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AbgÄG 2023 | Änderungen zur Besteuerung von Kapitalvermögen

Seit 21. April 2023 liegt der Begutachtungsentwurf des BMF zum Abgabenänderungsgesetz 2023 (AbgÄG 2023) vor. Inspiriert von den Cum-Ex Files, aktuellen höchstgerichtlichen Entscheidungen und diversen Entwicklungen im Krypto-Bereich, sieht der Ministerialentwurf eine Reihe von Änderungen für die Besteuerung von Kapitaleinkünften vor.

​​​​​​​Verfahrensrechtliche Erleichterung bei Ratenzahlung bzw Nichtfestsetzung der Wegzugsbesteuerung

​​​​​​​Kommt es zB im Zusammenhang mit einem Wegzug zu einer Einschränkung des österreichischen Besteuerungsrechts an Kapitalvermögen, so sieht § 27 Abs 6 EStG eine sogenannte Wegzugsbesteuerung vor. Unter bestimmten Voraussetzungen kann diese Steuer in Raten entrichtet, bzw auf einen späteren Zeitpunkt (zB tatsächlicher Verkauf) aufgeschoben werden (sog Nichtfestsetzung). Der Antrag dafür war bisher in der Steuererklärung zu stellen und nach der Verwaltungspraxis nicht nachholbar. Mit dem AbgÄG 203 wird in § 39 Abs 4 EStG eine Generalnorm eingeführt, welche die Stellung von diversen Anträgen (zB Investitionsfreibetrag, Verlustausgleichsoption in Bezug auf endbesteuerungsfähige Kapitaleinkünfte) einheitliche regelt. Ein Antrag auf Ratenzahlung bzw Nichtfestsetzung der Wegzugsbesteuerung ist demnach weiterhin in der Steuererklärung zu stellen. Im Gegensatz zur bisherigen Praxis soll ein unterlassener Antrag nun nach Maßgabe der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten (zB im Rahmen einer Wiederaufnahme des Verfahrens) nachgeholt werden können. In den erläuternden Bemerkungen wird dazu klargestellt, dass kein Wiederaufnahmegrund vorliegt, wenn der Steuerpflichtige ein paar Jahre nach Abgabe der Steuererklärung von der Möglichkeit der Ratenzahlung bzw Nichtfestsetzung erfährt. Die Änderung gilt ebenso für die Beantragung der Ratenzahlung einer Wegzugsbesteuerung iSd § 6 Z 6 EStG im betrieblichen Bereich. 

Ertragsteuerliche Dividenden-Zurechnung bei kurzfristigen Aktientransaktionen (Cum-Ex-Trades)

Nach Ausführungen des VwGH vom 28. Juni 2022 betreffend die ertragsteuerliche Zurechnung von Dividenden bei kurzfristigen Aktien-Transaktionen, sei das Zurechnungssubjekt der Dividende der wirtschaftliche Eigentümer der Aktie (VwGH 28.6.2022, Ro 2022/13/0002). Nur wenig später sah sich das BMF bemüßigt festzuhalten, dass sich die Aktien aus Sicht der Finanzverwaltung vor dem Tag der jeweiligen Hauptversammlung am Depot befinden müssen, damit die Dividende dem Depotinhaber zugerechnet werden kann bzw ein Verlustausgleich möglich ist. Widrigenfalls sei die Dividende noch beim Verkäufer der Aktien steuerlich zu berücksichtigen. Aus Sicht der Kreditinstitute und der Steuerpflichtigen eine eher unbefriedigende Situation, zumal wirtschaftliches Eigentum und Einlieferung der Aktien am Depot zeitlich auseinanderfallen können. 

Eben beschriebene Situation schickt sich der Gesetzgeber mittels dem neu konzipierten § 32 Abs 4 EStG an wie folgt zu beheben: Für Zwecke der Besteuerung  (zentralverwahrter) Aktien soll die Zurechnung der Dividende vom wirtschaftlichen Eigentum an den zugrundeliegenden Anteilen am Ende des Record-Tages abhängen. Das ist jener Tag, an dem der Zentralverwahrer die Anspruchsberechtigung feststellt. Nach dem neuen § 32 Abs 4 Z 1 EStG handelt es sich dabei um den ersten Handelstag nach dem Tag, an dem die Aktie erstmals ohne Auszahlungsanspruch gehandelt wird (ex-Tag + 1 bzw cum-Tag + 2). Damit eine steuerliche Zurechnung der Dividende erfolgt, müssen die Aktien am Ende des Record-Tages am Depot des Anlegers verbucht sein. Die Regelungen gelten sowohl für Einkünfte im Privat- als auch Betriebsvermögen.

