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UMSATZSTEUER | (Online-)Veranstaltungen in Österreich und Deutschland

Nicht zuletzt aufgrund der Kontakt- und Reisebeschränkungen während der nach wie vor andauernden COVID-19-Pandemie erleben Online-Veranstaltungen derzeit einen regelrechten Boom. Bei der auch hier gebotenen Bestimmung des umsatzsteuerlichen Leistungsortes im Zusammenhang mit Veranstaltungsleistungen bzw Eintrittsberechtigungen ergeben sich in der Praxis immer wieder Abgrenzungsfragen. Im Rahmen eines BMF-Schreibens in Deutschland sowie durch den Umsatzsteuerrichtlinien-Wartungserlass 2021 in Österreich erfolgten einige Klarstellungen und Änderungen vor allem betreffend die Leistungsortbestimmung von Online-Seminaren. Im folgenden Beitrag möchten wir Ihnen daher einen aktuellen Überblick über die diesbezüglichen umsatzsteuerlichen Regelungen im B2B- und B2C-Bereich geben.

Leistungsort bei Veranstaltungen im B2B-Bereich

Bezüglich der umsatzsteuerlichen Behandlung von Veranstaltungen ist grundsätzlich zu unterscheiden, ob es sich um eine sonstige Leistung gemäß Art 44 MwStSystRL (B2B-Generalklausel: Leistungsort ist der Sitzort des Leistungsempfängers) oder um eine sonstige Leistung iZm „Eintrittsberechtigungen“ gemäß Art 53 MwStSystRL (Leistungsort ist der Veranstaltungsort) handelt. 

Handelt es sich um sonstige Leistungen betreffend „Eintrittsberechtigungen“ und sonstige damit zusammenhängende Leistungen für kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende sportliche und ähnliche Veranstaltungen oder Messen, sind diese im B2B-Bereich an jenem Ort, an dem die Veranstaltung tatsächlich stattfindet, steuerbar. 

In der Praxis stellen sich bei der Beurteilung, ob tatsächlich Eintrittsberechtigungen vorliegen, immer wieder Abgrenzungsfragen, nicht zuletzt auch aufgrund von unterschiedlichen länderspezifischen Regelungen in den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten, auch zwischen Österreich und Deutschland.

Eintrittsberechtigungen 

Unter den Begriff „Eintrittsberechtigungen“ fallen insbesondere die entgeltliche Gewährung des Rechts auf Eintritt, wozu neben dem Eintritt zu kulturellen Veranstaltungen und Sportveranstaltungen auch das Recht auf Eintritt bzw die Teilnahme an für die Öffentlichkeit allgemein zugängliche Veranstaltungen auf dem Gebiet des Unterrichts und der Wissenschaft, wie Konferenzen und Seminare, zählen. Gemäß Rz 641f UStR gelten als für die Öffentlichkeit allgemein zugängliche Veranstaltungen solche, bei denen der Zutritt jedermann freisteht, die Veranstaltung also nicht von vornherein auf einen in sich geschlossenen, nach außen begrenzten Kreis von Teilnehmern gerichtet ist. Das bloße Einräumen des Rechts auf Benutzung von Einrichtungen bzw Räumlichkeiten und die Vermittlung von Eintrittsberechtigungen fallen hingegen NICHT unter das Veranstaltungsortprinzip. 

In DEUTSCHLAND erfolgte mit einem BMF-Schreiben vom 9.6.2021 - in Anlehnung an das EuGH-Urteil vom 13.3.2019 in der Rechtssache C-647/17 (Srf konsulterna) - eine Klarstellung zur Bestimmung des Leistungsortes betreffend Eintrittsberechtigungen, woraus eine Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses resultierte. Dabei wurde vor allem festgehalten, dass das Erfordernis, dass die Veranstaltung für die Öffentlichkeit allgemein zugänglich ist, nach dem gegenständlichen EuGH-Urteil keine Voraussetzung für die Anwendung der Ortsregelung (Veranstaltungsortprinzip) ist. Demzufolge kommt also Art 53 MwStSystRL auch dann zur Anwendung, wenn Eintrittsberechtigungen eingeräumt werden, die nicht der Allgemeinheit, sondern beispielsweise nur Mitgliedern bestimmter Berufsgruppen zugänglich sind. Wird eine Eintrittsberechtigung zu einer Veranstaltung erworben, richtet sich die Ortsbestimmung für Leistungen an Unternehmer in Deutschland nunmehr stets nach dem Veranstaltungsort, unabhängig davon, ob die Veranstaltung für einen offenen oder geschlossenen Teilnehmerkreis angeboten wird. Dies gilt nicht nur für den Veranstalter selbst, sondern auch für andere Unternehmer, die auf eigene Rechnung oder auf Rechnung des Veranstalters Eintrittsberechtigungen an Unternehmer einräumen. Nur bei Inhouse-Schulungen wäre weiterhin die Grundregel des Art. 44 MwStSystRL anwendbar, wenn es sich dabei um eine für den Leistungsempfänger zugeschnittene Beratungsleistung handelt. 

