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ORGANSCHAFT | GmbH & Co KGs seit 1.1.2017 im UMSATZSTEUER-Organkreis!

Aufgrund der Rechtsprechung von EuGH und BFH vertritt nunmehr auch die österreichische Finanzverwaltung die Rechtsansicht, dass bei hinreichender finanzieller Eingliederung auch kapitalistische Personengesellschaften als umsatzsteuerliche Organgesellschaften zu behandeln sind. Laut UStR-Wartungserlass 2016 soll dies bereits ab 1.1.2017 zu beachten sein. Wir informieren Sie nachfolgend über die aus dieser neuen Verwaltungspraxis resultierenden Auswirkungen, Zweifelsfragen sowie den Handlungsbedarf.

Allgemeine Hinweise zur umsatzsteuerlichen Organschaft

Im österreichischen Umsatzsteuergesetz ist (ähnlich wie im deutschen UStG) normiert, dass die für ein Unternehmen erforderliche gewerbliche oder berufliche Tätigkeit dann nicht selbständig ausgeübt wird, wenn eine „juristische Person“ (insbesondere also Kapitalgesellschaften) dem Willen eines Unternehmers derart untergeordnet ist, dass sie keinen eigenen Willen hat (Organschaft). Dies ist dann der Fall, wenn die betreffende juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in sein Unternehmen eingegliedert ist (§ 2 Abs 2 Z 2 UStG). Nähere Hinweise zur umsatzsteuerlichen Organschaft finden sich in den Umsatzsteuerrichtlinien, insbesondere hinsichtlich der finanziellen, wirtschaftlichen, und organisatorischen Eingliederung (vgl insb. Rz 233 ff UStR). Im Falle einer Organschaft werden also Organträger und sämtliche Organgesellschaften hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Gestionierung zu einem Unternehmen zusammengefasst bzw fungiert gegenüber dem Finanzamt nur der Organträger als Unternehmer (Steuerschuldner und Erklärungspflichtiger). 

Nach EU-Richtlinienrecht kann demgegenüber jeder Mitgliedstaat in seinem Gebiet ansässige „Personen“, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen behandeln (Art 11 MwStSystRL). Aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) sowie darauf basierend auch des deutschen Bundesfinanzhofes (BFH) kamen in den letzten Jahren zusehends Zweifel auf, ob die derzeitige gesetzliche Definition der umsatzsteuerlichen Organschaft – in Deutschland wie auch in Österreich – nicht zu restriktiv sei bzw einer gelockerten unionsrechtlichen Auslegung bedürfe. Wenngleich die deutsche Folgerechtsprechung bis dato nicht alle vom EuGH aufgezeigten Unstimmigkeiten behandelt bzw positiv bestätigt hat (zB Einbeziehung von Nichtunternehmern in den USt-Organkreis), so wurde zumindest die für die Praxis besonders bedeutsame Frage, inwieweit neben Kapitalgesellschaften ev. auch Personengesellschaften USt-Organe sein können, weitgehend geklärt.

Geänderte Rechtsauslegung durch den UStR-Wartungserlass 2016

Auch Österreich hat nunmehr auf die aktuelle Rechtsentwicklung im Bereich der Rechtsformfragen für Organgesellschaften („juristische Person“) reagiert, jedoch (bis dato) nicht mittels einer von vielen Seiten empfohlenen Änderung der gesetzlichen Organschaftsdefinition (§ 2 Abs 2 Z 2 UStG), sondern lediglich durch eine erlassmäßige Ergänzung der Umsatzsteuerrichtlinien durch den Wartungserlass 2016 vom 14.12.2016 (veröffentlicht in der FINDOK am 23.12.2016). Konkret wurde unter der Rz 233 UStR, in welcher die allgemeinen Voraussetzungen für die umsatzsteuerliche Organschaft näher erläutert werden, folgender Satz eingefügt:

Ab 1.1.2017 ist auch eine Personengesellschaft, bei der neben dem Organträger nur solche Personen Gesellschafter sind, die finanziell in den Organträger eingegliedert sind (kapitalistische Personengesellschaften), Organgesellschaft, wenn die sonstigen Voraussetzungen für die Organschaft vorliegen (vgl. BFH 2.12.2015, V R 25/13 unter Hinweis auf EuGH 16.7.2015, verb. RS C-108/14 und Rs C-109/14, Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt).“ 

Dieser relativ knappe Ergänzungssatz (samt Rechtsprechungshinweisen) wirft freilich wiederum div. Zweifelsfragen auf, auf die nachfolgend kurz eingegangen sei:  