Neben der Mehrfacherstattung von Kapitalertragsteuer soll mit diesem Regelwerk auch die Vermeidung der Kapitalertragsteuer verhindert werden. § 32 Abs 4 Z 2 EStG normiert als Voraussetzung einer Anrechnung bzw Rückerstattung der für die Einkünfte einbehaltenen Kapitalertragsteuer einerseits die Tragung eines angemessenen wirtschaftlichen Risikos (lit. a) und andererseits die ununterbrochene wirtschaftliche Eigentümerschaft an den zugrundeliegenden Anteilen während der Mindesthaltedauer (lit. b). Die Mindesthaltedauer beträgt jeweils 45 Tage vor und nach dem Record-Tag. Ein angemessenes wirtschaftliches Risiko liegt vor, wenn Kursverluste zumindest im Umfang von 70% selbst getragen werden. Kurssicherungsgeschäfte dürfen dementsprechend einen Kursverlust nicht zu mehr als 30 % verhindern. Wird die Mindesthaltedauer unterschritten, soll nach § 32 (4) Z 2 lit b EStG eine Rückerstattung bzw Anrechnung der Kapitalertragsteuer dennoch möglich sein, vorausgesetzt die Übertragung führt zu keinem Steuervorteil, was im Rahmen der Veranlagung nachzuweisen sein wird. Die Voraussetzungen zur Anrechnung bzw Erstattung sollen einem Missbrauch entgegenwirken, wobei deren Anwendung gemäß § 32 (4) lit c EStG ex lege ausgeschlossen sein soll, wenn der Gesamtbetrag der Dividenden im jeweiligen Veranlagungszeitraum die Wertgrenze von EUR 20.000 nicht überschreitet. 

Anpassung bei Besteuerung von Kryptowährungen

Wie in unserem Newsletterbeitrag vom 21.11.2021 dargestellt, unterliegen Einkünfte aus Kryptowährungen seit 1. März 2022 als Einkünfte aus Kapitalvermögen dem besonderen Sondersteuersatz von 27,5 %. Zur Kryptowährungsverordnung des BMF haben wir an dieser Stelle bereits berichtet. Einige bereits hervorgetretene Unschärfen sollen teilweise durch das AbgÄG 2023 ausgebügelt werden: 

  • Die in § 27b Abs 2 2. Satz EStG verankerte Regelung, wonach Einkünfte aus Staking, Airdrops, Bounties und Hardfork erst bei Veräußerung als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erfassen sind soll nach § 4 Abs 3b EStG auch im betrieblichen Bereich gelten. (vgl auch EStR 2000 Rz 6178r in der Fassung des Wartungserlasses 2023 ).
     
  • In § 27b Abs 3 Z 2 letzter Satz EStG soll festgehalten werden, dass die Überlassung einer Kryptowährung gegen Entgelt (Lending) zu keinem steuerpflichtigen Tausch führe. Wie bereits in EStR 2000 Rz 6178k (Wartungserlass 2023) erwähnt, stellen eine Kryptowährung und die Forderung auf deren Rückzahlung im Rahmen eines Sachdarlehens ein einheitliches Wirtschaftsgut dar. 
     
  • Nach § 27a Abs 4 Z 3a EStG soll das gleitenden Durchschnittspreisverfahrens auf alle auf einer Kryptowährungsadresse befindlichen Kryptowährungen zu Anwendung kommen. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob e contrario die Anwendung des Durchschnittspreisverfahrens ausgeschlossen werden kann, wenn Kryptowährungen auf zwei verschiedene Adressen (Wallets) verwahrt werden. Angesichts des geringen Aufwands einer getrennten Verwahrung könnte dies eine nicht unbeachtliche Gestaltungsmöglichkeit darstellen. 

Digitale Befreiungserklärung

Befreiungserklärungen nach § 94 Z 5 EStG (Betriebsvermögen einer juristischen Person) und § 94 Z 12 EStG (eigennützige Privatstiftungen) sollen ab 01. Jänner 2024 in digitaler Form abgegeben werden können, sofern die Voraussetzungen des neuen § 94 Z 15 EStG erfüllt sind. Die in § 94 Z 15 lit c EStG zu verankernde Verordnungsermächtigung soll es dem BMF ermöglichen, nähere Spezifikationen hinsichtlich der Formalitäten vorzunehmen.

