NEWS  |   |  

KAPITALGESELLSCHAFTEN | Verdeckte Ausschüttung als Einlagenrückzahlung?

Im Körperschaftsteuerrecht sind (offene und verdeckte) Gewinnausschüttungen und Einlagenrückzahlungen grundsätzlich zu unterscheiden bzw führen zu unterschiedlichen steuerlichen Konsequenzen auf Gesellschafts- und Gesellschafterebene. Eine verdeckte Ausschüttung war nach bisher hM keiner nachträglichen Umqualifizierung in eine Einlagenrückzahlung zugänglich. In einer unlängst veröffentlichten Entscheidung kam das BFG jedoch zu dem Ergebnis, dass eine auf der Gesellschaftsebene als verdeckte Ausschüttung behandelte Vorteilszuwendung auf der Gesellschafterebene ggfs auch eine Einlagenrückzahlung sein könne (wofür keine KESt anfällt) und eine solche steuerliche Behandlung auch noch nach Ablauf des betreffenden Wirtschaftsjahres  möglich sei. 

Offene wie auch verdeckte Ausschüttungen einer Kapitalgesellschaft an ihre Gesellschafter (oder diesen nahestehenden Personen) sind ertragsteuerlich als Einkommensverwendung zu qualifizieren und dürfen daher den steuerlichen Gewinn bzw Verlust nicht beeinflussen (§ 8 Abs 2 KStG). Für Ausschüttungen an andere Kapitalgesellschaften kann idR die Beteiligungsertragsbefreiung (§ 10 Abs 1 KStG) sowie ggfs auch die KESt-Befreiung (§ 94 Z 2 EStG) in Anspruch genommen werden. Demgegenüber stellen Einlagenrückzahlungen eine (anteilige) Beteiligungsveräußerung dar und mindern auf Gesellschaftsebene den Einlagenstand und auf Gesellschafterebene die Anschaffungskosten bzw den Buchwert der Beteiligung (§ 4 Abs 12 EStG). Während im Falle von offenen Ausschüttungen, idR aus dem im Jahresabschluss ausgewiesenen Bilanzgewinn, bei Vorhandensein entsprechender Innenfinanzierungs- bzw Einlagenstände (dokumentiert durch Evidenzkonten) ein weitgehendes Wahlrecht besteht, eine solche Ausschüttung auch ertragsteuerlich als „offene Ausschüttung“ oder aber als Einlagenrückzahlung zu behandeln, wird bei verdeckten Ausschüttungen sowie in Zweifelsfällen idR von einer Gewinnausschüttung ausgegangen (Detailregelungen zu § 4 Abs 12 EStG finden sich im umfangreichen Einlagenrückzahlungs- und Innenfinanzierungserlass des BMF vom 27.9.2017, vgl zu letzterem unseren NL-Beitrag „AUSSCHÜTTUNGEN | Finaler Einlagenrückzahlungs- und IF-Erlass veröffentlicht!“ vom 23.10.2017). Die Wahlrechtsausübung ist nach Ansicht der Finanzverwaltung an eine entsprechende KESt-Anmeldung gebunden (Einwochenfrist!), eine nachträgliche Änderung der steuerlichen Qualifikation sei hingegen nicht mehr möglich (Punkt 1.3.1. ERZ-IF-Erlass). Die steuerliche Wirkung einer verdeckten Ausschüttung (vA) könne überhaupt nur insoweit korrigiert werden, als die Vermögenszuwendung spätestens am Bilanzstichtag des vA-Wirtschaftsjahres wieder rückgefordert wurde, dh eine entsprechende Forderung an den Gesellschafter bilanziert wird. Die Behandlung einer vA als Eilagenrückzahlung sei – das Vorhandensein hinreichender (disponibler) Einlagen vorausgesetzt - nur dann möglich, wenn eine entsprechende KESt-Anmeldung bis spätestens sieben Tage nach dem Bilanzstichtag an das Finanzamt übermittelt werde (Pkt 3.3. ERZ-IF-Erlass bzw Rz 666 KStR). 