  • Kapitalistische Personengesellschaften: In Anlehnung an die BFH-Rechtsprechung sollen ab 1.1.2017 also nicht generell alle Personengesellschaften in einen USt-Organkreis einbezogen werden, sondern nur solche, deren Gesellschafter der Organträger selbst sowie andere Gesellschaften sind, welche ihrerseits hinreichend finanziell in den Organträger eingegliedert sind (vgl zur finanziellen Eingliederung im Sinne einer kapital- bzw stimmrechtsmäßigen Beherrschung auch Rz 236 UStR). Insbesondere ist hier also an die GmbH & Co KG im Konzernverbund zu denken (wo in idealtypischer Ausprägung häufig eine Mutterkapitalgesellschaft alleinige substanzbeteiligte Kommanditistin ist und auch sämtliche Anteile an der mit der Geschäftsführung und Haftung befassten Komplementär-GmbH (Arbeitsgesellschafterin) hält). Zur Erfüllung der Organschaftsvoraussetzungen bedarf es neben der finanziellen Eingliederung jedoch auch einer entsprechenden wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung in den Organträger, wobei letztere eine hinreichende Willensdurchsetzung gewährleisten muss, wofür auch bei konzernalen GmbH & Co KG-Strukturen entsprechende personelle Maßnahmen (zB leitende Angestellte des Organträgers sind zugleich Geschäftsführer der Komplementär-GmbH) und/oder organisatorische Maßnahmen (zB tw Aufgabenerledigung der Mutter- für Tochtergesellschaft, Einbindung durch Konzernrichtlinien oä) vorgesehen sein müssen (vgl auch Rz 239 UStR). 

  • Mittelbare finanzielle Eingliederung: Aus der knappen Ergänzung in Rz 233 UStR könnte ev. auch geschlossen werden, dass nur solche GmbH & Co KGs in den USt-Organkreis einzubeziehen wären, an welchen die Organträgerin unmittelbar beteiligt ist (idR als Kommanditistin), was vor allem bei mehrstöckigen Konzernstrukturen zu unbefriedigenden Ergebnissen führen würde. Aus der vorliegenden Rechtsprechung ist uE jedoch ableitbar, dass bei entsprechender Eingliederung (siehe oben) auch solche Kapital- und Personengesellschaften einzubeziehen sind, an denen die Organträgerin bloß mittelbar beteiligt ist (vgl BFH 2.12.2015, V R 25/13, wonach solche Personengesellschaften von der USt-Organschaft umfasst sein sollen, bei denen neben dem Organträger nur solche Gesellschafter vorhanden sind, die in das UNTERNEHMEN des Organträgers finanziell eingegliedert sind; vgl weiters auch VwGH 23.11.2016, Ro 2014/15/0031, zur wirtschaftlichen Eingliederung einer Liegenschaftsgesellschaft in die Konzernmutter bzw Organträgerin, wobei letztere bloß mittelbar, nämlich im Wege einer GmbH & Co KG, beteiligt war). 

  • Einbeziehung von Komplementär-GmbHs?: Hier wird wohl zu unterscheiden sein, ob die Komplementärin ausschließlich mit der Geschäftsführung und Vertretung sowie der unbeschränkten Haftung für eine unternehmerisch tätige GmbH & Co KG betraut ist oder darüber hinaus selbst eine unternehmerische Tätigkeit ausübt. Im erstgenannten Fall wird eine Einbeziehung in den USt-Organkreis grds nicht in Frage kommen, zumal in Österreich (wie auch in Deutschland) nach wie vor verlangt wird, dass sowohl der Organträger wie auch sämtliche Organgesellschaften selbst eine unternehmerische Tätigkeit ausüben müssen, eine bloße Gesellschafterstellung bzw gesellschaftsrechtliche Funktionsausübung jedoch keine Unternehmereigenschaft vermittelt (kein Leistungsaustausch zwischen Kommanditgesellschaft und Komplementär-GmbH sondern vielmehr Leistungsvereinigung, die jedoch zum Vorsteuerabzug auf Ebene der GmbH & Co KG berechtigt, vgl Rz 184 UStR). Im zweitgenannten Fall (zB im Gesellschaftsvermögen der Komplementär-GmbH befinden sich auch die Betriebsliegenschaften, welche der operativen GmbH & Co KG entgeltlich zur Nutzung überlassen werden) ist bei Erfüllung der Organschaftsvoraussetzungen ggfs auch die Komplementärin als Organgesellschaft in den USt-Organkreis einzubeziehen. 

