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UMGRÜNDUNGEN | Nachweis eines positiven Verkehrswertes?

Heidrich Gerhard  |  Lang Evelyn

Für bestimmte Umgründungsformen (Einbringungen, Zusammenschlüsse, Realteilungen und Steuerspaltungen) verlangt das Umgründungssteuergesetz im Zweifel einen Nachweis für die Höhe des positiven Verkehrswertes des übertragenen Vermögens durch ein begründetes Gutachten eines Sachverständigen. Die Anwendung einer vereinfachten Praktikerformel für den Ansatz eines Firmenwertesreicht hingegen nicht aus. Dies bzw die Nichtbeachtung der Vorgaben des für die Unternehmensbewertung maßgeblichen Fachgutachtens KFS/BW1 führte in einem konkreten, nachfolgend erläuterten Rechtsmittelfall zur Versagung der Begünstigungen des UmgrStG. Daran konnte nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes auch ein tatsächlicher zeitnaher Verkauf zu einem positiven Wert nichts ändern.

Sachverhalt 

Im nachfolgend erörterten Rechtsmittelfall brachte ein Unternehmer mit Einbringungs- bzw Sacheinlagevertrag vom 29.4.2004 sein nicht protokolliertes Einzelunternehmen (Gasthof, Tankstelle) rückwirkend zum 31.12.2003 in eine neu gegründete GmbH mit einem Stammkapital von 35.000 EUR ein (Sacheinlage unter Anwendung des Art III UmgrStG), wobei ein Teilbetrieb zurückbehalten wurde. Zum eingebrachten Betrieb gehörten neben beweglichen Wirtschaftsgütern und Fahrzeugen auch Grundstücke. 

Der Jahresabschluss des Einzelunternehmens wies zum Einbringungsstichtag ein negatives Eigenkapital von - 9.499,59 EUR aus. In der Einbringungsbilanz wurden aktivseitig ein „Firmenwert“ iHv 125.000 EUR sowie weiters eine Aktivpost gemäß § 16 Abs 5 Z 1 UmgrStG in Höhe von 500.000 EUR ausgewiesen, die laut Beschwerdeführer die in den Liegenschaften enthaltenen stillen Reserven betraf. Passivseitig wies die Einbringungsbilanz unter den sonstigen Verbindlichkeiten einen Betrag von 515.000 EUR aus, wobei es sich um eine Privatentnahme des Beschwerdeführers handelte (Passivpost gemäß § 16 Abs. 5 Z 1 UmgrStG). 

Der ausgewiesene „Firmenwert“ wurde von der steuerlichen Vertreterin des Beschwerdeführers mittels einer „Praktikerformel“ unter Ansatz des Mittelwertes der Cash Flows der letzten drei Jahre ermittelt. 

In weiterer Folge kam es zu einem Verkauf der Anteile an der übernehmenden GmbH um 35.000 EUR. 

Im Zuge einer Betriebsprüfung stellte die BP fest, dass der Verkehrswert des eingebrachten Vermögens zum Einbringungsstichtag bzw. am Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages negativ gewesen sei und daher die Anwendungsvoraussetzungen des § 12 UmgrStG nicht erfüllt worden waren. 

Im Zuge eines zivilgerichtlichen Verfahrens zwischen dem Käufer der Kapitalanteile und dem Verkäufer (Einbringenden) wurde von einem gerichtlich beeidigten Sachverständigen ein Unternehmenswert zum Einbringungsstichtag iHv 330.000 EUR ermittelt. Unter Berücksichtigung der Entnahmeverbindlichkeit iHv 515.000 EUR sowie eines von der steuerlichen Vertretung bei Ermittlung des Firmenwertes nicht berücksichtigten Unternehmerlohns ergibt sich dabei zum Einbringungsstichtag ein negativer Verkehrswert

Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 27.2.2019, Ro 2017/15/0039) 

Schon das Bundesfinanzgericht (BFG 23.6.2017, RV/5100284/2011) hatte das „Gutachten“ der steuerlichen Vertretung des Einbringenden verworfen und folgte dem Gutachten des gerichtlich beeidigten Sachverständigen mit folgender Begründung: 

