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POLEN | USt-Split-Payment-Verfahren verpflichtend ab 1.11.2019!

Mit 1. November 2019 wird in Polen das bisherige Reverse-Charge-Verfahren auf Inlandsleistungen betreffend betrugsanfällige Gegenstände und Dienstleistungen abgeschafft, und anstelle dieser Regelung tritt das Split-Payment-System (getrennte Zahlung von Mehrwertsteuer und Nettobetrag). In Polen leistungserbringende Unternehmer konnten bereits seit 1. Juli 2018 auf freiwilliger Basis Erfahrungen mit „Split Payments“ für Zwecke der Umsatzsteuer sammeln. Nunmehr wird dieses der Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung dienende Verfahren für alle Unternehmer verpflichtend.  

Als Maßnahme zur Mehrwertsteuerbetrugsbekämpfung hat Polen am 15. Mai 2018 bei der Europäischen Union die Ermächtigung für eine von Artikel 226 der MwStSyst-RL abweichende Sondermaßnahme beantragt, und zwar ein Verfahren zur Aufspaltung von Zahlungen (Split-Payment-System). Demgemäß soll die Mehrwertsteuer auf Rechnungen für betrugsanfällige Leistungen (Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen), für die in Polen allgemein das Reverse-Charge-System sowie eine gesamtschuldnerische Haftung gilt, auf ein gesperrtes Mehrwertsteuerkonto des leistungserbringenden Unternehmers gezahlt werden. 

Im Februar 2019 wurde im EU-Amtsblatt der Durchführungsbeschluss (EU) 2019/310 veröffentlicht, auf Grundlage dessen Polen das Split Payment-Verfahren zwischen Unternehmern für den Zeitraum von 1. März 2019 bis 28. Februar 2022 verbindlich für bestimmte Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen einführen kann. Demgemäß wird das in Polen bereits seit 1. Juli 2018 freiwillig anwendbare Split-Payment-System (siehe dazu bereits unseren NL-Beitrag „POLEN | UMSATZSTEUER – Neue Kontrollinstrumente zur Betrugsbekämpfung“ vom 10.9.2018) mit 1. November 2019 verpflichtend eingeführt. 

Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die bisher unter das Reverse-Charge-System gefallen sind, werden ab dem 1. November 2019 nach allgemeinen Grundsätzen besteuert. Das Reverse-Charge-System sowie auch die gesamtschuldnerische Haftung von Leistungserbringer und -empfänger für solche Inlandsleistungen wird damit per 1. November 2019 abgeschafft

Gleichzeitig wird das Split-Payment-System für Zahlungen auf Basis dieser Inlandsgeschäfte, deren Wert 15.000 PLN (ds rund 3.500 EUR) übersteigt, verpflichtend eingeführt. Ausnahmen für ausländische, nicht in Polen ansässige Unternehmer, gibt es nicht. 

Der Katalog der unter das Split-Payment-System fallenden Leistungen umfasst 150 verschiedene Leistungskategorien (siehe Anhang des Durchführungsbeschlusses: Liste der unter Artikel 1 fallenden Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen). Insbesondere von den neuen Regelungen betroffen sind Bauleistungen sowie Erzeugnisse aus Stahl, Altmaterialien/Reststoffe, elektronische Geräte und ausgewähltes Zubehör, Teile und Zubehör für Fahrzeuge und Motorräder, Kraftstoffe zum Antrieb von Verbrennungsmotoren sowie Brenn- und Schmieröle. 

Dem Split-Payment-System zufolge sollen der Nettopreis für eine Lieferung/sonstige Leistung und die Mehrwertsteuer auf verschiedene Konten überwiesen werden. Zu diesem Zweck sind in- und ausländische Unternehmen verpflichtet, ein von der polnischen Finanzbehörde überwachtes Bankkonto in Polen zu eröffnen. Nicht in Polen ansässigen Unternehmen werden die Kosten für die Führung des polnischen Bankkontos auf Antrag erstattet. 

Die Anwendung des Split-Payment-Systems ist auch zwingend auf der Rechnung anzugeben (Rechnungshinweis auf Polnisch: „Mechanizm podzielonej platności“). Fehlt dieser Hinweis auf einer betroffenen Rechnung, hat der leistende Unternehmer mit einer Strafzahlung in Höhe von 30% der geschuldeten Mehrwertsteuer zu rechnen. Die Strafe tritt dann NICHT ein, wenn der Erwerber auch ohne Hinweis auf das verpflichtende Split-Payment-System die Mehrwertsteuer getrennt begleicht.  

Wendet der Erwerber trotz Vorliegens der Voraussetzungen das verpflichtende Split-Payment-System nicht an, ist auch bei ihm eine Strafzahlung in Höhe von 30% der in Rechnung gestellten Mehrwertsteuer vorgesehen. 

Zudem wurde am 1. September 2019 von der polnischen Finanzverwaltung die sog. „Weiße Liste der Steuerpflichtigen“ veröffentlicht. Diese Liste enthält allgemeine Informationen über Steuerpflichtige, die der Mehrwertsteuer unterliegen, sowie Bankkontonummern, die diese bei den Finanzbehörden angegeben haben. 

Ab 1. Januar 2020 sind Zahlungen im Rahmen von Geschäften, für die seit 1. November 2019 das Split-Payment-System verpflichtend eingeführt wurde, und die je Auftrag den Betrag von 15.000 PLN übersteigen, auf das in der weißen Liste genannte Bankkonto des Geschäftspartners vorzunehmen. 

Soweit der Erwerber Zahlungen auf ein anderes, nicht in der weißen Liste angeführtes Bankkonto des Geschäftspartners leistet, haftet er gesamtschuldnerisch für die Steuerschuld des leistenden Unternehmers und darf den jeweiligen Aufwand zudem auch nicht ertragsteuerlich geltend machen.  Dies trifft NICHT zu, wenn der Erwerber dem zuständigen Finanzamt innerhalb von drei Tagen nach Erteilung des Überweisungsauftrages eine entsprechende Überweisungsbestätigung vorlegt.

FAZIT 

Um Strafmaßnahmen zu vermeiden, sollten Unternehmen, die in Polen umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringen, ihren Leistungskatalog daraufhin überprüfen, ob die von ihnen gelieferten Gegenstände oder erbrachten Leistungen dem ab 1.11.2019 verpflichtenden Split-Payment-System unterliegen. Wenn dies zutrifft, sollten rechtzeitig die für das Split-Payment-System nötigen Vorkehrungen getroffen werden (insbesondere also Eröffnung eines polnischen Bankkontos, Umstellung der laufenden Verbuchung der polnischen Geschäftsfälle sowie Ergänzung der Rechnungsmerkmale (Hinweis auf Split-Payment-System), Information gegenüber den Geschäftspartnern und der polnischen Finanzverwaltung). 

Die Erwerber trifft demgegenüber die Verpflichtung, ihre Zahlungsweise umzustellen, um Strafmaßnahmen und Haftungsverpflichtungen zu vermeiden. Bankverbindungen der fraglichen Geschäftspartner sollten mit der von der polnischen Finanzverwaltung veröffentlichten „Weißen Liste“ verglichen werden. 

Für Fragen zu dieser Thematik stehen Ihnen die Verfasserinnen sowie auch die übrigen MitarbeiterInnen der Service Line "Indirect Tax & Customs" gerne zur Verfügung!