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SOZIALVERSICHERUNG I Erleichterung für grenzüberschreitende Telearbeit

Am 1.7.2023 tritt die „Multilaterale Rahmenvereinbarung für grenzüberschreitende Telearbeit“ („MRV-Telearbeit“) in Kraft. Diese erleichtert zukünftig in vielen Fällen die sozialversicherungsrechtliche Abwicklung von Arbeitnehmern, die einen Teil ihrer Arbeitsleistung von ihrem in einem anderen EU oder EWR-Staat gelegenen Wohnsitz aus ausüben. Der nachstehende Beitrag gibt einen Überblick über die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.

Welche Vorteile bietet die „MRV-Telearbeit“?

Innerhalb der EU bzw. auch der EWR-Staaten regelt die EWG-VO 883/2004, welches Land für die Sozialversicherung eines grenzüberschreitend tätigen Arbeitnehmers zuständig ist. In vielen Fällen übt ein Arbeitnehmer einen Teil seiner Tätigkeit bei einem Arbeitgeber im Mitgliedstaat A, aber auch (zB. via Telearbeit) in seinem Wohnsitzstaat B aus. Für solche „multi-state-worker-Konstellationen“ sieht die VO 883/2004 vor, dass der Wohnsitzstaat für die Sozialversicherung zuständig ist, sobald die Tätigkeit im Wohnsitzstaat ein Arbeitsausmaß von 25 % der Gesamtarbeitszeit erreicht bzw. übersteigt

Das ist allerdings oft ein ungewünschtes Ergebnis, da der Arbeitgeber dann im Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers eine Registrierung durchführen und einen Prozess zur Berechnung und Abfuhr der Sozialversicherungsabgaben implementieren muss. In Folge der Coronapandemie wurde diese Verpflichtung letztlich „ausgesetzt“ („no-impact-regulation“); diese Erleichterung läuft aber mit 30.06.2023 endgültig aus.

Die „MRV-Telearbeit“ bietet nun ab 01.07.2023 die Möglichkeit, dass der Arbeitnehmer das Ausmaß der Telearbeit in seinem Wohnsitzstaat fortsetzen bzw. sogar auf bis zu 49 % erhöhen kann, ohne dass sich die Zuständigkeit für die Sozialversicherung vom Arbeitgeberstaat in den Wohnsitzstaat verlagert. 

Welche Voraussetzungen gelten für die Anwendung der „MRV-Telearbeit“?

Neben der 49%-Grenze sieht die „MRV-Telearbeit“ auch noch eine Reihe weiterer Voraussetzungen vor:

  • Der Arbeitnehmer ist in einem EU-/EWR-Staat ansässig, der die „MRV-Telearbeit“ unterzeichnet hat.
  • Der Arbeitgeber ist in einem EU-/EWR-Staat ansässig, der die „MRV-Telearbeit“ unterzeichnet hat.
  • Der Arbeitnehmer übt in seinem Wohnsitzstaat keine andere Tätigkeit als Telearbeit aus.
  • Der Arbeitnehmer übt gewöhnlich in keinem anderen Staat als dem Arbeitgeber- bzw. Wohnsitzstaat eine Tätigkeit aus.

Mit Stand 23.06.2023 haben folgende EU-/EWR-Staaten die „MRV-Telearbeit“ bereits unterzeichnet:

  • Belgien
  • Deutschland
  • Finnland
  • Liechtenstein
  • Luxemburg
  • Niederlande
  • Norwegen
  • Österreich
  • Slowakei
  • Schweiz
  • Tschechien


​​​​​​​Es ist davon auszugehen, dass in nächster Zeit noch weitere Staaten dazukommen. Da sowohl Deutschland als auch Tschechien und die Slowakei die „MRV-Telearbeit“ unterzeichnet haben, verlieren die bilateralen Rahmenvereinbarungen, die Österreich mit diesen Ländern zwischenzeitlich abgeschlossen hat (siehe unseren Newsletterbeitrag vom 23.01.2023 – Neues zur grenzüberschreitenden Telearbeit, ihre Bedeutung.

Kommen die Begünstigungen der „MRV-Telearbeit“ automatisch zur Anwendung?

Nein. Bei den Begünstigungen der MRV Telearbeit handelt es sich um ein reines Wahlrecht. Die Rechtswirkungen der „MRV-Telearbeit“ treten nur ein, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer dies abgestimmt beantragen. Der Antrag ist im Arbeitgeberstaat zu stellen, im Falle Österreichs beim Dachverband der Sozialversicherungsträger. Der Antrag wird für einen Zeitraum von maximal 3 Jahren genehmigt, kann aber darüber hinaus wiederum verlängert werden.

FAZIT

Welcher Handlungsbedarf ergibt sich nun aus der „MRV-Telearbeit“?

Sie sollten prüfen, 

  • ob nach Auslaufen der coronapandemiebedingten Erleichterungsregelungen (weiterhin) Arbeitnehmer Ihres Unternehmens Telearbeit in deren EU-/EWR-Wohnsitzstaat leisten. Wenn diese Telearbeit zumindest 25 % (aber weniger als 49 %) ihrer Gesamtarbeitszeit beträgt, sollten Sie evaluieren, ob ein Antrag zur Anwendung der „MRV-Telearbeit“ sinnvoll ist. Bei der Entscheidung sollten Sie allerdings nicht nur auf die Kostenersparnis durch Vermeidung einer sozialversicherungsrechtlichen Registrierung im Ausland abstellen. Es gibt durchaus Konstellationen, in denen ein Wechsel in ein anderes Sozialversicherungssystem dem Arbeitnehmer oder Arbeitgeber Vorteile im Bereich des Beitrags- oder Leistungsrechts bringt.
  • welche Auswirkungen die „MRV-Telearbeit“ auf allfällige grenzüberschreitende Home-Office-Richtlinien in Ihrem Unternehmen hat. Viele Unternehmen haben bislang eine Home-Office-Tätigkeit im EU-/EWR-Ausland auf ein maximales Ausmaß von unter 25 % (zB. 1 Tag pro Woche) beschränkt. Die „MRV-Telearbeit“ erlaubt in bestimmten Konstellationen einen flexibleren Ansatz. Damit können Sie mit einfachen Mitteln Ihre Attraktivität als Arbeitgeber für im EU-Ausland ansässige Arbeitnehmer steigern.

Gerne stehen Ihnen die Verfasser des Newsletters bzw. auch alle anderen Mitarbeiter der Service Line „Global Employment Services“​​​​​​​ bei Fragen rund um die neue „Multilaterale Rahmenvereinbarung für grenzüberschreitende Telearbeit“ zur Verfügung!

PS: Gemeinsam mit unseren Partnern aus dem wts-global-Netzwerk, der wts Deutschland und Wenger & Vieli, Schweiz veranstalten wir am 4.7.2023 (11:00-12:00 Uhr) ein kostenloses Info-Webinar zur „MRV-Telearbeit“​​​​​​​. Dort erfahren Sie aus erster Hand, welche Auswirkungen und Handlungsmöglichkeiten sich dadurch ab 1.7.2023 für Arbeitgeber und Arbeitnehmer im DACH-Raum praktisch ergeben. Sie können sich unter HIER ​​​​​anmelden.