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GRUPPENBESTEUERUNG | BFG bestätigt FW-Abschreibung auf EU-Anteile!

Noch bevor die Firmenwertabschreibung gemäß § 9 Abs 7 KStG in höchstgerichtlichen Entscheidungen auch für Beteiligungen an EU-Auslandsgruppenmitgliedern bejaht worden war, hatte der Steuergesetzgeber die FWA für Beteiligungserwerbe ab 1.3.2014 gänzlich abgeschafft. Für Alterwerbe bis 28.2.2014 sind unter bestimmten Voraussetzungen auch nach geänderter Rechtslage noch Restfünfzehntelabschreibungen möglich, wobei aber insbesondere verlangt wird, dass sich der steuerliche Vorteil aus der FWA beim seinerzeitigen Beteiligungserwerb auf die Bemessung des Kaufpreises auswirken konnte und zudem eine Einbeziehung in die Gruppe bis spätestens 2015 erfolgte (§ 26c Z 47 KStG). Diese gesetzliche Übergangsbestimmung wird seitens der Finanzverwaltung sehr restriktiv ausgelegt, sodass eine FWA auf Beteiligungen an in der EU ansässige Auslandsgruppenmitglieder faktisch nur in ganz wenigen Fällen möglich erschien (Rz 1110c KStR). Am 19.3.2021 hat das Bundesfinanzgericht (BFG Linz) nunmehr entschieden, dass eine FWA für Alterwerbe von EU-Auslandsbeteiligungen in den Folgejahren nicht nur bei tatsächlicher sondern auch bei bloß potenzieller seinerzeitiger Kaufpreisbeeinflussung zustehe. Diese finanzgerichtliche Entscheidung steht in Widerspruch zu den bisherigen restriktiven Rechtsansichten der Finanzverwaltung. Demgemäß sollten die bis 28.2.2014 von fremden Dritten erfolgten Beteiligungswerbe an betriebsführenden EU-Gesellschaften, die bis spätestens 2015 in eine körperschaftsteuerliche Unternehmensgruppe einbezogen wurden, ggfs neuerlich auf ev. doch noch mögliche Fünfzehntelabschreibungen überprüft werden.

Vorgeschichte und aktuelle Rechtslage

Für bis 28.2.2014 nicht konzernintern erworbene Beteiligungen an betriebsführenden „unbeschränkt steuerpflichtigen“ (dh inländischen) Gruppenmitgliedern war bekanntlich eine gesetzliche Firmenwertabschreibung (FWA) in Höhe von bis zu 50 % der Anschaffungskosten vorgesehen, welche gleichmäßig über 15 Jahre zu verteilen war bzw ist (§ 9 Abs 7 KStG). Für Beteiligungserwerbe ab dem 1.3.2014 hat der Gesetzgeber diese besondere FWA gänzlich abgeschafft. Diese Änderungen durch das AbgÄG 2014 erfolgten im Hinblick auf die bevorstehenden höchstgerichtlichen Entscheidungen zur Streitfrage, ob die FWA aus unionsrechtlichen Gründen (Niederlassungsfreiheit!) nicht auch für EU-Auslandsgruppenmitglieder zu gewähren sei, was letztlich – entgegen dem bis heute unveränderten Gesetzeswortlaut in § 9 Abs 7 KStG - bejaht wurde (EuGH 6.10.2015, C-66/14, Rs Finanzamt Linz; VwGH 10.2.2016, 2015/15/0001).

Für die bis zum 28.2.2014 begünstigten Alterwerbe hat der Steuergesetzgeber – aus verfassungsrechtlichen Überlegungen (Vertrauensschutz!) – unter bestimmten Voraussetzungen ein Weiterlaufen der FWA bis zum Ende des jeweiligen Abschreibungszeitraums vorgesehen (Bestandsschutzregelung in Form einer Übergangsbestimmung gemäß § 26c Z 47 KStG):

  • „wenn sich der steuerliche Vorteil aus der Firmenwertabschreibung beim Erwerb der Beteiligung auf die Bemessung des Kaufpreises auswirken konnte UND
     
  • die Einbeziehung dieser Körperschaft in eine Unternehmensgruppe spätestens für ein Wirtschaftsjahr dieser Körperschaft erfolgt, das im Kalenderjahr 2015 endet“.

