Im Rahmen der Hilfsmaßnahmen in Zusammenhang mit der Coronakrise wurde es betroffenen Unternehmen ua ermöglicht, die Sozialversicherungsbeiträge für die Zeiträume Februar bis April 2020 zunächst bis Ende Mai d. J. (verzugszinsenfrei) gestundet zu bekommen. Vor etwa zwei Wochen hatte die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) angekündigt, dass es auch nach dem 31.5.2020 noch Stundungsmöglichkeiten geben werde, jedoch waren die näheren Details noch unklar. Seitens der ÖGK wurde ersucht, mit diesbezüglichen Anträgen noch bis zum Bekanntwerden der neuen gesetzlichen Regelungen zuzuwarten. Diese Woche wurde im Parlament ein neues ASVG-Stundungspaket beschlossen, welches am 1.6.2020 in Kraft treten soll. Im nachfolgenden Beitrag informieren wir Sie über die beschlossenen Gesetzesänderungen und die daraus resultierenden Auswirkungen für die Lohnverrechnungspraxis.
Während hinsichtlich der (übrigen) Steuern und Abgaben aufgrund der unverändert bestehenden erlassmäßigen coronabedingten Erleichterungen die Möglichkeit von Stundungen bzw Ratenzahlungen bis 30.9.2020 besteht (vgl zur diesbezüglichen BMF-Info vom 24.3.2020 „Erweiterte Sonderregelungen betreffend Coronavirus“ bereits unsere div. Newsletters, zuletzt NL-Beitrag „CORONAVIRUS | Praxistipps für rasche Abgabenstundungen“ vom 27.3.2020), waren Stundungen im Bereich der Sozialversicherungsbeiträge zunächst nur bis 31.5.2020 vorgesehen (vgl dazu unseren NL-Beitrag „CORONAVIRUS | Zahlungserleichterungen für Abgaben und Beiträge“ vom 17.3.2020), sodass hier – angesichts der nach wie vor andauernden Krisensituation in vielen Bereichen der Wirtschaft - dringender Handlungsbedarf gegeben ist.
§ 733 ASVG idgF enthält „Beitragsrechtliche Erleichterungen für Dienstgeber/innen auf Grund der Coronavirus-Pandemie“ und sah bisher verzugszinsenfreie Stundungen für die Beitragszeiträume Februar bis April 2020 vor. Weiters fand sich darin auch eine Verordnungsermächtigung, wonach der ressortzuständige Gesundheits- und Sozialminister bei Fortdauer der Coronavirus-Pandemie diese gesetzlich begünstigten Zeiträume um bis zu drei Kalendermonate (Beitragszeiträume) verlängern kann.
Tatsächlich wurde jedoch nicht von dieser Verlängerungsmöglichkeit im Verordnungswege Gebrauch gemacht, sondern in der Nationalratssitzung am 26.5.2020 ein Abänderungsantrag für eine entsprechende Novellierung des § 733 ASVG eingebracht (weitere Änderung des ASVG im Rahmen des auf dem Programm stehenden 2. Finanzorganisationsreformgesetzes – 2. FORG). Das 2. FORG wurde samt Abänderung am 26.5.2020 im Nationalrat beschlossen und soll am 1.6.2020 in Kraft treten (Gesetzwerdung bleibt abzuwarten). Wir stellen nachfolgend die wesentlichen SV-Änderungen durch dieses neue „SV-Stundungspaket“ dar (neue Absätze 7 bis 14 des § 733 ASVG):
Änderungen durch das neue SV-Stundungspaket
SV-Beiträge für Februar bis April 2020
Diese bereits gestundeten Beiträge für die Beitragszeiträume Februar, März und April 2020 werden auch weiterhin gestundet und sind bis spätestens 15.1.2021 zu begleichen. Eine gesonderte Antragstellung ist dafür NICHT erforderlich. Es fallen für diese Zeiträume auch weiterhin keine Verzugszinsen an.
Soweit die Zahlung dieser Beiträge aufgrund von weiterhin bestehenden coronabedingten (!) Liquiditätsproblemen auch bis 15.1.2021 nicht möglich sein sollte, kann eine Ratenzahlung beantragt und können die dann noch immer offenen Altbeiträge ab Februar 2021 in elf gleichen Raten – jeweils bis zum 15. eines Monats und unter Berücksichtigung der dreitägigen Respirofrist - entrichtet werden (Abstattung somit bis Ende 2021). Auch für diese Ratenzahlungen fallen keine Verzugszinsen an.
Derartige Ratenzahlungen können erst ab Jänner 2021 beantragt werden, wobei jedenfalls auch die coronabedingten Liquiditätsprobleme glaubhaft zu machen sind.
SV-Beiträge für Mai bis Juli 2020
Für diese folgenden drei Beitragsmonate kann – bei entsprechender Glaubhaftmachung coronabedingter Liquiditätsprobleme - eine Stundung bis Ende August 2020 beantragt werden.
