im Konzern vor. Weiters wird auch auf den Gesetzeszweck einer Vermeidung unerwünschter Gestaltungen hingewiesen. Das Höchstgericht sah das auch so und führte insbesondere Folgendes aus:

„21 Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich diesen Literaturstimmen an. Der enge zeitliche und inhaltliche Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Zielgesellschaft und dem restlichen Konzern führt auch in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht zu einem Erwerb von einem aus der Sicht der Erwerberin konzernzugehörigen Unternehmen. Ob im Revisionsfall tatsächlich ein „gestaffelterKonzernerwerb stattgefunden hat, kann dahin gestellt bleiben. Auch der gleichzeitige Erwerb aller Konzerngesellschaften würde nämlich immer noch eine fremdbezogene Anschaffung darstellen, weil im Anschaffungszeitpunkt kein die Erwerberin einschließender Konzern im Sinne des § 15 AktG vorläge (vgl. zum Konzernbegriff im Rahmen des § 9 Abs. 7 KStG 1988 VwGH 31.1.2018, Ro 2016/15/0020). Ein „schädlicherKonzernerwerb im Sinne des § 9 Abs. 7 KStG 1988 liegt somit nur dann vor, wenn zum Zeitpunkt der Anschaffung der Beteiligung an der inländischen Zielgesellschaft bereits ein Konzernverhältnis zwischen veräußernder und erwerbender Gesellschaft bestand oder Käufer und Verkäufer zu diesem Zeitpunkt unmittelbar oder mittelbar von demselben Gesellschafter beherrscht wurden.

22 Dies gilt auch für das Erfordernis der fremdbezogenen Anschaffung beim Fremdkapitalzinsenabzug im Sinne des § 11 Abs. 1 Z 4 KStG 1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010.

23 Auch aus dem Zweck der Ausnahmebestimmungen in § 9 Abs. 7 und § 11 Abs. 1 Z 4 KStG 1988 ist nicht ersichtlich, dass eine Konstellation wie die revisionsgegenständliche in deren Anwendungsbereich fallen sollte. Aus den Erläuterungen ergibt sich, dass der Gesetzgeber offenbar reine Konzerngestaltungen verhindern wollte, bei denen Beteiligungen im Rahmen von Veräußerungsvorgängen innerhalb eines bestehenden Konzerns verschoben werden, um eine Firmenwertabschreibung oder einen Fremdkapitalzinsenabzug zu ermöglichen. Im Revisionsfall wurde aber ein gesamter Konzern seitens der T-Gruppe von der nicht finanziell verbundenen und auch keinen beherrschenden Einfluss ausübenden C-Gruppe erworben. Es handelt sich dabei gerade nicht um eine Gestaltung, mit der zwecks Generierung von Firmenwertabschreibung und Fremdkapitalzinsenabzug Beteiligungen innerhalb eines schon bestehenden Konzerns verschoben werden. Im vorliegenden Fall liegt keine vom Gesetz verpöntekünstlicheGenerierung von Firmenwertabschreibung und Fremdfinanzierungszinsen vor, sondern der Erwerb eines dem Konzern der Erwerberin fremden Unternehmens, für den die streitgegenständlichen Begünstigungen nach dem Willen des Gesetzgebers zustehen sollten. …“

Der VwGH hat die Revision daher als unbegründet abgewiesen. 

Conclusio

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit dem obzitierten Erkenntnis klargestellt, dass die Konzernausschlusstatbestände für den Fremdfinanzierungsabzug bzw auch für die auslaufende Firmenwertabschreibung nur auf unerwünschte Gestaltungen iZm echten konzerninternen Beteiligungstransfers abzielen, nicht hingegen auf (uU auch mehrfache) Beteiligungserwerbe von fremden Dritten, mit denen im Anschaffungszeitpunkt (Übergang des wirtschaftlichen Eigentums) kein Konzernverhältnis besteht. Dies gilt grundsätzlich auch für gleichzeitige bzw „gestaffelte“ Beteiligungs- bzw Konzernerwerbe. 

Die darüber hinausgehenden Restriktionen in den Körperschaftsteuerrichtlinien entsprechen daher NICHT dem Willen des Gesetzgebers, sodass insbesondere eine Änderung bzw Streichung der Randziffern 1127 sowie 1266af KStR geboten ist. 

Für Fragen zu diesem mitunter komplexen Themenbereich stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen ExpertInnen der Service Line "Corporate Tax​​​​​​​" gerne zur Verfügung.