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UMSATZSTEUER | Aktuelle Änderungen im EU/EWR-Raum

Zum Jahreswechsel werden in mehreren EU-Mitgliedstaaten sowie auch im EWR-Land Norwegen wieder verschiedene Vorschriften im Bereich des Mehrwertsteuerrechts geändert bzw. neu eingeführt. Über einige dieser Änderungen haben wir Sie im Rahmen unseres Newsletters bereits informiert. Mit dem nachfolgenden Beitrag möchten wir Ihnen auch dieses Jahr wieder einen kompakten Überblick über wesentliche Neuerungen geben, ohne dabei freilich einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.

Über die Änderungen durch die von der EU-Kommission eingeführten „Quick Fixes“ haben wir Sie bereits mehrfach informiert (vgl zuletzt unseren NL-Beitrag „UMSATZSTEUER | EU-Harmonisierung: Neue Quick Fixes in der Praxis“ vom 22.11.2019). Darüber hinaus haben einige EU-Mitgliedstaaten verschiedene weitere Änderungen beschlossen: 

Griechenland

Die Gültigkeit des ermäßigten Umsatzsteuersatzes von 17% auf einigen ägäischen Inseln (Lesbos, Leros, Kos, Samos und Chios) war bereits im Vorjahr bis 31.12.2019 verlängert worden. Es ist derzeit noch unklar, ob es zu einer neuerlichen Verlängerung kommen wird. 

Großbritannien

Das Inkrafttreten des in Großbritannien bereits 2018 angekündigten Bauleistungs-Reverse Charge Verfahrens wurde nochmals auf den 1.10.2020 verschoben (vgl dazu bereits unseren NL-Betrag „GROSSBRITANNIEN | Bauleistungs-Reverse Charge erst ab 1.10.2020!“ vom 12.9.2019). 

Nochmals ausdrücklich hinzuweisen ist auf die Umstellung der britischen Finanzbehörde auf Making Tax Digital (MTD). Seit 1.10.2019 müssen ausländische Unternehmer, die in Großbritannien umsatzsteuerlich registriert sind, ihre Aufzeichnungen in digitaler Form führen und ihre Umsatzsteuererklärungen mit Hilfe einer MTD-kompatiblen Software elektronisch abgeben. Um die Umsatzsteuererklärung abgeben zu können, ist eine gesonderte Anmeldung zu MTD erforderlich. Gerne können wir Sie dabei unterstützen. 

Kroatien

Artikel 22 Absatz 7 des kroatischen Umsatzsteuergesetzes sieht ab 1.1.2020 die Möglichkeit vor, die Umsatzsteuerschuld aufgrund von Änderungen der Bemessungsgrundlage zu korrigieren, wenn der Steuerpflichtige, an den die Waren oder Dienstleistungen geliefert werden, keinen Sitz/Wohnsitz in Kroatien hat oder umsatzsteuerlich in Kroatien registriert ist und dieser dem Lieferanten schriftlich mitteilt, die Vorsteuer im Rahmen des Vorsteuererstattungsverfahrens nicht geltend zu machen. 

Eine weitere Änderung in Kroatien betrifft die Senkung des Steuersatzes für die Zubereitung und Ausgabe von Gerichten im Rahmen von Catering-Unternehmen. Für die Erbringung von Cateringleistungen wird der Steuersatz künftig von 25 % auf 13 % gesenkt. 

Weiters wurde seitens der kroatischen Regierung angedacht, den allgemeinen Steuersatz ab 1.1.2020 von 25 % auf 24 % zu senken. Ob diese Steuersenkung tatsächlich (zum geplanten Zeitpunkt) kommt, ist noch unklar. 

