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GRUPPENBESTEUERUNG | Auslandsverluste auch bei Steuerfreiheit verwertbar!

Laut aktuellem Erkenntnis des BFG dürfen – entgegen der Rechtsansicht des BMF - auch Verluste von solchen Auslandsgruppenmitgliedern, die in ihrem Ansässigkeitsstaat im Gewinnfalle steuerbefreit sind (sog. Tax Holidays), im Rahmen der inländischen Einkommensermittlung abgezogen werden. Welche Konsequenzen hat das?

Der Anlassfall (Sachverhalt und Entscheidung des BFG)

Eine österreichische Kapitalgesellschaft (Gruppenträger) hält eine 100%-Beteiligung an einer Tochtergesellschaft (Gruppenmitglied) in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), die in einer Freihandelszone errichtet wurde („Free Zone Establishment - FZE“) und demgemäß eine lokale Körperschaftsteuerbefreiung genießt (sog. „Tax Holidays“). Dieses Auslandsgruppenmitglied erzielte in den Jahren 2007 und 2008 Verluste, die gemäß § 9 Abs 6 Z 6 KStG im Rahmen der Gruppenbesteuerung einkommensmindernd geltend gemacht wurden.

Die Finanzverwaltung versagte jedoch – gemäß ihrer auch in den Richtlinien dargelegten Rechtsansicht (vgl Rz 1080 KStR 2013 iVm Rz 211 EStR) - die Berücksichtigung dieser Verluste, im wesentlichen mit der Begründung, daß aufgrund der ausländischen Steuerbefreiung bei späteren Gewinnen keine Verlustverwertungsmöglichkeit im Ausland platzgreife und demgemäß auch keine Nachversteuerung im Inland gewährleistet sei.

Das per 1.1.2014 neu installierte Bundesfinanzgericht erteilte dieser restriktiven Verwaltungspraxis nunmehr eine Absage (BFG Wien vom 25.2.2014, GZ RV/7100658/2011): Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 9 Abs 6 Z 6 KStG (in der in den Streitjahren geltenden Fassung) sowie nach dem Sinn und Zweck der Rechtsnorm (bzw auch den mehrheitlichen Literaturmeinungen folgend) seien auch Auslandsverluste iZmTax Holidays“ temporär bzw uU auch „quasi-permanent“, spätestens bis zum Ausscheiden des Gruppenmitglieds aus der KöSt-Gruppe, im Inland zu berücksichtigen und demgemäß eine entsprechende Steuerstundung wirksam.

Die Finanzverwaltung hat gegen dieses Erkenntnis des BFG zwischenzeitig bereits Amtsrevision beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) eingebracht, sodaß die Letztentscheidung durch das Höchstgericht abzuwarten ist.

Eine weitergehende detaillierte Analyse zu dieser für die Praxis bedeutsamen BFG-Entscheidung und daraus resultierende Schlussfolgerungen finden Sie hier im <link file:1848 herunterladen der datei>Beitrag "Gruppenbesteuerung: Auslandsverluste aus Steueroasen sind abzugsfähig" von Herrn Prof. Dr. Stefan Bendlinger (Vorabdruck eines Aufsatzes, welcher demnächst in der Ausgabe 03/2014 der Fachzeitschrift „Wirtschaftstreuhänder“ erscheinen wird).
 

Schlussfolgerungen und steuerliche Konsequenzen

Abgesehen davon, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen sondern dem Verwaltungsgerichtshof vorbehalten ist, stellt sich die grundsätzliche Frage, welche konkreten steuerlichen Auswirkungen die gerichtliche Entscheidung für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zeitigen kann, zumal es im Zeitablauf auch zu Änderungen der Rechtslage gekommen ist: 

  • Veranlagungsjahre bis 2011:

Die Geltendmachung von Verlusten für Auslandsgruppenmitglieder gemäß § 9 Abs 6 Z 6 KStG kann uE vollinhaltlich auf Basis der Entscheidung des BFG vom 25.2.2014 erfolgen, zumal diese die damals geltende Rechtslage betraf und jedenfalls auch als vertretbare Rechtsansicht anzusehen ist. Eine (temporäre bzw quasi-permanente) Berücksichtigung derartiger Verluste (grds bis spätestens zum Ausscheiden des betr. Auslandsgruppenmitglieds) sollte daher im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten auch für Vorjahre (zB Verfahrenswiederaufnahme aufgrund BP) jedenfalls beantragt werden, wobei angesichts der nach wie vor abweichenden Richtlinienmeinungen eine entsprechende Offenlegung empfehlenswert ist.

Hinsichtlich der Geltendmachung von Verlusten aus Auslandsbetriebsstätten (in DBA-Ländern mit Befreiungsmethode) ist zunächst darauf hinzuweisen, daß § 2 Abs 8 EStG grundsätzlich Vorbild für die erst später eingeführte Auslandsverlustverwertung im Rahmen der Gruppenbesteuerung gemäß § 9 Abs 6 Z 6 KStG war und die beiden Bestimmungen zwar einander ähnlich jedoch nicht völlig ident sind. So kommt es bei Auslandsverlusten aus unselbständigen Betriebsstätten, Personengesellschaften etc, die im Rahmen der Einkommensbesteuerung gemäß § 2 Abs 8 EStG bemessungsgrundlagenvermindernd Berücksichtigung finden, nicht in jedem Fall zu einer zwingenden Nachversteuerung. Insoweit dürfte auch die Begründung des BFG für die Zulässigkeit der Verlustverrechnung von Gruppenmitgliedern in Ländern mit „Tax Holidays“ nicht vollinhaltlich auch auf ausländische Betriebsstättenverluste anwendbar sein. Eine Geltendmachung auch von Betriebsstättenverlusten aus solchen Ländern – entgegen der Rechtsansicht der Finanzverwaltung (vgl insb. Rz 211 EStR) - könnte hingegen mit dem für die Einkommensbesteuerung zu beachtenden Leistungsfähigkeitsprinzip argumentiert und offengelegt werden (vgl auch die Berücksichtigung endgültiger Auslandsverluste von Gruppenmitgliedern im Liquidations- bzw Insolvenzfall). 
 

  • Veranlagungsjahre ab 2012:

Mit dem Stabilitätsgesetz 2012 (1. StabG 2012) wurde die Verrechnung von Auslandsverlusten sowohl von Gruppenmitgliedern als auch aus Betriebsstätten eingeschränkt, sodaß für Veranlagungen ab 2012 die Verlustberechnung nicht mehr nur nach österreichischem Ertragsteuerrecht zu erfolgen hat sondern höchstens die „nach ausländischem Steuerrecht ermittelten Verluste“ im Inland berücksichtigt werden dürfen. Seitens der Finanzverwaltung bzw auch in der Literatur wird die Meinung vertreten, daß spätestens damit auch die Zurechnung von Verlusten aus Ländern mit umfassenden Ertragsteuerbefreiungen ausgeschlossen werde. 
 

  • Veranlagungsjahre ab 2014:

Weitere Einschränkungen für die Auslandsverlustverwertung erfolgten mit dem Abgabenänderungsgesetz 2014 (AbgÄG 2014): Insbesondere wird für Nicht-EU-Länder ohne „umfassende Amtshilfe“ (lt Liste des BMF) eine Gruppenmitgliedschaft künftig überhaupt ausgeschlossen bzw sind Betriebsstättenverluste nach spätestens drei Jahren nachzuversteuern. Für Altfälle gibt es spezielle Übergangsbestimmungen.

 

Für Ihre Detailfragen im Einzelfall stehen Ihnen die Verfasser natürlich gerne zur Verfügung.