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ABGABENVERFAHREN | Neuorganisation der Finanzverwaltung ab 1.1.2020

Ecker Fabian  |  Pandur Damir

Das BMF hat im April d. J. ein umfangreiches zu einer gravierenden Neuorganisation der Finanzverwaltung zur Begutachtung versandt. Dieses Vorhaben kann durchaus als organisatorischer Paradigmenwechsel für die österreichische Finanz- und Zollverwaltung angesehen werden und umfasst die Neuorganisation der Steuer- und Zollverwaltung, die Zusammenführung der Betrugsbekämpfungseinheiten und der Finanzstrafbehörden sowie die Minimierung von Schnittstellen und Beseitigung von Doppelgleisigkeiten. Durch diese grundlegende Neuorganisation der Bundesfinanzverwaltung sollen schnellere und vor allem effizientere Verfahrensabläufe ermöglicht und eine entsprechende Entlastung der Verwaltung erzielt werden. Es ist vorgesehen, dass die bevorstehenden Änderungen weitestgehend bereits mit 1.1.2020 in Kraft treten sollen. Wir geben Ihnen nachstehenden einen ersten Überblick.

Überblick über die Neuorganisation der Steuer- und Zollverwaltung

Als dem Bundesministerium für Finanzen (BMF) nachgeordnete Dienststellen sollen anstatt der derzeit bestehenden Finanz- und Zollämter, der Großbetriebsprüfung, der Finanzpolizei und der Steuerfahndung künftig nur noch fünf Ämter, und zwar 

  • das Finanzamt Österreich,
  • das Finanzamt für Großbetriebe,
  • das Zollamt Österreich,
  • das Amt für Betrugsbekämpfung und
  • der Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge 

bestehen, welchen jeweils eine bundesweite Zuständigkeit zukommt. Die neue Organisationsstruktur kann graphisch daher wie folgt skizziert werden:

 

Die derzeit bestehenden 39 Finanzämter mit allgemeinem Aufgabenkreis und das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel werden durch das Finanzamt Österreich und das Finanzamt für Großbetriebe ersetzt.

Das „Finanzamt Österreich“ (als zentrale Behörde mit 39 untergeordneten Dienststellen) wird nach funktionalen Bereichen für „private Steuerzahler“ sowie „kleine und mittlere Unternehmen und Steuerschuldner“ ausgerichtet. Außerdem hat das Finanzamt Österreich umfassende Zuständigkeit für alle Aufgaben, die nicht ausdrücklich einer anderen Abgabenbehörde übertragen werden.

Das „Finanzamt für Großbetriebe“ ist einerseits nur für bestimmte Abgabepflichtige zuständig, nämlich für jene, die 

  • Umsatzerlöse iHv über 10 Mio EUR in den letzten beiden Jahren erzielt haben,
  • Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe im Sinne des VPDG sind,
  • Finanzdienstleistungen erbringen,
  • bestimmte Rechtsformen aufweisen (zB Privatstiftungen iSd PSG),
  • von einer Landesregierung als gemeinnützige Bauvereinigung anerkannt worden sind,
  • Teil einer Unternehmensgruppe gemäß § 9 KStG 1988 sind oder
  • unter die „begleitende Kontrolle“ fallen oder dies beantragt haben. 

Andererseits ist das Finanzamt für Großbetriebe jedoch nur für jene Abgaben sachlich zuständig, die bereits bisher in den Zuständigkeitsbereich der Großbetriebsprüfung (GBP) fielen. Anders als die derzeitige GBP, die lediglich Prüfungen für die jeweils zuständigen Finanzämter durchführt, kommen dem neuen FA für Großbetriebe jedoch umfassende Kompetenzen zu und ist das neue Amt insbesondere auch für die Veranlagung der gesamthaft zu betreuenden Unternehmen zuständig.

An die Stelle der derzeit neun Zollämter tritt das „Zollamt Österreich“ (mit fünf Dienststellen), welches die funktionalen Bereiche „Betreuung Wirtschaftsbeteiligte“ sowie „Kontrolle und Strafsachen“ aufweisen wird. 

Die bisher von der Finanzpolizei, der Steuerfahndung und den Finanzämtern in der Funktion als Finanzstrafbehörde wahrgenommenen Aufgaben werden künftig vom „Amt für Betrugsbekämpfung“ (ABB) ausgeübt. Um Steuerhinterziehungen und Abgabenbetrügereien bestmöglich zu bekämpfen, wird die Zusammenlegung der bereits bestehenden Organisationseinheiten, welche mit der Verhinderung, Aufdeckung und Verfolgung von steuerunehrlichem Verhalten befasst sind, in einem bundesweit zuständigen Amt vorgenommen. 

