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GROSSBRITANNIEN | Vereinfachungen für Werklieferungen von Ausländern

Werden Werk- bzw. Montagelieferungen von ausländischen Unternehmern in Großbritannien erbracht, so muss dies dort nicht zwingend zu einer umsatzsteuerlichen Registrierung des Leistungserbringers führen. Das britische Umsatzsteuerrecht sieht zwei Vereinfachungsregelungen vor, die eine umsatzsteuerliche Erfassung ausländischer Unternehmer in Großbritannien vermeiden. 

Die Vereinfachungsregelungen sind jedoch zum einen an unterschiedliche Voraussetzungen gebunden, und zum anderen hat hinsichtlich der Anwendbarkeit vorab eine genaue Einordnung der Leistungen zu erfolgen: 

Unterscheidung „land-related services“ versus „supply of installed goods“

Das britische Umsatzsteuerrecht kennt den Begriff der „Werklieferung“ nicht sondern unterscheidet zwischen „land-related services“ und „supply of installed goods“. Die korrekte Einordnung ist nicht immer einfach. Die betreffenden Projekte bzw. Aufträge sind aber jedenfalls nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung stets in ihrer Gesamtheit und nicht getrennt nach einzelnen Liefer- bzw. Leistungsteilen zu betrachten für die Frage, ob die entsprechenden Umsätze in Großbritannien steuerbar und steuerpflichtig sind. Sollte im Zusammenhang mit einem Projekt auch Material geliefert werden und nicht nur Leistungen erbracht werden, schließt dies das Vorliegen von „land-related services“ nicht aus. 

Bei der Frage, ob es sich um „land-related services“ handelt, ist laut der britischen Behörde nach folgende Kriterien vorzugehen: 

  • Allow physical use of specific property (e.g. lease of a specific property); or

  • Change the physical characteristics of specific property (e.g. construction of a new building);

  • Survey or assess specific property (e.g. geographical survey of specific land); or

  • Change the legal status of physical property (e.g. lawyers’ fees relating to the sale of a property)
     

„Land-related services“ iZm Werklieferungen liegen somit vor, wenn es sich um Projekte handelt, die Planung, Design, Produktion, Lieferung von Materialteilen/Anlagen/Maschinen und deren Installation vor Ort umfassen und diese Teile/Anlagen/Maschinen fest mit einem Gebäude oder Grundstück verbunden werden (das zweite Kriterium „change the physical charateristics of specific property“ wäre damit erfüllt). Wichtig ist, dass es sich um eine Planung bzw. Anfertigung speziell für dieses Gebäude bzw. Grundstück handelt und somit die erbrachten Leistungen (Planung, Design,…) neben der reinen Lieferung und Montage bzw. Installation von spezieller Bedeutung für das Projekt sind. 

Hingegen liegt „supply of installed goods“ vor, wenn die bloße Lieferung und Installation von Maschinen/Anlagen geschuldet wird und es sich hier um standardisierte Produkte handelt (off the shelf) und die in diesem Zusammenhang erbrachten Leistungen (Installation, Montage) nicht von herausragender Bedeutung sind (hier wäre das obige zweite Kriterium eben grundsätzlich nicht erfüllt). 

Reverse Charge für „land-related services“

Neben dem allgemeinen Reverse Charge für sonstige Leistungen (B2B-Grundregel-Leistungen) ausländischer Unternehmer an in Großbritannien ansässige Unternehmer wurde im britischen Umsatzsteuergesetz ein Reverse Charge-Verfahren für „land-related services“ umgesetzt. Dieses Reverse Charge für „land-related services“ ist anwendbar, wenn der leistende Unternehmer nicht in Großbritannien ansässig ist bzw. auch nicht über eine umsatzsteuerliche Betriebsstätte in Großbritannien verfügt. Der Leistungsempfänger muss hingegen in Großbritannien ansässig sein oder über eine umsatzsteuerliche Betriebsstätte verfügen. Die bloße umsatzsteuerliche Registrierung eines ausländischen Unternehmens in Großbritannien ist hingegen für die Anwendbarkeit des Reverse Charge-Verfahrens für Werklieferungen als „land-related services“ nicht schädlich. Bei Erfüllung aller Voraussetzungen ist das Reverse Charge-Verfahren für „land-related services“ verpflichtend anzuwenden. Im Falle eines österreichischen Leistenden sind die Rechnungen an die britischen Leistungsempfänger somit netto mit dem Hinweis auf das Reverse Charge-Verfahren für „land-related services“ und unter Angabe der eigenen österreichischen UID-Nr. an die britische UID-Nummer des Kunden auszustellen. 

Simplified Procedure 

Liegt „supply of installed goods“ vor, sind diese Umsätze grundsätzlich am Ort der Montage/Installation steuerbar und steuerpflichtig. Ein Reverse Charge Verfahren gibt es hiefür nicht, jedoch kann diesfalls die Anwendbarkeit des sog. „Simplified Procedure“ geprüft werden, wofür neben rechtlichen Voraussetzungen auch formale Kriterien zu erfüllen sind. Zu den rechtlichen Voraussetzungen zählen ua, dass der Leistungsempfänger in Großbritannien zumindest umsatzsteuerlich registriert sein muss, der Leistende hingegen über keine umsatzsteuerliche Registrierung in Großbritannien verfügt. Darüber hinaus darf aus Sicht des Leistenden auch kein anderer Registrierungstatbestand in Großbritannien vorliegen, und es dürften keine Zukäufe getätigt werden, die für die Anwendung dieser Vereinfachung schädlich sind. Die Anwendung des „Simplified Procedure“ muss für jeden Kunden gesondert bei der britischen Behörde beantragt werden. Auf den Rechnungen ist der Vermerk „Section 14 (2) VAT invoice“ verpflichtend anzugeben. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, kann das „Simplified Procedure“ in Anspruch genommen werden, eine verpflichtende Anwendung wie beim „Reverse Charge“ ist aber nicht vorgesehen. 

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass es bei der Anwendung des Simplified Procedure sehr wohl Unterschiede zum Reverse Charge gibt. Es handelt sich dabei um keinen Übergang der Steuerschuld wie beim tatsächlichen Reverse Charge, sondern es wird „supply of installed goods“ iZm dem Simplified Procedure von der britischen Behörde als Intra-EC supply gesehen, wofür der Leistungsempfänger die Erwerbsteuerschuld in Großbritannien zu übernehmen hat. Bei dieser Annahme handelt es sich um eine reine britische Besteuerungsfiktion und bedingt dies auch die Berücksichtigung in der Intrastatmeldung (ig. Erwerbe für den Wert der Waren). 

Fazit

Aufgrund der dargestellten unterschiedlichen Beurteilung von Werklieferungen in Großbritannien ist es wichtig, den exakten Leistungsumfang zu kennen, um die Einordnung in „land-related services“ und „supply of installed goods“ vornehmen zu können und somit die korrekte umsatzsteuerliche Abwicklung der Umsätze in Großbritannien sicherzustellen. 


Für weitergehende Fragen zu diesem Thema stehen Ihnen die Verfasserinnen sowie auch die übrigen Umsatzsteuerexperten der ICON gerne zur Verfügung!