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EU-MELDEPFLICHTGESETZ | Neue BMF-Information

Das auf der DAC-6-Richtlinie der EU beruhende und am 1.7.2020 in Kraft getretene EU-Meldepflichtgesetz (EU-MPfG) verpflichtet Intermediäre und Steuerpflichtige dazu, über Finanz-Online marktfähige oder maßgeschneiderte grenzüberschreitende Gestaltungen an das BMF zu melden, sofern diese ein Risiko der Steuervermeidung aufweisen oder der Umgehung der Meldepflicht des Gemeinsamen Meldestandards oder der Verhinderung der Identifizierung des wirtschaftlichen Eigentümers dienen. In einer Information vom 21.10.2020 hat das BMF zur praktischen Anwendung des EU-MPfG Stellung genommen. Nach Austausch der Rechtsansichten einzelner EU-Mitgliedstaaten im Rahmen des FISCALIS-Projektes wurde diese BMF-Info am 12.9.2023 aktualisiert und an die aktuelle Rechtsprechung des EuGH zu DAC 6 angepasst.

1. Intermediär

In Pkt 2 lit b BMF-Info wurde der Begriff des Intermediärs anhand eines Beispiels konkretsiert. Erbring eine österreichische Steuerberatungsgesellschaft (StB-Ges) Beratungsleistungen an ein Unternehmen, das in einem Drittstaat ansässig ist und das an der Konzeption einer meldepflichtigen Gestaltung für einen innerhalb der EU ansässigen Klienten arbeitet, hat das im Drittstaat ansässige Unternehmen keinen territorialen Anknüpfungspunkt zu Österreich iSd § 3 Z 3 lit b TS 1-4 EU-MPfG und ist daher nicht Intermediär iSd § 3 Z 3 EU-MPfG. Soweit der österreichischen StB-Ges die relevanten Fakten, Umstände und verfügbaren Informationen nicht vorliegen, um vernünftigerweise wissen zu müssen, dass sie unmittel- oder mittelbar Hilfe, Unterstützung oder Beratung im Hinblick auf die Konzeption einer meldepflichtigen Gestaltung geleistet hat, erfüllt die österreichische StB-Ges die Eigenschaft eines Hilfsintermediärs iSd § 3 Z 3 lit b EU-MPfG nicht. 

 2. Steuervorteil

Bedingt meldepflichtige Gestaltungen, erfordern neben der Erfüllung der  in § 6 EU-MPfG genannten Kennzeichen, dass dadurch ein Steuervorteil erlangt wird. In Pkt 2 lit e der BMF-Info wurde klargestellt, dass sich dieser “Steuervorteil” aus der Gegenüberstellung der Steuerlast ergibt, die ohne die Gestaltung bestehen würde und jener, die sich durch die Gestaltung ergibt. 

 3. Verrechnungspreisgestaltungen und unilaterale Safe-Harbor-Regeln

Gemäß § 5 Z 7 EU-MPfG sind Verrechnungspreisgestaltungen, die unilaterale Safe-Harbour-Regeln nutzen, unbedingt meldepflichtig. Pkt 2 lit h BMF-Info stellt klar, dass Maßnahmen der Verwaltungsvereinfachung, bei denen es nicht direkt um die Bestimmung fremdüblicher Preise geht (zB vereinfachte Dokumentation, Befreiung von Dokumentationspflichten) und eine Vorabverständigung über Verrechnungspreise nicht als Safe-Harbor Regelung gelten. In der Neufassung wurde diese Aussage ergänzt, indem festgehalten wurde, dass demgegenüber eine im innerstaatlichen Recht vorgesehene Anwendung von Pauschalsätzen sehr wohl als unilateraler Safe-Harbour zu qualifizieren wäre, sofern dadurch vom Fremdverhaltensgrundsatz und den international anerkannten OECD-Grundsätzen abgewichen wird. 