Zudem führt das deutsche BMF-Schreiben vom 9.6.2021 im Rahmen der Ortsbestimmung nach Art. 53 MwStSystRL das Tatbestandsmerkmal der physischen Anwesenheit des Leistungsempfängers bei der Veranstaltung ein und sorgt damit für eine insbesondere in Deutschland überfällige Klarstellung dahingehend, dass die Online-Teilnahme vom Anwendungsbereich des § 3a Abs. 3 Nr. 5 dUStG (Art. 53 MwSt-SystemRL) ausgenommen ist. 

Letzteres wurde auch in ÖSTERREICH, im Rahmen des Umsatzsteuerrichtlinien-Wartungserlasses 2021, aufgegriffen, in dem es zu einer Ergänzung der Rz 641f UStR kam, wonach der Begriff der Eintrittsberechtigung zu einer Veranstaltung die physische Anwesenheit des Leistungsempfängers erfordert. Eine Anpassung im Zusammenhang mit der Frage, ob die Veranstaltung der Öffentlichkeit allgemein zugänglich sein muss, wurde indes nicht vorgenommen.  In Österreich existiert daher für die Anwendung des Veranstaltungsortprinzips nach den UStR auch weiterhin das Erfordernis eines offenen Teilnehmerkreises. Unter einem geschlossenen Teilnehmerkreis wird in Österreich laut Kommentarmeinungen vor allem ein solcher Personenkreis angesehen, bei dem es dem Leistenden möglich ist, den Status der einzelnen Leistungsempfänger zu ermitteln, was insbesondere bei Veranstaltungen für geladene Gäste bzw bei Veranstaltungen für Teilnehmer im Konzernverbund zutreffend ist. Soferne es sich bei einem solcherart geschlossenen Teilnehmerkreis nach österreichischer Sichtweise um keine „Inhouse-Schulungen“ mit zugeschnittenen Beratungsleistungen handelt, kann es gerade bei diesen Grenzfällen zu Auslegungsunterschieden im Vergleich zu Deutschland kommen. Gerade in Anbetracht des oa EuGH-Urteils vom 13.3.2019 in der Rechtssache C-647/17 (Srf konsulterna) sollte auch in Österreich die Unterscheidung, ob eine Eintrittsberechtigung vorliegt oder nicht, eher davon abhängig gemacht werden, ob der Inhalt individualisiert für den Leistungsempfänger aufbereitet ist (Leistungsort gemäß B2B-Grundregel) oder ob es sich um einen allgemein verwertbaren Inhalt handelt (Eintrittsberechtigung – Leistungsort, wo die Veranstaltung abgehalten wird). Eine entsprechende Klarstellung in den österreichischen Umsatzsteuerrichtlinien oder auf EU-Ebene in der Durchführungsverordnung zur Mehrwertsteuersystem-Richtlinie wäre wünschenswert. 

Online-Seminare 

Mangels der erforderlichen physischen Anwesenheit des Leistungsempfängers handelt es sich bei Teilnahmegebühren für Online-Seminare NICHT um „Eintrittsberechtigungen“, für welche sich der Leistungsort dort befinden würde, wo die Veranstaltung tatsächlich stattfindet. 

Für Online-Seminare an Unternehmer richtet sich der Leistungsort folglich nach der Grundregel des Art. 44 MwStSystRL, weshalb diese Leistungen dort steuerbar sind, wo der Leistungsempfänger ansässig ist. In der irrigen Annahme, Online-Seminare im B2B-Bereich wären an dem Ort steuerbar, wo sich der Vortragende während des Vortrages physisch befindet, haben deutsche Anbieter von Online-Seminaren an im Ausland ansässige Unternehmer oftmals mit deutscher Umsatzsteuer fakturiert. Seit Klarstellung durch das erwähnte BMF-Schreiben sind die Rechnungen zwingend ohne deutsche Umsatzsteuer auszustellen. Gleiches gilt - aufgrund der analogen Klarstellung in den österreichischen Umsatzsteuerrichtlinen - natürlich auch für österreichische Anbieter von Online-Veranstaltungen, sofern diese an im Ausland ansässige Unternehmer fakturieren. 

