NEWS  |   |  

ZOLL | Key Facts zur Bemessungsgrundlage in Zeiten steigender Zölle

Der globale Handel steht vor großen Herausforderungen und wird durch taktische Überlegungen der weltweit größten Wirtschaftsräume zunehmend erschwert. Durch die von den USA in den vergangenen Monaten verhängten Zollmaßnahmen auf diverse Importgüter haben viele Staaten mit Gegenzöllen reagiert. Es besteht die Gefahr, dass sich dieser Machtkampf einzelner politischer Akteure zu einem Handelskrieg hochschaukelt, dessen volle Wucht als erstes jene Unternehmen zu spüren bekommen, die tagtäglich mit Importen und Exporten zu tun haben. Bei diesen schwierigen Rahmenbedingungen ist es umso wichtiger, Zollprozesse zu evaluieren und nach Lösungen zu suchen, die Kosten bzw. auch gewisse Risiken minimieren. In diesem Zusammenhang kann es sinnvoll sein, Lieferketten anders aufzusetzen, Verträge hinsichtlich zollrechtlicher Verpflichtungen zu prüfen, die verwendete Tarifierung zu hinterfragen und auch die Berechnung der Zollbemessungsgrundlage genauer zu beleuchten. Im Rahmen dieses Newsletterbeitrags möchten wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen bei der Ermittlung der Zollbemessungsgrundlage darstellen und kurz skizzieren, wo es möglicherweise Optimierungspotenzial gibt.

Bedeutung des Zollwertes

Der Zollwert ist per Definition der Wert einer Ware am Verbringungsort (EU- bzw Drittlands-Außengrenze). Dieser Wert dient als Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Höhe eines zu erhebenden Zolls. Der Zoll selbst wird an der Zolltarifnummer festgemacht. Das bedeutet, jede Ware ist einer Zolltarifnummer zuzuordnen, mit der ein bestimmter Zollsatz verknüpft ist. Wenn daher eine Ware anhand der vorzunehmenden Tarifierung einer Zolltarifnummer zu subsumieren ist, mit der ein hoher Zollsatz verknüpft wurde, dann ist der zu zahlende Zoll durch die Multiplikation des Warenwertes (Bemessungsgrundlage für den Zollwert) mit dem anwendbaren Zollsatz zu ermitteln. Sofern also die Tarifierung nicht geändert werden kann, ist es eventuell möglich, bei der Wertbestimmung der Ware einen Hebel innerhalb der gesetzlichen Möglichkeiten anzusetzen, um die Zollabgaben zu beeinflussen.

Rechtlicher Rahmen und Einflussfaktoren

Der Unionszollkodex (UZK) bildet die gesetzliche Grundlage für die Zollwertberechnung innerhalb der Europäischen Union. Gemäß Art. 70 UZK wird der Zollwert in der Regel anhand des Transaktionswerts ermittelt, also dem tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis für die eingeführte Ware. Falls der Transaktionswert nicht anwendbar ist, dann kommen für die Ermittlung des Zollwertes gemäß Art. 74 UZK nachrangige Methoden zur Anwendung, die in einer bestimmten Reihenfolge geprüft werden müssen. Als nachrangige Methoden werden der Transaktionswert gleicher Waren, der Transaktionswert ähnlicher Waren, die deduktive Methode, die Methode des errechneten Wertes und die Schlussmethode im UZK aufgelistet. Konkret wird bei der Zollwertermittlung immer dann auf eine nachrangige Methode ausgewichen, wenn im Rahmen des Importvorgangs der Ware kein zeitgleicher Verkauf dieser Ware erfolgt und somit keine Warenverkaufsrechnung die Grundlage für die Zollwertermittlung bilden kann. 

Bei der Zollwertberechnung müssen bestimmte Kosten hinzugerechnet werden, um den korrekten Zollwert zu ermitteln. Dazu gehören beispielsweise Transportkosten bis zum Einfuhrort, Versicherungsgebühren und gegebenenfalls Lizenzgebühren. Andererseits können bestimmte Kosten abgezogen werden, wie etwa Inlandstransportkosten nach der Einfuhr oder Zölle und Steuern, die im Einfuhrland erhoben werden. Darüber hinaus können auch Preisnachlässe (Rabatte, Skonti), die im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung im Vertrag berücksichtigt werden, zu einer Reduktion der Zollbemessungsgrundlage führen.

Die Incoterms spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle bei der Zollwertermittlung, da sie die Verantwortlichkeiten und Kostenverteilung zwischen Käufer und Verkäufer regeln. Beispielsweise beinhalten die Incoterms CIF (Cost, Insurance, and Freight) und FOB (Free on Board) unterschiedliche Kostenbestandteile, die bei der Zollwertberechnung berücksichtigt werden müssen. Zudem kann anhand der Incotermverwendung klargestellt werden, welcher der Beteiligten die Zollabgaben zu übernehmen hat.

Es gibt auch verschiedene Erleichterungen, die die Zollwertberechnung vereinfachen können. Dazu gehören Vereinfachungen für bestimmte Warengruppen oder die Möglichkeit, pauschale Werte für bestimmte Kostenbestandteile zu verwenden. 

