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AUSLANDSVERLUSTE | Probleme in Zusammenhang mit "Tax Holidays"

Unter gewissen Voraussetzungen können die in ausländischen Betriebsstätten und Tochtergesellschaften erzielten Verluste bei der österreichischen Besteuerungsgrundlage abgezogen werden. Die Finanzverwaltung versucht jedoch zusehends, dieses "Welteinkommensprinzip" durch restriktive Auslegung der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen zurückzudrängen. Insbesondere im Falle von steuerlichen Sonderbegünstigungen im jeweiligen Ausland.


Die gesetzlichen Regelungen

Mit den bestehenden Gesetzesbestimmungen zur Verrechnung von Auslandsverlusten im Inland soll es grundsätzlich zu einer (zeitnahen) Einmalberücksichtigung kommen, hingegen zu keiner Mehrfachverwertung:

Gemäß § 2 Abs 8 Z 3 EStG sind, soweit ausländische Einkünfte für inländische Besteuerungszwecke zu berücksichtigen sind (insb. also Einkünfte aus ausländischen Personengesellschaften und Betriebsstätten, wobei dies aufgrund der VwGH-Rechtsprechung nicht nur für DBA mit Anrechnungsmethode sondern auch für die Befreiungsmethode gilt) "im Ausland nicht berücksichtigte Verluste" grundsätzlich zwingend anzusetzen. Hingegen kommt es in späteren Jahren wieder zu einer entsprechenden Erhöhung der Inlandseinkünfte (Nachversteuerung), insoweit zuvor angesetzte Verluste im Ausland ganz oder teilweise berücksichtigt werden (könnten).

Gemäß § 9 Abs 6 Z 6 KStG ist eine (nur) temporäre Auslandsverlustverwertung auch im Rahmen der Gruppenbesteuerung möglich, wobei die Verluste ausländischer Gruppenmitglieder im Ausmaß der prozentuellen Beteiligung im Inland "zuzurechnen" sind. Die inländische Nachversteuerung in der Gruppe ist jedoch wesentlich strenger geregelt, zumal sie nicht nur im Falle einer möglichen Verlustverwertung im Ausland sondern auch bei (tatsächlichem oder wirtschaftlichem) Ausscheiden des Auslandsgruppenmitglieds aus der KöSt-Gruppe schlagend wird (grds keine "finale" Auslandsverlustverwertung im Inland).

Die Verwaltungspraxis

- Rechtsansichten zu § 2 Abs 8 Z 3 EStG:
Bereits mit dem Wartungserlass 2010 hat eine neue Rz 211 EStR in die Einkommensteuerrichtlinien Eingang gefunden, worin ua ausgeführt wird, dass für ausländische Einkünfte, die nach ausländischem Recht generell steuerbefreit sind (zB sog. "Tax Holidays"), eine Verlustberücksichtigung im Inland von vornherein zu unterbleiben habe. Die Finanzverwaltung argumentierte diese - schon damals heftig umstrittene - Einschränkung damit, dass "in typisierender Betrachtung" davon auszugehen sei, dass den Verlusten steuerlich nicht zu erfassende Gewinne in zumindest gleicher Höhe gegenüberstünden und im Hinblick auf die generelle Steuerbefreiung für Gewinne "in steuerlicher Gesamtbetrachtung keine Verminderung der Leistungsfähigkeit" vorliege. Wie fragwürdig diese Begründung ist, wird besonders in Fällen einer nachhaltigen Verlustsituation augenscheinlich, zumal diesfalls ja die Steuerbefreiung für Gewinne gar nicht zum Tragen kommt.

- Rechtsansichten zu § 9 Abs 6 Z 6 KStG:
Im Rahmen des diesjährigen "Salzburger Steuerdialog" wurde finanzintern nunmehr diskutiert (und in der "Ergebnisunterlage" vom 6.10.2011, BMF-010216/0040-VI/6/2011, protokolliert), inwieweit Verluste ausländischer Gruppenmitglieder in Ländern mit "Tax Holidays" von einer auch nur temporären Verlustverwertung ausgeschlossen sind oder wie im Berücksichtigungsfalle eine sachgerechte Nachversteuerung zu erfolgen hat. Konkret wurden inhaltlich höchst unterschiedliche Steuerbegünstigungsregime in den drei Ländern Serbien (Steuerfreistellung erst nach getätigten Großinvestitionen bzw Arbeitsplatzschaffung), Polen (Steuerfreistellung für Ansiedelung in Sonderwirtschaftszone) und Estland (keine Ertragsbesteuerung für thesaurierende Gesellschaften) analysiert. Nach Ansicht der Finanzverwaltung sei eine vorübergehende Auslandsverlustverwertung im Inland nur dann zulässig, wenn die ausländische Steuerfreistellung bzw Nichterhebung erst mit Erfüllung aufschiebender Bedingungen im Zeitablauf eintritt; mit Eintritt in die "Tax Holidays" werde hingegen auch der Nachversteuerungstatbestand im Inland verwirklicht (hier: Serbien). Ist die Nichtbesteuerung im Ausland hingegen von vornherein gewährleistet, sei auch eine Auslandsverlustverwertung in der KöSt-Gruppe von vornherein ausgeschlossen (hier: Estland und Polen; letzteres ist ein von der ICON betreuter BP-Fall). Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Ergebnisse des Sbg Steuerdialogs auch in die Körperschaftsteuerrichtlinien Eingang finden werden.


Schlussfolgerungen und Empfehlungen

Mangels gesetzlicher Einschränkungen bzw nach dem Sinn und Zweck der einkommen- und körperschaftsteuerlichen Auslandsverlustverwertungsregelungen (insb. mit Gesamteinkommen korrespondierende Gesamtsteuerbelastung, Leistungsfähigkeitsprinzip, Einmalberücksichtigung von Verlusten) sollte eine zumindest vorübergehende Berücksichtigung auch für Verluste aus Ländern mit "Tax Holidays" uE sehr wohl möglich sein. Die konkrete Anwendung ist freilich in jedem länderspezifischen Einzelfall zu prüfen. Eine gänzliche Nichtberücksichtigung solcher Auslandsverluste wird insbesondere in solchen Fällen unzulässig sein, wo die Verluste per Saldo höher sind als die Gewinne. Die Geltendmachung von Auslandsverlusten auch aus Tax-Holiday-Ländern ist uE daher zweifelsohne eine vertretbare Rechtsauffassung, sollte angesichts der restriktiven und veröffentlichten Verwaltungspraxis jedoch ggfs in der Steuererklärung entsprechend offengelegt werden. Nach dem Grundsatz der Einmalverwertung für Auslandsverluste werden im Falle späterer Gewinne (ungeachtet der Begünstigungen im Ausland) die Regelungen zur inländischen Nachversteuerung sinngemäß zu beachten sein.