NEWS  |   |  

ÖKOSOZIALE STEUERREFORM | Gesetzesbeschluss im Nationalrat

Nach Abschluss des Begutachtungsverfahrens für die Ministerialentwürfe zur größten Steuerreform der zweiten Republik hat der Ministerrat am 15.12.2021 die Regierungsvorlagen beschlossen und sodann der parlamentarischen Behandlung zugeführt. Am 20.1.2022 erfolgte nunmehr die Beschlussfassung in Nationalrat. Mit der Gesetzwerdung (Genehmigung im Bundesrat und Kundmachung im Bundesgesetzblatt) ist im Februar d. J. zu rechnen. Im nachfolgenden Newsletterbeitrag informieren wir Sie über den letztgültigen Stand, indem wir auf die wesentlichen Änderungen gegenüber dem bereits ausführlich erläuterten Begutachtungsentwurf eingehen und uns dabei auf die Unternehmensbesteuerung beschränken. 

Über die im Rahmen der zur Umsetzung anstehenden „ökosozialen Steuerreform“, die einerseits geplante Entlastungen durch steuerliche und andere Maßnahmen (zB Förderungen) in den nächsten Jahren vorsieht, andererseits jedoch auch Belastungen, insbesondere in Zusammenhang mit den vorgesehenen Klimaschutzmaßnahmen (Stichwort CO2-Emissionen), in sich birgt und womit auch Anreize für umweltfreundliches Verhalten geschaffen werden sollen, haben wir Sie auf Basis der Begutachtungsentwürfe bereits ausführlich informiert (siehe zuletzt unseren NL-Beitrag „ÖKOSOZIALE STEUERREFORM | Die Gesetzesentwürfe sind da!“ vom 25.11.2021). 

Im Zuge des Gesetzwerdungsprozesses ist es naturgemäß noch zu div. Änderungen gekommen, sodass die Endfassung der im Nationalrat am 20.1.2022 erfolgten Gesetzesbeschlüsse (auf Basis der Regierungsvorlagen sowie div. Abänderungsanträge) mehrere Abweichungen gegenüber den bereits erläuterten Begutachtungsentwürfen aufweist. Nachfolgend gehen wir auf einige wesentliche Änderungen im Bereich der Unternehmensbesteuerung ein, sowohl den Gesetzestext als auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (EB) betreffend, und beschränken uns dabei auf das erste der insgesamt drei Gesetzespakete zur ökosozialen Steuerreform (ÖkoStRefG 2022 Teil I):

Änderungen im Einkommensteuergesetz (EStG)

Steuerfreiheit von Gewinnbeteiligungen an Arbeitnehmer

§ 3 Abs 1 Z 35 EStG wird bekanntlich ab dem heurigen Jahr 2022 eine neue Steuerbefreiung für  Gewinnbeteiligungen des Arbeitgebers iHv bis zu 3.000 EUR pa an aktive Arbeitnehmer ermöglichen, wobei sich der begünstigte Maximalbetrag bei Vorliegen von unternehmensrechtlichen Jahresabschlüssen nun nicht mehr am heftig kritisierten „steuerlichen Vorjahresgewinn“ orientiert, sondern das „unternehmensrechtliche Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT)“ die Obergrenze darstellt (EB: auf Basis der G&V, und zwar beim Gesamtkostenverfahren idR Ergebnis vor Steuern gem. § 231 Abs 2 Z 17 UGB zzgl Zinsaufwendungen gem. Z 15 bzw beim Umsatzkostenverfahren gemäß § 231 Abs 3 Z 16 zzgl Z 14 UGB). Im Falle einer Konzernzugehörigkeit kann alternativ – dann aber einheitlich für sämtliche Arbeitgeberunternehmen eines Konzerns – auch auf das Konzern-EBIT abgestellt werden (lt EB ggfs auch auf Basis eines befreienden IFRS-Konzernabschlusses).

Von der absoluten Deckung durch eine Gewinngröße aus der G&V zu unterscheiden sind die unternehmensinternen Regelungen für derartige „Gewinnbeteiligungen“ (zB Zielvereinbarungen), wobei die EB hier auf eine „passende, objektivierbare Erfolgsgröße (zB Umsatz, Deckungsbeitrag, Betriebsergebnis)“ abstellen. Für lediglich qualitative Zielvereinbarungen (zB soft skills, Führungsverhalten, Fortbildungen oä) könnte die Steuerfreiheit daher ev. problematisch gesehen werden (sodass ggfs die Zielsysteme aus steuerlicher Sicht analysiert werden sollten).

