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UMSATZSTEUER | Einheitliche ig Lieferung trotz Transportunterbrechung!

Breuer Florian  |  Platzer Günther

In der Praxis bereitet die Unterscheidung zwischen einem durchgängigen und einem gebrochenen Liefergeschäft zwischen zwei Vertragsparteien immer wieder Schwierigkeiten, wenn es dabei zu Transportunterbrechungen kommt. Der VwGH hat in einer aktuellen Entscheidung nunmehr klargestellt bzw damit das BFG bestätigt, dass nicht jede logistische Unterbrechung automatisch zu einem gebrochenen Liefergeschäft führen muss.

Das Rechtsmittelverfahren

  • Sachverhalt

Ein österreichisches Unternehmen (AT) hatte Werbeartikel an ein deutsches Unternehmen (DE) verkauft. In den Jahren 2003 bis 2006 erfolgten mehrere Lieferungen an DE mit den Lieferkonditionen „frei Haus“ in das in Österreich gelegene Logistikcenter der Muttergesellschaft von DE. Der darauffolgende Transport nach Deutschland wurde von DE beauftragt. Trotz der (zumindest temporären) Transportunterbrechung ist AT davon ausgegangen, dass es sich hiebei um eine einheitliche Lieferung handle und somit eine innergemeinschaftliche Lieferung von Österreich nach Deutschland vorliege.  

  • Entscheidung des Bundesfinanzgerichts (BFG 15.5.2015, RV/2100710/2014)   

Schon das BFG bestätigte in diesem konkreten Fall das Vorliegen einer einheitlichen Warenbewegung bzw die damit einhergehende steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung, zumal die Sachlage von vornherein klar war und damit die aus logistischen Gründen erfolgte Zwischenlagerung unschädlich sei (vgl dazu im Detail bereits unseren <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag „UMSATZSTEUER | Unterbrechung der Warenbewegung durch Zwischenlagerung?“ vom 13.10.2015). 

Die Finanzverwaltung rief jedoch im Wege der Amtsrevision den Verwaltungsgerichtshof an, sodass die höchstgerichtliche Letztentscheidung abzuwarten war: 

  • Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 27.4.2017, Ro 2015/15/0026) 

Bei seiner Beurteilung nahm der VwGH Bezug auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH 18.11 2010, Rs. C-84/09, X gegen Skatteverket), worin klar zum Ausdruck kommt, dass die Steuerfreiheit iZm innergemeinschaftlichen Lieferungen nicht unabdingbar mit einer eigenständigen Beförderung des Abnehmers oder des Lieferers zusammenhängen kann. Auch eine Unterbrechung der Beförderung müsse nicht zwangsläufig zur Brechung des Liefergeschäfts führen. Das wohl entscheidende Kriterium iZm der umsatzsteuerlichen Beurteilung sei vielmehr, dass sowohl der Endabnehmer als auch die Identität der Waren bereits bei Beginn der Beförderung feststünden.

Der VwGH kam daher zur Auffassung, dass es sich immer dann um ein durchgängiges Liefergeschäft handelt, wenn es für den Lieferer problemlos möglich wäre, die formalrechtlichen Nachweise beizubringen, die einen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen Lieferung der Gegenstände und dem damit verbundenen Transportvorgang belegen. Diese Sichtweise ist zumindest für ein sog. Zwei-Parteien-Geschäft zu vertreten (Liefergeschäft mit zwei beteiligten Unternehmern). 

Überlegungen für die Unternehmenspraxis

Der VwGH hat mit seiner Bestätigung der Sichtweise des BFG die Möglichkeit von durchgängigen Liefergeschäften trotz transporttechnischer Unterbrechungen bejaht. Damit diese zeitlich versetzten Lieferungen über die Grenze auch als steuerfreie Rechtsgeschäfte behandelt werden können, müssen folgende Punkte beachtet werden:  

  • Der Empfänger der Waren muss von Beginn an feststehen.

  • Die Identität der Liefergegenstände muss gegeben sein.

  • In den Vereinbarungen wird auf den Bestimmungsort im Ausland hingewiesen.

  • Ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang kann grundsätzlich nur bei kurzer logistischer Unterbrechung des Transportvorgangs gerechtfertigt werden. Längere Zwischenlagerungen führen hingegen zu einem zusätzlichen Erklärungsbedarf und stehen oft im Widerspruch zu einem kontinuierlichen Ablauf des Transportvorganges.

  • Es handelt sich nur um zwei beteiligte Parteien. Die Rechtsansicht des VwGH kann uE nicht auf Reihengeschäfte umgelegt werden.

  • Nachweise, die den kontinuierlichen Transportvorgang belegen, sind vom Lieferer zu erbringen. Im gegenständlichen Fall war eine Empfängerbestätigung ausreichend, mit welcher der Erwerber dem Lieferer bestätigte, dass er die vertragsgegenständliche Ware auch tatsächlich erhalten hat. 

Fazit 

Unseres Erachtens eröffnet die obige höchstgerichtliche Letztentscheidung des VwGH für die Praxis einen guten Interpretationsspielraum, um ähnliche Sachverhalte als durchgängige steuerfreie Liefergeschäfte zu argumentieren. Es ist insbesondere auch begrüßenswert, dass VwGH und BFG zu dieser Thematik dieselbe Sichtweise vertreten. Andererseits muss auch bedacht werden, dass Lieferungen, die bisher mit österreichischer Umsatzsteuer fakturiert wurden, bei ähnlich gelagerten Sachverhaltselementen insoferne ein Steuerrisiko in sich bergen können, als aufgrund der oben angestellten Überlegungen die Finanzverwaltung im Rahmen einer späteren Überprüfung eine nachträgliche Umqualifizierung vornehmen könnte. 

Jedenfalls sollten ähnliche Lieferkonstellationen künftig noch kritischer hinterfragt bzw werden wohl auch genauer geprüft werden. 

Sollte Ihnen in konkreten Zweifelsfällen eine Abgrenzung zwischen einheitlichen und gebrochenen Lieferungen nur schwer möglich sein, so unterstützen wir Sie gerne bei der korrekten umsatzsteuerlichen Beurteilung. Für weitere Fragen zu diesem Themenkomplex stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen Experten des ICON-Umsatzsteuerteams gerne zur Verfügung.