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RUSSLAND | DBA Österreich einseitig ausgesetzt

Am 8. August 2023 hat der Präsident Russlands den Erlass Nr. 585 unterzeichnet. So lange sich Österreich "unkooperativ" verhält, bleiben die meisten Bestimmungen des bilateralen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) ausgesetzt. Hinsichtlich einer gänzlichen Kündigung bestehen derzeit keine Anzeichen. Auch bleibt abzuwarten, wie Österreich auf diese einseitige Aussetzung reagieren wird.

Russland hat seine Drohung wahr gemacht und die Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit als "unfreundlich" eingestuften Staaten teilweise ausgesetzt. Unter diesen unkooperativen Staaten (insgesamt 38 Länder) findet sich auch Österreich. Hintergrund ist die Tatsache, dass die Europäische Union Russland auf ihre Liste nicht kooperativer Steuergebiete ("Blacklist") gesetzt hat. Das Abkommen wurde aber nicht zur Gänze ausgesetzt und bisher auch nicht formal gekündigt. 

Ohne ein solches Abkommen sind die nationalen Steuergesetze Russlands uneingeschränkt anwendbar. Die Betriebsstättenfrist für Bauausführungen und Montagen von 12 Monaten ist nicht mehr gültig. Die im DBA vorgesehenen, niedrigeren Quellensteuersätze für Dividenden, Zinsen oder Lizenzgebühren gelten nicht. Auch die 183-Tagefrist bei der Arbeitnehmerbesteuerung ist unwirksam. Konkret hat Russland die Artikel 5 - 22 (Zuteilungsartikel) und 24 (Gleichbehandlung) suspendiert. Nicht betroffen sind etwa die Artikel 23 (Methodenartikel) oder Artikel 25 (Verständigungsverfahren). 

Es ist wichtig zu beachten, dass Russland das DBA zwar einseitig in weiten Teilen ausgesetzt, jedoch (bislang) noch nicht formell gekündigt hat. Eine formelle Kündigung wäre nur jeweils bis zum 30. Juni eines jeweiligen Jahres möglich und würde erst ab dem 1. Januar des Folgejahres wirksam. Eine einseitige Suspendierung ist im DBA aber nicht vorgesehen. Daher bleibt das DBA grundsätzlich - selbst wenn man die Suspendierung am 8. August 2023 als Kündigung auffasst - noch bis zum 31. Dezember 2024 in Kraft. 

Es ist jedoch zu erwarten, dass Russland ab sofort das DBA einseitig nicht mehr anwendet, obwohl dies einen offensichtlichen Bruch des DBA-Rechts darstellt. Für österreichische Unternehmen, die in Russland tätig sind, gelten daher die steuerlichen Konsequenzen aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr nach dem DBA, sondern nach russischem, nationalen Steuerrecht. Seitens des österreichischen BMF gibt es noch keine offizielle Aussage dazu. Aktuell muss man daher davon ausgehen, dass aus österreichischer Sicht das DBA weiterhin gültig und anzuwenden ist. 

Derzeit begrenzt das bestehende DBA zwischen Russland und Österreich, dass aus Russland stammende Lizenzgebühren in Russland mit Quellensteuer belegt werden dürfen. Mit der einseitigen Aussetzung ist zu erwarten, dass Russland - entsprechend dem nationalen Steuerrecht - auf Lizenzgebühren eine 20%ige Quellensteuer erhebt. Diese müsste auf Basis des DBA aktuell in Österreich anrechenbar sein. Zur Aussetzung des DBA wird aber auch eine Reaktion des österreichischen BMF erwartet. Überdies ist auch auf die Verordnung zu § 48 BAO zu verweisen: In Österreich unbeschränkt Steuerpflichtige können eine drohende Doppelbesteuerung  weitgehend durch die zu § 48 BAO ergangene Verordnung (BGBl II 2002/474) vermeiden. Diese erlaubt eine Steuerfreistellung unter Progressionsvorbehalt in Österreich, wenn die entsprechenden Einkünfte einer vergleichbaren ausländischen Durchschnittssteuerbelastung von mehr als 15% unterliegen und bestimmte Aktiveinkünfte vorliegen. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so ist eine Anrechnung der ausländischen Steuer – bis zum Anrechnungshöchstbetrag – möglich.

FAZIT

Die einseitige Aussetzung des Abkommens seitens Russlands erschwert die Geschäftsbeziehungen österreichischer Unternehmen in Russland. Die nationale Besteuerung in Russland ist alleine nach nationalem Steuerrecht zu beurteilen! Dies betrifft beispielsweise Anlagenbauer, die in Russland tätig sind, aber auch russische Passiveinkünfte. Eine Reaktion seitens Österreichs auf die einseitige Aussetzung des DBA seitens Russlands ist derzeit noch ausständig. Vorbehaltlich einer gegenteiligen Äußerung des österreichischen BMF sollte die Doppelbesteuerung aktuell noch auf Basis des DBA-Methodenartikel möglich sein. Aber auch auf Basis der zu § 48 BAO ergangenen Verordnung ist die Vermeidung der Doppelbesteuerung denkbar. 

Die unilaterale Aussetzung des DBA dürfte daher auf die Besteuerung in Russland Einfluss haben, jedoch keine materiellen Auswirkungen auf die Vermeidung der Doppelbesteuerung in Österreich. Dies wäre freilich dann neu zu beurteilen, sollte es zu einer formellen Kündigung des DBA auf diplomatischem Wege kommen. Auch die Reaktion des österreichischen BMF bleibt noch abzuwarten. 

Abschließend möchten wir Sie noch auf unsere diversen Webinare ​​​​​​​zu den angesprochenen Themenbereichen hinweisen. Betreffend die Vermeidung der Doppelbesteuerung dürfen wir auf unser Webinar am 15.11.2023 hinweisen. 

Wenn Sie weitergehende Fragen zu diesen oder ähnlichen Themen haben, so kontaktieren Sie bitte gerne die Verfasser oder die übrigen Expert: innen unserer Service Line "Transfer Pricing".