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DBA-ENTLASTUNG | Verspätete Erstellung der Ansässigkeitsbescheinigung

Das Bundesfinanzgericht (BFG) wurde erst kürzlich zweifach mit den Formalvoraussetzungen der DBA-Entlastungsverordnung befasst (siehe BFG 21.12.2023, RV/3100688/2014 und 24.1.2024, RV/1100179/2019). Gegenstand beider Verfahren war die Rechtsfrage, bis zu welchem Zeitpunkt eine Ansässigkeitsbescheinigung der ausländischen Steuerverwaltung ausgestellt werden muss, um eine DBA-Entlastung an der Quelle in Anspruch nehmen zu können. Das BFG hat die bisherige Ansicht der Finanzverwaltung, vertreten in EAS 3097, bestätigt und explizit ausgesprochen, dass eine Ansässigkeitsbescheinigung innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr vor bis einem Jahr nach dem Zeitpunkt der innerstaatlichen Abzugsverpflichtung ausgestellt werden muss.

Grundlegendes zur DBA-Entlastung

DBA verteilen Besteuerungsrechte. In welcher Form oder welchem Verfahren die jeweiligen Vertragsstaaten besteuern und die Rechte des DBA gewähren, wird durch das DBA grundsätzlich nicht vorgegeben. Erhebt ein Vertragsstaat Quellensteuern auf Einkünfte, für die dem Staat nach einem DBA kein Besteuerungsrecht zusteht oder das Besteuerungsrecht auf bestimmte Quellensteuersätze beschränkt wird, kann dieser die abkommensrechtlich zu gewährende Entlastung auf zweierlei Wegen bewirken: Entweder die zu Unrecht erhobene Quellensteuer wird erstattet (Quellensteuerrückerstattung), oder der abkommenswidrig zu erhebende Betrag an Quellensteuer wird erst gar nicht erhoben (Entlastung an der Quelle). Die Entlastung an der Quelle ist für den Steuerpflichtigen selbstredend vorteilhafter, als der entsprechende Steuerbetrag erst gar nicht entrichtet werden muss und ein mühsames Rückerstattungsverfahren vermieden werden kann.

Entlastung an der Quelle

Österreichisches Recht ermöglicht grundsätzlich beide Varianten der Entlastung. Während die Rückerstattung von Quellensteuern in § 240 Abs 4 iVm § 240a BAO einfachgesetzlich geregelt wird, ist eine Entlastung an der Quelle nach der DBA-Entlastungsverordnung möglich. Letztere bindet die Entlastung an der Quelle allerdings an besondere Formalvoraussetzungen. Kern dieser Formalvoraussetzungen ist, dass der Vergütungsschuldner „die Richtigkeit der Unterlassung oder Einschränkung des Steuerabzugs“ glaubhaft machen kann. Eine solche Glaubhaftmachung “kann” nach § 2 Abs 1 DBA-Entlastungsverordnung vor allem durch eine von der ausländischen Steuerverwaltung ausgestellte Ansässigkeitsbescheinigung unter Verwendung der Vordrucke ZS-QU1 (für natürliche Personen) und ZS-QU2 (für juristische Personen) erfolgen. Wird dem Dokumentationserfordernis des § 2 DBA-Entlastungsverordnung nicht entsprochen, ist eine Entlastung an der Quelle nach § 5 Abs 1 DBA-Entlastungsverordnung ausdrücklich unzulässig. Fraglich war bisher, bis zu welchem Zeitpunkt eine solche Ansässigkeitsbescheinigung einzuholen ist und ob eine Ansässigkeitsbescheinigung nachgeholt werden kann.

BFG zum Zeitpunkt der Ansässigkeitsbescheinigung

Schon bisher hat die Finanzverwaltung in EAS 3097 die Ansicht vertreten, die ausländische Bestätigung der Ansässigkeit müsse von der ausländischen Finanzverwaltung innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr vor bis einem Jahr nach dem Zeitpunkt der innerstaatlichen Ausfuhrverpflichtung ausgestellt worden sein. Dies sei dem Umstand geschuldet „dass diese Bescheinigung nur in Bezug auf den der Höhe nach genau zu präzisierenden Vergütungsbetrag eine entlastende Auswirkung in Österreich zeitigen kann, und dass dieser mit dem Vordruck der ausländischen Verwaltung notifiziert wird“.

