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BILANZIERUNG | Latente Steuern nach dem RÄG 2014

Mit unserer Artikelserie informieren wir Sie bereits seit Herbst letzten Jahres laufend über die bevorstehenden Neuerungen durch das Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014. Erfahren Sie im nachfolgenden Beitrag nähere Details zur Behandlung latenter Steuern. 

Wie bereits im Begutachtungsentwurf vorgesehen, wird mit der Endfassung des RÄG 2014 das bisherige Ansatzwahlrecht für aktive latente Steuern fallen. Bisher bestand lediglich für passive latente Steuern eine Ansatzpflicht, während aktive latente Steuern wahlweise angesetzt werden durften. § 198 Abs 9 und 10 UGB idF RÄG 2014 sieht nunmehr auch für aktive latente Steuern eine Ansatzpflicht vor. Diese neue Ansatzpflicht der aktiven latenten Steuern betrifft jedoch nur mittelgroße und große Kapitalgesellschaften. Für kleine Kapitalgesellschaften besteht hingegen auch weiterhin ein bloßes Ansatzwahlrecht.

Das österreichische Bilanzrecht lehnt sich mit dem RÄG 2014 bei der Neuregelung der latenten Steuern zum einen an die entsprechende Bestimmung in § 274 dHGB und zum anderen an die internationalen Rechnungslegungsvorschriften des IAS 12 an. Durch das RÄG 2014 kommt es insbesondere zum Wechsel vom bisher GuV-orientierten „timing concept“ hin zum bilanz- und zukunftsorientierten temporary concept“. Somit ist es bei der Ermittlung zeitlicher Differenzen zwischen Unternehmens- und Steuerrecht nicht mehr relevant, ob diese ergebniswirksam entstanden sind oder nicht. Es ist daher bereits bei der Aufstellung des unternehmensrechtlichen Jahresabschlusses die korrespondierende „Steuerbilanz“ zu ermitteln und gegenüberzustellen.  

Vorgehensweise beim Ansatz latenter Steuern

Nach § 198 Abs 9 und Abs 10 UGB ergeben sich latente Steuern aufgrund von unterschiedlichen Wertansätzen im Unternehmens- und Steuerrecht, soweit sich diese in späteren Geschäftsjahren voraussichtlich wieder auflösen. Die Ermittlung dieser temporären Differenzen erfolgt durch Gegenüberstellung der Bilanzansätze in Unternehmens- und Steuerbilanz und resultiert sowohl aus Bewertungs- als auch Ansatzunterschieden.

Aktive und passive latente Steuern sind, wie bereits bisher, zu saldieren. Ein passiver Überhang ist in der Bilanz unter den Rückstellungen zu erfassen. Der aktive Überhang ist, wie bereits oben erläutert, je nach Größenklasse der Gesellschaft verpflichtend oder wahlweise zu aktivieren. In Anlehnung an IAS 12 ist eine Saldierung nur dann möglich, wenn die latenten Steuern in Verbindung mit Ertragsteuern stehen und von der gleichen Steuerbehörde erhoben werden. Unterschiedliche Fristigkeiten stehen einer Saldierung nicht entgegen.

Die aktiven latenten Steuern werden nach dem RÄG 2014 in der Bilanz nicht mehr unter den Rechnungsabgrenzungen subsumiert, sondern als gesonderter Gliederungspunkt unterhalb der aktiven Rechnungsabgrenzungsposten ausgewiesen.

In der Gewinn- und Verlustrechnung sind die latenten Steuern – gesondert - unter dem Posten „Steuern aus Einkommen und Ertrag“ darzustellen.

Latente Steuern für steuerliche Verlustvorträge

Mit dem RÄG 2014 besteht erstmals die Möglichkeit, auch im Einzelabschluss aktive latente Steuern für steuerliche Verlustvorträge anzusetzen, wenn dabei die Einhaltung des Vorsichtsprinzips gewährleistet wird. Somit kann dieses Wahlrecht nur ausgeübt werden, wenn ausreichend passive latente Steuern vorhanden sind oder „überzeugende substantielle Hinweise“ vorliegen, dass ein ausreichendes zu versteuerndes Ergebnis in Zukunft zur Verfügung stehen wird, wogegen die Verlustvorträge verrechnet werden können. In den erläuternden Bemerkungen zum RÄG 2014 wird hinsichtlich der Beurteilung der Wahrscheinlichkeit, ob künftig ein hinreichendes zu versteuerndes Ergebnis zur Verfügung stehen wird, auf die internationalen Rechnungslegungsgrundsätze in IAS 12.36 verwiesen. In der Praxis wird insbesondere eine entsprechende Steuerplanungsrechnung erforderlich sein, aus der hervorgeht, ob und inwieweit eine Verlustverwertung in den nächsten Jahren erfolgen kann. Eine Konkretisierung des Betrachtungszeitraums ist im Gesetz nicht enthalten. Abzustellen ist hier jedenfalls auf die jeweiligen Gegebenheiten des Unternehmens. Kritisch zu sehen sind nach Expertenmeinungen jedenfalls die damit einhergehenden Anhangangaben, wie zB Ursachen der Entstehung der Verlustvorträge, Erfolgspläne etc.

Ausnahmen vom Ansatz von Steuerlatenzen

Auch hinsichtlich der anerkannten Ausnahmen vom Ansatz latenter Steuern wird in den erläuternden Bemerkungen zum RÄG 2014 auf die Grundsätze des IAS 12 verwiesen.

