STAATENLOS | Perpetual Traveling als steuerfreies Lebensmodell?
Perpetual Traveling hat sich als Synonym für den Lifestyle des ständig reisenden Unternehmers oder Arbeitnehmers etabliert. Das Leben als „digitaler Nomade“ wird im Netz offensiv als neues Lebensmodell beworben, mit dem man dem grauen Arbeitsalltag entfliehen kann: Arbeiten am Sonnenstrand statt am Schreibtisch; Abwechslung statt Monotonie; und als Bonus Geld verdienen, und zwar steuerfrei. In der Tat klingt solch ein Leben verlockend. Bedauerlicherweise werden die steuerlichen Herausforderungen des Perpetual Traveling häufig unterschätzt. Der folgende Beitrag soll einige steuerliche Risiken des Wegs in die Staatenlosigkeit aufzeigen.
Steuerliche Ansässigkeit hängt nicht an physischer Präsenz
Das österreichische Steuerrecht knüpft hinsichtlich der steuerlichen Ansässigkeit primär an den Wohnsitz iSd § 26 Abs 1 BAO an. Als Wohnsitz gilt dabei jede Wohnung, die der Steuerpflichtige unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Dabei ist zu beachten, dass es für das Vorliegen eines Wohnsitzes - abseits der engen Voraussetzungen der Zweitwohnsitzverordnung - keiner bestimmten Mindestnutzung bedarf (siehe dazu unseren NL-Beitrag “EINKOMMENSTEUER | Mindestnutzung für Wohnsitz in Österreich?”). Wer staatenlos werden will, muss seine Wohnung(en) in Österreich daher aufgeben. Überdies kann unbeschränkte Steuerpflicht dann bestehen, wenn man sich – obwohl man keinen Wohnsitz in Österreich begründet, gewöhnlich in Österreich aufhält. Eine 183-Tage-Grenze, die an die physische Anwesenheit im Inland anknüpft, gibt es in Österreich - im Gegensatz zu vielen anderen Staaten - nicht.
Staatenlosigkeit setzt aber auch voraus, in keinem anderen Staat steuerlich greifbar zu werden. Die Vorschriften zur Begründung steuerlicher Ansässigkeit sind dabei in jedem Staat unterschiedlich. Tatsächliche Staatenlosigkeit setzt daher voraus, sich jeweils mit dem lokalen Steuerrechts des Aufenthaltsstaates auseinanderzusetzen. Zu lange oder intensive persönliche und wirtschaftliche Verknüpfungen bergen freilich immer das Risiko, im Zielstaat als steuerlich ansässig zu gelten.
Staatenlos heißt DBA-los
Je nach Tätigkeit und Art der Einkunftsströme kann sich eine Staatenlosigkeit aber auch als steuerlich nachteilig erweisen. Wer in keinem Staat ansässig ist, kann sich hinsichtlich potentieller Mehrfachbesteuerung (etwa wegen beschränkter Steuerpflicht derselben Einkünfte in verschiedenen Staaten) auch nicht auf DBA berufen, um eine solche drohende Doppelbesteuerung zu beseitigen. Der Schutz eines DBA setzt nämlich gerade die steuerliche Ansässigkeit in zumindest einem DBA-Partnerstaat voraus. Insbesondere Einkünfte, die einer Quellensteuer unterliegen, können mangels DBA-Anwendbarkeit einer Besteuerung meist nicht entzogen werden.
Auch Einkünfte nicht-ansässiger sind unter Umständen steuerpflichtig
Nahezu alle Staaten besteuern bestimmte Einkünfte von nicht-ansässigen Personen mit Inlandsbezug im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht. Auch die bloße Staatenlosigkeit ist folglich keine Garantie für Steuerfreiheit in den Reisedestinationen eines Perpetual Travelers.
Einkünfte mit bestimmter Verknüpfung zu Österreich unterliegen auch dann der Steuerpflicht, wenn der Steuerpflichtige die unbeschränkte Steuerpflicht aufgibt. Die Tatbestände sind in § 98 EStG abschließend aufgezählt. Typische Einkünfte von Perpetual Travelers, die auch nach dem Wegzug der beschränkten Steuerpflicht in Österreich unterliegen, sind etwa:
- Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit für einen österreichischen Arbeitgeber
- Gewinnausschüttungen und Privatstiftungszuwendungen aus Österreich
- Veräußerungsgewinne aus der Veräußerung einer österreichischen Kapitalgesellschaft, an der eine Beteiligung von mindestens 1% vorliegt
- Mieteinkünfte und Veräußerungsgewinne aus in Österreich belegenem unbewglichem Vermögen
- Lizenzzahlungen aus Österreich
Bei selbständiger Tätigkeit bzw Einkünften aus Gewerbebetrieb kann je nach Art der Tätigkeit allenfalls ebenfalls eine beschränkte Steuerpflicht vorliegen. Bei einzelnen Tatbeständen ist dabei gar keine Tätigkeit in Österreich notwendig!