  • Das Gutachten der steuerlichen Vertretung ist nicht schlüssig und glaubhaft (zB wurde kein Unternehmerlohn berücksichtigt und wurde bereits im Jahr 2004 ein Verlust ausgewiesen);
  • Das Gutachten entspricht nicht den Anforderungen des für Unternehmensbewertungen maßgeblichen Fachgutachtens KFS/BW1;
  • Es konnten auch keine Aussagen getroffen werden, wie sich die stillen Reserven in Grund und Gebäude zusammensetzen. Die Unterlagen, die hierzu vorgelegt wurden, bezogen sich auf das Jahr 2005 und später.  

So gelangte schließlich auch das BFG zu der Auffassung, dass zum Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages tatsächlich ein negativer Verkehrswert vorlag und die Aktivierung eines Firmenwertes iHv 125.000 EUR sowie der Ansatz des Aktivpostens über 500.000 EUR lediglich deshalb erfolgte, um dem Einbringenden eine Entnahme iHv 515.000 EUR zu ermöglichen. 

In der anschließenden Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof brachte der Beschwerdeführer zudem auch vor, dass sehr wohl ein positiver Verkehrswert bestanden habe, zumal der spätere Verkaufspreis der GmbH bereits vor Errichtung des Einbringungsvertrages festgelegt worden sei und dieser den positiven Verkehrswert zum Ausdruck bringe. Dieser Argumentation folgte der VwGH nicht und begründete dies damit, dass es sich bei dem in § 12 Abs 1 UmgrStG angesprochenen Verkehrswert um einen „objektivierten Unternehmenswert“ handle, „der sich der Parteiendisposition entzieht“.  Somit bestätigte das Höchstgericht im Ergebnis die vorangegangene Entscheidung des Bundesfinanzgerichts durch einen entsprechenden Zurückweisungsbeschluss. 

Steuerliche Konsequenzen 

Das Fehlen eines positiven Verkehrswertes von Einbringungsvermögen stellt eine Verletzung von Anwendungsvoraussetzungen gemäß § 12 UmgrStG dar und führt dazu, dass eine solche Einbringung ertragsteuerlich als Tauschvorgang mit Gewinnrealisierung zu besteuern ist (§ 6 Z 14 lit b EStG). Weitere Begünstigungen des UmgrStG, wie der Übergang von Verlustvorträgen, die Umsatzsteuerneutralität sowie Grunderwerbsteuerermäßigungen können diesfalls ebenfalls nicht in Anspruch genommen werden. Im Rückwirkungszeitraum vorgenommene Entnahmen unterliegen zudem der Kapitalertragsteuer

FAZIT

Sollte es Zweifel am Vorliegen eines positiven Verkehrswertes eines umgründungsbedingt zu übertragenden Vermögens geben, empfiehlt es sich jedenfalls, eine ordentliche Unternehmensbewertung nach den Vorgaben des maßgeblichen Fachgutachtens KFS/BW1 durchzuführen. Wie die oa Entscheidung von BFG und VwGH zeigt, sind vereinfachte „Praktikermethoden“ iZm Umgründungen NICHT geeignet, einen positiven Verkehrswert nachzuweisen. Auch zeitnah durchgeführte Veräußerungen an fremde Dritte zu einem positiven Wert sind nach Ansicht des Höchstgerichts kein geeigneter Nachweis, zumal § 12 UmgrStG einen „objektivierten Unternehmenswert“ meint, der sich der Parteiendisposition entzieht (im Unterschied zum „gemeinen Wert“ iS § 10 BewG). Kann im Zweifel ein positiver Verkehrswert nicht nachgewiesen werden, können die Begünstigungen des UmgrStG nicht in Anspruch genommen werden, sondern wäre die Umgründung nach allgemeinem Steuerrecht abzuwickeln (Gewinnrealisierung, Gebühren und Verkehrsteuern etc). 

Für weitere Fragen zu dieser Thematik, aber gerne auch zur Unterstützung bei Unternehmensbewertungen und Umgründungen, steht Ihnen die Service Line "Mergers & Acquisitions" gerne zur Verfügung.