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ARABISCHE HALBINSEL | Die neuesten Entwicklungen im Steuerrecht

Primetzhofer Marta  |  Schopper Franz

In den Golfstaaten gibt es laufend Neuerungen in den unterschiedlichen Bereichen des Steuerrechts. Dieses Mal möchten wir Ihr Augenmerk insbesondere auf Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate lenken. Außerdem geben wir einen kurzen Überblick über den Implementierungsstatus der VAT auf der Arabischen Halbinsel.

Erhöhung der VAT-Rate in Saudi-Arabien

Saudi-Arabien (Kingdom of Saudi Arabia = KSA) war das erste Land der Golfstaaten, welches im Jahr 2018 eine VAT (Value Added Tax) in Höhe von 5 % einführte. Am 10. Mai 2020 kam nun die Verlautbarung des saudischen Finanzministeriums, dass ab 1.Juli 2020 die VAT-Rate auf 15% erhöht werden soll.

Einer der Auslöser für diese Steuererhöhung ist wohl der Ölpreiskrieg zwischen Russland und der OPEC, wodurch auch Saudi-Arabien in Zukunft deutlich weniger Öl fördern dürfte als bisher. Verstärkte Investitionen in den Gesundheitssektor aufgrund von COVID-19 haben ebenfalls dazu beigetragen.

Die geplante Erhöhung des Steuersatzes dürfte weitreichende Folgen für Umsätze mit KSA-Bezug haben. Ausländische Auftragnehmer mit Projekten in KSA werden unter gewissen Voraussetzungen höhere Kosten bei lokalen Zukäufen in Kauf nehmen müssen.

Neuerungen in Katar

Ende 2019 wurden in Katar neue Ausführungsregelungen zum katarischen Ertragsteuerrecht (Income Tax Law - ITL) im offiziellen Gesetzblatt publiziert. Dadurch ergeben sich wichtige Änderungen in den Steuervorschriften, die ausländische Wirtschaftstreibende in Katar zu beachten haben. Da zwischen Österreich und Katar ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, sind zusätzlich zu den lokalen katarischen Bestimmungen auch jene des DBA zu berücksichtigen. Anders gestaltet sich die Lage für deutsche Unternehmen, zumal das entsprechende DBA mit Deutschland derzeit noch verhandelt wird und somit noch nicht anwendbar ist.

Betriebsstätten 

  • Bau- und Montagebetriebsstätten

Es wird klargestellt, dass Tätigkeiten wie Bau, Montage und Bauaufsicht dann zu einer steuerlichen „Betriebsstätte“ (BS) in Katar führen, wenn diese länger als sechs Monate dauern. Zuvor enthielt das Gesetz lediglich eine allgemeine Beschreibung der Tätigkeiten, welche zu einer BS führten, jedoch keine Mindestdauer, ab wann eine BS angenommen werden musste. Die Bezugnahme auf die Dauer von sechs Monaten indiziert, dass die Berechnung der OECD-Sichtweise entspricht: Es wird auf die Dauer vom ersten bis zum letzten Tag auf der Baustelle abgestellt, und temporäre Unterbrechungen werden nicht herausgerechnet. 

  • Dienstleistungsbetriebsstätten

Die Regelung der Dienstleistungsbetriebsstätte (DienstleistungsBS) stellt eine Neuerung in Katar dar, da die katarische BS-Definition diese Art der BS bislang nicht kannte. So entsteht eine DienstleistungsBS in Katar dann, wenn ein ausländisches Unternehmen durch dessen Arbeitnehmer oder anderes Personal Dienstleistungen (inklusive Beratungsdienstleistungen) für die Dauer von mehr als 183 Tagen während eines Zwölfmonatszeitraumes erbringt. Hierbei wird auf die Präsenztage in Katar insgesamt abgestellt, wobei unwesentlich ist, ob die vor-Ort-Tätigkeit während eines durchgehenden Zeitraumes erbracht wird oder mit Unterbrechungen. 

