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UMSATZSTEUER | e-commerce - Neuerungen im Einfuhrversandhandel

Neben dem innergemeinschaftlichen Versandhandel wird auch die Umsatzbesteuerung des Versandhandels aus Drittstaaten einer Neuregelung unterworfen. Mit 1.7.2021 wird die Einfuhrumsatzsteuerbefreiung auf Kleinsendungen aus Drittländern mit einem Warenwert von bis zu 22 EUR abgeschafft, um Wettbewerbsnachteile zwischen EU-Unternehmen und Unternehmen aus Drittstaaten zu verringern. In diesem Zusammenhang wird in § 3 Abs 8a UStG eine neue Lieferortregel für Einfuhrversandhandelsumsätze normiert. Gleichzeitig wird die Möglichkeit geschaffen, Drittlandslieferungen von nicht verbrauchsteuerpflichtigen Waren mit einem Einzelwert je Sendung von höchstens 150 EUR im B2C-Bereich über das Import-One-Stop-Shop-Verfahren (IOSS) zu erklären und zu versteuern. Die damit korrespondierende Einfuhr dieser Waren ist steuerfrei.

Gäbe es keine Sonderbestimmungen, wären im Zuge der Abschaffung der Steuerbefreiung für Kleinsendungen bis 22 EUR Lieferungen aus dem Drittland im B2C-Bereich ab dem ersten Cent der Einfuhrumsatzsteuer zu unterziehen und durch das Zollamt Österreich einzuheben. In Zeiten des wachsenden Internethandels und des damit steigenden Aufkommens an kleinen Paketen mit geringem Gewicht wäre dies ein problematisches Unterfangen. Zu diesem Zweck wurde das bereits bekannte One-Stop-Shop-Verfahren auf Einfuhrsachverhalte ausgedehnt und die entsprechenden Bestimmungen, wie zusätzlicher Lieferortbegriff, Steuerbefreiung für die Einfuhrumsatzsteuer bis zu einem bestimmten Einzelwert je Sendung, ergänzt. 

Der Begriff „Einfuhr-Versandhandel“ bezeichnet Lieferungen aus einem Drittland ins Gemeinschaftsgebiet, wobei der Abnehmer ein Nichtunternehmer oder eine in Art 3 Abs 4 UStG genannte Person (zB Schwellenerwerber) ist. Die Beförderung oder Versendung hat durch den Lieferanten selbst oder auf dessen Rechnung zu erfolgen. Hiefür genügt es, wenn der Lieferant indirekt an der Beförderung oder Versendung beteiligt ist. 

Gemäß § 6 Abs 4 Z 9 UStG ist die Einfuhr von Waren, deren Einzelwert je Sendung 150 EUR nicht übersteigt, steuerfrei, sofern diese Einfuhren im Rahmen der Sonderregelung des § 25b UStG erklärt werden und die IOSS-Identifikationsnummer des Lieferers spätestens bei der Abgabe der Einfuhrzollanmeldung der zuständigen Zollstelle vorgelegt wurde. Der Einzelwert je Sendung bemisst sich am Preis, der tatsächlich aufgewendet wird, ohne Transport- und Versicherungskosten (sofern diese nicht im Preis einkalkuliert sind). 

Als „eine Sendung“ gelten Gegenstände, die zusammen verpackt und gleichzeitig von demselben Versender (Lieferer) an denselben Empfänger (Abnehmer) im Rahmen eines Beförderungsvertrages versendet werden sowie Gegenstände, die von ein und derselben Person getrennt bestellt, aber zusammen versendet werden.

Voraussetzungen und Bestimmungen ab 1.7.2021

Nachstehend sollen die Voraussetzungen für die Anwendung der ab 1.7.2021 geltenden Bestimmungen zum Einfuhr-Versandhandel erläutert werden:

Neuer Lieferortbegriff gemäß § 3 Abs 8a UStG

§ 3 Abs 8a UStG normiert einen neuen Lieferortbegriff für Einfuhr-Versandhandelsumsätze, wonach der Lieferort im Gegensatz zu § 3 Abs 8 und 9 UStG an jenem Ort liegt, an dem die Warenbewegung endet, sofern entweder die Waren in einem anderen Mitgliedstaat eingeführt werden als jenem, in dem die Warenbewegung endet, oder wenn der Unternehmer die Umsätze über den IOSS (§ 25b UStG) erklärt. In beiden Fällen schuldet der Unternehmer die Umsatzsteuer somit im Bestimmungsland

Lieferungen neuer Fahrzeuge oder Lieferungen verbrauchsteuerpflichtiger Waren an Nichtunternehmer, die keine juristischen Personen sind, fallen NICHT unter die Regelung für Einfuhr-Versandhandelsumsätze.

Abnehmer 

Als Abnehmer ist gemäß Art 3 Abs 4 UStG anzusehen 

  • ein Nichtunternehmer (dh eine Privatperson oder ein Unternehmer, der den Gegenstand nicht für sein Unternehmen erwirbt) oder
  • ein Schwellenerwerber (dh ein Unternehmer, der nur steuerfreie Umsätze ausführt, die nicht zum Vorsteuerabzug führen; oder ein nach dem Recht des für die Besteuerung zuständigen Mitgliedstaates steuerbefreiter Kleinunternehmer, welcher weder die Erwerbsschwelle von 11.000 EUR überschreitet noch auf deren Anwendung verzichtet). 

