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EU-UMSATZSTEUER | Verbringen zur Bearbeitung als Steuerfalle!

Der Transport von Gegenständen zur Bearbeitung in ein anderes EU-Mitgliedsland wirft viele Zweifelsfragen auf: Liegt eine ig Lieferung vor? Gibt es Meldepflichten? Ist eine Registrierungspflicht im Bearbeitungsland zu beachten? Anhand eines aktuellen EuGH-Urteils werden hier die drei wichtigsten Fallkonstellationen beleuchtet.

Umsatzsteuerliche Regelungen

Generell wird durch das Verbringen eines Gegenstandes in ein anderes EU-Mitgliedsland der Tatbestand der innergemeinschaftlichen Verbringung gemäß Art. 17 Abs. 1 MwStSystRL 2006/112 /EU und somit eine fiktive ig Lieferung im Abgangsland (hier: Österreich) sowie ein ig Erwerb im Bestimmungsland (hier: Italien) verwirklicht. Diese ig Verbringung löst jedoch keine umsatzsteuerlichen Konsequenzen aus, wenn die Gegenstände nur für eine vorübergehende Verwendung in ein anderes Mitgliedsland verbracht werden.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat unlängst mit Urteil vom 6.3.2014 (Rs. C-606/12, C-607/12, Dresser Rand SA) zu dieser Problematik Stellung genommen und festgehalten, dass bei einer Bearbeitungsleistung immer dann eine vorübergehende Verwendung vorliegen wird, wenn der verbrachte Gegenstand nach der Lohnveredelung in das Ursprungsland zurück gelangt. In Anlehnung an Art. 17 Abs. 2 lit. f MwStSystRL 2006/112 /EU müssen die Gegenstände zwingend an denselben Steuerpflichtigen zurückgesandt werden.
 

Beispiel (Ausgangssachverhalt)

Der österreichische Unternehmer AT1 verbringt Maschinenteile nach Italien. Diese Maschinenteile werden in Italien von einem Dienstleister IT bearbeitet. Bei der Bearbeitung handelt es sich um eine Lohnveredelung und um keine Werklieferung. IT wird von AT selbst beauftragt. 

Frage:
Wie ist diese Verbringung von AT1 umsatzsteuerlich zu behandeln?

Lösungsmöglichkeiten (drei Fallkonstellationen):

1.    Die Gegenstände kommen zurück nach Österreich zu AT1

Verbringt AT1 Gegenstände nach Italien und werden diese anschließend wieder zu ihm nach Österreich zurückgebracht, liegt eine umsatzsteuerlich nicht zu erfassende vorübergehende Verwendung in Italien vor. Es handelt sich daher um einen nicht steuerbaren Liefertatbestand in Österreich. AT1 erhält daher von IT lediglich eine Eingangsrechnung hinsichtlich der Lohnveredelung, die gemäß § 3a Abs. 6 UStG in Österreich steuerbar und steuerpflichtig ist. AT1 hat diese Leistung als Reverse Charge- Umsatz gemäß § 19 Abs. 1 UStG zu behandeln. Wenn IT an AT1 die Transportkosten weiterverrechnet, so erfolgt dies im Rahmen einer Besorgungsleistung ebenfalls im Reverse Charge-Verfahren.

2.    Die Gegenstände kommen zurück nach Österreich und werden sodann an AT2 geliefert

Eine vorübergehende Verwendung gemäß Art. 17 Abs. 2 lit. f MwStSystRL 2006/112 /EU verlangt, dass die Gegenstände an denselben Steuerpflichtigen zurückgesandt werden. Entscheidend ist daher in diesem Fall, wann die Verkaufsabsicht bekundet wurde. Steht bereits in Italien fest, dass AT2 die Gegenstände von AT1 nach der Bearbeitung erwirbt, so liegt eine Lieferung von AT1 an AT2 vor, die am Beginn der Beförderung bzw Versendung steuerbar und steuerpflichtig ist (in Italien). Dementsprechend ist ab diesem Zeitpunkt auch keine vorübergehende Verwendung mehr gegeben und AT1 muss die Verbringung der Gegenstände in Italien der Erwerbssteuer unterziehen. Zeitgleich muss in Österreich eine ig Verbringung (ig Lieferung) gemeldet werden und eine Erfassung in der ZM erfolgen. AT1 verwirklicht daher in Italien sowohl mit der ig Lieferung an AT2 als auch mit dem ig Erwerb eine Registrierungstatbestand. 

Wird die Verkaufsentscheidung hingegen erst getroffen, nachdem die Gegenstände zurück nach Österreich gelangten, liegt wie im ersten Sachverhalt eine vorübergehende Verwendung in Italien vor und es kommt zu keiner Registrierungspflicht. In diesem Fall muss aber anhand der Lieferpapiere nachvollziehbar sein, dass die Gegenstände zunächst wieder in die Verfügungsmacht des AT1 nach Österreich gelangt sind und nicht direkt an AT2 geliefert wurden. Dementsprechend sollte auf den Lieferpapieren von Italien nach Österreich eine Lieferanschrift aufscheinen, die AT1 zuordenbar ist.

3.    Die Gegenstände werden in Italien verkauft oder in ein anderes EU-Mitgliedsland bzw Drittland geliefert

In diesem Fall liegt keine vorübergehende Verwendung vor, und es kommt zu einer Registrierungspflicht in Italien. AT1 muss die Verbringung sowohl in Österreich als auch in Italien entsprechend melden.

Sollte der Endabnehmer nach der Bearbeitung jedoch bereits vor der Verbringung der Gegenstände nach Italien feststehen, dann könnte eine Registrierungspflicht vermieden werden, wenn der Kunde die Bearbeitung selbst beauftragt und nicht AT1 (vgl. Rz 3776 UStR 2000). 

 

Für weitere Fragen zu diesem komplexen Thema stehen Ihnen der Autor sowie die übrigen Umsatzsteuer-Experten der ICON gerne zur Verfügung!