Im Anschluss daran besteht auch hier wiederum die Möglichkeit der – entsprechend begründeten - Beantragung einer Ratenzahlung bis längstens Jahresende 2021, wobei diesfalls jedoch Verzugszinsen anfallen.
Derartige Anträge (Stundungen für SV-Beitragszeiträume ab Mai 2020) sind laut Mitteilung der ÖGK (erst) ab 5.6.2020 möglich. Es werden hiefür über das WEBEKU-Portal eigene Antragsformulare zur Verfügung gestellt, zudem soll es auf der Webseite der ÖGK auch ein Formular im PDF-Format geben. Im Antrag sind insbesondere auch die coronabedingten Zahlungsschwierigkeiten glaubhaft zu machen.
SV-Beiträge für August bis Dezember 2020
Im ursprünglichen Abänderungsantrag waren zunächst auch für die Folgemonate Zahlungserleichterungen angedacht, nach letztem Informationsstand soll es für diese Beitragszeiträume jedoch keine Stundungen mehr geben.
Sonderregelungen für Beitragszeiträume Februar bis Juli 2020
Eine neue Herausforderung für die Lohn- und Gehaltsabrechnungen dürften die folgenden Ausnahmebestimmungen darstellen:
Besteht gegenüber dem Bund oder AMS ein dienstgeberseitiger Anspruch auf Unterstützungsleistungen für Mitarbeiter, die in Kurzarbeit sind, für die eine Risikofreistellung aufgrund eines COVID-19-Attestes besteht sowie für Mitarbeiter, über die eine Absonderung nach dem Epidemiegesetz verhängt wurde (Quarantäne), so gelten die oa Stundungsmöglichkeiten für SV-Beiträge insoweit nicht.
Vielmehr sind die davon betroffenen SV-Beiträge jeweils verzugszinsenfrei bis zum 15. des zweitfolgenden Kalendermonats nach Auszahlung der betreffenden Beihilfen-, Erstattungs- oder Vergütungsleistung an die ÖGK zu entrichten (unter Berücksichtigung der dreitägigen Respirofrist).
Demgemäß müsste für diese Fälle also eine mitarbeiterbezogene Aufsplittung der SV-Beiträge erfolgen, wenn nur für einen Teil der Mitarbeiter Kurzarbeit beantragt wurde bzw idR nur einzelne Mitarbeiter aufgrund eines COVID-19-Risikoattests vom Dienst freigestellt wurden und das Unternehmen den maximalen Spielraum für die Stundung der SV-Beiträge ausschöpfen möchte.
Beispiel: Die SV-Beiträge für März 2020 wurden gestundet. Im Mai 2020 wird die Kurzarbeitsbeihilfe für März 2020 ausbezahlt. Die SV-Beiträge für jene Mitarbeiter, für die Kurzarbeitsbeihilfe empfangen wurde, sind somit bis spätestens 15.7.2020 (verzugszinsenfrei) an die ÖGK zu überweisen.
Säumniszuschläge
Es werden außerdem bis 31.8.2020 keine Säumniszuschläge für ASVG-Meldeverstöße vorgeschrieben. Dies gilt jedoch NICHT für verspätete Anmeldungen!
FAZIT
Das derzeit noch in Gesetzwerdung befindliche, mit 1.6.2020 in Kraft tretende neue SV-Stundungspaket kann sicherlich als dringend notwendige liquiditätsschonende Maßnahme angesehen werden, um die vielen nach wie vor finanziell angeschlagenen Unternehmen nicht zur Unzeit noch stärker zu belasten. Gerade bei größeren Unternehmen wird aber die neue Sonderregelung für SV-Beiträge von kurz- bzw temporär gar nicht arbeitenden Arbeitnehmern zusätzlichen Verwaltungsaufwand verursachen.
Gerne stehen Ihnen die Verfasserinnen dieses Beitrages sowie auch die übrigen MitarbeiterInnen der Service Line "Global Employment Services" bei Fragen rund um die Stundung oder Ratenzahlung von SV-Beiträgen zur Verfügung bzw können wir Sie bei Bedarf auch bei den diesbezüglichen Antragstellungen unterstützen.
Wir möchten Sie an dieser Stelle auch noch auf unsere aktuellen WEBINARE im Rahmen der ICON TAX ACADEMY hinweisen, die sich unter anderem auch mit verschiedenen Themen der „CORONA-Krise“ beschäftigen. Einen Überblick gibt Ihnen unser Veranstaltungskalender.
ICON hat auch eine eigene CoV-Taskforce mit ExpertInnen aus den verschiedenen Service Lines zusammengestellt, die Ihnen für Fragen und Anliegen zum CORONA-Themenkomplex jederzeit gerne zur Verfügung stehen.
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