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GESELLSCHAFTERDARLEHEN | Keine Zinsen für Privatdarlehen ins Ausland!

Das Bundesfinanzgericht hat in seinem Erkenntnis RV/1100628/2016 vom 18.07.2019 betreffend unverzinsliche Darlehen eines inländischen Gesellschafters an eine ausländische Kapitalgesellschaft der bisherigen Rechtsansicht der österreichischen Finanzverwaltung widersprochen: Da für grenzüberschreitende Nutzungsüberlassungen aus dem außerbetrieblichen Bereich die Anwendung des Fremdverhaltensgrundsatzes nicht auf § 6 Z 6 EStG gestützt werden kann und im gegenständlichen Rechtsmittelfall die zinsenlose Darlehensgewährung aus dem Privatvermögen des Gesellschafters erfolgte, sei die Besteuerung von (fiktiven) Zinsen nicht rechtens gewesen.

Nach dem der nachfolgend erläuterten BFG-Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte ein in Österreich ansässig gewesener (und zwischenzeitig verstorbener) Steuerpflichtiger einer in der Schweiz ansässigen Aktiengesellschaft (CH AG) insgesamt rund 30 Mio EUR (aus Grundstücksverkäufen sowie aus einer ausländischen Stiftung) als zinsenlose Gesellschafterdarlehen zur Verfügung gestellt. Eine konkrete schriftliche Vereinbarung gab es jedoch nicht. Der Steuerpflichtige war mit 98 % an der CH AG beteiligt. Die CH AG hat mit diesem Kapital ihrerseits zwei verbundenen Unternehmen in Österreich und Deutschland Darlehen zur Verfügung gestellt, und zwar mit einer Verzinsung von jeweils 2%. Nach Ansicht der Betriebsprüfung sei die Unverzinslichkeit der gewährten Gesellschafterdarlehen als fremdunüblich einzustufen und daher Zinsen iHv 2%  – bemessen an der Darlehensweitergabe der CH AG an ihre verbundenen Unternehmen  –  in Ansatz zu bringen. Die Betriebsprüfung berief sich dabei auf § 6 Z 6 lit a EStG, der eine grenzüberschreitende Verlagerung von Gewinnpotentialen durch entsprechende Versteuerung im Inland hintanhalten soll. 

EXKURS: Interessant war im vorliegenden Fall auch die Argumentation des Steuerpflichtigen bzw der steuerlichen Vertretung gegen eine Darlehensverzinsung: In der Beschwerde wurde – mit Hinweis auf die sog. „Angehörigen-Judikatur“ - ausgeführt, dass mangels hinreichend klarer Vereinbarungen, fehlender Besicherungen etc überhaupt nicht von „Darlehen“ im steuerlichen Sinne auszugehen sei, sondern dass es sich bei den fraglichen Finanzierungen vielmehr um eigenkapitalersetzende Zuwendungen (verdeckte Einlagen) handle und deshalb kein Ansatz von Zinsen gerechtfertigt sei. Die Finanzverwaltung entgegnete in der Beschwerdevorentscheidung, dass der Darlehenscharakter aus div. Unterlagen und Informationen (Verlassenschaftsverfahren sowie bilanzielle Behandlung bei der CH AG) sehr wohl abzuleiten sei. Eine Umqualifizierung der fraglichen Darlehen in verdeckte Einlagen bzw verdecktes Stammkapital sei zudem – mit Hinweis auf die einschlägige Judikatur – nur unterbesonderen Umständen“ zulässig. Diese Frage stellte sich nach Ansicht der Finanzverwaltung im vorliegenden Fall auch deshalb nicht, weil die CH AG im Mittelzuführungszeitpunkt keinerlei finanzielle Schwierigkeiten hatte und über genügend Eigenkapital verfügte. 