4. Übertragung schwer bewertbarer immaterieller Vermögenswerte

Pkt 2 lit i BMF-Info wurde durch den Zusatz ergänzt, dass eine Meldepflicht auch dann besteht, wenn ein schwer bewertbarer immaterieller Vermögenswert im Rahmen einer größerer Transaktion übertragen wird und nur einen kleinen Anteil einer Gesamttransaktion ausmacht. 

5. Verrechnungspreise und unilaterale Safe-Harbor-Regeln

Verrechnungspreisgestaltungen, bei denen eine konzerninterne grenzüberschreitende Übertragung von Funktionen, Risiken oder Vermögenswerten stattfindet, wenn der erwartete jährliche Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) des bzw der Übertragenden über einen Zeitraum von drei Jahren nach der Übertragung weniger als 50 % des jährlichen EBIT des bzw der Übertragenden beträgt, der erwartet worden wäre, wenn die Übertragung nicht stattgefunden hätte, sind gemäß § 5 Z 9 EU-MPfG unbedingt meldepflcihtig. Gemäß Pkt 2 lit j BMF-Info hat die Bewertung anhand zweier Prognoserechnungen zu erfolgen. Die erste soll sich auf den 3-Jahres-Zeitraum ohne Berücksichtigung der grenzüberschreitenden Übertragung der Funktionen und/oder Risiken und/oder der Vermögenswerte beziehen. Die zwiete unter Berücksichtigung der geplanten grenzüberschreitenden Übertragung. Nach deren Erstellung sind die beiden Prognoserechnungen gegenüberzustellen.

Wenn eine Vereinbarung (zB Umstrukturierung innerhalb einer Gruppe) eine Reihe von Übertragungen mit inländischen und grenzüberschreitenden Elementen umfasst, ist für Zwecke des § 5 Z 9 EU-MPFG nur das grenzüberschreitende Element zu berücksichtigen. Zwei oder mehrere miteinander verbundene grenzüberschreitende Übertragungen sind kumuliert zu betrachten. 

Die überarbeitet BMF-Information stellt zusätzlich klar, dass § 5 Z 9 EU-MPfG außerdem Situationen umfasst, in denen einzelne Funktionen und/oder Risiken und/oder Vermögenswerte aufgegeben worden sind, da auch in diesen Fällen größere Transaktionen zu einer erheblichen Veränderung des EBIT führen können. Die Hallmark soll auch auf bereits liquidierte Unternehmen oder solche mit einem negativen EBIT Anwendung finden. Anhand von Beispielen wird erörtert, dass die Bestimmung auch im Verhältnis zwischen Stammhaus und ausländischen Betriebsstätten anzuwenden ist.

6. Der Main Benefit-Test

Das “Hauptzweckkriterium” das den in § 6 EU-MPfG aufgelisteten Hallmarks als Bedingung hinzutreten muss, um eine Meldepflicht auszulösen, erfordert die Erlangung eines Steuervorteils. In Pkt 5 lit a EU-MPfG wird nun festgehalten, dass ein Indiz für das Vorliegen eines solchen Hauptvorteils der Umstand ist, dass die Gestaltung ohne den Steuervorteil nicht oder zumindest nicht in derselben Art und Weise bereitgestellt bzw umgesetzt würde. Der Main Benefit-Test soll auch dann erfüllt sein, wenn die Gestaltung neben steuerlichen, auch andere Vorteile (zB unternehmens-, arbeitsrechtliche) nach sich zieht und die Erlangung eines Steuervorteils zumindest einer der Hauptvorteile ist. Der Main Benefit-Test setzt zudem nicht voraus, dass die Gestaltung gegen Rechtsvorschriften verstößt, noch, dass es durch die Gestaltung zu einer Steuervermeidung kommt. 