Hinsichtlich der – unveränderten - Voraussetzung, dass die Gewinnbeteiligung allen Arbeitnehmern oder zumindest bestimmten Arbeitnehmergruppen gewährt wird, führen die EB aus, dass dies auch mittels innerbetrieblicher Vereinbarung (gem. § 68 Abs 5 Z 7 EStG) geregelt werden kann.

Wiedereinführung eines Investitionsfreibetrages

§ 11 EStG regelt den neuen (bzw in „modernisierter“ Form reaktivierten) IFB iHv 10 % der begünstigten AHK, der – ab dem nächsten Jahr 2023 - als steuerliche Betriebsausgabe geltend gemacht werden kann. Der erhöhte IFB von 15 % für „Ökologisierung“ soll bekanntlich im Detail per Verordnung geregelt werden, wobei letztere nun auch vorsehen kann, dass sich die Finanzverwaltung  für die Beurteilung der Zuordnung einer Investition zum Bereich Ökologisierung einer „geeigneten Einrichtung“ bedient (ev. Expertise seitens AWS?).

In Zusammenhang mit der limitierten Bemessungsgrundlage (begünstigte AHK iHv max. 1 Mio EUR pro Wirtschaftsjahr) ist die Ergänzung interessant, dass im Falle von über ein Wirtschaftsjahr hinausgehenden Anschaffungs- bzw Herstellungsvorgängen (grds Fertigstellung) der IFB auch bereits von den aktivierten Teil-AHK eines Wirtschaftsjahres geltend gemacht werden kann. Damit sollen auch in Fällen, in denen bereits vor 1.1.2023 Teil-AHK aktiviert worden waren, die gesamten AHK für den IFB maßgeblich sein (EB zu § 124 Z 386 EStG).

Gänzlich entfallen ist die ursprünglich vorgesehen gewesene Wartetastenverlustregelung, sodass durch IFB entstandene bzw erhöhte Verluste der regulären Verlustverrechnung zugänglich sind bzw in den Verlustvortrag Eingang finden (aufgrund der betraglichen Begrenzung sowie der im EStG bereits bestehenden WT-Verlustregelungen sind mißbräuchliche Gestaltungen durch „Verlustbeteiligungsmodelle“ oä durch den IFB wohl kaum zu befürchten).

In den EB wird weiters ausgeführt, da aufgrund der betraglichen Deckelung des IFB auch die gleichzeitige Inanspruchnahme forschungsfördernder Maßnahmen (Forschungsprämie) zulässig sein soll. Hinsichtlich der für den Höchstbetrag gebotenen betriebsbezogenen Betrachtung wird sowohl bei Personen- als auch bei Kapitalgesellschaften von einem „einheitlichen Betrieb“ ausgegangen. Bei körperschaftsteuerlichen Unternehmensgruppen steht aber der Höchstbetrag pro Körperschaft zu. In Zusammenhang mit der Voraussetzung betrieblicher Einkunftsarten wird ausgeführt, dass aufgrund von § 7 Abs 3 KStG grds auch vermögensverwaltende Körperschaften den IFB beanspruchen können sollten.

Gestaltungen durch konzerninterne Vermietungen sollen laut EB ausdrücklich „unter dem Blickwinkel des Missbrauchs“ iS § 22 BAO geprüft werden.

Nichtmaßgeblichkeit für degressive Abschreibungen bis 31.12.2022

Neu und erfreulicherweise in das ÖkoStRefG 2022 (Teil I) aufgenommen wurde die Verlängerung der Bestimmung in § 124b Z 356 EStG um ein weiteres Jahr, sodass nunmehr für bis 31.12.2022 angeschaffte bzw hergestellte Anlagegüter ertragsteuerlich die degressive AfA gemäß § 7 Abs 1a EStG in Anspruch genommen werden kann, ungeachtet der im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss angewendeten Abschreibungsmethode. In den EB wird dazu weiters ausgeführt, dass ab 1.1.2023 die UGB-Maßgeblichkeit jedenfalls auch wieder für die degressive AfA gelten wird, wobei ab diesem Zeitpunkt aber auch bereits der IFB als Alternative zur Verfügung steht.

Nächste Etappe der ESt-Tarifreform

In § 33 EStG (Einkommensteuertarif) werden bekanntlich nun auch die zweite Tarifstufe von 35 % auf 30 % (ab 1.7.2022) sowie die dritte Stufe von 42 % auf 40 % (ab 1.7.2023) abgesenkt. Da der ESt-Tarif grundsätzlich für Kalenderjahre gilt, soll die vorgesehene unterjährige Änderung der Steuersätze „technisch“ jeweils durch einen daraus resultierenden Mischsteuersatz für das gesamte Jahr umgesetzt werden (32,5 % für 2022 bzw 41 % für 2023, insoweit keine Änderung).

