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CORONAVIRUS | Fristberechnung für Bau- und Montagearbeiten in Finnland

Ecker Fabian  |  Pandur Damir

Die finnische Steuerverwaltung veröffentlichte am 19. April 2021 eine Stellungnahme zu steuerlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. Dieses Schreiben beschäftigt sich insbesondere auch mit pandemiebedingten Unterbrechungszeiten bei Bau- oder Montageausführungen ausländischer Unternehmen in Finnland. Demnach können vorübergehende Unterbrechungen die steuerrelevante Betriebsstättenfrist nur dann hemmen, wenn die Unterbrechungen auf in- oder ausländischen Gesundheitsbeschränkungen beruhen. Unter diesen Umständen kann somit die Begründung einer „Betriebsstätte“ samt den damit einhergehenden steuerlichen Konsequenzen in Finnland trotz formaler Fristenüberschreitung vermieden werden.

Das Doppelbesteuerungsabkommen (Art 5 Abs 3 DBA Finnland-Österreich) sieht grundsätzlich vor, dass bei Bau- oder Montageausführungen, die länger als zwölf Monate dauern, eine Bau- oder Montagebetriebsstätte im Tätigkeitsstaat begründet wird. Nach den Ausführungen im OECD-Musterkommentar gilt eine Bau- oder Montageausführung nicht als beendet, wenn die Arbeiten bloß vorübergehend unterbrochen werden. Demgemäß sind jahreszeitlich bedingte oder andere vorübergehende Unterbrechungen bei Ermittlung der relevanten Frist für Bau- oder Montagebetriebsstätten grundsätzlich miteinzubeziehen. Nach Ansicht des OECD Sekretariats gilt dies auch für Unterbrechungen, die durch die COVID-19-Pandemie bedingt sind. Nach dieser Rechtsansicht würde also selbst bei krisenbedingten Stillständen auf Auslandsbaustellen (aufgrund von Grenz- oder Betriebsschließungen, Betretungsverboten etc) die abkommensrechtliche Betriebsstättenfrist weiterlaufen (siehe dazu bereits unseren NL-Beitrag „CORONAVIRUS | OECD zu abkommensrechtlichen Steuerfragen iVm COVID-19“ vom 4.4.2020; auch über die deutsche Ansicht zur möglichen Fristhemmung bei Bau- oder Montageausführungen haben wir bereits informiert im NL-Beitrag CORONAVIRUS | Fristhemmung für Bau- und Montagearbeiten in Deutschland“ vom 27.04.2020).

Rechtsansichten der finnischen Finanzverwaltung 

Die finnische Finanzverwaltung vertritt in ihrem aktuellen Schreiben vom 19.4.2021 betreffend die Einschränkungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie und deren Auswirkungen auf die Besteuerung ausländischer Unternehmen (Stellungnahme VH/1642/00.01.00/2021) zunächst die Auffassung, dass außergewöhnliche und vorübergehende Änderungen der Umstände (zB Mitarbeiter, die von zu Hause aus arbeiten), welche durch die COVID-19-Pandemie verursacht wurden, für ein ausländisches nicht ansässiges Unternehmen im Allgemeinen nicht zur Begründung einerBetriebsstätte“ in Finnland führen. 

Die finnische Finanz ist weiters der Ansicht, dass, wenn die Bauarbeiten an einem Bauprojekt aufgrund der COVID-19-Pandemie vorübergehend unterbrochen werden, die vorübergehende Unterbrechung bei der Ermittlung der Baustellendauer und der Bestimmung, ob die Baustelle eine Betriebsstätte in Finnland begründet, in der Regel berücksichtigt wird. Wenn die Bauarbeiten allerdings aufgrund von (finnischen oder ausländischen) Gesundheitsbeschränkungen (zB Einreiseverbot für Bauarbeiter nach Finnland) unterbrochen werden, wird die Zeit der Unterbrechung NICHT in die Berechnung der Betriebsstättenfrist einbezogen. Die Berechnung wird erst dann fortgesetzt, sobald die Arbeiter wieder auf die Baustelle zurückkehren. Die Frist wird in diesem Fall somit gehemmt.

Dokumentationspflicht 

Das ausländische Unternehmen muss der finnischen Steuerverwaltung für die Erlangung einer Fristhemmung detaillierte Unterlagen vorlegen (zB eine Erklärung des Hauptauftragnehmers der Baustelle, worin erläutert wird, während welcher Zeit die Baustelle aus Gründen der öffentlichen Gesundheit geschlossen war), woraus klar hervorgeht, wie die Änderung der Umstände mit der COVID-19-Pandemie zusammenhängt. Ein bloß allgemeiner Verweis auf die Pandemie ist hingegen nicht ausreichend.

Weitere Hinweise der finnischen Finanzverwaltung 

Home Office 

Eine in Finnland lebende Person, die normalerweise im Ausland für ein ausländisches Unternehmen arbeitet, kann zB aufgrund von Einreisebeschränkungen im Land des Arbeitgeberunternehmens oder einer ausdrücklichen Empfehlung der Behörden zur Telearbeit in der Wohnung der Familie in Finnland bleiben. Diesfalls sind die außergewöhnlichen Arbeitsbedingungen auf restriktive behördliche Maßnahmen zurückzuführen und nicht auf Regelungen des Arbeitgeberunternehmens. In derartigen Fällen begründet das ausländische Unternehmen keine Betriebsstätte am Wohnsitz des Arbeitnehmers in Finnland.

Vertreterbetriebsstätte

Wenn eine Person im Auftrag eines ausländischen Unternehmens handelt und befugt ist, in Finnland im Namen des Unternehmens Verträge abzuschließen und diese Befugnis im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit ausgeübt wird, kann das Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen aufgrund dieser Tätigkeit eine Betriebsstätte in Finnland begründen. Die Tätigkeit eines solchen unabhängigen Vertreters gilt jedoch NICHT als „gewöhnlich“ im Sinne der Steuerabkommen, wenn die Person aufgrund der durch die Pandemie verursachten restriktiven Maßnahmen ausnahmsweise von zu Hause aus in Finnland zu arbeiten begonnen hat, vorausgesetzt, dass die Tätigkeit nach dem Ende der Beschränkungen nicht fortgesetzt wird.

FAZIT

Bei in Finnland ausgeübten Bau- oder Montageausführungen, welche die maßgebliche Betriebsstättenfrist (nach dem DBA Österreich-Finnland also zwölf Monate) überschritten haben, ist zu prüfen, inwieweit die Fristüberschreitung auf Unterbrechungen infolge finnischer oder ausländischer Gesundheitsbeschränkungen zurückzuführen sind. Dies würde nämlich insoweit zu einer Hemmung des Fristenlaufs führen und könnte die tatsächliche Begründung einer finnischen „Betriebsstätte“ im steuerlichen Sinne vermeiden.  

Die Verfasser sowie auch die übrigen Experten unserer Service Line „International Tax“ stehen Ihnen für Betriebsstättenfragen gerne zur Verfügung und unterstützen Sie bei Bedarf auch bei der steuerlichen Abwicklung von Auslandsprojekten.

Wir möchten Sie an dieser Stelle auch noch auf unsere laufend stattfindenden WEBINARE hinweisen, die insbesondere auch die hier angesprochenen Themen behandeln. Einen aktuellen Überblick gibt Ihnen unser Veranstaltungskalender​​​​​​​. 

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