Steuerliche Behandlung unverzinslicher Gesellschafterdarlehen

Wird das unverzinsliche Gesellschafterdarlehen als Fremdkapital an die finanzierte Kapitalgesellschaft anerkannt, stellt die Vorteilszuwendung im Ausmaß der Unverzinslichkeit steuerlich eine sog. „Nutzungseinlage“ dar. Als Nutzungseinlage wird die Überlassung von Geld oder Gegenständen an die Körperschaft zum Gebrauch oder die Erbringung von Dienstleistungen durch den Anteilsinhaber ohne Entgelt oder gegen ein unangemessen niedriges Entgelt verstanden (siehe auch Rz 501 KStR). Im rein innerstaatlichen Fall sind solche Nutzungseinlagen nach hM als steuerneutral zu behandeln, zumal derartigen Nutzenvorteilen nicht die Eigenschaft eines einlagefähigen Wirtschaftsgutes zukommt. 

Demgegenüber ist bei Nutzungsüberlassungen im Zusammenhang mit Auslandssachverhalten nach Ansicht der Finanzverwaltung jedenfalls eine Versteuerung im Inland sicherzustellen (vgl Rz 503 KStR). Als innerstaatliche Rechtsgrundlage hiefür gilt § 6 Z 6 lit a EStG, der wie folgt lautet: „Werden Wirtschaftsgüter eines im Inland gelegenen Betriebes (Betriebsstätte) ins Ausland in einen anderen Betrieb (Betriebsstätte) überführt oder werden im Inland gelegene Betriebe (Betriebsstätten) ins Ausland verlegt, sind die ins Ausland überführten Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die im Falle einer Lieferung an einen vom Steuerpflichtigen völlig unabhängigen Betrieb angesetzt worden wären… Dies gilt sinngemäß für sonstige Leistungen“. Somit ist im Verhältnis zu ausländischen Gesellschaften grundsätzlich ein Fremdvergleichswert auch bei Nutzungseinlagen anzusetzen, sodass es zu einer entsprechenden Gewinnrealisation bzw zu fiktiven Einnahmen beim österreichischen Gesellschafter kommt. Auch das Unionsrecht steht einer solchen unterschiedlichen steuerlichen Behandlung von Nutzungseinlagen bei innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Konstellationen nicht entgegen. 

Die Anwendung dieser Grundsätze im betrieblichen Bereich bzw zwischen Kapitalgesellschaften ist unstrittig. Dies uE wohl auch im Falle von darlehensgewährenden Holdinggesellschaften (zumal diese gemäß § 7 Abs 3 KStG stets „Einkünfte aus Gewerbebetrieb“ erzielen und ihre Beteiligungen nach hM zum „Betriebsvermögen“ zählen, vgl etwa auch § 11 Abs 1 Z 4 KStG). 

Fraglich war hingegen im vorliegenden Fall, inwieweit dies auch für Gesellschafterdarlehen aus der außerbetrieblichen Sphäre („Privatdarlehen“ natürlicher Personen) gilt, spricht doch der Gesetzeswortlaut in § 6 Z 6 lit a EStG explizit von einem inländischen „Betrieb“ oder einer inländischen „Betriebsstätte“. Etwaige Zinsen aus einem solchen Privatdarlehen wären beim Gesellschafter als Einkünfte aus Kapitalvermögen mit dem regulären (progressiven) ESt-Tarif von bis zu 55% zu versteuern, zumal diese vom 27,5%igen Sondersteuersatz nicht erfasst sind. 

Bisherige Rechtsansicht der Finanzverwaltung

Nach Ansicht der österreichischen Finanzverwaltung soll der Fremdverhaltensgrundsatz iSd § 6 Z 6 lit a EStG auch im außerbetrieblichen Bereich zur Anwendung kommen. So sei gemäß EAS 2197 v 7.1.2003 auch die unverzinsliche Gewährung eines Darlehens durch eine natürliche Person als Gesellschafter nicht fremdüblich. Der Umstand, dass § 6 Z 6 lit a EStG eine Gewinnermittlungsvorschrift ist und daher „rein formal“ gesehen nur betriebliche Einkünfte anspreche, könne einer Anwendung des Fremdverhaltensgrundsatzes im außerbetrieblichen Bereich nicht entgegenstehen. Zusätzlich beruft sich das BMF auf die Anwendung der sog. „Angehörigen-Rechtsprechung“ des VwGH. 