Angesichts dieser restriktiven Rechtsansichten hinsichtlich der steuerlichen Qualifizierung einer verdeckten Ausschüttung als Einlagenrückzahlung iS § 4 Abs 12 EStG erscheint das nachfolgend skizzierte Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesfinanzgericht besonders interessant:

Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesfinanzgericht 

In gegenständlicher Angelegenheit wurden – aufgrund einer mehrstöckigen Konzernstruktur – zwei Beschwerden einer Mutter- sowie ihrer Tochtergesellschaft eingebracht, die angesichts der Gruppenbesteuerung teils dieselben Bescheide betrafen und vom Bundesfinanzgericht daher zu einem gemeinsamen Verfahren verbunden wurden (gemäß § 267 BAO):

Sachverhalt und Problemstellung

Eine in den USA ansässige Kapitalgesellschaft („US-Großmutter“) hielt eine Beteiligung an einer österreichischen Kapitalgesellschaft („Gruppenträger-GmbH“), die ihrerseits an einer weiteren österreichischen Kapitalgesellschaft („Gruppenmitglied-GmbH“) beteiligt war. 

Die Gruppenmitglied-GmbH (GM-GmbH) realisierte am 14.4.2008 aus einem Liegenschaftsverkauf einen Erlös von 20 Mio EUR. Am selben Tag gewährte sie ihrer US-Großmutter (US-Corp.) ein Darlehen iHv 12,5 Mio EUR (auf Basis einer undatierten und nicht unterfertigten Vereinbarung („Term Sheet“) und ohne Sicherheiten). Am 5.3.2009 ging die US-Corp. in Insolvenz (Antrag auf Gläubigerschutz nach „Chapter 11“) und es kam zu deren Vollbeendigung. Aufgrund des sohin verlorenen Darlehens nahm die GM-GmbH bereits in ihrem Jahresabschluss zum 31.12.2008 (fertiggestellt im August 2009) auf die Darlehensforderung eine Wertberichtigung in voller Höhe vor (aufwandswirksam). Weiters wurden in der UGB-Bilanz zum 31.12.2008 Kapitalrücklagen iHv rund 35,7 Mio EUR aufgelöst (ertragswirksam, jedoch steuerneutral), wonach schließlich ein steuerlicher Verlust von rund – 19,3 Mio EUR verblieb. Das steuerliche Einlagen-Evidenzkonto der GM-GmbH wies zum 31.12.2007 einen Stand von rund 27,1 Mio EUR aus (wobei im Jahr 2008 darauf keinerlei Buchungen (Veränderungen) erfolgten). 

Auch das steuerliche Ergebnis der Unternehmensgruppe war insgesamt durchgehend negativ

Im Jahr 2015 fand eine steuerliche Außenprüfung für die Jahre 2006 bis 2008 durch die Groß-BP statt. Die gegenständliche Darlehensgewährung und der daraus resultierende Buchverlust wurde mangels Fremdüblichkeit als verdeckte Ausschüttung iHv 12,5 Mio EUR an die US-Großmutter qualifiziert und der steuerliche Verlust der GM-GmbH entsprechend vermindert. 

Da eine verdeckte Ausschüttung jedoch nicht direkt von der Enkel- an die Großmuttergesellschaft erfolgen kann, sondern nach der ertragsteuerlichen Systematik bei mehrstöckigen Konzernstrukturen eine stufenweise Vorgangsweise bzw Zurechnung der vA jeweils beim unmittelbaren Gesellschafter zu beachten ist (vgl zB auch BFG 27.12.2018, RV/7104555/2016), ergaben sich für die GM-GmbH keine weiteren steuerlichen Konsequenzen, zumal für ihre gedankliche Ausschüttung an ihre inländische Muttergesellschaft GT-GmbH sowohl die Beteiligungsertragsbefreiung gemäß § 10 Abs 1 KStG als auch die KESt-Befreiung gemäß § 94 Z 2 EStG zu gewähren war. 