Litauen

Das litauische Mehrwertsteuergesetz sieht vor, dass eingeführte Gegenstände von der Mehrwertsteuer befreit sind, wenn zum Zeitpunkt der Einfuhr bekannt ist, dass dieselben Gegenstände für eine Ausfuhr bestimmt sind und zu diesem Zweck in einen anderen Mitgliedstaat verbracht werden. Ab 1.1.2020 gilt diese Vereinfachung nur noch, wenn die Waren innerhalb einer Frist von höchstens sieben Tagen (bisher ein Monat mit Verlängerungsmöglichkeit) in einen anderen Mitgliedstaat versendet oder transportiert werden.

Weitere Änderungen betreffen die Vereinfachungsregelung für Dreiecksgeschäfte. In diesem Zusammenhang wurde das litauische Mehrwertsteuergesetz in Übereinstimmung mit dem EuGH-Urteil in der Rechtssache C-580/16 um eine Bestimmung ergänzt: Diese erlaubt es dem Erwerber (mittlerer Unternehmer im Dreieck), die Vereinfachungsregel für Dreiecksgeschäfte auch dann anzuwenden, wenn er im Abgangsland umsatzsteuerlich registriert ist. Eine solche Registrierung war nach der alten Rechtslage für die Anwendung der Vereinfachungsregelung schädlich.

Norwegen

Bisher konnten Waren im Wert von bis zu 350 NOK (ca. 300 €) einfuhrumsatzsteuer- und zollfrei eingeführt werden. Diese Grenze wird mit 1.1.2020 aufgehoben und Einfuhrumsatzsteuer ist ab der ersten norwegischen Krone zu entrichten. Die Zollbefreiung wurde hingegen auf 3.000 NOK erhöht.

In diesem Zusammenhang wurde eine vereinfachte Umsatzsteuerregistrierung (VOSC: VAT on small consignments) eingeführt. Diese Neuregelung bedingt insbesondere für Onlinehändler, dass ausländische Internethändler (sofern diese nicht bereits umsatzsteuerlich in Norwegen registriert sind) in einem VOSC-Register eingetragen werden, wenn der Umsatz höher als 50.000 NOK ist. Mit dieser vereinfachten Registrierung sind nur die Ausgangsumsätze zu melden, es besteht jedoch keine Berechtigung zur Beantragung von Vorsteuerbeträgen. Aufgrund von Verzögerungen wird die VOSC-Regelung voraussichtlich erst mit 1.4.2020 eingeführt werden. Diese Regelung ist vergleichbar mit dem e-commerce-Paket, welches im EU-Binnenmarkt umgesetzt wurde.

Polen

In Polen wird mit 1.1.2020 das sog. Split-Payment-System für Bauleistungen und weitere explizit genannte Leistungen eingerichtet (siehe dazu bereits ausführlich unseren NL-Beitrag „POLEN | USt-Split-Payment-Verfahren verpflichtend ab 1.11.2019!“ vom 13.10.2019). Diesbezüglich sei nochmals klargestellt, dass das Split-Payment-Verfahren für alle Bauleistungen gilt, unabhängig davon, ob diese bisher im Rahmen des Bauleistungs-Reverse-Charge Verfahren abgerechnet wurden.

Jedes in Polen registrierte Unternehmen, das Leistungen/Lieferungen von Sublieferanten beauftragt, die unter das Split-Payment-System fallen, sollte selbst über eine polnische Bankverbindung verfügen. Dies ist vor allem deshalb relevant, da die getrennte Begleichung von Nettobetrag und Mehrwertsteuer nur über polnische Bankverbindungen funktioniert (zB sind die ING Bank und die M-Bank dafür eingerichtet).

Portugal

Die Frist für Zahlungen an die portugiesische Finanzbehörde wurde geändert. Ab sofort haben die Steuerzahler fünf zusätzliche Tage Zeit, um Geld auf das Konto der portugiesischen Finanzbehörde zu überweisen. Unverändert bleibt jedoch die Frist zur Übermittlung der Umsatzsteuererklärungen selbst. 

Slowakei

In der Slowakei wurden die Befreiungen von der Mehrwertsteuerpflicht für ausländische Personen erweitert. Eine ausländische Person, die in der Slowakei nur Waren und Dienstleistungen liefert, welche mehrwertsteuerbefreit sind und keine Verpflichtung zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung begründen, ist nicht verpflichtet, sich für Umsatzsteuerzwecke in der Slowakei registrieren zu lassen. 