Durch diese relativ strenge Übergangsregelung sollte wohl insbesondere die Geltendmachung von FWA-Fünfzehntelabschreibungen auf EU-Auslandsbeteiligungen erschwert werden. Ergänzend dazu sind die restriktiven Rechtsansichten der Finanzverwaltung zu beachten, die aufgrund der Rechtsprechung zwar etwas abgemildert wurden, eine FWA auf EU-Gruppenmitglieder aber nur in wenigen Fällen möglich erscheinen lassen. Die diesbezüglichen Ausführungen in den Körperschaftsteuerrichtlinien lauten wie folgt (Rz 1110c KStR idgF):

Bei der Anschaffung von Beteiligungen an nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitgliedern kann grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, dass die Firmenwertabschreibung im Kaufpreis der ausländischen Beteiligung Niederschlag fand, da für eine solche Beteiligung gesetzlich keine Firmenwertabschreibung vorgesehen war. Dadurch war eine Beeinflussung des Kaufpreises nicht möglich und folglich liegt kein Fall des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes vor. Dies gilt jedenfalls für all jene Fälle, in denen der Steuerpflichtige die Firmenwertabschreibung für ausländische Gruppenmitglieder bei erstmaliger Abgabe der Steuererklärung für das Jahr der Einbeziehung in die Unternehmensgruppe nicht beantragt hat, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass in diesen Fällen der steuerliche Vorteil aus der Firmenwertabschreibung in die Kaufpreiskalkulation Eingang gefunden hat. Bei jenen Steuerpflichtigen aber, die bei erstmaliger Abgabe der Steuererklärung für das Jahr der Einbeziehung einer im EU-/EWR-Ausland ansässigen Körperschaft in die Unternehmensgruppe die Firmenwertabschreibung erkennbar geltend gemacht haben, wird davon auszugehen sein, dass eine Kaufpreisbeeinflussung möglich war. Dies gilt allerdings, wie bei Beteiligungen an inländischen Gruppenmitgliedern, nur dann, wenn die Beteiligung innerhalb von 3 Jahren ab Erwerb in eine Unternehmensgruppe einbezogen wurde. Die Firmenwertabschreibung steht in diesen Fällen daher auch für Veranlagungszeiträume ab 2014 unter Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen zu.

Über diese Thematik haben wir Sie im Rahmen unseres Newsletters bereits mehrfach ausführlich informiert (vgl zuletzt den NL-Beitrag „GRUPPENBESTEUERUNG | BMF zur Firmenwertabschreibung auf EU-Beteiligungen“ vom 13.7.2016).

In einer spannenden Entscheidung hat sich nunmehr das Bundesfinanzgericht mit den Voraussetzungen und Grenzen des § 26c Z 47 KStG auseinandergesetzt und im Ergebnis der zu restriktiven Verwaltungspraxis eine Absage erteilt: 

Entscheidung des Bundesfinanzgerichts (BFG 19.3.2021, RV/7103647/2019)

Sachverhalt

Die (spätere) Gruppenträgerin erwarb in mehreren Tranchen bzw über mehrere Jahre (mehr als 90% im Jahr 2008, weitere Zuerwerbe in den Jahren 2009 und 2013, unter Berücksichtigung einer Umstrukturierung) insgesamt nahezu 100 % der Anteile an einer im EU-Ausland ansässigen Gesellschaft, die (erst) im Jahr 2015 als EU-Auslandsgruppenmitglied in die körperschaftsteuerliche Unternehmensgruppe einbezogen wurde (und somit die Frist im 2. Tatbestand des § 26c Z 47 KStG gewahrt wurde!).

In den Körperschaftsteuererklärungen für die Jahre ab 2015 wurde ua auch eine Firmenwertabschreibung auf die Beteiligung am nunmehrigen EU-Auslandsgruppenmitglied geltend gemacht (basierend auf den kumulierten Anschaffungskosten für die noch in der Ära der alten Rechtslage erworbenen drei Tranchen).

 Die Finanzverwaltung wollte hingegen – gemäß ihrer restriktiven Verwaltungspraxis (vgl Dreijahresfrist in Rz 1110c KStR) – lediglich eine FWA für den letzten Anschaffungsvorgang im Jahr 2013 gewähren. Strittig war daher die anteilige FWA für die bereits in den früheren Jahren 2008 und 2009 erworbenen Anteile am nunmehrigen Auslandsgruppenmitglied.

