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DEUTSCHLAND | Umsetzung der EU-Entsenderichtlinie

Hofmann Robert  |  Panzenböck Judith

Seit 30. Juli 2020 gelten für Unternehmen aus EU-Mitgliedstaaten, die Arbeitnehmer für eine Dienstleistung nach Deutschland entsenden, strengere Regeln. Dafür sorgt das neue Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG), mit dem unser Nachbarland die überarbeitete EU-Entsenderichtlinie (Richtlinie EU 2018/957) in nationales Recht umgesetzt hat. Im nachfolgenden Beitrag zeigen wir Ihnen die wesentlichen Änderungen auf, die sich aufgrund der Überarbeitung der EU-Entsenderichtlinie in Deutschland ergeben haben.

Einleitung

Am 8.3.2016 hat die Europäische Kommission eine Überarbeitung der Bestimmungen über die Entsendung von Arbeitnehmern in der EU (EU-Entsenderichtlinie) vorgeschlagen, um zu gewährleisten, dass diese weiterhin ihren Zweck erfüllen. Der Kommissionsvorschlag wurde am 28.6.2018 angenommen und am 9.7.2020 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Die Umsetzung in nationales Recht der EU-Mitgliedstaaten hatte bis spätestens 30.7.2020 zu erfolgen. In Deutschland geschah dies mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/957, welches am 3.7.2020 vom deutschen Bundesrat beschlossen wurde und nach Abschluss des Gesetzgebungsprozesses mit 30.7.2020 in Kraft getreten ist. 

Bisher sah die EU-Entsenderichtlinie vor, dass ausländische Unternehmen, die Arbeitnehmer in einen anderen EU-Mitgliedstaat entsenden, den Mindestlohn im jeweiligen Tätigkeitsstaat einhalten müssen. Dies führte jedoch oftmals dazu, dass entsandte Arbeitnehmer häufig zu günstigeren Bedingungen als vergleichbare lokal angestellte Mitarbeiter eingesetzt werden konnten, was vielfach zum Vorwurf von Lohn- und Sozialdumping führte. Nunmehr sind Unternehmen an zusätzliche Entgeltvorschriften im Tätigkeitsstaat gebunden. Neben gesetzlichen Vorschriften zum Mindestlohn sind nun auch Verordnungen und Kollektivverträge (in Deutschland „Tarifverträge“) zu prüfen. Entsandte Arbeitnehmer sollen damit den gleichen Lohn (inklusive Sonderzahlungen, Prämien, Schlechtwetterzulage, Mobilitätsbeihilfen etc) wie lokal angestellte Arbeitnehmer erhalten.

Was verändert sich durch die Neuregelung bei Entsendungen nach Deutschland? 

  • Mit dem neuen Gesetz haben nach Deutschland entsandte Arbeitnehmer nicht mehr nur Anspruch auf den Mindestlohn, sondern auch auf den Tariflohn aus allgemeinverbindlichen Tarifverträgen.
  • Die in deutschlandweit geltenden allgemeinverbindlichen Tarifverträgen aufgelisteten Arbeitsbedingungen gelten zukünftig für entsandte Arbeitnehmer in sämtlichen Branchen und nicht wie bisher lediglich im Baugewerbe.
  • Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus dem Ausland erhalten zudem künftig Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie Schmutz- und Gefahrenzulagen.
  • Bezahlen Arbeitgeber ihren Beschäftigten eine Zulage für Reise-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten, darf dieser Betrag nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden.
  • Werden die entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland dienstlich auf Reisen geschickt, übernimmt der Arbeitgeber die Reisekosten.
  • Grundsätzlich gelten künftig für Beschäftigte aus dem Ausland nach zwölf Monaten alle in Deutschland vorgeschriebenen Arbeitsbedingungen. In begründeten Ausnahmefällen können Arbeitgeber eine Fristverlängerung um sechs Monate beantragen.

Die Regelungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes finden auch für Leiharbeitnehmer Anwendung, die in Deutschland eingesetzt werden. 

Von den obigen Neuerungen sind jedoch auch verschiedene Ausnahmen vorgesehen, wie etwa die Entsendung von Arbeitnehmern, die im Rahmen eines Liefervertrages unerlässliche Erstmontage oder Einbauarbeiten durch Facharbeiter oder angelernten Arbeitern des Lieferunternehmens erbringen und die Dauer der Beschäftigung in Deutschland acht Tage innerhalb eines Jahres nicht übersteigt. 

Darüber hinaus finden die Neuregelungen keine Anwendung auf vorübergehende Entsendungen von Arbeitnehmern, die - ohne in Deutschland Werk- oder Dienstleistungen für ihren Arbeitgeber gegenüber Dritten zu erbringen -

  • für ihren Arbeitgeber Besprechungen oder Verhandlungen im Inland führen, Vertragsangebote erstellen oder Verträge abschließen,
  • als Besucher an einer Messeveranstaltung, Fachkonferenz oder Fachtagung teilnehmen (nicht: Messebauer!)
  • für ihren Arbeitgeber einen Unternehmensteil gründen oder
  • als Fachkräfte eines international tätigen Konzerns oder Unternehmens zum Zweck der betrieblichen Weiterbildung im inländischen Konzern oder Unternehmensteil beschäftigt werden. 

Als „vorübergehend“ ist dabei eine Beschäftigung anzusehen, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr als vierzehn Tage ununterbrochen bzw nicht mehr als dreißig Tage innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten im Inland tätig ist.

FAZIT

Entsendungen nach Deutschland aus dem Ausland werden sich zukünftig noch aufwändiger und bürokratischer gestalten. Insbesondere die Identifizierung der jeweils geltenden Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen in Deutschland wird eine erhebliche Herausforderung darstellen. Zudem waren Entsendemeldungen in Deutschland bisher nur auf bestimmte Branchen, wie insbesondere das Bauhaupt- und Baunebengewerbe, eingeschränkt. Aufgrund der Ausweitung auf sämtliche Branchen, die von einem deutschlandweit für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag erfasst sind, gilt es nun vor jeder Entsendung zu prüfen, ob in Deutschland auch eine Entsendemeldung an den deutschen Zoll vorzunehmen ist. 

Sollten Sie bei diesem durchaus komplexen Thema Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen Experten der Service Line "Global Employment Services​​​​​​​" natürlich gerne zur Verfügung!