Insgesamt ist die korrekte Zollwertberechnung essenziell für die Einhaltung der Zollvorschriften und die Vermeidung von Zollnachteilen. Eine präzise Kenntnis der gesetzlichen Grundlagen, Methoden und relevanten Kosten ist daher unerlässlich für eine korrekte und optimierte Zollabwicklung.

Optimierungsmöglichkeiten

Bei der Berechnung des Zollwertes sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen einzuhalten, jedoch ist je nach Methodenwahl zu unterscheiden, welcher Ausgangswert für die Ware zu verwenden ist und welche Hinzurechnungs- und Abzugskosten berücksichtigt werden müssen. 

Im Rahmen der Transaktionswertmethode sind gemäß Art. 71 UZK beispielsweise Provisionen, Maklerlöhne, Verpackungskosten, Beistellungen, Lizenzgebühren, Erlöse, die nach dem späteren Weiterverkauf dem Verkäufer zugute kommen, sowie Beförderungs- und Versicherungskosten hinsichtlich einer Hinzurechnung zu prüfen und gegebenenfalls zu optimieren. So wirkt beispielsweise eine übliche Einkaufsprovision nicht warenwerterhöhend, eine spezielle Verkaufsprovision hingegen schon. Besondere Aufmerksamkeit ist auch dem Thema der Beistellungen zu widmen, wenn diese unentgeltlich oder zu ermäßigten Preisen erfolgen und nicht entsprechend im tatsächlich zu zahlenden oder bereits bezahlten Warenpreis berücksichtigt wurden. 

Art. 72 UZK enthält eine Auflistung von Kostenbestandteilen, die den Zollwert verringern können. Hier sind neben den Beförderungskosten besonders Zahlungen für Bau, Einrichtung, Montage, die Instandhaltung oder die technische Unterstützung zu hinterfragen, sofern diese Tätigkeiten an den eingeführten Waren, wie Industrieanlagen, Maschinen oder Ausrüstungen, vorgenommen werden. Generell ist im Bereich der Anlagenlieferungen ein konkreter und plausibler Preissplitt in den Verkaufsverträgen anzuraten, um die Wertbestimmung der einzelnen Leistungskomponenten nachvollziehbar zu machen. Ebenfalls nicht werterhöhend wirken sich auch Zinsen aus, die im Rahmen einer vom Käufer abgeschlossenen Finanzierungsvereinbarung in Bezug auf den Kauf der eingeführten Waren zu zahlen sind. 

Sofern ein Warenverkauf im Rahmen eines Reihengeschäftes stattfindet, so wäre möglicherweise ein Vorteil dadurch zu erlangen, dass der Warenimport vorgelagert in der Reihe stattfindet, da sich mit jedem Verkauf der Transaktionswert erhöht. Diese Gestaltung ist jedoch mit den möglichen Kosten einer nachgelagerten Versteuerung eines Inlandsverkaufs nach dem Grenzübertritt abzuwägen. 

Sobald die Sphäre der Transaktionswertmethode verlassen wird, weil die Waren beispielsweise zur Abwicklung einer Montage-/Werklieferung ins Ausland verbracht werden, kann die Berechnung des Warenwertes nicht mehr automatisch an einem Verkaufspreis festgemacht werden. Gerade bei Projektgeschäften, die eine Lieferung eines zu errichtenden Werks im Ausland als Vertragsgegenstand haben, ist die Preisaufteilung in den Verträgen gesondert zu hinterfragen. Wenn beispielsweise Vor-Ort-Leistungen nicht klar als solche gekennzeichnet werden, kann ein überhöhter Zollwert die unangenehme Folge sein. In diesem Sinn sollte auch hinterfragt werden, ob es aus verkaufstaktischen Überlegungen zielführend ist, ein Projektgeschäft im Rahmen eines Liefervertrages darzustellen, mit der Folge, dass der gesamte Auftragswert der Zollwertberechnung zugeführt wird. 

FAZIT

Die aktuelle geopolitische Lage mit steigenden Zöllen und Handelskonflikten stellt import- und exportorientierte Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen. Gerade wenn bestimmte Warengruppen mit erhöhten Zöllen sanktioniert werden und es nicht möglich ist, diese Zölle durch eine geänderte Tarifierung zu umgehen, ist es notwendig sich Gedanken darüber zu machen, wie die Zollbemessungsgrundlage optimal zu berechnen ist. Die Bestimmung des zollrelevanten Werts einer Ware ist gesetzlich genau vorgegeben, jedoch kann in vielen Fällen im Rahmen des Gesetzes optimiert bzw. ein unnötig hoher Wertansatz beeinflusst werden. Die in diesem Newsletter dargestellten Punkte sind nur ein Auszug aus der komplexen Welt der Zollwertberechnung und es kann sich auf jeden Fall lohnen, die bisherigen Mechanismen einer Prüfung zu unterziehen, um mögliche Einsparpotenziale zu nutzen oder auch latente Risiken durch eine falsche Ermittlungsmethode zu minimieren. Wer sich frühzeitig mit der Thematik auseinandersetzt, kann Wettbewerbsnachteile vermeiden und internationale Handelsabläufe resilienter gestalten.

Für Rückfragen zu diesen zollrechtlichen Herausforderungen stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen Ansprechpartner der Service Line “Indirect Tax & Customs”  gerne zur Verfügung!