Für den Lohnsteuerbereich ist nunmehr vorgesehen, dass der Mischsteuersatz für das laufende Jahr 2022 hinsichtlich der bereits vor der Gesetzesänderung (Kundmachung im Bundesgesetzblatt) abgelaufenen Lohnzahlungszeiträume im Wege einer zeitnahen Aufrollung bis spätestens 31.5.2022 zu bewerkstelligen ist (§ 124b Z 390 EStG).

Im Bereich der Entlastungen für Niedrigverdiener erfolgten noch div. Änderungen dahingehend, dass anstelle der ursprünglich geplant gewesenen Reduktion von SV-Beiträgen nunmehr Erhöhungen bei div. Absetzbeträgen erfolgen (Verkehrsabsetzbetrag bzw Pensionistenabsetzbetrag).

Änderungen im Körperschaftsteuergesetz (KStG)

In § 22 KStG wird der seit dem Jahr 2005 geltende Körperschaftsteuersatz iHv 25 % nun schrittweise auf 24 % (ab 1.1.2023) bzw 23 % (ab 1.1.2024) vermindert.

Änderungen erfolgten dabei hinsichtlich der erforderlichen Abgrenzungen per 31.12.2022 bzw 31.12.2023 im Falle von vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahren:  Anstelle des bisherigen Verweises auf die Methodik der letzten KöSt-Satz-Senkung (§ 26c Z 2 KStG idF StRefG 2005) wurden nunmehr eigene Übergangsregelungen normiert, wobei für einzeln zu besteuernde Körperschaften (außerhalb einer Unternehmensgruppe) auch dieses Mal ein Wahlrecht eingeräumt wird, die jeweils noch dem vorangegangenen Kalenderjahr zuzurechnenden Einkommensteile des abweichenden Wirtschaftsjahres entweder durch monatsweise Aliquotierungen oder auf Basis von Zwischenabschlüssen zu ermitteln. Demgegenüber gibt es für körperschaftsteuerliche Unternehmensgruppen iS § 9 KStG kein diesbezügliches Wahlrecht, sondern ist ausschließlich die monatsweise Aliquotierung für das gesamte Gruppeneinkommen heranzuziehen und dabei ausschließlich auf das Wirtschaftsjahr des Gruppenträgers abzustellen (§ 26c Z 85 KStG). Für die Vorgangsweise im Falle von Mitunternehmerschaften gibt es nun KEINE gesonderten Abgrenzungsregelungen (mehr).

EXKURS: Latente Steuern in Einzel- und Konzernabschlüssen iZm KöSt-Satz-Senkungen: Berücksichtigung der jeweils geltenden Steuersätze in der Steuerplanungsrechnung, sobald entsprechende Rechtssicherheit gegeben ist, wobei insb. auf den in 3. Lesung erfolgten Gesetzesbeschluss im Nationalrat, somit auf den 20.1.2022, abzustellen ist (vgl AFRAC 30, Rz 34). Demgemäß ist für Jahresabschlüsse bis 31.12.2021 grds noch mit 25 % KöSt zu rechnen (allenfalls Anhangangabe bei wesentlichen Auswirkungen) bzw sind in Abschlüssen ab 31.1.2022 jedenfalls bereits die neuen Steuersätze anzuwenden.

Zusammenfassung

Die vorstehenden Ausführungen zur derzeit in Umsetzung befindlichen bzw bereits ab 2022 wirksam werdenden „ökosozialen Steuerreform“ betreffen die wesentlichen Änderungen im Bereich der Unternehmensbesteuerung, die sich im Gesetzwerdungsprozess vom Begutachtungsentwurf über die Regierungsvorlage bis zum Gesetzesbeschluss des Nationalrats am 20.1.2022 ergeben haben. Die Gesetzwerdung bleibt abzuwarten (die Kundmachung im Bundesgesetzblatt wird für Februar d. J. erwartet). 

Über wesentliche weitere Änderungen werden wir Sie im Rahmen unseres Newsletters ggfs gesondert informieren (zB CO2-Besteuerung, Kryptowährungen ua). 

Für weitergehende Fragen stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen Ansprechpartner unserer Service Line Corporate Tax​​​​​​​ natürlich gerne zur Verfügung!