Quellensteuern 

Eine Veränderung, die eher negative Folgen für ausländische Unternehmen mit sich bringt, ist die neue Regelung bezüglich der quellensteuerpflichtigen Dienstleistungen für katarische Auftraggeber. In der Vergangenheit wurde zur Bestimmung, ob quellensteuerpflichtige Dienstleistungen vorliegen, auf den Leistungserbringungsort abgestellt: Quellensteuerpflicht bestand nur dann, wenn die Leistung physisch in Katar erbracht wurde. Nunmehr ist ausschlaggebend, wo die Leistung konsumiert oder verwertet wird. Somit kommt nach den katarischen Bestimmungen dem physischen Leistungsort bei der Bestimmung der Quellensteuerpflicht nunmehr keine Bedeutung mehr zu. Auch Leistungen, die ausschließlich außerhalb Katars erbracht werden, unterliegen daher der katarischen Quellensteuer iHv 5%. Gerne prüfen wir für Sie, ob es - unter Berücksichtigung des DBA - im konkreten Fall tatsächlich zu einer derartigen Steuerpflicht in Katar kommt. 

Economic Substance Regulations in den VAE

Zweck der Regelungen

Im Dezember 2017 wurden die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) zunächst auf die „schwarze Liste“ der Europäischen Union gesetzt (Liste nicht kooperativer Länder für steuerliche Angelegenheiten). Im Mai 2018 traten die VAE sodann dem BEPS-Projekt (Base Erosion Profit Shifting) der OECD bei und haben infolgedessen mehrere gesetzliche Bestimmungen erlassen, die miteinander die „Economic Substance Regulations“ (ESR) bilden.

Ziel der ESR ist es, künstliche Strukturen ohne wesentliche wirtschaftliche Substanz zu vermeiden. Dadurch soll ein fairer Steuerwettbewerb geschaffen werden. Dazu dient insbesondere die Prüfung der wirtschaftlichen Substanz eines Unternehmens. 

Welche Unternehmen unterliegen diesen neuen Vorschriften? 

ESR sind auf Unternehmen anwendbar, die über eine in den VAE ausgestellte Lizenz zur Ausübung von relevanten Tätigkeiten verfügen. Hierbei kann es sich um natürliche und juristische Personen handeln, auch ein Branch oder Representative Office eines ausländischen Unternehmens ist davon umfasst. Weiters ist es unerheblich, ob das Unternehmen im Mainland oder in einer der Free Zones geführt wird. Die Ausübung folgender Tätigkeiten durch das lizenzierte Unternehmen führt zur Anwendbarkeit der ESR-Bestimmungen: 

  • Banking
  • Insurance
  • Investment Fund Management
  • Lease-Finance
  • Headquarters
  • Shipping
  • Holding Company
  • Intellectual Property (IP)
  • Distribution and Service Centres

Ob den ESR entsprochen wird, wird durch einen Economic Substance Test (EST) geprüft. Dazu muss das jeweilige Unternehmen belegen, dass die von ihm ausgeübte Tätigkeit hinreichende wirtschaftliche Substanz in den VAE aufweist. Dazu müssen ua folgende Voraussetzungen erfüllt sein: 

  • Ausübung entsprechender Kerntätigkeiten in den VAE (diese sind im Gesetz beschrieben)
  • Tatsächliche Geschäftsführung in den VAE
  • Ausreichende Arbeitnehmer und Betriebsausgaben in den VAE 

In der Praxis werden des Öfteren Unternehmen für geistiges Eigentum wie auch Vertriebs- und Servicezentren in den VAE etabliert:

  • Im Falle von Unternehmen für geistiges Eigentum (IP) wird insbesondere geprüft, ob in den VAE die Hauptrisiken im Zusammenhang mit der Entwicklung des IP getragen werden, ob die strategischen Entscheidungen in den VAE getroffen werden und ob die Hilfstätigkeiten zur Verwertung der IP in den VAE ausgeübt werden.
  • Bei einem Vertriebs- und Servicezentrum wird evaluiert, ob der Transport und die Lagerung, die Verwaltung von Lagerbeständen und die Entgegennahme der Bestellungen in den VAE erfolgt.

Konsequenzen 

Bei Verstößen gegen die Meldepflichten können Geldstrafen von AED 10.000 bis AED 50.000 verhängt werden. Mit den gleichen Beträgen ist zu rechnen, falls der Substanztest (EST) nicht bestanden wird. Sollte der Test auch im Folgejahr nicht bestanden werden, so droht eine weitere Geldstrafe von AED 50.000 bis AED 300.000. Schließlich kann die zuständige Behörde bei wiederholtem Verstoß auch die Nichtverlängerung der Lizenz anordnen, sodass eine weitere Geschäftstätigkeit in den VAE nicht mehr möglich wäre.