Entscheidung und Kernaussagen des BFG

Das Bundesfinanzgericht (BFG Linz) wies eingangs auf die vorliegende höchstgerichtliche Rechtsprechung (EuGH und VwGH) und die daraus resultierenden Grundsätze hin, um sodann die geltende Rechtslage in Form der folgenden Rechtssätze zu analysieren:

„Nach § 26c Z 47 KStG 1988 sind offene Fünfzehntel für Beteiligungen, die vor dem 1. März 2014 angeschafft wurden, nur dann weiter zu berücksichtigen, wenn sich der steuerliche Vorteil aus der Firmenwertabschreibung beim Erwerb der Beteiligung auf die Bemessung des Kaufpreises auswirken konnte. Der Wortlaut der Bestimmung stellt auf die abstrakte Möglichkeit einer Kaufpreisbeeinflussung ab. Dass, wie die Erläuterungen ausführen, nur dann "eine Beeinflussung des Kaufpreises überhaupt abstrakt möglich" sein soll, wenn der Käufer "(zweifelsfrei) mit einer Zulässigkeit der Firmenwertabschreibung rechnet", ergibt sich aus diesem Wortlaut nicht. Es erscheint für das Verwaltungsgericht auch im Hinblick auf den in den Erläuterungen angeführten verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz weder erforderlich noch zweckmäßig, das hochgradig unbestimmte Abstellen auf eine potentielle Möglichkeit einer Kaufpreisbeeinflussung im Interpretationswege eng auszulegen, insbesondere dann, wenn, wie dargestellt, eine solche Auslegung zu unionsrechtlichen Bedenken hinsichtlich des Vorliegens eines Verstoßes gegen Primärrecht führen würde.

§ 26c Z 47 KStG 1988 bestimmt nicht, in welchem Ausmaß eine mögliche Kaufpreisbeeinflussung erforderlich ist. Selbst geringste Beträge müssen also ausreichen. Letztlich kann sich auch der Umstand, dass keine Firmenwertabschreibung zulässig zu sein scheint, auf den Kaufpreis auswirken.“

Weiters führt das BFG unter Verweis auf die Verdrängungswirkung des Unionsrechts hinsichtlich belastender nationaler Normen aus, „dass sich die, wenn auch noch vage, jedenfalls aber gegeben erscheinende Möglichkeit einer Firmenwertabschreibung bereits auf Beteiligungserwerbe im EU-Ausland ab dem Jahr 2004 zumindest geringfügig ausgewirkt haben kann.“ § 26c Z 47 KStG verlange auch nur die bloße Möglichkeit einer Auswirkung („auf die Bemessung des Kaufpreises auswirken konnte“) und nicht deren tatsächlichen Eintritt. Und weiter:

„Noch viel mehr ist diese potentielle Kaufpreisbeeinflussung für Beteiligungserwerbe anzunehmen, die, wie im gegenständlichen Fall, im Jahr 2008 und später erfolgten. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Februar 2016, 2015/15/0001 spricht über die Gruppenfeststellungsbescheide der dortigen Bf. für die Jahre 2006 bis 2010 ab. Daraus ist erkennbar, dass es tatsächlich bereits entsprechende Streitfälle vor dem hier verfahrensgegenständlichen Jahr 2008 gegeben hat. Die Möglichkeit einer, wenn auch unter Umständen minimalen Kaufpreisbeeinflussung muss folglich vorhanden sein. Dass die Bf. aus kaufmännischer Vorsicht mit der Einbeziehung der gegenständlichen Beteiligungen in die Unternehmensgruppe bis nach Ergehen des EuGH-Urteils vom 6. Oktober 2015, C-66/14 Finanzamt Linz zugewartet hat, ist für die Geltendmachung der Firmenwertabschreibung nicht schädlich, zumal weder dem § 9 Abs. 7 noch dem § 26c Z 47 KStG 1988 diesbezügliche Ausschlussfristen zu entnehmen sind.“

