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BETRIEBSPRÜFUNG | Offenlegung von Steuerberaterleistungen?

Presslmayer Elisabeth  |  Rogl Peter

Im Zuge von Außenprüfungen stellt sich mitunter die Frage, inwieweit dem Ersuchen eines Betriebsprüfers, die Honorarnoten des Steuerberaters (einschließlich der mitunter sehr detaillierten Leistungsnachweise) vorzulegen, nachzukommen ist? Anlass für ein solches Begehren könnte etwa die Prüfung der betriebliche Veranlassung von Beratungsaufwendungen bzw die Abgrenzung von Betriebs- und Privatsphäre sein. Eine derartige Aufforderung erscheint aber insbesondere deshalb problematisch, weil der BP damit die konkreten steuerlichen Fragestellungen im Prüfungszeitraum offenbart und sohin die potenziellen Prüfungsschwerpunkte gleichsam „auf dem Silbertablett serviert“ würden. 

Die Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen im Abgabenverfahren sind grundsätzlich in der Bundesabgabenordnung (BAO) geregelt. Neben umfassenden Rechten enthält dieses Gesetz auch die verfahrensrechtlichen Pflichten der Abgabepflichtigen, welche unter dem Oberbegriff „Mitwirkungspflichten“ zusammengefasst werden können. Diese Verpflichtungen umfassen insbesondere die grundsätzliche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (gem. § 119 BAO), das Führen von Büchern bzw. Aufzeichnungen (gem. §§ 124 bis 132 BAO) sowie die generelle Mitwirkungspflicht bei Außenprüfungen, wobei die Abgabenbehörde jederzeit alle für die Erhebung von Abgaben bedeutsamen Verhältnisse tatsächlicher und rechtlicher Art prüfen darf (gem. §§ 147 ff BAO). 

Grundsätzlich zählen auch die Honorarnoten des Steuerberaters zu den aufbewahrungspflichtigen Belegen iS § 132 BAO, welche auf Verlangen der Behörde herauszugeben sind (vgl § 141 BAO). Widrigenfalls könnte deren sachliche Richtigkeit in Zweifel gezogen werden (§ 163 Abs 2 BAO). Die Offenlegungspflicht wiederum sieht vor, dass der Behörde die für den Bestand und Umfang der Abgabenpflicht bedeutsamen Umstände offenzulegen sind. Auf Basis dieser verfahrensrechtlichen Bestimmungen könnte also durchaus auch eine Verpflichtung des Steuerpflichtigen zur Herausgabe der Honorarnoten und Leistungsverzeichnisse der Steuerberatung abgeleitet werden.

Verschwiegenheitspflicht und Vertrauensschutz 

Steuerberater sind allerdings – aufgrund ihrer einschlägigen berufsrechtlichen Vorschriften – insbesondere auch zur Verschwiegenheit verpflichtet (§ 80 WTBG 2017), was neben den ihnen anvertrauten Angelegenheiten nicht bloß die unmittelbaren Beratungsinhalte, sondern nach hM auch die damit einhergehenden Abrechnungen umfasst (Honorarnoten und Leistungsdetails). Die Verschwiegenheitspflicht richtet sich zwar primär an den Berufsstand der Steuerberater, jedoch sind davon auch jene Unterlagen umfasst, die dem Mandanten übermittelt wurden, sodass auch letzterer das Recht hat, die Vorlage dieser Unterlagen zu verweigern. Diese Rechtsansicht wurde bereits vor längerer Zeit auch durch das Finanzministerium (BMF) bestätigt. Zudem hat sich auch der Verfassungsgerichtshof (VfGH) schon vor Jahren mit den verfassungsrechtlichen Aspekten in diesem Zusammenhang auseinandergesetzt: Demnach muss jedermann, „der sich in seinen Angelegenheiten an einen berufsmäßigen Parteienvertreter wendet, darauf vertrauen können, dass er nicht gerade durch Betrauung eines Parteienvertreters und Informationserteilung an diesen Beweismittel schafft (Korrespondenz, Besprechungsnotizen etc), die dann auf welchem Wege auch immer, ob durch Zeugenaussage oder durch Beschlagnahme in die Hände der Behörde gelangen. Fehlt dieser Schutz, so fehlt ein wesentliches Element des Rechts, sich in eigenen Angelegenheiten eines Rechtsbeistandes zu bedienen.“ 1). Den rechtsberatenden Berufen obliegt demnach eine Schutzfunktion gegenüber den Besteuerungsorganen des Staates, also der Finanzverwaltung. 

Da es sich bei den Leistungsnachweisen des Steuerberaters sohin um geschützte Informationen handelt, kann sich der in Prüfung befindliche Abgabenpflichtige auf die Verschwiegenheitspflicht seines steuerlichen Vertreters sowie auf das daraus abgeleitete Auskunftsverweigerungsrecht berufen. Da dieser Vertrauensschutz vorrangig gegenüber der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht ist, hat auch die Betriebsprüfung insoweit eine Einschränkung der Kontrollmöglichkeiten hinzunehmen. 

