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TRANSFER PRICING | Vertriebsfunktionen empirisch analysiert

Im deutschsprachigen Raum wurde die Ausgestaltung von Verrechnungspreissystemen und deren Akzeptanz bei Vertriebsfunktionen im Jahr 2023 untersucht. Die empirische Untersuchung der Vertriebsfunktionen bei Verrechnungspreisen enthüllt ungenutztes Potenzial. Erfahren Sie, wie Unternehmen von einer gezielten Nutzung der Transferpreise zur Optimierung von Ressourcen und der Steuerung des Unternehmens profitieren können.

Einschätzung der Bedeutung von Transferpreisen

Die aktuelle Studie aus dem Jahr 2023 zeigt, dass Transferpreise hauptsächlich zur Einhaltung steuerlicher Anforderungen genutzt werden. Es sollen vordergründig die gesetzlichen Dokumentationsvorschriften (vgl § 3 VPDG) erfüllt werden. Ihre betriebswirtschaftliche Steuerungsfunktion und Optimierungspotenziale bleiben oft ungenutzt. Es besteht aber durchaus Bedarf, Transferpreise verstärkt auch als Instrument zur betriebswirtschaftlichen Steuerung und zur Optimierung von Ressourcen einzusetzen.

Verwendete Transferpreismethoden

Die meisten Studienteilnehmer verwenden auf Basis der Funktions- und Risikoprofile der Vertriebseinheiten die Kostenaufschlagsmethode zur Festlegung der Transferpreise für Vorprodukte (72%), Fertigprodukte (35%) und Handelswaren (37%). Bei der Lizenzierung von Intellectual Property (IP) kommen verschiedene Methoden zur Anwendung, wobei die Kostenaufschlagsmethode (35%) zur Überraschung auch hier dominiert. Schließlich kommen bei der Lizenzierung einzigartige immaterielle Werte zum Einsatz, die den Einsatz der Kostenaufschlagsmethode nur schwer rechtfertigen. Bei Dienstleistungen bestätigt die Untersuchung die Wahrnehmung in der Praxis, dass hier vor allem ebenfalls die Kostenaufschlagsmethode (71%) eine ganz zentrale Rolle spielt. 

Kritische Beurteilung durch ausländische Finanzbehörden

Als besonders kritische Länder im Rahmen einer Betriebsprüfung werden Italien, China, Indien und die USA beurteilt. Die Studienergebnisse zeigen, dass Transferpreise international weiterhin von großer steuerlicher Bedeutung sind. Insbesondere Lieferungen an Vertriebsgesellschaften (61%), Dienstleistungen (46%) und die Überlassung immaterieller Wirtschaftsgüter (45%) sind im Rahmen von Betriebsprüfungen oft strittig. Bei Finanzierungsleistungen ist die Strittigkeit in Betriebsprüfungen (32%) in den letzten Jahren zurück gegangen. Funktionsverlagerungen wurden von den Studienteilnehmern in 34% der Fälle als im Rahmen eine Betriebsprüfung kritisch beurteilt. 

Automatisierung von Transfer Pricing Prozessen

Rund 62% der befragten Unternehmen sehen einen großen Änderungsbedarf bei der informationstechnischen Unterstützung. Der Markt für Softwarelösungen ist aktuell aber noch überschaubar. Wir dürfen in diesem Zusammenhang abermals auf den WTS TPmanager und den CbCR-XML-Converter hinweisen. Aber auch die Distanz zwischen der Steuer- und IT-Abteilung trägt ein “Schäuflein” dazu bei, dass Softwarelösungen ausbaufähig sind.  

Risiken und Chancen bei der Nutzung von Eigenhändlern im Vertrieb

Handelsvertreter- und Kommissionärsstrukturen gehen zurück (10%), da damit das Risiko von Vertreterbetriebsstätten verbunden ist. Eigenhändler in der Ausprägung des "fully-fledged distributors" (45%) und des "low risk distributors" (45%) nehmen indessen zu. Die Abschmelzung vom fully-fledged distributor zum LRD birgt jedoch das Risiko der Funktionsverlagerungsbesteuerung in kommenden Betriebsprüfungen. Weiters ist zu beobachten, dass die strategische Vertriebsfunktion zunehmend zentralisiert wird. 