Entscheidung des Bundesfinanzgerichts (BFG 18.07.2019, RV/1100628/2016)

Aus dem zu würdigenden Sachverhalt geht klar hervor, dass die unverzinsliche Darlehensgewährung aus dem Privatvermögen erfolgte.

Nach Ansicht des BFG ist der beschwerdegegenständliche Sachverhalt NICHT vom Anwendungsbereich des § 6 Z 6 lit a EStG erfasst, zumal diese Gesetzesbestimmung explizit auf die Bewertung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens abstellt. Diese Bestimmung gehört somit zu den Gewinnermittlungsvorschriften, erfordert ausdrücklich das Vorliegen eines inländischen Betriebes oder einer inländischen Betriebsstätte und ist daher nur bei der Ermittlung der Einkünfte aus den betrieblichen Einkunftsarten (Land- und Forstwirtschaft, selbständige Arbeit, Gewerbebetrieb) zu berücksichtigen. Das BFG weist auch ausdrücklich darauf hin, dass es die Auffassung des BMF in EAS 2197 NICHT teilt, wonach der Fremdverhaltensgrundsatz auch im außerbetrieblichen Bereich anzuwenden sei. Auch der Verweis auf die Angehörigenjudikatur des VwGH betreffend die fremdübliche Gestaltung von Beziehungen zwischen Gesellschafter und Kapitalgesellschaft helfe dabei nicht. Der Anwendungsbereich der Bestimmung des § 6 Z 6 lit a EStG könne schließlich nicht über den klaren Gesetzeswortlaut hinaus ausgedehnt werden. 

Im außerbetrieblichen Bereich ist nach Ansicht des BFG vielmehr ausschließlich das Zu- und Abflussprinzip für die Einkünfteermittlung maßgebend. Sind – wie im vorliegenden Fall – tatsächlich keine Zinsen zugeflossen (wofür die rechtliche und wirtschaftliche Verfügungsmacht ausschlaggebend ist), können für ein solches zinsenloses außerbetriebliches Darlehen folglich auch keine fiktiven Zinsen der Besteuerung unterworfen werden.

Die Beurteilung der Frage, ob es sich bei den hingegebenen Beträgen nun tatsächlich um Darlehen oder aber (verdecktes) Eigenkapital gehandelt hatte, konnte im Beschwerdefall somit dahingestellt bleiben und hatte sich das BFG nicht weiters damit auseinanderzusetzen. 

Das BFG hat eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zugelassen, da es sich um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt, die vom VwGH bisher noch nicht behandelt wurde. Soweit erkennbar, wurde bis dato allerdings keine Revision eingebracht. 

Fazit

Das Erkenntnis des BFG vom 18.07.2019, RV/1100628/2016, steht im klaren Widerspruch zur Auffassung der österreichischen Finanzverwaltung und schränkt den Anwendungsbereich von § 6 Z 6 lit a EStG – unseres Erachtens zu Recht – auf den betrieblichen Bereich ein. Für zinsenlose Gesellschafterdarlehen, die nicht aus einem inländischen Betriebsvermögen stammen und die an ausländische Beteiligungsgesellschaften gewährt werden, ist folglich eine fremdübliche Verzinsung nicht zwingend zu vereinbaren und können seitens der Finanzverwaltung auch nicht fiktive Zinsen einer Besteuerung unterzogen werden.

Wurde hingegen eine Verzinsung für Privatdarlehen vereinbart und auch gezahlt, so unterliegt diese nicht dem Sondersteuersatz von 27,5 %, sondern ist zum regulären progressiven Einkommensteuertarif zu versteuern.
 

Für weitergehende Fragen zu dieser Thematik stehen Ihnen die Verfasser gerne zur Verfügung!