Als Konsequenz der ESR-Einführung hat die EU die VAE komplett von der „Liste der nicht kooperativen Länder“ gestrichen. 

KSA und VAE: Isolierte VAT-Erstattung 

Wie bereits in unserem NL-Beitrag „GOLFSTAATEN | VAT-Einführung in ersten GCC-Staaten ab 1.1.2018!“ vom 11.12.2017 berichtet, wurde im Königreich Saudi-Arabien (KSA) und in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) im Jahr 2018 die Umsatzsteuer (VAT) eingeführt. Ausländische Wirtschaftstreibende haben unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit, für die in diesen Ländern auf Zukäufe anfallende VAT eine Erstattung zu beantragen. 

ACHTUNG: Die dafür vorgesehene Frist in KSA für das Jahr 2019 endet allerdings bereits am 30.6.2020. Die Frist in VAE bietet etwas mehr Spielraum und läuft von 1.3.2020 bis 31.8.2020

Implementierungsstatus der VAT in den übrigen GCC Ländern 

Wie bereits im NL-Beitrag „BAHRAIN | VAT-Einführung im dritten Golfstaat ab 1.1.2019!“ vom 9.12.2018  berichtet, wurde nach KSA und VAE die VAT im Jahr 2019 auch in Bahrain eingeführt. Katar soll sodann das vierte Land der Golfstaaten sein, in dem die VAT Eingang findet. Die VAT-Einführung im Oman und in Kuwait wurde indes schon einige Male verschoben. Nun soll die VAT in diesen Ländern Anfang 2021 implementiert werden. Es bleibt abzuwarten, ob diese Ankündigungen angesichts der drohenden wirtschaftlichen Rezession tatsächlich eingehalten werden. 

VAE: Neue Geschäftsmöglichkeiten für ausländische Investoren 

Am 31.03.2020 hat die Regierung der VAE eine Liste von Wirtschaftssektoren und Aktivitäten präsentiert, für die bis zu 100% ausländische Investitionen in den VAE möglich sind. Folglich ist es für die Errichtung solcher Unternehmen nicht mehr erforderlich, einen lokalen Partner in das Geschäft miteinzubeziehen. Unter anderem sind folgende Sektoren betroffen:

  • Information und Kommunikation;
  • Wissenschaft und Technik;
  • Bauwesen. 

Außerdem enthält die Liste auch Bestimmungen bezüglich Mindestkapital, die von Unternehmen zu erfüllen sind, welche sich im vollständigen Besitz ausländischer Investoren befinden.

FAZIT

Falls Sie Projekte in Katar abwickeln, ist es ratsam, die Sachverhalte bezüglich körperschaftsteuerlicher Auswirkungen im Vorhinein zu prüfen. Wir unterstützen Sie gerne dabei, um – insbesondere auch unter Berücksichtigung des jeweiligen DBA - ein optimales Steuerergebnis zu erzielen.

Sollten Sie im Königreich Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten im Zuge eines Projektes Zukäufe getätigt haben, sollten jedenfalls die Möglichkeiten einer VAT-Rückerstattung geprüft werden. 

Außerdem möchten wir Sie darauf hinweisen, dass wir in Kooperation mit unserem WTS-Steuerberaternetzwerkspartner in den VAE, WTS-Dhruva, demnächst ein WEBINAR zum Thema „Anlagenbauprojekte in GCC-Staaten“ abhalten werden, in dessen Rahmen insbesondere die Themen Betriebsstätten, Quellensteuern und deren Vermeidung aufgrund von DBA behandelt werden. Dieses Webinar soll Ihnen zahlreiche nützliche Infos für die Abwicklung von Projekten auf der arabischen Halbinsel zur Verfügung stellen. Nähere Veranstaltungshinweise finden Sie auf unserem Seminarkalender

Für weitere Fragen stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen ExpertInnen unserer Service Line „International Tax​​​​​​​“ gerne zur Verfügung!