Strittige Prüffelder

Die Studie zeigt, dass Unternehmen unterschiedliche Akzeptanzraten ihrer Verrechnungspreismethoden in Betriebsprüfungen sehen. Für risikoarme Eigenhändler (LRDs) rechnen 69% der Unternehmen mit einer zunehmenden oder konstanten steuerlichen Akzeptanz. Bei "fully-fledged" Eigenhändlern erwarten nur 51%, dass die Betriebsprüfung nichts zu beanstanden haben wird. LRD-Strukturen sind in der laufenden Verrechnungspreisermittlung relativ robust, da die Diskussion auf die Höhe der fremdüblichen Nettomarge fokussiert ist. Bei fully-fledged Eigenhändlern wird häufig bereits die Methode an sich hinterfragt. Von den Befragten werden bei Eigenhändlern vor allem folgende Prüffelder als bei Betriebsprüfungen strittig angesehen:

  • Wahl der TP-Methode (29%)
  • Höhe der Vergütung (zB Netto-Gewinnmarge) 52%
  • Ermittlung der Gewinnmarge (36%)
  • Funktions- und Risikoprofil (28%)
  • Dauerverluste (19%)
  • Gesonderte Vergütung komplementärer Dienstleistungen durch die Vertriebsgesellschaft (12%)
  • Dokumentation und Nachweise (41%)
  • Sonstige (7%)

In diesem Zusammenhang überrascht, dass Dauerverluste bei Routinegesellschaften als eher unkritisch beurteilt werden. Aus der Praxis müssen wir leider berichten, dass dies so nicht zutreffend ist. 

Beseitigung der Doppelbesteuerung

Zugeständnisse zu Einkünftekorrekturen können  zu internationaler Doppelbesteuerung führen.  Es ist erstaunlich, dass rund die Hälfte der Unternehmen eine Doppelbesteuerung akzeptieren. Zur Minderung steuerlicher Risiken im Vorfeld setzen Unternehmen auf Transferpreisrichtlinien, zeitnahe Dokumentationen, schriftliche Verträge, Monitoring und unterjährige Preisanpassungen sowie bilaterale Vorabverständigungsverfahren. Die Bedeutung einer sorgfältigen Dokumentation bestehend aus Master- und Local File, schriftlichen Verträgen und Backup Material (Kalkulationen, Korrespondenz, Rechnungen etc) sei hier nochmals ausdrücklich betont. 

Year-End-Adjustments

Vielfach werden die Transferpreise einmal jährlich überprüft und mitunter angepasst (YEA). Im Hinblick auf die Einschränkungen in den VPR 2021 betreffend das YEA wird empfohlen, die Verrechnungspreise unterjährig zu monitoren und allenfalls anzupassen. Jahresendanpassungen werden von der Finanzverwaltung zunehmend kritisch beäugt. 

FAZIT

Die Studie verdeutlicht, dass Transferpreise nicht nur im Fokus der Betriebsprüfung stehen, sondern auch in der Unternehmenssteuerung von hoher Bedeutung sind. Oftmals wird dieses Potenzial aber nicht genutzt. Eine stärkere Ausrichtung der Transferpreise auf betriebswirtschaftliche Steuerungsziele könnte Unternehmen dabei unterstützen, Ressourcen effizienter einzusetzen und die Unternehmenssteuerung zu optimieren. Gleichzeitig werden Herausforderungen bei der Einhaltung steuerlicher Anforderungen und der Vermeidung internationaler Doppelbesteuerungen sichtbar. 

Unternehmen setzen vermehrt auf Instrumente wie Verständigungs-/Schiedsverfahren und bilaterale APAs zur Risikoreduzierung. Dennoch besteht Optimierungspotenzial, da nicht alle Unternehmen diese Maßnahmen konsequent einsetzen und unterstützende IT-Systeme nur selten zum Einsatz kommen. Insgesamt bietet die gezielte Nutzung von Transferpreisen die Möglichkeit, sowohl steuerliche als auch betriebswirtschaftliche Ziele erfolgreich zu verfolgen. 

Bei allem Enthusiasmus zur Nutzung der Transferpreise auch für betriebswirtschaftliche Belange ist natürlich nicht zu übersehen, dass zunächst die gesetzliche Dokumentationspflicht zu erfüllen ist. Bitte beachten Sie dabei, dass auch Unternehmen unter 50 Mio. Umsatz in Österreich eine sog. subsidiäre Dokumentationspflicht haben und einen Master- und Local File Österreich zu erstellen haben. 

Im Zuge dessen möchten wir Sie noch auf unsere diversen Webinare ​​​​​​​zu den angesprochenen Themenbereichen hinweisen. 

Wenn Sie weitergehende Fragen zu diesen oder ähnlichen Themen haben, so kontaktieren Sie bitte gerne die Verfasser oder die übrigen Expert: innen unserer Service Line "Transfer Pricing".