„Dass die Bf. selbst ausführt, dass sich die Firmenwertabschreibung auf den Kaufpreis nicht auswirken konnte, liegt daran, dass die Bf. die Bestimmung nach den oben dargestellten Ausführungen in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum AbgÄG 2014 ausgelegt hat. Nach dem diesem Erkenntnis zugrunde gelegten Verständnis des § 26c Z 47 KStG 1988 ist im gegebenen Sachverhalt hingegen davon auszugehen, dass eine potentielle Kaufpreisbeeinflussung im Zusammenhang mit der Firmenwertabschreibung für die strittigen Beteiligungserwerbe der Jahre 2008, 2009 und 2013 vorliegt. Eine weitergehende Untersuchung eines Verstoßes gegen primärrechtliche Vorgaben erübrigt sich damit.“ 

Zusammenfassung und Praxishinweise

Im Ergebnis sind nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts die Voraussetzungen der Bestandsschutzregelung gemäß § 26c Z 47 KStG bereits dann gegeben, wenn im Erwerbszeitpunkt einer EU-Auslandsbeteiligung (bis spätestens 28.2.2014) eine bloß potenzielle Kaufpreisbeeinflussungsmöglichkeit bestand. Eine solche Kaufpreisrelevanz ist laut BFG jedenfalls für Erwerbe ab dem Jahr 2008 (möglicherweise aber auch bereits ab dem Jahr 2004) anzunehmen. Einer tatsächlichen Auswirkung der FWA auf den Kaufpreis bedarf es hingegen nicht.

Mangels vorliegender VwGH-Rechtsprechung zur Auslegung des § 26c Z 47 KStG hatte das BFG eine diesbezügliche Revision zugelassen. Auch dürfte die Finanzverwaltung tatsächlich eine Amtsrevision versucht haben, die jedoch verfahrensrechtlich verunglückt bzw zu spät eingebracht worden sein dürfte (vgl BFG 2.7.2021, RR/7100069/2021). Es muss also damit gerechnet werden, dass die Finanzverwaltung in künftigen ähnlich gelagerten Rechtsmittelfällen neuerlich versuchen wird, eine endgültige Klärung durch das Höchstgericht herbeizuführen.

Auf Basis der nunmehr vorliegenden Gerichtsentscheidung (BFG 19.3.2021, RV/7103647/2019) erscheint jedoch die derzeitige restriktive Verwaltungspraxis betreffend die Geltendmachung von FWA-Fünfzehnteln auf EU-Gruppenmitglieder in den Jahren ab 2014 überholt bzw wäre eine entsprechende Änderung der Körperschaftsteuerrichtlinien (Rz 1110c KStR) geboten.

Aufgrund der aktuellen BFG-Entscheidung sollten bestehende körperschaftsteuerliche Unternehmensgruppen hinsichtlich der Möglichkeit einer Geltendmachung von FWA-Restfünfzehnteln auf bis spätestens 28.2.2014 (nicht konzernintern) erworbene Beteiligungen an operativ tätigen EU-Gesellschaften, die bis spätestens 2015 als EU-Auslandsgruppenmitglieder einbezogen wurden, uU neuerlich überprüft werden.

Für noch nicht rechtswirksam veranlagte Jahre kann eine solche FWA im Rahmen der Steuererklärungen – mit Hinweis auf die aktuelle BFG-Rechtsprechung bzw die insoweit überholte Richtlinienmeinung (Offenlegung!) – geltend gemacht werden. Für bereits rechtskräftige Perioden kann eine FWA – je nach verfahrensrechtlichem Stadium – gegebenenfalls noch durch entsprechende verfahrensrechtliche Schritte nachgeholt werden (zB binnen Einjahresfrist gemäß § 299 BAO, Verfahrenswiederaufnahmen aufgrund von BP für Vorjahre).

Die gegenständliche Thematik fand auch Berücksichtigung in dem im August d. J. im LINDE-Verlag erschienenen SWK-SpezialDie Körperschaftsteuererklärung 2020“, bei dem die beiden Verfasser als Co-Autoren mitgewirkt haben. Nähere Infos dazu finden Sie HIER

Für weitere Fragen stehen Ihnen die Verfasser bzw auch die übrigen Ansprechpartner unserer Service Line "Corporate Tax"​​​​​​​ gerne zur Verfügung. Für verfahrensrechtliche Unterstützung können Sie sich gerne auch an die Experten unserer Service Line "Tax Controversy" wenden!