Im zweiten Schritt wurde jedoch die GT-GmbH (inländische Zwischengesellschaft) bezüglich der „Weiterschüttung“ an die US-Corp. (Großmuttergesellschaft im Drittland) zur Haftung für die Kapitalertragsteuer iHv 625.000 EUR herangezogen (vA iHv 12,5 Mio EUR x 5 % reduzierter KESt-Satz gemäß Art 10 Abs 2 DBA-USA bzw laut DBA-Entlastungsverordnung). Gegen den diesbezüglichen KESt-Haftungsbescheid richtete sich die gesonderte Beschwerde der GT-GmbH, im wesentlichen mit der Begründung, dass mangels erzielter Gewinne zumindest auf ihrer Ebene keine vA vorliegen sondern die Durchschüttung an die US-Großmutter nur eine steuerliche Einlagenrückzahlung sein konnte, wofür keine KESt einzubehalten war. 

Verdeckte Ausschüttung auf Stufe 1 (BFG 28.12.2018, RV/7105145/2015) 

Das Bundesfinanzgericht würdigte den oa Sachverhalt anhand der für verdeckte Ausschüttungen iS § 8 Abs 2 KStG maßgeblichen Kriterien (insb. Mängel betreffend Vereinbarung, Besicherung, Bonität, betragliche Wesentlichkeit, wirtschaftliche Begründung bzw Rechtfertigung, Gesamtbild der Verhältnisse, Wissen und Wollen der Vorteilszuwendung) und bestätigte schließlich die rechtliche Würdigung der Finanzverwaltung, wonach der Verlust der GM-GmbH aus der fremdunüblichen Darlehensgewährung (up-stream) an die insolvente US-Großmuttergesellschaft als vA zu qualifizieren sei. 

Nach den Ausführungen dieser BFG-Entscheidung dürfte sich die Beschwerde der GM-GmbH im Wesentlichen auf die Entgegnung der unterstellten vA konzentriert haben und nicht auf die Frage, inwieweit die festgestellte Vorteilszuwendung eventuell bereits auf dieser Ebene als Einlagenrückzahlung zu qualifizieren gewesen wäre. 

Die gegenständliche Beschwerde wurde somit als unbegründet abgewiesen und keine Revision zugelassen. 

Einlagenrückzahlung auf Stufe 2 (BFG 28.12.2018, RV/7105237/2015) 

Die GT-GmbH wies in ihrer Beschwerde gegen den KESt-Haftungsbescheid darauf hin, dass weder ihre Tochtergesellschaft GM-GmbH (für die jedoch auf vA entschieden wurde, siehe oben) noch sie selbst im Jahr 2008 bzw insgesamt Gewinne erwirtschaftet hatten, hingegen beide Gesellschaften über relativ hohe Einlagenstände verfügten (Kapitalrücklagen bzw Evi-Konten). Demgemäß könne es sich zumindest auf Ebene der GT-GmbH nur um eine steuerneutrale Einlagenrückzahlung an die US-Corp. handeln, wofür keine KESt einzubehalten war.

Das Bundesfinanzgericht hält in seiner Entscheidung zunächst fest, dass die Besteuerungsfolgen auf Ebene der ausschüttenden Körperschaft nicht zwingend mit jenen auf Ebene der Anteilsinhaber verknüpft sein müssen. Im gegenständlichen Fall konnten nachweislich (mangels erzielter steuerlicher Gewinne und demgegenüber hinreichend hoher Einlagenstände) nur Einlagen zugewendet werden, sodass eine steuerneutrale Einlagenrückzahlung und somit kein KESt-pflichtiger Beteiligungsertrag vorliege. Demgemäß könne auch eine abweichende Behandlung in den Evidenzkonten bzw die unterlassene KESt-Anmeldung zu keiner anderslautenden Beurteilung führen.