Leistungsort bei Veranstaltungen im B2C-Bereich 

Tätigkeitsortleistungen 

Werden kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen an Nichtunternehmer erbracht, findet Art. 54 MwStSystRL Anwendung. Maßgeblich ist in diesen Fällen der Ort, an dem der leistende Unternehmer tatsächlich tätig wird. In der Regel fallen Tätigkeitsort und Veranstaltungsort zusammen. Im B2C-Bereich ist diese Leistungsortregelung somit nicht auf Eintrittsberechtigungen im obigen Sinne eingeschränkt. 

Online-Seminare 

Im Bereich der Online-Seminare kam es mit Jahreswechsel – durch den UStR-Wartungserlass 2021 - zu einer Änderung: Bis 31.12.2021 galt, dass bei Web-Seminaren jener Ort als Tätigkeitsort und somit als umsatzsteuerlicher Leistungsort galt, an dem der Lehrer ansässig ist, sofern dieser seine Dienste nicht nachweislich von einem anderen Ort aus erbringt. 

Seit 1.1.2022 wird bei Veranstaltungen, die in Echtzeit über das Internet übertragen werden, als Tätigkeitsort jener Ort angesehen, an dem der Dienstleistungsempfänger ansässig ist bzw seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat (vgl Rz 640q UStR). Es gilt in diesem Zusammenhang die widerlegbare Vermutung, dass der Leistungsempfänger (Nichtunternehmer) ua dort ansässig ist, wo er physisch anwesend ist, um die Leistung zu empfangen, wo sich sein Festnetzanschluss befindet oder im Falle der Erbringung der Dienstleistung über mobile Dienste in jenem Land, das durch den Ländercode der verwendeten Sim-Karte bezeichnet wird. Diese Vermutungen können durch drei einander nicht widersprechende Beweismittel widerlegt werden, wie beispielsweise die Rechnungsanschrift des Leistungsempfängers, der Ort des für die Zahlung verwendeten Bankkontos, die IP-Adresse, der Ort des Festnetzanschlusses oder der Mobilfunk-Ländercode (vgl Rz 641n UStR). 

Werden folglich Online-Seminare seit 1.1.2022 an Nichtunternehmer erbracht, die in anderen EU-Mitgliedstaaten ansässig sind, so sind diese Leistungen in diesen jeweiligen Ansässigkeitsstaaten der Leistungsempfänger umsatzsteuerbar. Mangels Anwendbarkeit eines Reverse Charge-Verfahrens im nichtunternehmerischen Bereich entsteht folglich eine Umsatzsteuerpflicht für den Leistungserbringer von Online-Seminaren im jeweiligen Ansässigkeitsstaat des Leistungsempfängers. Für den Leistungserbringer bedeutet dies, dass die Umsatzsteuer im Rahmen laufender Umsatzsteuervoranmeldungen bzw Umsatzsteuererklärungen abzuwickeln ist (wozu es einer umsatzsteuerlichen Registrierung im Ausland bedarf) ODER im Rahmen des EU-OSS gemeldet und die Zahllast entsprechend entrichtet wird.

FAZIT 

Nicht zuletzt aufgrund des immer größer werdenden Angebots an Online-Veranstaltungen oder hybrid abgehaltenen Veranstaltungen wird es bei der Prüfung der von Seminarveranstaltern oder von im Rahmen von Leistungsweiterverrechnungen ausgestellten Rechnungen immer wichtiger zu unterscheiden, ob die fakturierten Veranstaltungen online abgehalten wurden oder eine Teilnahme durch physische Anwesenheit am Veranstaltungsort erfolgte. Zudem ist es zur Bestimmung des korrekten umsatzsteuerlichen Leistungsortes auch wichtig, den Status des Leistungsempfängers (Unternehmer oder Nichtunternehmer) zu erheben, um keine negativen umsatzsteuerlichen Konsequenzen zu riskieren. 

Bestehende Auslegungsunterschiede zum Begriff der „Eintrittsberechtigungen“ – auch zwischen Österreich und Deutschland - können ein zusätzliches Erschwernis bei der korrekten Fakturierung von Veranstaltungsleistungen im B2B-Bereich darstellen, weshalb auch die länderspezifischen Besonderheiten in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten zu beachten sind, solange keine Klarstellung zu diesem Begriff in der DVO - in Anlehnung an das EuGH-Urteil zur Rechtssache Srf Konsulterna - erfolgt. 

Gerne stehen Ihnen die Verfasserinnen sowie auch die übrigen ExpertInnen der Service Line "Indirect Tax & Customs"​​​​​​​ bei konkreten Abgrenzungsfragen jederzeit zur Verfügung!