7. Umwandlung von Einkünften

Gemäß § 6 Z 5 EU-MPfG unterliegen Gestaltungen, bei denen Einkünfte in Vermögen, Schenkungen oder andere niedriger besteuerte oder steuerbefreite Arten von Einnahmen umgewandelt werden, einer Meldepflicht. Pkt 5 lit f BMF-Info wurde um den Zusatz ergänzt, dass der Begriff “Einkünfte” weit auszulegen ist und beispielsweise auch Gehaltszahlungen und Kapitalerträge umfasst. Außerdem soll es bei der Beurteilung der Frage, ob das Kennzeichen des § 6 Z 5 EU-MPfG erfüllt ist, keine Rolle spielen, aus welcher Sicht die Umwandlung von Einkünften eintritt. Die Umwandlung kann auf Ebene des Zahlers, des Zahlungsempfängers oder bei beiden stattfinden. 

8. Round Tripping

§ 6 Z 6 EU-MPfG verpflichtet zur Meldung von Gestaltungen, bei denen mithilfe von zwischengeschalteten Unternehmen ohne primäre wirtschaftliche Funktion oder von Transaktionen, die sich gegenseitig aufheben oder ausgleichen oder die ähnliche Merkmale aufweisen, zirkuläre Vermögensverschiebungen vorgenommen werden. Nach den Ausführungen in Pkt 5 lit f BMF-Info kann dieses Kennzeichen ua dann erfüllt sein, wenn sich die Transaktionen nicht zur Gänze, sondern nur zum Teil aufheben oder ausgleichen.

9. Befreiung von der Meldepflicht

In Reaktion auf das Urteil des EuGH v. 8.12.2022, C-694/20, Orde van Vlaamse Balies ua wurde in Pkt 8 BMF-Info festgehalten, dass § 12 Abs 2 EU-MPfG nicht mehr anwendbar ist uns somit die Verpflichtung zur übermittlung der Information über die Befreiung von der Meldepflicht des Intermediärs an einen anderen Intermediär, sei es im Inland oder innerhalb der EU, entfällt. 

10. Befreiung von der Meldepflicht

Klarstellungen erfolgten weiters zu den in den §§ 16 und 17 EU-MPfG aufgelisteten Inhalten der Meldung. Zu dem nach § 16 Abs 1 Z 9 EU-MPfG  anzugebenden “Wert der meldepflichtigen Gestaltung”  führt Pkt 9 BMF-Info aus, dass sich dieser Wert auf den Wert der Gestaltung insgesamt und nicht nur auf den Wert des Steuervorteils selbst bezieht. In Fällen, in denen eine Gestaltung mehrere Transaktionen umfasst, sind diese Transaktionen kumuliert zu betrachten. In diesen Fällen ist die gesamte Gestaltung als solche zu melden, nicht hingegen jede einzelne Transaktion. Der Werte einer Gestaltung, die § 6 Z 6 EU-MPfG (zirkuläre Transaktionen) erfüllt, ist ohne die gegenseitige (teilweise) Aufhebung bzw ohne den gegnseitigen (teilweisen) Ausgleich zu berechnen. 

FAZIT

Das BMF hat am 12. September 2023 sein Informationsschreiben zur Anwendung des EU-Meldepflichtgesetzes (EU-MPfG) aktualisiert. Damit wurden zwischenzeitige Erfahrungen und Entwicklungen der letzten beiden Jahre (seit Veröffentlichung der ersten BMF-Info zum Thema) eingepflegt. Die Änderungen berücksichtigen insbesondere den diesbezüglichen Abstimmungsprozess im Rahmen des Fiscalis-Programms, die einschlägige EuGH-Rechtsprechung sowie kleinere Aktualisierungen und redaktionelle Anpassungen.

Zur Feststellung von meldepflichtigen Gestaltungen setzen viele unserer Klienten den zu diesem Zweck entwickelten ICON DAC6 Manager ein. Ein leicht zu bedienendes Werkzeug, das es dem Anwender ermöglicht, potentiell meldepflichtige Gestaltung im Hinblick auf eine allenfalls notwendige Anzeigepflicht zu prüfen. Das Ergebnis wird in strukturierter Form dokumentiert und protokolliert.

Bei Fragen zur allfälligen Meldepflicht grenzüberschreitender Steuregesstaltungen stehen Ihnen die Verfasser des Newsletters und unsere Experten der Service Line International Tax jederzeit zur Verfügung.