Das BFG hat diese Ansicht nun in einem Erkenntnis vom 21.12.2023, RV/3100688/2014 bestätigt. Das Verlangen nach Erteilung einer Ansässigkeitsbescheinigung folge dem Zweck, dass die entlasteten Beträge „im ausländischen DBA-Partnerstaat für steuerliche Belange offengelegt werden“. Würde die DBA-Entlastungsverordnung nun aber eine verspätete Erstellung der Ansässigkeitsbescheinigung tolerieren, „würde dadurch der – aus Sicht des Quellenstaates, der auf die Besteuerung verzichtet, legitime – Zweck, eine Nichtbesteuerung von Einkünften zu verhindern, nicht erreicht“. Schließlich hätte es dann der Empfänger in der Hand, die Ansässigkeit des Vergütungsempfängers bestätigen zu lassen, wenn der Vergütungsschuldner die Bestätigung aufgrund einer Betriebsprüfung vorbringen muss. Gegen das Erkenntnis wurde Revision erhoben, die derzeit beim VwGH unter der Geschäftszahl Ra 2024/15/0021 anhängig ist.

Das Erkenntnis wurde allerdings prompt in einer weiteren Entscheidung vom  24.1.2024, RV/1100179/2019 vom BFG bestätigt, wonach die Ansässigkeitsbescheinigung “innerhalb angemessener Zeit vor oder nach dem Bezug” der Einkünfte des nicht-ansässigen Einkünfteempfängers erteilt werden muss, wobei das BFG wiederum den Zeitraum innerhalb eines Jahres vor oder nach Abfuhrverpflichtung als “zeitnah” betrachtet.

FAZIT

Eine Entlastung an der Quelle setzt nach zwei kürzlich ergangenen Erkenntnissen des BFG voraus, dass eine Ansässigkeitsbescheinigung innerhalb eines Jahres vor bis einem Jahr nach dem Zeitpunkt der innerstaatlichen Abfuhrverpflichtung ausgestellt worden sein muss. Die Ansässigkeitsbescheinigung ist grundsätzlich auf den österreichischen Vordrucken ZS-QU1 und ZS-QU2 zu erbringen. Wird die Ansässigkeitsbescheinigung von der ausländischen Behörde erst nach mehr als einem Jahr nach der Abzugsverpflichtung ausgestellt, ist eine Entlastung an der Quelle nach jüngster Rechtsprechung sohin unzulässig. Ist ein Steuerabzug unterblieben, haftet der Abzugsverpflichtete nach § 95 oder § 100 Abs 2 EStG für die nicht einbehaltene österreichische Quellensteuer. Für den Vergütungsschuldner fallen diesfalls freilich auch Verzugszinsen an. 

Den beiden Erkenntnissen des BFG zum Trotz, wurde in der Literatur erst kürzlich festgehalten, dass der Wortlaut der DBA-Entlastungsverordnung lediglich festhält, dass die Abkommensberechtigung des ausländischen Einkünfteempfängers mittels Ansässigkeitsbescheinigung glaubhaft gemacht werden „kann“. Daraus ließe sich ganz grundsätzlich schließen, dass die Ansässigkeitsbescheinigung nicht notwendigerweise das einzige Beweismittel sein muss, mit dem die Ansässigkeit nachgewiesen werden könnte. 

Nichtsdestotrotz sind österreichische Abzugsverpflichtete der KESt iSd § 95 EStG und Vergütungsschuldner für die in § 99 EStG aufgezählten Quellensteuertatbestände dazu angehalten, für die Entlastung notwendige Ansässigkeitsbescheinigungen von nicht-ansässigen Einkünfteempfängern möglichst zeitnah einzufordern, um eine spätere Haftungsinanspruchnahme für nicht einbehaltene Quellensteuern tunlichst zu vermeiden.

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