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NACHHALTIGKEITSBERICHTERSTATTUNG | Auswirkungen auf KMU

Sylaj Eljon  |  Vrba Maria

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die am 5. Januar 2023 in Kraft getreten ist, sieht u.a. vor, dass die Europäische Kommission spezifische Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung für kapitalmarktorientierte KMU verabschiedet. Dies deshalb, weil kapitalmarktorientierte KMU ab 1.1.2026 zwingend über die nachhaltigkeitsbezogenen Informationen berichten müssen, sofern sie die Ausnahmeregelung („opt-out“), die eine Befreiung bis zum Jahr 2028 vorsieht, nicht in Anspruch nehmen. Für nicht-kapitalmarktorientierte Unternehmen bleibt die Anwendung der angemessenen KMU-Standards allerdings freiwillig, jedoch sind jedenfalls mittelbare Auswirkungen gegeben.

Über die Endfassung der CSRD (Richtlinie (EU) 2022/2464) sowie neuen EU-rechtlichen Berichterstattungspflichten für Unternehmen, die einerseits auf der CSRD und andererseits auf der EU-Taxonomie-VO basieren, haben wir Sie im Rahmen unseres Newsletters bisher bereits wie folgt informiert:

Nachhaltigkeitsberichterstattung im Kontext von KMU


​​​​​​​Die spezifischen Berichtsstandards von kapitalmarktorientierten KMU sollen hinsichtlich des Umfangs und der Komplexität der Geschäftstätigkeit in einem angemessenen Verhältnis zu den Gegebenheiten von KMU stehen. Die nachhaltigkeitsbezogenen Angaben können auf die folgenden Informationen beschränkt werden:

  • eine kurze Beschreibung des Geschäftsmodells und der Strategie des Unternehmens,
  • eine Beschreibung der Konzepte („Policies“) des Unternehmens in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte,
  • die wichtigsten tatsächlichen oder potenziellen negativen Auswirkungen des Unternehmens auf die Nachhaltigkeit und alle Maßnahmen, die zur Ermittlung, Überwachung, Verhinderung, Minderung oder Behebung solcher Auswirkungen getroffen wurden,
  • die wichtigsten Risiken für das Unternehmen im Hinblick auf die Nachhaltigkeitsaspekte und wie das Unternehmen mit diesen Risiken umgeht und 
  • Kennzahlen, die für die oben genannten Angaben erforderlich sind

Während die kapitalmarktorientierten KMU vom Anwenderkreis der Regulatorik zur Nachhaltigkeitsberichterstattung umfasst sind, treffen diese Berichtpflichten die nicht-kapitalmarktorientierten KMU nur mittelbar. Dadurch entsteht der Eindruck, dass das Thema der Nachhaltigkeit in den tagtäglichen Abläufen bis zur Berichterstattung nachhaltigkeitsbezogener Informationen von KMU kaum eine Relevanz hat. Ganz im Gegenteil: KMU werden, wenn nicht schon jetzt, sich mit mittelbaren Auswirkungen konfrontiert sehen, sofern sie Geschäftsbeziehungen mit künftigen CSRD- bzw. aktuellen NaDiVeG-pflichtigen Unternehmen haben.

Das kann zum einen große Mutterunternehmen iSd Bilanz-Richtlinie betreffen, die den CSRD-Vorschriften unterliegen und im Rahmen der Konsolidierung nachhaltigkeitsbezogene Informationen von KMU benötigen. Andererseits kann es weitere Akteure der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette umfassen, die nur mit KMU in Geschäftsbeziehungen treten, deren Nachhaltigkeitsbilanz hohe und verlässliche Werte ausweist. Letzteres ist insbesondere im Rahmen der EU-Taxonomie-VO von großer Bedeutung, wobei berichtspflichtige Unternehmen, die darunter fallen, eng mit ihren Stakeholdern innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette zur Bereitstellung erforderlicher Nachhaltigkeitsdaten zusammenarbeiten müssen, um die eigenen Wirtschaftstätigkeiten als ökologisch nachhaltig einzustufen. Des Weiteren können KMU im Rahmen der Kreditvergabe durch Finanzierungspartner, die selbst die ESG-Kriterien erfüllen müssen, direkt angehalten werden, nachhaltigkeitsbezogene Nachweise vorzulegen. Hier wird man sich ebenfalls auf die internen sowie externen ESG-Ratings stützen können, welche im Zuge der Sustainable-Finance-Initiative der EU einen immer höheren Stellenwert bekommen. Nichtsdestotrotz sind für KMU mittelbare Auswirkungen im Rahmen der "Corporate Sustainability Due Diligence Directive” (CSDDD) über die Geschäftsbeziehungen mit betroffenen Unternehmen zu erwarten. Im Zuge der Einhaltung der nach CSDDD vorgeschriebenen menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten an Geschäftspartner der gesamten Wertschöpfungskette, ist davon auszugehen, dass auch KMU mit einem erhöhten Aufwand in ihrer Berichterstattung zu rechnen haben. Nicht minder wichtig sind auch die Vorschriften des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetztes (LkSG), das am 1.1.2023 in Kraft getreten ist. Hier werden sich betroffene österreichische KMU nicht nur mit menschenrechts- und umweltbezogenen Anfragen befassen müssen, sondern es ist auch sicherzustellen, dass sie die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sich an die Sorgfaltspflichten zu halten.
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Update zur European Financial Reporting Advisory Group


