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TRANSFER PRICING | EuGH zu Dokumentationspflicht und Strafen

Der Europäische Gerichtshof hat am 13.10.2022 geurteilt, dass eine Differenzierung hinsichtlich der Dokumentationspflicht, welche sich nur auf wesentliche grenzüberschreitende Transaktionen bezieht, sachlich gerechtfertigt ist und nicht der Niederlassungsfreiheit zuwiderläuft. Erstmals hat das Höchstgericht zudem ausgesprochen, dass in Zusammenhang mit der nicht gehörigen Erfüllung von Dokumentationspflichten grundsätzlich auch Strafen zulässig sind.

Für wesentliche grenzüberschreitende Geschäftsbeziehungen verbundener Unternehmen besteht (auch) in Österreich eine gesetzliche Dokumentationspflicht (gemäß § 3 VPDG)1). Diese Dokumentationspflicht umfasst auch Unternehmen, deren Umsatzerlöse den Betrag von 50 Mio EUR in den beiden vorangegangenen Wirtschaftsjahren nicht überschritten hatten. Auch kleinere Unternehmen haben daher ggfs eine Dokumentation zu erstellen, deren Umfang mit jener größerer Unternehmen durchaus vergleichbar ist.2)


Dokumentationspflicht für grenzüberschreitende Sachverhalte widerspricht nicht der Niederlassungsfreiheit


​​​​​​​Die hier angesprochenen Dokumentationsvorschriften zielen grundsätzlich nur auf grenzüberschreitende Geschäftsvorfälle ab. Rein innerstaatliche Transaktionen sind hingegen idR nicht zu dokumentieren.3) Diese Differenzierung könnte daher eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit nach Art 49 AEUV darstellen. Im Sinne seiner ständige Rechtsprechung4) hat der EuGH unter Bezugnahme auf die deutsche Rechtslage am 13.10.20225) allerdings bestätigt, dass eine solche „Ungleichbehandlung“ insofern gerechtfertigt ist, als damit die Aufteilung der Besteuerungszuständigkeit zwischen den Mitgliedstaaten gewahrt wird. Ob die Transaktionen fremdüblich abgeschlossen wurden, können die Mitgliedstaaten auf Basis einer Verrechnungspreisdokumentation effizienter und präziser prüfen. Allerdings steht diese Rechtfertigung unter dem Vorbehalt, dass sie verhältnismäßig ist. Überdies darf der Steuerpflichtige keinen übermäßigen Verwaltungszwängen unterworfen sein.6) 


Strafen bei Nichterfüllung der Dokumentationspflicht ebenfalls EU-konform


​​​​​​​Erstmals hat der EuGH nun auch ausgesprochen, dass auch Strafzuschläge bei Nichterfüllung der Dokumentationspflicht gerechtfertigt sind. Die deutsche Abgabenordnung sieht solche Zuschläge sowohl für die Nichtvorlage als auch für die Vorlage von im Wesentlichen unverwertbaren Aufzeichnungen vor (§ 160 Abs 4 AO). Im konkreten Fall für Deutschland hat der EuGH geurteilt, dass der Zuschlag von 5% bis 10% des Hinzurechnungsbetrages nach der zitierten Bestimmung keine unverhältnismäßige Sanktion darstellt. Diese Einschätzung beruht nicht zuletzt darauf, dass in entschuldbaren Fällen bzw bei bloß geringfügigem Verschulden von diesem Zuschlag abzusehen ist.

Vergleichsweise kann in Österreich nach § 51 Abs 1 lit c FinStrG die Verletzung der Aufzeichnungspflicht zu einer Finanzordnungswidrigkeit führen, welche mit einer Geldstrafe von bis zu 5.000 EUR geahndet wird. Entsprechend sehen auch viele andere Staaten Strafen bei nicht gehöriger Erfüllung der Dokumentationspflichten vor.


FAZIT


Die aktuelle EuGH-Rechtsprechung (konkret zur deutschen Rechtslage) bestätigt die EU-Konformität von national vorgesehenen Strafen bei nicht gehöriger Befolgung der maßgeblichen Dokumentationspflichten.

Abschließend möchten wir Sie noch auf unsere div. Webinare zu den angesprochenen Themenbereichen hinweisen. Nähere Details und Termine finden Sie in unserem Veranstaltungskalender.

Wenn Sie weitergehende Fragen zu diesen oder ähnlichen Themen haben, so kontaktieren Sie bitte gerne die Verfasser oder die übrigen Experten unserer Service Lines „Transfer Pricing“ oder „International Tax".
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1) VPDG (BGBl I 2016/77) samt Durchführungsverordnung (VPDG-DV, BGBl II 2016/419); in Deutschland § 90 Abs 3 AO sowie die Gewinnabgrenzungsaufzeichnungs-Verordnung (GAufzV).
2) § 3 Abs 4 VPDG iVm Rz 411 Verrechnungspreisrichtlinien 2021.      
3) Info des BMF vom 23. November 2018, BMF-010221/0295-IV/8/2018.
4) Vgl insbesondere EuGH 8. 10. 2020, Impresa Pizzarotti, C-558/19; 31. 5. 2018, Hornbach-Baumarkt, C-382/16. Die aktuelle EuGH-Rechtsprechung steht im Wesentlichen auch mit der Entscheidung des BFH (BFH 10. 4. 2013, I R 45/11) in Einklang.
5) EuGH 13. 10. 2022, X GmbH & Co. KG, C-431/21.
6) Nach dem EuGH wird dies das vorlegende Gericht (FG Bremen) auf Grundlage der deutschen GAufzV noch konkret zu prüfen haben.
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