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RECHNUNGSLEGUNG | Neue Nachhaltigkeitsberichte für Unternehmen

Vrba Maria  |  Walchshofer Mario

Bestimmte Unternehmen mußten bereits bisher – über die klassische Rechnungslegung (Jahresabschluss und Lagebericht) hinausgehend – auch verschiedene nichtfinanzielle Informationen veröffentlichen. Im April d. J. hat die Europäische Kommission nunmehr einen Entwurf zur Überarbeitung der EU-Richtline zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) vorgelegt. Durch die neue Richtlinie sollen die Berichtspflichten erheblich erweitert und zudem der Kreis der betroffenen Unternehmen, insbesondere auch in Österreich, stark ausgedehnt werden. Die geplanten Änderungen sollen bereits für Geschäftsjahre beginnend ab 1. Jänner 2023 anzuwenden sein, was sowohl die berichtspflichtigen Unternehmen als auch den Berufsstand der Wirtschaftsprüfer sowie externe Berater vor große Herausforderungen stellt.

Aufgrund des „Pariser Abkommens“ hat die EU-Kommission eine Vielzahl von Richtlinien und Verordnungen verabschiedet, um eine „nachhaltige europäische Wirtschaft zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang soll auch die Transparenz über ökologische und soziale Aspekte von Unternehmen erhöht werden. Den Startschuss dafür lieferte die Richtlinie 2013/34/EU, die am 22. Oktober 2014 durch die Richtlinie 2014/95/EU geändert wurde. Aufgrund dieser Richtlinie haben die Unternehmen Angaben über nichtfinanzielle Informationen und über die „Diversität“ zu machen. Von dieser EU-Richtlinie waren bislang große kapitalmarktorientierte Unternehmen (mit mehr als 500 Mitarbeitern) bzw Kreditinstitute, Finanzdienstleister und Versicherungsunternehmen. 

In Österreich wurde die Richtlinie 2014/95/EU durch das Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeG) umgesetzt, welches am 1. Jänner 2017 in Kraft getreten ist. Allerdings wurde schnell Kritik an der geltenden Rechtslage laut: So wurde etwa kritisiert, dass der Interpretationsspielraum zu groß sei, weiters die fehlende Prüfungspflicht und dass es auch keinen verpflichtenden Berichtsstandard gibt. Diese Kritikpunkte nahm die EU-Kommission zum Anlass, die Richtlinie 2014/95/EU nochmals zu überarbeiten. 

Zielsetzung der überarbeiteten EU-Richtlinie 

Zielsetzung ist eine deutliche Verbesserung der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Mit der überarbeiteten EU-Richtlinie Richtlinie („Corporate Sustainability Reporting Directive“ – CSRD) soll laut AFRAC der Übergang des europäischen Binnenmarktes in ein vollständig nachhaltiges und inklusives Wirtschafts- und Finanzsystem im Einklang mit den UN-Zielen bewerkstelligt werden. 

Anwendungsbereich und erstmalige Anwendung 

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sollen die neue EU-Richtlinie bis zum 1. Dezember 2022 in nationales Recht umsetzen, wobei die künftige Nachhaltigkeitsberichtserstattung von den betroffenen Unternehmen erstmals für Geschäftsjahre beginnend ab 1. Jänner 2023 anzuwenden sein soll.

Laut AFRAC erhöht sich die Zahl der betroffenen Unternehmen innerhalb der Europäischen Union aufgrund der neuen Richtlinie von derzeit 11.600 auf rund 49.000 Unternehmen bzw alleine in Österreich von rund 200 auf künftig etwa 2.000 Unternehmen. Nach der CSRD sind folgende Unternehmen betroffen: 

  • Unternehmen, die auf einem regulierten EU-Markt notiert sind;
  • Große Unternehmen“ iS der EU-Definition, die nicht auf einem regulierten EU-Markt notiert sind, jedoch mindestens zwei der folgenden drei Merkmale überschreiten:
    • Bilanzsumme von 20 Mio EUR
    • Umsatzerlöse von 40 Mio EUR
    • 250 Beschäftigte (durchschnittliche Anzahl während des Geschäftsjahres) 

In weiterer Folge sind auch kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von der Ausweitung des Anwendungsbereiches betroffen, denen jedoch eine „Phasing-In period“ von drei Jahren zugestanden wird. Kapitalmarktorientierte Kleinstgesellschaften sind von der Verpflichtung zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts gänzlich ausgenommen. 