​​​​​​​Die “European Financial Reporting Advisory Group” (EFRAG), die von der EU-Kommission für die Ausarbeitung dieser “European Sustainability Reporting Standards (ESRS) beauftragt wurde, hat am 22. November 2022 den 1. Satz an Entwürfen zur ESRS an die EU-Kommission übergeben. Dieser 1. Satz umfasst zwar sektorübergreifende Angabepflichten, es lassen sich jedoch umfangreiche Angabepflichten über die Wertschöpfungskette hinweg erkennen, die früher oder später auch KMU betreffen werden. Erwähnenswert sind die Berichtspflichten von ESRS 1 und 2, die eine Beschreibung der tatsächlichen und potentiellen Auswirkungen, Risiken und Chancen, die mit den Akteuren der gesamten Wertschöpfungskette einhergehen sowie generell der Hauptmerkmale der Wertschöpfungskette, vorsehen. Nichtsdestotrotz werden im Rahmen von ESRS S2 auch einige Angabepflichten im Zusammenhang mit ArbeitnehmerInnen entlang der gesamten Wertschöpfungskette vorgeschrieben.

Parallel dazu begann die EFRAG Ende des Jahres 2022, sich mit dem 2. Satz der Entwürfe zu beschäftigen, der erste sektorspezifische ESRS sowie ESRS für kapitalmarktorientierte KMU beinhalten soll. Die Veröffentlichung der sektorspezifischen Standards in Form von delegierten Rechtsakten wird für die ersten 10 Sektoren bis November 2023 und für die restlichen 41 Sektoren bis November 2025 erwartet.

Im Hinblick auf die Sektorenzuordnung werden die sog. NACE-Codes zur Anwendung kommen. Zudem kann man sich auf den zu verabschiedenden ESRS SEC 1 Standard stützen, der ebenfalls im ersten Halbjahr 2023 öffentlich konsultiert werden soll.

Die Entwürfe zu Standards für kapitalmarktorientierte KMU befinden sich derzeit in der Erstellung, können jedoch in einer Arbeitsversion öffentlich eingesehen werden.

Seitens der Europäischen Kommission betreffen die letzten Entwicklungen die Endphase der Würdigung des 1. Satzes zum sektorübergreifenden ESRS. Dazu wurde am 21. März 2023 durch EU-Kommissarin Mairead McGuinnes die EFRAG in einer öffentlichen Rede aufgefordert, angesichts der geplanten Konsultationsphase zum finalen 1. Satz der ESRS die Veröffentlichung der ersten Konsultationsentwürfe zu den sektorspezifischen ESRS zu verschieben. EFRAG wurde darüber hinaus angewiesen, sich auf die Bereitstellung zusätzlicher Leitlinien für die Anwendung der vorgeschlagenen Standards im 1. Satz zu konzentrieren und sich zurzeit nicht mit den vorbereitenden Arbeiten für die sektorspezifischen Standards zu befassen. Dies ist zum einen auf den Umfang und die Komplexität der Angabepflichten des 1. Satzes zurückzuführen - hierzu hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 15. März 2023 in einer Rede im Europäischen Parlament eine Reduktion von Berichtspflichten um 25 % Prozent angemahnt, um die Wettbewerbsfähigkeit für EU-Unternehmen zu wahren. Zum anderen würden Überschneidungen zwischen der Europäischen Kommission und EFRAG zu den jeweiligen geplanten Konsultationen vermieden werden.
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FAZIT


​​​​​​​Die deutliche Ausweitung des Anwendungsbereichs zur Nachhaltigkeitsberichterstattung sowohl im Zuge der CSRD als auch im Rahmen der EU-Taxonomie-VO, Lieferkettenbetrachtung und Berichtspflichten von Banken zwecks Kreditvergabe ist mit mittelbaren Auswirkungen auf die nicht-kapitalmarktorientierten KMU verbunden. Letztere müssen keinen Nachhaltigkeitsbericht offenlegen, freiwillig können sie das allerdings schon machen, sofern dieser die nachhaltigkeitsbezogenen sowie wirtschaftlichen Ziele des Unternehmens besser abbildet.  Nichtdestotrotz werden KMU auch mangels einer Nachhaltigkeitsberichterstattung, sofern sie Teil des Konzerns oder der Wertschöpfungskette sind, für die Zulieferung der nachhaltigkeitsbezogenen Informationen an andere Unternehmen verantwortlich sein. Daher empfiehlt es sich jetzt schon, mit der Identifikation der betroffenen Stakeholder entlang der Wertschöpfungskette und deren Anforderungen, der Entwicklung bzw. Erweiterung der nachhaltigkeitsbezogenen Berichtssysteme, sowie der Auseinandersetzung mit den passenden Berichtsstandards zu beginnen. Das ist von zentraler Bedeutung, nicht nur um allfällige Imageschaden zu vermeiden oder bestehende Geschäftspartner beizubehalten bzw. neue gewinnen zu können, sondern dies auch als Chance zu betrachten, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen sowie entsprechende Finanzierungen und Förderungen sicherzustellen.

Für Fragen stehen Ihnen die VerfasserInnen sowie auch die übrigen ExpertInnen der Service Line "Audit"​​​​​​​ gerne zur Verfügung!