Anstelle der bisherigen „GPLA“ tritt der „Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge“ (PLAB), in dem fortan die Lohnsteuer-, Sozialversicherungs- und Kommunalsteuerprüfung zusammengefasst werden und dessen gesetzliche Grundlage bereits mit dem „Gesetz über die Zusammenführung der Prüfungsorganisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung – ZPFSG“ geschaffen und am 22.12.2018 im Bundesgesetzblatt kundgemacht wurde (siehe ZPFSG, BGBl. I Nr. 98/2018).

Verfahrensrechtliche Hinweise  

Übergangsbestimmungen

Alle bereits laufenden Verfahren, welche bei den derzeitigen Finanz- und Zollämtern anhängig sind, werden auf das Finanzamt Österreich, das Finanzamt für Großbetriebe oder das Zollamt Österreich übergeleitet. Jene anhängigen Verfahren, welche von den Finanzämtern als Finanzstrafbehörde geführt werden, fallen künftig in die Zuständigkeit des Amtes für Betrugsbekämpfung. 

Rechtsgrundlagen 

Aufgrund der skizzierten Neustrukturierung der Finanzverwaltung wird die Änderung zahlreicher Gesetze notwendig (zB das Finanzstrafgesetz). Da die neu geschaffenen Ämter für das gesamte Bundesgebiet zuständig sind, erübrigt sich die Regelung örtlicher Zuständigkeiten. Das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010 (AVOG 2010), welches bisher die behördlichen Zuständigkeitsregeln enthielt, wird daher aufgehoben. Jene Vorschriften, die auch in der neuen Struktur erforderlich sind, werden in Abschnitt 2 der Bundesabgabenordnung (BAO) geregelt. Die Kernbestimmungen zu den neu geschaffenen Abgabenbehörden finden sich künftig in den §§ 49 bis 64 BAO.

Bundesweite Zuständigkeit 

Die bundesweite Zuständigkeit der neu geschaffenen Ämter ermöglicht außerdem eine ortsunabhängige Durchführung von Verfahren. Es sind derzeit auch keine Standortschließungen vorgesehen (bundesweit aktuell 79 Standorte), sodass lokale Kontaktpersonen grundsätzlich auch weiterhin als Ansprechpartner erhalten bleiben.

FAZIT

Seit der letzten umfassenden Finanzverwaltungsreform sind mittlerweile 15 Jahre vergangen. Die Erwartungen und Bedürfnisse der BürgerInnen und UnternehmerInnen haben sich in dieser Zeit, vor allem durch den ständigen Fortschritt der Digitalisierung und Globalisierung, stark verändert. Durch die Zusammenlegung von Finanzpolizei und Steuerfahndung zu einer schlagkräftigen Einheit sowie der Einrichtung eines einzigen Prüfdienstes für Lohnabgaben - im Zusammenhang mit der ebenfalls bereits weitgehend umgesetzten Reform der Sozialversicherung - wird auch langjährigen Empfehlungen der Standesvertretung der Steuerberater Rechnung getragen. Durch den Ausbau digitaler Dienstleistungen soll eine bürgerfreundliche Abwicklung der Anliegen ermöglicht werden, die künftig viele Behördenwege überflüssig machen und so zu einer Entlastung der Verwaltung führen sollte. Die Anpassung an einen zeitgemäßen Standard, unter anderem durch die Schaffung eines flexibleren, ortsunabhängigen Zugangs zu den Abgabenbehörden und die Optimierung der Arbeits- und Bearbeitungsvorgänge stellt eine zu begrüßende Neuerung in der Finanzverwaltung dar. 

Die Begutachtungsfrist für den Gesetzesentwurf endet am 17.5.2019. Über den weiteren Gesetzwerdungsprozess sowie über praxisrelevante nähere Details zu den bevorstehenden Änderungen im Abgabenverfahren werden wir Sie im Rahmen unseres Newsletters natürlich noch entsprechend informieren. 

Für Rückfragen stehen Ihnen die Verfasser sowie auch Ihre übrigen Ansprechpartner der ICON, insbesondere unsere auf Verfahrensfragen spezialisierte Service LineTax Controversy“, gerne zur Verfügung!