NEWS  |   |  

DEUTSCHLAND | Steuerpflicht für österreichische MVK-Beiträge!

Hofmann Robert  |  Panzenböck Judith

Bei von österreichischen Arbeitgebern für Arbeitnehmer geleistete Beiträge an eine österreichische betriebliche Vorsorgekasse (MVK-Beiträge) handelt es sich nach deutscher höchstgerichtlicher Rechtsprechung um steuerpflichtigen Arbeitslohn. Derartige Beiträge seien nur dann als sog. „Ausgaben für die Zukunftssicherung“ des Arbeitnehmers steuerfrei, wenn sie für eine dem deutschen Sozialversicherungssystem vergleichbare Zukunftssicherung geleistet werden. Dies trifft jedoch nach Ansicht des Finanzgerichts München, welches im zweiten Rechtsgang die Vergleichbarkeit des österreichischen Abfertigungssystems mit dem deutschen Sozialversicherungssystem zu prüfen hatte, nicht zu.

Einleitung 

Dienstgeber haben für alle Mitarbeiter, die nach dem 31.12.2002 eingetreten sind und mit denen österreichisches Arbeitsrecht vereinbart wurde, nach dem Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz (BMSVG) verpflichtend Beiträge an eine Mitarbeitervorsorgekasse (BV-Kasse) in Höhe von 1,53 % des Bruttoentgelts zu entrichten. Diese Beiträge sind auch dann zu leisten, wenn der Mitarbeiter von seinem Arbeitgeber in das Ausland entsendet wird und möglicherweise dort auch der Steuerpflicht unterliegt. 

Die vom Arbeitgeber geleisteten BV-Beiträge sind in Österreich kein steuerpflichtiger Arbeitslohn (§ 26 Z 7 lit d EStG). Wird der Mitarbeiter aufgrund seiner Auslandstätigkeit im Ausland steuerpflichtig (etwa aufgrund des Einsatzes auf einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte des Arbeitgebers), so ist der steuerpflichtige Arbeitslohn nach den jeweiligen nationalen Vorschriften des Tätigkeitsstaates zu ermitteln. Dies hat teilweise zur Folge, dass in Österreich gewährte, steuerfreie Vorteile des Arbeitgebers im Ausland mangels korrespondierender Regelung der Steuerpflicht unterliegen.

In Deutschland beschäftigten sich nunmehr die Finanzgerichte mit der Frage, ob die von österreichischen Arbeitgebern für ihre Mitarbeiter gezahlten BV-Beiträge in Deutschland der Steuerpflicht unterliegen?

Der Fall 

Der Kläger hatte seinen Wohnsitz im Jahr 2013 von Österreich nach Deutschland verlegt. Aufgrund seines Status als Grenzgänger unterlag er mit seinen vom österreichischen Arbeitgeber gezahlten Vergütungen gemäß Art. 15 Abs. 6 DBA Österreich-Deutschland der Steuerpflicht in Deutschland. Der österreichische Arbeitgeber leistete 1,53 % des Bruttoentgelts an eine betriebliche Vorsorgekasse (BV-Kasse). 

Das deutsche Finanzamt rechnete die vom österreichischen Arbeitgeber gezahlten BV-Kassen-Beiträge dem in Deutschland steuerpflichtigen Arbeitslohn hinzu. Dagegen erhob der Steuerpflichtige Klage beim Finanzgericht München, welches der Klage insoweit stattgab, als die BV-Beiträge zwar grundsätzlich Arbeitslohn darstellen, jedoch als „Zukunftssicherungsleistungen“ gemäß § 3 Nr. 62 dEStG wiederum einer Steuerbefreiung in Deutschland zugänglich wären. Gegen diese Entscheidung des Finanzgerichts München erhob das zuständige Finanzamt Revision beim deutschen Bundesfinanzhof. 

Der Bundesfinanzhof (BFH) teilte in seiner Entscheidung vom 13.2.2020 die Auffassung des FG München, wonach es sich bei den BV-Beiträgen dem Grunde nach um Arbeitslohn handle. Denn neben dem laufenden Entgelt zählen auch andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung gezahlt werden – unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht – zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit. Derartige Bezüge und Vorteile seien durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst und werden also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft geleistet bzw gewährt. 

Allerdings nahm der BFH nicht Stellung zu der Frage, ob die vom österreichischen Arbeitgeber gezahlten BV-Beiträge als steuerfreie Zukunftssicherungsleistungen gemäß § 3 Nr. 62 dEStG zu behandeln sind. Vielmehr wies das deutsche Höchstgericht die Sache zur Entscheidung zurück an das FG München, welches sich im zweiten Rechtsgang mit der Frage auseinanderzusetzen hätte, ob es sich bei den nach österreichischen Vorschriften zu leistenden BV-Beiträgen tatsächlich um eine dem deutschen Sozialversicherungssystem vergleichbare Zukunftssicherungsleistung handelt. Voraussetzung dafür sei, dass das österreichische System der Abfertigung-Neu“ nach seiner Struktur und den von ihr im Versorgungsfall zu erbringenden Leistungen eine mit dem deutschen Sozialversicherungssystem vergleichbare Zunkunftssicherungsleistung gewährt. Die Frage der Vergleichbarkeit konnte vom BFH mangels Feststellungen des FG München nicht abschließend entschieden werden, weshalb der BFH die Sache zurück an das FG München verwies.

Die Entscheidung des FG München 

Das FG München stellte schließlich fest, dass keine Vergleichbarkeit zwischen dem österreichischen System der „Abfertigung-Neu“ und dem deutschen Sozialversicherungssystem gegeben sei. Das System der „Abfertigung-Neu“ habe nicht die Grundversorgung des Arbeitnehmers sondern den Aufbau eines Grundstockvermögens zum Ziel. Es sei der volle Betrag zur Auszahlung garantiert, Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- oder Pflegeversicherung träten jedoch nur bei Ruhestand, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit ein. Es ergäben sich nur in Einzelpunkten Vergleichbarkeiten mit verschiedenen Vorsorgemöglichkeiten in Deutschland. Die Garantie des vollen Betrages stünde im Gegensatz zum deutschen Sozialversicherungssystem, welches auf dem Solidarprinzip beruhe und aus welchem der Einzelne nur eventuell einen Anspruch habe. 

Mangels Vergleichbarkeit des Systems der „Abfertigung-Neu“ mit dem deutschen Sozialversicherungssystem kommt somit keine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 62 dEStG in Betracht. Die vom Arbeitgeber geleisteten BV-Kassen-Beiträge unterliegen somit tatsächlich der Steuerpflicht in Deutschland.

FAZIT 

Für in Deutschland steuerpflichtige Arbeitnehmer, deren österreichische Arbeitgeber gesetzliche Beiträge an österreichische Mitarbeitervorsorgekassen leistet, bedeutet diese Entscheidung eine steuerliche Mehrbelastung, die sich auch bei klassischen Entsendungsfällen von Österreich nach Deutschland auswirkt. Zudem tritt durch diese Entscheidung insoweit eine zumindest teilweise Doppelbesteuerung ein, als sowohl die geleisteten BV-Kassen-Beiträge als auch deren spätere Auszahlungen zu besteuern sind. Die Doppelbesteuerung wird allerdings aufgrund der besonderen Besteuerung von Abfertigungen in Österreich (6 %) sowie in Deutschland („Fünftel-Regelung“) abgefedert. 

Für weitere Fragen zu dieser Thematik stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen ExpertInnen unserer Service Lines "Global Employment Services" und "International Tax"​​​​​​​ gerne zur Verfügung!