Exkurs: EU-Meldepflichtgesetz 

Im Zuge der letzten Änderung der EU-Amtshilferichtlinie (2018/822/EU – DAC 6) vom 25.6.2018 wurden die Mitgliedstaaten der Europäischen Union verpflichtet, einen automatischen Informationsaustausch über bestimmte meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen im Bereich der Besteuerung einzurichten (vgl dazu als Erstinformation bereits unseren NL-Beitrag „EUROPÄISCHE UNION | Steuerplanungsmodelle seit 25.6.2018 meldepflichtig!“ vom 7.7.2018). Die spätestens bis 31.12.2019 gebotene Umsetzung in nationales Recht soll in Österreich mit dem neuen „EU-Meldepflichtgesetz(EU-MPfG) erfolgen: 

Mit diesem derzeit erst im Entwurf2) vorliegenden EU-MPfG sollen die sog. „Intermediäre“ (dazu zählen insbesondere auch Steuerberater und Rechtsanwälte), soweit sie vom Steuerpflichtigen von der Verschwiegenheit entbunden wurden, verpflichtet werden, bestimmte grenzüberschreitende „Gestaltungen“ via Finanzonline an das BMF zu melden. Gemeldet werden müssen all jene Sachverhalte, welche ein Tatbestandsmerkmal eines definierten Kriterienkatalogs erfüllen und/oder deren einziger oder einer der Hauptvorteile der Gestaltung die Erlangung eines Steuervorteils ist. In den Anwendungsbereich des Melderegimes fallen dabei alle Arten von direkten Steuern, NICHT hingegen die Umsatzsteuer, Zölle, Verbrauchsteuern, Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung und Gebühren. 

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die grundsätzlichen Meldepflichten der Intermediäre aufgrund der in Österreich maßgeblichen berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht auf den beratenen Steuerpflichtigen selbst übergehen. Eine direkte Meldung durch den Steuerberater ist damit nur dann möglich und zwingend, wenn seitens des Klienten zuvor eine dezidierte Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht erfolgte (vgl in diesem Sinne auch die oa verfassungsrechtlichen Überlegungen). 

CONCLUSIO 

Die abgabenrechtliche Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen (und seines steuerlichen Vertreters) bei Außenprüfungen kann NICHT so weit gehen, dem Prüforgan auf Verlangen auch die Honorarnoten und Leistungsverzeichnisse des Steuerberaters übergeben und damit gleichsam „Beweismittel gegen sich selbst“ offenlegen zu müssen bzw der BP damit quasi ein „Standardprüfprogramm“ auszuliefern. Der berufsrechtlich verankerte und auch verfassungsrechtlich gebotene Vertrauensschutz gegenüber berufsmäßigen Parteienvertretern wiegt nämlich hier schwerer und geht der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht vor. 

Diese „roten Linien“ werden wohl auch im Rahmen der neuen „begleitenden Kontrolle“ zu beachten sein, wenngleich bei dieser neugeschaffenen Alternative zur nachträglichen Betriebsprüfung grundsätzlich umfangreichere Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen verlangt werden (vgl §§ 153a bis 153g BAO; siehe dazu auch bereits unseren NL-Beitrag „JAHRESSTEUERGESETZ 2018 | Betriebsprüfung ade?!“ vom 16.5.2018). 

Wenngleich die nationalen berufsrechtlichen Grundsätze durch das EU-Recht zusehends aufgeweicht werden (vgl auch die div. Ausnahmen zur Verschwiegenheitspflicht in § 80 WTBG), wird ihnen im Entwurf zum neuen EU-Meldepflichtgesetz dennoch Rechnung getragen, indem bei meldepflichtigen grenzüberschreitenden Steuergestaltungen den Steuerberater als „Intermediär“ zwar grundsätzlich eine besondere Meldepflicht trifft, diese jedoch aufgrund der Verschwiegenheitspflicht auf den Steuerpflichtigen übergeht bzw letzterer seinen Steuerberater von der Verschwiegenheit ausdrücklich entbinden müßte. 

Seminarhinweis: Abschließend möchten wir Sie auch noch auf den 8. ICON-Steuertag am 1.10.2019 in unserem Hause hinweisen, der sich auch heuer wieder – in Form von Fallbeispielen - mit aktuellen Neuerungen im insbesondere internationalen Steuerrecht auseinandersetzt und hier ua auch die oben kurz angesprochenen neuen EU-Meldepflichten für grenzüberschreitende Steuergestaltungen erläutert werden. 

Für weitere Fragen zu diesen Themenbereichen stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen ExpertInnen der ICON gerne zur Verfügung!


1) Einen guten Überblick über die maßgebliche Literatur, Rechtsprechung und Verwaltungspraxis geben Furherr/Reiter in SWK 19/2019, S. 857 ff;

2) Der gegenständliche Gesetzesentwurf war zunächst im Ministerialentwurf für ein „Abgabenbetrugsbekämpfungsgesetz 2020“ enthalten gewesen. Nach dem Bruch der ÖVP-FPÖ-Regierung wurde das bereits konzipierte EU-MPfG nunmehr in den Entwurf für ein „Abgabenänderungsgesetz 2020“ (AbgÄG 2020) eingebettet, welches am 3.7.2019 noch als Initiativantrag einiger Abgeordneter zum Nationalrat zur parlamentarischen Behandlung eingebracht wurde und eine Beschlussfassung noch vor der bevorstehenden Nationalratswahl im September d. J. angestrebt wird!