Schlussfolgerungen und Handlungsbedarf 

Durch die nunmehr auch seitens der österreichischen Finanzverwaltung bejahte Organfähigkeit von „kapitalistischen Personengesellschaften“ sind ab sofort also insbesondere auch Personengesellschaften in der Rechtsform einer GmbH & Co KG im Konzernverbund in den umsatzsteuerlichen Organkreis einzubeziehen bzw ist dieser entsprechend auszuweiten. Dies führt nicht nur zu einer erheblichen Verwaltungsvereinfachung (keine förmliche Fakturierung für Innenumsätze, Verrechnung der Umsätze zwischen Organträger und Organgesellschaften netto ohne USt, UVA und USt-Jahreserklärung nur für den Organträger) sondern kann auch eine Reduktion der Abgabenbelastung bewirken (Reduktion des Vorsteuervolumens durch nicht steuerbare Innenumsätze, damit einhergehende Verminderung nicht abzugsfähiger Vorsteuern im Falle unecht befreiter Unternehmenseinheiten sowie Reduktion der Kammerumlagen). 

Da es sich bei der umsatzsteuerlichen Organschaft gemäß § 2 Abs 2 Z 2 UStG um kein „Wahlrecht“ handelt, sondern diese bei faktischer Erfüllung der Organschaftsvoraussetzungen zwingend zu beachten ist, sollten die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung von kapitalistischen Personengesellschaften in das Gesamtunternehmen des Organträgers umgehend überprüft werden (anhand der konkreten Gesellschaftsverträge, Geschäftsführungsorgane, Konzernrichtlinien etc) und eine daraus resultierende Ausweitung des Organkreises ggfs dem zuständigen Finanzamt angezeigt werden (gemäß § 120 BAO). 

Aufgrund der mit gegenständlicher Thematik verbundenen Rechtsunsicherheiten (Einbeziehung von Personengesellschaften bei unverändertem Gesetzeswortlaut nur nach Richtlinienrecht bzw in unionsrechtskonformer Auslegung der „juristischen Personen“, Unklarheiten iZm finanzieller und organisatorischer Eingliederung von Personengesellschaften) besteht wohl ein berechtigtes Interesse der betroffenen Organkreise, unklare Einzelfälle mit der Finanzverwaltung abzuklären. Allerdings ist hinsichtlich der Erledigung von Eingaben bzw Bestätigung von Organschaftsverhältnissen keine einheitliche Verwaltungspraxis der verschiedenen Finanzämter gegeben. Zumindest bei gröberen Zweifelsfragen bzw damit einhergehenden Steuerrisiken sollte eine schriftliche Erledigung der zuständigen Finanzämter beantragt werden (vgl Rz 235 UStR zur amtswegigen Wahrnehmung des Vorliegens einer USt-Organschaft; § 85a BAO zur Entscheidungspflicht über Anbringen iS § 85 BAO; § 92 BAO über Erledigungen in Bescheidform, wenn sie Rechte und Pflichten begründen bzw abändern oder abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen feststellen oder über (Nicht-)Bestehen eines Rechtsverhältnisses absprechen). 

Gemäß Rz 233 UStR soll die Einbeziehung der hinreichend verbundenen „kapitalistischen Personengesellschaften“ in den umsatzsteuerlichen Organkreis „ab 1.1.2017“ erfolgen und ist daher wohl – auch bei vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr – erstmals in der Umsatzsteuervoranmeldung für den UVA-Zeitraum 1/2017 (Fälligkeitstag somit idR 15.3.2017) umzusetzen. Sollte die Einhaltung dieser erlassmäßigen „Inkrafttretensbestimmung“ aufgrund der vorgelagerten Maßnahmen (Detailprüfung der Konzernstrukturen, Abstimmungen mit dem Finanzamt, ev. erforderliche Rechnungsberichtigungen) nicht möglich sein, so sollte zeitgerecht versucht werden, mit der Finanzverwaltung Einvernehmen über einen anderen Umstellungsstichtag (zB einen Monat später) herzustellen. 

Exkurs: Im übrigen bleibt zu hoffen, dass der in den UStR angeführte Stichtag 1.1.2017 für die Einbeziehung von kapitalistischen Personengesellschaften in den USt-Organkreis seitens der Finanzverwaltung nicht nur für die Umsatzsteuer sondern auch für Zwecke der Grunderwerbsteuer beachtet wird, um nicht rückwirkende Probleme in Zusammenhang mit organschaftlichen Anteilsvereinigungen nach der bis 31.12.2015 geltenden Rechtslage (§ 1 Abs 3 GrEStG idF vor StRefG 2015/2016) hervorzurufen. 

Für weitere Fragen und Unterstützung stehen Ihnen die Verfasser selbstverständlich gerne zur Verfügung!