Berichtspflichten 

Unternehmen, die unter den Anwendungsbereich der CSRD fallen, haben in ihrem Nachhaltigkeitsbericht über folgende Sachverhalte zu berichten: 

  • Geschäftsstrategie;
  • Nachhaltigkeitsziele und Fortschritt bei deren Erreichung;
  • Rolle der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane in Bezug auf Nachhaltigkeitsfaktoren;
  • Richtlinien und Maßnahmen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten;
  • Wichtigste tatsächliche oder potenzielle nachteilige Auswirkungen auf die Nachhaltigkeitsaspekte im Zusammenhang mit der Wertschöpfungskette des Unternehmens;
  • Bedeutendste Risiken im Zusammenhang mit den Nachhaltigkeitsaspekten;
  • Art und Weise der Ermittlung der berichteten Informationen. 

Die CSRD hat auch eine Standardisierung zur Gewährleistung einer besseren Vergleichbarkeit umgesetzt. Im Oktober 2021 wurde der „Sustainability Reporting Standard“ (EU SRS) veröffentlicht, mit dessen Erarbeitung die „European Financial Reporting Reporting Advisory Group“ (EFRAG) beauftragt worden war. Weiters soll es in Zukunft auch eine Verpflichtung zur Offenlegung im Lagebericht geben bzw hat die Veröffentlichung der Nachhaltigkeitsinformationen spätestens ein Jahr nach dem Bilanzstichtag zu erfolgen. 

Die geplanten Neuerungen werden auch von den österreichischen Standes- und Interessensvertretungen grundsätzlich positiv aufgenommen, jedoch der Zeitplan für die Umsetzung als sehr ambitioniert angesehen. Die österreichische Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (KSW) begrüßt den Entwurf der EU-Richtlinie und findet die Ausweitung des Anwendungsbereichs als durchaus sachgerecht. Auch befürwortet die KSW die Prüfungspflicht der Nachhaltigkeitsberichterstattung, merkt aber gleichzeitig an, dass unterschiedliche Niveaus an Prüfungssicherheit nur für den Übergangszeitraum zu rechtfertigen sind (siehe dazu noch später). Die Bundesarbeiterkammer (BAK) sowie die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) befürworten ebenfalls die Überarbeitung der Richtlinie. Beide Kammern weisen allerdings darauf hin, dass die Nachhaltigkeitsberichtstandards mit internationalen Bestimmungen harmonisiert werden sollten. Die BAK schlägt diesbezüglich die „Global Reporting Initiative“ (GRI) vor. 

Taxonomie-Verordnung 

Mit dem „Green Deal“, welcher von der EU-Kommission im Dezember 2019 vorgestellt wurde, soll Europa bis 2050 zum klimaneutralen Kontinent werden. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde unter anderen die Taxonomie-Verordnung verabschiedet. Darin hält die Kommission detailliert fest, welche Tätigkeiten als „nachhaltig“ eingestuft werden. Eine Investition in eine Wirtschaftstätigkeit gilt dann als nachhaltig, wenn sie zur Erreichung eines oder mehrerer Umweltziele beiträgt. Weiters soll die Tätigkeit die anderen Umweltziele nicht beeinträchtigen. Die EU-Kommission hat dabei folgende sechs Umweltziele definiert:

  • Klimaschutz
  • Anpassung an den Klimawandel
  • Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
  • Verminderung der Umweltverschmutzung
  • Schutz der Biodiversität und der Ökosysteme 

Die Taxonomie-Verordnung trat bereits im Juli 2020 in Kraft, wird jedoch derzeit im Detail noch weiter ausgearbeitet. Die Anwendbarkeit dieser Verordnung erfolgt schrittweise. Ab 1. Jänner 2022 sollen die ersten beiden Umweltziele – Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel – umgesetzt werden, wobei die Berichterstattung rückwirkend für 2021 vorzunehmen ist. Die restlichen Ziele gelten dann ab 1. Jänner 2023, somit für das Geschäftsjahr 2022. 