Vielfach wird aber eine Tätigkeitsausübung in Österreich notwendig, um noch in die Steuerpflicht zu fallen. Insofern bei Österreichaufenthalten im Inland gearbeitet wird, ist somit jedenfalls Vorsicht zu walten.
Wegzugsbesteuerung als Hindernis
Insofern österreichische Besteuerungsrechte durch einen Wegzug gegenüber einem anderen Staat eingeschränkt werden, kann es zur Wegzugsbesteuerung kommen. Die Wegzugsbesteuerung besteuert in Betriebs- und Kapitalvermögen enthaltene stille Reserven, es wird also eine Veräußerung fingiert. Bisher in Österreich angehäufte stille Reserven lassen sich daher nicht unbesteuert aus Österreich transferieren.
Zu bedenken gilt allerdings, dass betriebliches Vermögen und unter Umständen auch Kapitalvermögen (etwa Beteiligungen an inländischen Kapitalgesellschaften mit über 1 %) in Österreich auch von der beschränkten Steuerpflicht erfasst bleiben können, selbst dann, wenn die Ansässigkeit in Österreich aufgegeben wird. Diesfalls verliert Österreich durch das Ende der unbeschränkten Steuerpflicht sein Besteuerungsrecht gerade nicht, sondern allenfalls erst dann, wenn der Perpetual Traveler doch im Ausland ansässig wird. Solange das Besteuerungsrecht bestehen bleibt, kommt es folglich auch nicht zur Wegzugsbesteuerung.
Umsatzsteuern und andere Steuern als Fallstricke
Oft liegt der Fokus bei der internationalen Steuerplanung ausschließlich auf der Besteuerung des Einkommens. Andere Steuern werden vielfach nicht ausreichend beachtet; können aber schnell zur „Steuerfalle“ werden. Für Perpetual Traveler, die unternehmerisch tätig werden, ist besonders die Umsatzsteuer beachtlich. So kann die Lieferung oder Leistungserbringung - auch aus dem Ausland - eine umsatzsteuerliche Registrierungsverpflichtung auslösen.
Initial stellt sich die Frage, wo das Unternehmen umsatzsteuerlich registriert werden und welche Rechnungsadresse gewählt werden soll. Dies wird oft über einmalige Registrierungen bzw Gesellschaften wie zB die US LLC oder die estnische OÜ gelöst. Damit ein Unternehmenssitz als umsatzsteuerlicher Anknüpfungspunkt anerkannt wird, müssen allerdings tatsächlich regelmäßig Leistungen von dort erbracht werden. Anderenfalls droht die Aberkennung des umsatzsteuerlichen Set-Ups. Insbesondere könnten dann die Staaten, in denen der Perpetual Traveler sich aufhält, den umsatzsteuerlichen Unternehmenssitz in ihrem Land festmachen.
FAZIT
Perpetual Traveling liegt im Trend. Dies steuerliche korrekt abzubilden ist vor dem Hintergrund des traditionellen Verständnisses des Steuerrechts sehr komplex. Wer sich in die Staatenlosigkeit begeben möchte, ist unweigerlich mit steuerlichen Fragen konfrontiert. Es gilt die steuerliche Ansässigkeit nicht nur in Österreich, sondern auch allen anderen Staaten zu vermeiden. Mangelnde Ansässigkeit alleine schützt aber wiederum nicht vor Besteuerung. Diverse Staaten nehmen nicht-ansässige Steuerpflichtige zunehmend ins Visier. Auch Aufgriffe bei der Ein- oder Durchreise, wo die steuerliche Historie des Reisenden durchleuchtet wird, sind in vielen Staaten längst keine Seltenheit mehr. Das erfolgreiche Leben als Perpetual Traveler will daher gut geplant sein und bedarf einer sorgfältigen Analyse des Einzelfalls!
Falls Sie zusätzliche Informationen zum Wegzug aus Österreich suchen, werfen Sie doch einen Blick auf diese Seite und in unser Seminarangebot. Wir bieten mehrmals pro Jahr ein Webinar zum Wegzug aus Österreich an.
Sie haben Fragen zu Perpetual Traveling oder haben Fragen zu Themen des internationalen Steuerrechts? Wir stehen gerne zur Verfügung!