Übertragung stiller Reserven bei Privatstiftungen

Privatstiftungen können nach § 13 Abs 4 KStG aufgedeckte stille Reserven aus der Veräußerung von wesentlichen Beteiligungen auf eine Ersatzbeteiligung von mehr als 10 % zu übertragen. Die Übertragung kürzt die Anschaffungskosten der Ersatzbeteiligung, wodurch es zu einer Steuerstundung kommt und erst die Veräußerung der Ersatzbeteiligung eine Zwischensteuerpflicht hinsichtlich selbiger stiller Reserven auslöst. 

Die Anforderungen für die Anschaffung einer Ersatzbeteiligung legte die Finanzverwaltung bisher weit aus. So wurde auch eine auf das Grund- bzw Stammkapital bezogene Kapitalerhöhung um mehr als 10 % an einer bereits bestehenden 10 %igen Beteiligung der Privatstiftung akzeptiert. Ausgehend vom bisherigen Verständnis der Finanzverwaltung wurde eine Übertragung aufgedeckter stiller Reserven auch als zulässig erachtet, wenn die Privatstiftung an einer Tochtergesellschaft bereits vor der Kapitalerhöhung über eine Beteiligungsquote von 100 % verfügte. In seiner Entscheidung vom 17. November 2022, Ra 2021/15/0053, hat der VwGH festgehalten, dass eine Ersatzbeteiligung einen Erwerb eines zusätzlichen („neuen“) 10 %igen Anteils an einer bestehenden Tochtergesellschaft durch die Privatstiftung voraussetzt (siehe dazu unseren Newsletterbeitrag vom 24.2.2023).

Im Rahmen des AbgÄG 2023 will der Gesetzgeber der oben erwähnten Entscheidung und deren substanziellen Auswirkungen mit einer Übergangsbestimmung Rechnung tragen. Die Übertragung von vor 01. Jänner 2023 realisierten stillen Reserven soll entsprechend der bisherigen Verwaltungspraxis, welche keine Deckung in der aktuellen Entscheidung des VwGH findet, weiterhin möglich sein. Auch Übertragungen ohne Erwerb eines zusätzlichen Anteils von mehr als 10 % im Zuge einer ordentlichen Kapitalerhöhung sollen dadurch gesetzlich gedeckt sein. 

Eine ordentliche Kapitalerhöhung im Sinne des neuen § 26c Z 90 lit a soll nach lege cit lit b vorliegen, wenn sie vor dem 1. Mai 2023 beschlossen wurde und eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt: 

  • der Anteil der Privatstiftung erreicht ein Ausmaß von mehr als 10 %; oder
  • das Grund- oder Stammkapital wird um insgesamt mehr als 10 % erhöht und der Anteil der Privatstiftung wird dadurch nicht verwässert.

Ausgehend von der bisherigen Verwaltungspraxis, sollen neben der Übertragung auf im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung geleistete Einlagen (Gesellschafterzuschüsse anlässlich der Kapitalerhöhung) auch Erhöhungen des Surrogatkapitals (Partizipationskapital oder Substanzgenussrechte) die Übertragung stiller Reserven ermöglichen. Nach § 26c Z 90 lit d EStG soll die Übergangsregelung für Veranlagungen ab dem Kalenderjahr 2001 (Einführung der Zwischensteuer) anwendbar sein.

FAZIT

Aus Gründen der Rechtssicherheit ist die gesetzliche Verankerung der vom VwGH kommunizierten Ansicht zur Zurechnung von Dividenden zu begrüßen. Gleiches gilt für die Anpassungen im Zusammenhang mit der Besteuerung von Kryptowährungen, wobei aufgrund der Dynamik dieser Assetklasse mit weiteren Änderungen zu rechnen sein wird. Die Umstellung auf digitale Anträge für Befreiungserklärungen sollte eine vereinfachte Abwicklung ermöglichen, wobei die vom BMF im Verordnungsweg vorzunehmenden Spezifikationen hinsichtlich der Formalitäten abzuwarten sind. Die im Zusammenhang mit der VwGH Entscheidung betreffend der Übertragung stiller Reserven stehende Übergangsbestimmung sorgt, ob der durch die Entscheidung ausgelösten substanziellen Konsequenzen für einen bitter nötigen zeitlichen Puffer. Sehr zu begrüßen ist die Möglichkeit, nicht gestellte Anträge iZm der Wegzugsbesteuerung nachholen zu können. Ein verfahrensrechtlicher Grund zB für eine Wiederaufnahme muss allerdings erst gefunden werden. 

Für weitere Fragen zu diesem Themenkomplex stehen Ihnen die Verfasser sehr gerne zur Verfügung.