Gemäß Art 8 der Taxonomie-Verordnung sind derzeit alle Unternehmen betroffen, die der „Non-Financial Reporting Directive“ (NFRD) unterliegen, das sind Unternehmen von öffentlichem Interesse mit über 500 Mitarbeitern. Die Definition für „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ umfasst börsentierte Unternehmen, deren Wertpapiere an einem geregelten Markt gehandelt werden, sowie Versicherungen und Kreditinstitute. 

Unternehmen, die unter die NFRD fallen, haben folgende nachhaltigkeitsrelevanten Sachverhalte offenzulegen: 

  • Umsatz: Anteil der Umsätze von Produkten und Dienstleistungen in Verbindung mit einer nachhaltigen Wirtschaftstätigkeit;
  • CapEx: Summe der Investitionen, die in Verbindung mit nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten stehen;
  • OpEx: Summe der Betriebsausgaben, die für die Erreichung der Umweltziele dienen;

Prüfungspflicht nach CSRD 

Nach dem Entwurf der EU-Richtlinie ist künftig auch eine verpflichtende Prüfung sowie eine digitale Berichterstattung im ESEF-Format vorgesehen. Die Voraussetzungen dafür müssen allerdings erst geschaffen werden, insbesondere die Prüfungsstandards betreffend. Die Prüfung soll mittelfristig (drei Jahre ab Inkrafttreten der CSRD) mit begrenzter Sicherheit und danach mit hinreichender Sicherheit erfolgen und nach spezifischen europäischen Standards abgewickelt werden, welche aber noch nicht ausgearbeitet sind. Grundsätzlich ist vorgesehen, dass der bestellte Abschlussprüfer auch die Nachhaltigkeitsberichterstattung prüfen soll. Das Unternehmen hat aber auch die Möglichkeit, einen unabhängigen Prüfungsdienstleister damit zu beauftragen. Die EU-Richtlinie enthält den Vorschlag, dass hiefür Qualifikationsnachweise seitens der Prüfer vorgelegt werden müssen bzw eine laufende Weiterbildung nachgewiesen werden muss. Der straffe Zeitplan für die Umsetzung und die noch nicht vorliegenden Standards bedeuten somit auch für den Berufsstand der Wirtschaftsprüfer große Herausforderungen.

FAZIT 

Die EU-Kommission hat sich für die künftige Nachhaltigkeitsberichterstattung auf Basis der neuen EU-Richtlinie („Corporate Sustainability Reporting Directive“ – CSRD) einen ambitionierten Zeitplan vorgenommen. Daher müssen bereits vor der finalen Fassung der CSRD notwendige Vorbereitungsschritte gesetzt werden. Die große Herausforderung für die betroffenen Unternehmen besteht darin, die relevanten Daten zielgerichtet zu sammeln und zu verarbeiten. Weiters ist damit ein enormer Schulungs- bzw Recruitingbedarf verbunden. Betroffene Unternehmen sollen daher in ihrer Planung genügend Ressourcen für diesen Prozess vorsehen. Für die künftige Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD besteht zudem eine Prüfungspflicht, wofür die Standards allerdings erst definiert werden müssen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Berichterstattung nach CSRD jedenfalls verbindlich kommen wird, hinsichtlich der Umsetzung jedoch im Detail noch viele Unklarheiten bestehen, was sowohl die betroffenen Unternehmen als auch den Berufsstand der Wirtschaftsprüfer bzw auch externe Berater vor große Herausforderungen stellt.

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