Slowenien

In Slowenien wird, so wie in anderen Mitgliedstaaten auch, die Richtlinie des EU-Rates 2018/1713 umgesetzt und daher ein niedrigerer Steuersatz für Bücher, Zeitungen und Zeitschriften, welche auf elektronischem Wege zur Verfügung gestellt werden, einführt. 

Tschechien

In Tschechien kommt es im Bereich der Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Wärme oder Kälte erbracht werden, zu einer Änderung des Steuersatzes. Darunter fällt beispielsweise die Installation einer Klimaanlage oder die Installation einer Heizung. Bisher waren derartige Leistungen mit dem ermäßigten Steuersatz von 15 % zu besteuern. Ab 2020 unterliegen diese Leistungen einem Steuersatz von 10 %. 

Eine weitere Änderung betrifft das Finanzierungsleasing. In Tschechien ist in diesem Zusammenhang neu, dass die Umsatzsteuer bereits zu Beginn des Finanzierungsleasings abgeführt werden muss, dh bei Übergabe des Leasinggegenstandes zur Nutzung. 

Ungarn

Ab 1.7.2020 wird die Meldepflicht für Online-Daten erweitert. In Ungarn registrierte Steuerpflichtige müssen nun alle ausgestellten Rechnungen in die Online-Datenberichterstattung aufnehmen. Nach der geltenden Regelung war diese Meldung bisher nur für alle Rechnungen mit einem Mehrwertsteuerbetrag von mehr als 100.000 HUF (ca. 300 EUR) vorzunehmen. Darüber hinaus ist geplant, diese Meldepflicht nach heutigem Stand ab 2021 auch auf alle Rechnungen an Nicht-Steuerzahler (ohne Betragsgrenze) auszudehnen. 

Eine weitere Neuerung in Ungarn betrifft die Behandlung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Waren im Zollverfahren. Werden im Zusammenhang mit Waren, die einer vorübergehenden Verwahrung, einer Freizone oder einem Freilagerverfahren, einem Zolllager oder einer aktiven Veredelung unterliegen, die vorübergehend zollfrei eingeführt werden oder einem externen Versandverfahren unterliegen, Dienstleistungen erbracht, sind diese nur dann von der Mehrwertsteuer befreit, wenn sie an den Steuerpflichtigen erbracht werden, der die Waren verkauft oder kauft. 

Nach der bisherigen Regelung war eine teilweise oder vollständige Korrektur der Umsatzsteuer nicht möglich, wenn eine bestehende Forderung endgültig uneinbringlich geworden war. Daher war es dem Verkäufer in diesem Fall nicht möglich, seine einbezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückzufordern. Infolge der EuGH-Entscheidung C-292/19 wird ab 1.1.2020 die Rechtslage in Ungarn angepasst. Beim Verkäufer kann somit unter folgenden Voraussetzungen die Bemessungsgrundlage der zu entrichtenden Steuer gesenkt werden: Die Forderung erweist sich als uneinbringlich, wenn es im Verlauf eines mindestens zwei Jahre laufenden Liquidierungs- oder Gesamtvollstreckungsverfahrens nachweislich keine Deckung gibt oder wenn die Forderung vom Gläubiger im Rahmen einer Vereinbarung erlassen wurde. 

Schlussbemerkung 

Weitere Änderungen in einzelnen Ländern sind teilweise noch in Diskussion, jedoch noch nicht konkretisiert. Sobald diese beschlossen werden, erhalten Sie im Rahmen unseres Newsletters wieder aktuelle Informationen. 

Für Rückfragen zu diesen neuen Herausforderungen für die Umsatzsteuerpraxis stehen Ihnen die Verfasserinnen sowie auch die übrigen Ansprechpartner unserer Service Line "Indirect Tax & Customs" gerne zur Verfügung!