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SELBSTANZEIGEN | Abgabenerhöhung schon nach formloser BP-Ankündigung!

Wer sich eines Finanzvergehens schuldig gemacht hat, kann dennoch straffrei bleiben, wenn er seine Verfehlung gegenüber der Finanzverwaltung noch vor der Tatentdeckung hinreichend offenlegt. Wenn eine solche „Selbstanzeige“ allerdings erst nach Bekanntgabe geplanter Prüfungshandlungen seitens der Finanzverwaltung erstattet wird, kann die strafbefreiende Wirkung nur insoweit eintreten, als auch eine von der Höhe der Steuernachzahlung abhängige Abgabenerhöhung (Zuschlag) entrichtet wird. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof kürzlich bestätigt, dass auch bereits die telefonische Ankündigung einer behördlichen Prüfungsmaßnahme als hinreichende Bekanntgabe im Sinne der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen gilt und eine Selbstanzeige nach diesem Zeitpunkt daher bereits die Zuschlagspflicht auslöst.

Die Rechtsgrundlagen

Die Selbstanzeige mit strafbefreiender Wirkung ist in § 29 FinStrG geregelt: 

Wer sich eines Finanzvergehens schuldig gemacht hat, wird insoweit straffrei, als er seine Verfehlung noch vor der Tatentdeckung hinreichend darlegt (Selbstanzeige). Werden grundsätzlich strafbefreiende Selbstanzeigen jedoch erst „anlässlich“ einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen „nach deren Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe“ erstattet, tritt Straffreiheit nur insoweit ein, als auch eine mit Bescheid der Abgabenbehörde festzusetzende Abgabenerhöhung (Zuschlag) entrichtet wird (§ 29 Abs 6 FinStrG). 

Siehe zu einer ähnlichen Fragestellung in einem früheren Rechtsmittelfall (VwGH 26.3.2019, Ro 2019/16/0003) auch bereits unseren NL-Beitrag „SELBSTANZEIGEN | Abgabenerhöhungen für SA ‚anlässlich‘ einer Prüfung?“ vom 16.8.2019. 

Die Abgabenerhöhung (Zuschlag) ist in Abhängigkeit von der Höhe des Verkürzungsbetrages wie folgt gestaffelt: 

Abgabenverkürzung                                     Zuschlagshöhe 

·       bis 33.000 EUR                                               5 %

·       über 33.000 bis 100.000 EUR                        15 %

·       über 100.000 bis 250.000 EUR                       20 %

·       über 250.000 EUR                                           30 % 

Der Rechtsmittelfall

Eine Steuerpflichtige hatte Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate Februar bis Oktober 2018 lediglich im Wege einer Schätzung ermittelt und infolge einer unzutreffenden Schätzung schuldhaft verkürzt. 

Am 24.1.2019 hat eine Prüferin des Finanzamtes die Durchführung einer Umsatzsteuersonderprüfung per E-Mail an die steuerliche Vertreterin angekündigt und in weiterer Folge auch in einem Telefonat am 8.2.2019 die geplante Nachschau mit der Steuerberaterin besprochen. 

Am 12.2.2019 (drei Tage vor dem tatsächlichen Prüfungsbeginn) wurde seitens der steuerlichen Vertretung mittels Fax eine Selbstanzeige für die Mandantin erstattet. Das Finanzamt hat daraufhin gemäß § 29 Abs 6 FinStrG einen Zuschlag zu den Umsatzsteuernachzahlungen vorgeschrieben. 

Die gegen diese Abgabenerhöhung erhobene Beschwerde wurde vom Bundesfinanzgericht abgewiesen und hat das BFG somit die Zulässigkeit des Zuschlages bestätigt. 

Gegen diese Entscheidung des BFG hat die Steuerpflichtige Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben und als Begründung angeführt, dass eine Prüfungsankündigung per Telefon oder per e-mail keine Rechtswirkungen entfalten könne. Dies mit Verweis auf die verfahrensrechtlichen Formalvorschriften in § 56 Abs 2 FinStrG iVm § 114 Abs 3 BAO bzw auf das Zustellgesetz. 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner nunmehrigen Letztentscheidung (VwGH 30.1.2020, Ra 2019/16/0205) der Rechtsauffassung der Revisionswerberin eine Absage erteilt und klargestellt, dass der Begriff der „Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe“ in § 29 Abs 6 FinStrG ein eigener Begriff des Finanzstrafgesetzes sei, der nach dem Gesetzeszweck, wie er in den Materialien zum Ausdruck kommt, auszulegen ist. In den Materialien zur Einführung des § 29 Abs 6 FinStrG mit der Finanzstrafgesetznovelle 2014 (vgl dazu auch bereits unseren NL-Beitrag „SELBSTANZEIGEN | Erhebliche Verschärfungen bereits ab 1.10.2014!“ vom 13.7.2014) wurde Folgendes ausgeführt: 

„Es erscheint nicht gerechtfertigt, Selbstanzeigen, die zu einem Zeitpunkt erstattet werden, in dem bei verständiger Würdigung der Sachlage mit der Tatentdeckung gerechnet werden muss, ohne zusätzliche Leistung strafbefreiende Wirkung zukommen zu lassen.“ 

Es kommt also darauf an, dass der Selbstanzeiger bzw die Person, für welche die Selbstanzeige erstattet wird, tatsächlich davon Kenntnis erlangt hat, dass eine in § 29 Abs 6 FinStrG erwähnte Maßnahme stattfinden wird und daher mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von einer Tatentdeckung auszugehen sein wird.

FAZIT

Sofern es also Sachverhalte im Unternehmen gibt, die als Finanzvergehen im Sinne des Finanzstrafgesetzes gewertet werden können, kann durch eine rechtzeitige und vollständige Offenlegung dennoch Straffreiheit für die beteiligten Personen erlangt werden (Selbstanzeige gemäß § 29 FinStrG). 

Wird die Selbstanzeige jedoch erst durch ein Ereignis wie eine telefonische Prüfungsankündigung motiviert, muss für die Straffreiheit zusätzlich ein abgabenerhöhender Zuschlag entrichtet werden. 

Wir empfehlen daher, etwa im Rahmen des Jahresgesprächs mit dem Steuerberater mögliche kritische Sachverhalte zu identifizieren und zu analysieren, um solch unerwarteten Steuerrechtsfolgen entgegenzutreten und gebotene Selbstanzeigen nicht nur materiell und formell korrekt zu verfassen sondern auch so zeitgerecht an die Abgabenbehörde zu übermitteln, dass die strafbefreiende Wirkung ohne zusätzliche Abgabenerhöhung erreicht werden kann. 

Für weitergehende Fragen und/oder Unterstützung zu diesem Themenbereich stehen Ihnen die Verfasser und Experten der Service Line "Tax Controversy​​​​​​​" jederzeit gerne zur Verfügung!