Latente Steuern, die aus dem erstmaligen Ansatz eines Geschäfts- oder Firmenwerts resultieren, sind gemäß § 198 Abs 10 Z 1 UGB nicht zu erfassen. Die Definition des Firmenwerts richtet sich nach § 203 Abs 5 UGB. Gemeint sind also Firmenwerte aus einem entgeltlichen Erwerb bzw aus der Sacheinlage eines Betriebes bzw Teilbetriebes unter Ansatz des beizulegenden Wertes gemäß § 202 Abs 1 UGB. Die Ausnahme bezieht sich explizit auf den erstmaligen Ansatz, dh kommt es beim Firmenwert nach dem erstmaligen Ansatz zu temporären Differenzen, insb. aufgrund unterschiedlicher Nutzungsdauern (zB 10 Jahre in der UGB-Bilanz versus zwingend 15 Jahre in der Steuerbilanz), so entstehen in weiterer Folge sehr wohl aktive latente Steuern.

Ebenso keine latente Steuer löst der erstmalige Ansatz eines Vermögenswertes oder einer Schuld bei einem Geschäftsvorfall, der keine Umgründung iS § 202 Abs 2 UGB oder Betribsübernahme iS § 203 Abs 5 UGB darstellt, aus, wenn zum Zeitpunkt des Geschäftsfalls weder das bilanzielle Ergebnis vor Steuern noch das zu versteuernde Ergebnis beeinflusst wird. Temporäre Differenzen, deren Ursache in Umgründungen liegen oder aus der Übernahme eines (Teil-)Betriebes resultieren, fallen hingegen nicht unter die Bestimmung des § 198 Abs 10 Z 2 UGB.

Das Ansatzverbot latenter Steuern für sog outside-basis-differences“ (Unterschied zwischen dem steuerlichen Beteiligungsansatz und dem unternehmensrechtlichen Buchwert des Tochterunternehmens) ist primär bei der Konsolidierung im Konzernabschluss von Bedeutung und findet sich in § 258 UGB. Möglich sind aber auch Anwendungsfälle im Einzelabschluss, etwa wenn es anlässlich einer Verschmelzung zweier Tochterunternehmen zu einer Aufwertung der Beteiligung auf den beizulegenden Wert einer dieser Gesellschaften an einer dritten Gesellschaft kommt, in der Steuerbilanz hingegen der Buchwert dieser dritten Gesellschaft fortgeführt wird.

Ausschüttungssperre

Der Ansatz aktiver latenter Steuern führt zwar zu einer Verbesserung der Eigenkapitalquote, jedoch ist zu beachten, dass auch weiterhin eine Ausschüttungssperre für aktive latente Steuern besteht. Genauer gesagt unterliegt mit Hinweis auf das Vorsichtsprinzip nur der nach Saldierung aktiver und passiver Steuern verbliebene Betrag der Ausschüttungssperre.

Anhangangaben

Gemäß § 238 Abs 1 Z 3 UGB ist im Anhang anzugeben, auf welchen Differenzen oder steuerlichen Verlustvorträgen die latenten Steuern beruhen und mit welchem Steuersatz die Bewertung erfolgt ist. Ebenfalls angeführt werde müssen die im Laufe des Geschäftsjahres erfolgten Veränderungen (Auflösung, Dotierung) der latenten Steuern.

Bei der Ausübung des Wahlrechts zur Aktivierung von latenten Steuern sind auch kleine Kapitalgesellschaften verpflichtet, die oben dargestellten Angaben im Anhang zu machen. 

Übergangsregelungen

In § 906 Abs 33 und 34 UGB sind die Übergangsbestimmungen zu den latenten Steuern geregelt. Aufwendungen und Erträge aus der erstmaligen Anwendung der neuen Bestimmungen sind über längstens fünf Jahre zu verteilen. Eine Verteilung auf einen kürzeren Zeitraum erscheint zulässig. Die sich aus der erstmaligen Anwendung der Bestimmung ergebenden Steuerlatenzen könen gleichmäßig verteilt über fünf Jahre oder kürzer aktiviert (Steuerertrag) oder passiviert (Steueraufwand) werden. Alternativ kann der Gesamtbetrag im Geschäftsjahr der erstmaligen Anwendung des RÄG 2014 zur Gänze in eine Rückstellung bzw einen Aktivposten eingestellt und zusätzlich durch Einstellung eines aktiven (künftiger Aufwand) bzw passiven Rechnungsabgrenzungspostens (künftiger Ertrag) und dessen lineare Auflösung auf fünf Jahre verteilt werden. 

Zusammenfassung und Ausblick

Das Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014 (RÄG 2014 - BGBl I 22/2015 vom 13.1.2015) ist erstmalig für Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2015 beginnen (dh für Kalenderjahre 2016 bzw abweichende Wirtschaftsjahre 2016/17). Dies gilt grundsätzlich auch für die oa geänderten Ansatz- und Bewertungsvorschriften für latente Steuern, wobei auch die erwähnten Übergangsvorschriften zu beachten sind. Betreffend Umgliederung bzw Aufsplittung der bisherigen unversteuerten Rücklagen in Gewinnrücklagen und daraus resultierende passive latente Steuern erläutern wir die näheren Details im Rahmen unseres nächsten Newsletters im September 2015.  

Wir werden Sie im Laufe des Jahres auch noch mit weiteren Beiträgen zu ausgewählten Themenbereichen bei Ihrer zeitgerechten Vorbereitung auf die neuen Bilanzierungsregeln unterstützen.

Für weitergehende Fragen stehen Ihnen die Verfasserinnen sowie auch die übrigen MitarbeiterInnen unseres Bilanzierungs- und WP-Teams gerne zur Verfügung!