Die Rechtsansicht der Finanzverwaltung, wonach im Falle einer verdeckten Ausschüttung auf Ebene des Anteilsinhabers stets eine Gewinnausschüttung ieS vorliege, lasse sich aus dem Gesetz nicht ableiten (weder aus § 6 Z 14 EStG noch aus § 4 Abs 12 EStG). Dass die im Beschwerdefall getätigte Rückzahlung von Einlagen in verdeckter Weise erfolgte, könne zu keiner anderen steuerlichen Beurteilung führen, als wenn die Einlagenrückzahlung in formeller, offener Weise erfolgt wäre. Das BFG führt weiters aus, dass die rechtliche Qualifizierung als Einlagenrückzahlung, die auch den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten entspricht, im gegenständlichen Fall nicht bloß bis zum Ende des Wirtschaftsjahres möglich sein könne.

Das BFG kommt somit zum Schluss, dass sich eine unterschiedliche Behandlung von offenen und verdeckten Ausschüttungen (bzw. Einlagenrückzahlungen) weder aus gesetzlichen Vorschriften noch aus steuersystematischen Überlegungen und auch nicht aus der VwGH-Rechtsprechung ergibt. 

Conclusio 

Die oben näher ausgeführte Entscheidung des Bundesfinanzgerichts (BFG 28.12.2018, RV/7105237/2015) läßt sich in folgendem Rechtssatz zusammenfassen: Wird der Nachweis erbracht, dass dem Anteilsinhaber tatsächlich Einlagen und nicht Gewinne zugewendet wurden, könne auf Ebene des Anteilsinhabers eine Einlagenrückzahlung vorliegen, auch wenn die Zuwendung in verdeckter Weise erfolgte (auf Ebene der zuwendenden Körperschaft somit als verdeckte Ausschüttung zu qualifizieren war). Eine unterschiedliche Behandlung von offenen und verdeckten Ausschüttungen ergebe sich weder aus den gesetzlichen Vorschriften noch aus steuersystematischen Überlegungen und auch nicht aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. 

Das BFG hat sich in dieser Entscheidung auch gegen die in diesem Zusammenhang teils sehr restriktive Verwaltungspraxis in den KöSt-Richtlinien bzw im Einlagenrückzahlungs- und Innenfinanzierungserlass ausgesprochen (Fristen für Korrekturen, Beweiskraft der Evidenzkonten, Maßgabe der KESt-Anmeldung). Im Hinblick darauf, dass es gleichsam in der Natur der Sache liegt, dass „verdeckte Ausschüttungen“ idR nicht proaktiv gestaltet sondern häufig eben erst Jahre später, insbesondere im Rahmen von Betriebsprüfungen, als solche qualifiziert werden, erschiene es besonders problematisch bzw praxisfremd, wenn die steuerliche Behandlung eines derartigen Vorganges als Einlagenrückzahlung nur bis zum Ablauf desjenigen Wirtschaftsjahres, in welchem sich der fragliche Geschäftsfall ereignet hatte, möglich gewesen wäre bzw wenn bis spätestens sieben Tage nach dem Bilanzstichtag eine die Einlagenrückzahlung dokumentierende KESt-Anmeldung eingereicht worden war.   

Das BFG hat gegen seine Entscheidung zwar keine ordentliche Revision zugelassen, allerdings hat die Finanzverwaltung eine Amtsrevision eingebracht, sodass das letzte Wort des Verwaltungsgerichtshofes abzuwarten bleibt.

Hinweis: Die hier angesprochenen komplexen Themen „verdeckte Ausschüttungen“ und „Einlagenrückzahlungen“ gehören zu den Kernbereichen des Körperschaftsteuerrechts und werden daher auch in dem praxisorientierten Buch „Die Kapitalgesellschaft in der Steuererklärung 2017“ entsprechend berücksichtigt, welches vor einigen Monaten im LINDE-Verlag erschienen ist und an dem die beiden ua Verfasser als Co-Autoren mitgewirkt haben. Es ist diesbezüglich eine jährliche Neuauflage geplant.    

Für weitere Fragen stehen Ihnen die Verfasser gerne zur Verfügung!