(Indirekte) Beförderung/Versendung durch den Lieferanten 

Voraussetzung ist, dass der Lieferer den Gegenstand der Lieferung entweder selbst oder indirekt von einem Drittstaat in einen anderen Mitgliedstaat (Bestimmungsland, in dem die Beförderung/Versendung endet) befördert bzw. versendet. 

Eine indirekte Beteiligung durch den liefernden Unternehmer liegt insbesondere vor, 

  • wenn dieser einen Dritten mit dem Transport beauftragt oder
  • dem Erwerber die Transportkosten für die Versendung in Rechnung stellt (und diese an den Zustelldienst weiterleitet) oder
  • der liefernde Unternehmer den Zustelldienst gegenüber dem Erwerber bewirbt, den Kontakt herstellt und somit den Transport vermittelt.

IOSS (Import-One-Stop-Shop  -  Sonderregelung § 25b UStG) 

Entscheidet sich ein Unternehmen für die Anwendung des IOSS, sind Einfuhr-Versandhandelsumsätze, bei denen der Einzelwert der Waren je Sendung 150 EUR nicht übersteigt, bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 6 Abs 4 Z 9 UStG von der Einfuhrumsatzsteuer befreit. Sendungen, die über der 150 EUR-Grenze liegen, können somit nicht über den IOSS erklärt werden und sind bei der Einfuhr zu versteuern. Bei Inanspruchnahme des IOSS sind sämtliche Einfuhr-Versandhandelsumsätze über den IOSS zu deklarieren. Die Anwendung des IOSS kann nicht auf einzelne Mitgliedsländer beschränkt werden.

Der Unternehmer wird bei diesem System nur in einem EU-Mitgliedstaat umsatzsteuerlich erfasst (MSI – Mitgliedstaat der Identifizierung). Für in der EU ansässige Unternehmen erfolgt die Registrierung zum IOSS in jenem Mitgliedstaat, in dem der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine Betriebsstätte begründet wird. Drittlandsunternehmer können sich durch einen im Gemeinschaftsgebiet niedergelassenen Unternehmer (Vertreter) vertreten lassen. 

Bei der Einfuhr hat der Händler dem von ihm beauftragten Transporteur seine IOSS-Identifikationsnummer bekanntzugeben, damit die IOSS-Nummer (spätestens) bei Abgabe der Einfuhrzollanmeldung vorgelegt werden kann. 

Die in anderen Mitgliedstaaten geschuldete Umsatzsteuer wird getrennt nach Mitgliedstaaten und Steuersätzen gemeinsam im IOSS erklärt und in einer Sammelüberweisung entrichtet. Die Aufteilung der länderspezifischen Umsatzsteuerbeträge erfolgt durch das zuständige Finanzamt des Mitgliedstaates der Registrierung (MSI). 

Vorsteuerbeträge können nicht über den IOSS beantragt werden. Sofern Vorsteuern abzugsfähig sind, sind diese im Vorsteuererstattungsverfahren oder – wenn der Unternehmer im jeweiligen Mitgliedstaat über eine Registrierung verfügt – im Veranlagungsverfahren geltend zu machen. 

Die Anwendung des IOSS ist optional. Alternativ kann auch die Abwicklung mittels einer zollrechtlichen Einfuhr (Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr) ohne besondere Identifikationsnummer für das IOSS-Verfahren abgewickelt werden. Die Einfuhr ist dann allerdings nicht von der Steuer befreit und die EUSt somit entsprechend zu entrichten, genauso wie dies bei Einfuhren über der 150 EUR-Grenze der Fall ist. Der Verkauf der Ware im EU-Raum ist in weiterer Folge aber genauso im Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung endet, zu versteuern, wenn die Einfuhr in einem anderen Mitgliedstaat erfolgt (§ 3 Abs. 8a lit a UStG). Im Unterschied zum IOSS-Verfahren muss sich der Lieferant allerdings im Bestimmungsland der Warenlieferung umsatzsteuerlich registrieren lassen.

Beispiel: Einfuhr-Versandhandel (§ 3 Abs 8a UStG) 

Sachverhalt

Der chinesische Unternehmer CN verkauft und versendet Sportschuhe mit einem Einzelwert der Waren je Sendung von 49 EUR an Privatpersonen in Österreich. Die Sportschuhe werden in den Niederlanden eingeführt, zum freien Verkehr abgefertigt und dann zu den Privatpersonen nach Österreich transportiert. CN ist über einen Vertreter in den Niederlanden im IOSS registriert. 

Lösung

  • Im gegenständlichen Fall liegt eine Einfuhr-Versandhandelslieferung vor: CN versendet die Waren vom Drittlandgebiet in einen EU-Mitgliedstaat, wobei es sich bei den Abnehmern um Nichtunternehmer handelt. Da der Einzelwert der Waren je Sendung 150 EUR unterschreitet, kann CN den IOSS in Anspruch nehmen. Gemäß § 3 Abs 8a lit b UStG liegt der Lieferort am Ende der Beförderung. Die Lieferung des CN ist daher in Österreich steuerbar und steuerpflichtig, die entsprechende USt wird vom Vertreter über den IOSS in den Niederlanden erklärt. Der Vertreter und der Vertretene sind Gesamtschuldner. Die Einfuhr in den Niederlanden ist gemäß Art. 143 Abs. 1 lit ca Rl 2006/112/EG (analog § 6 Abs 4 Z 9 UStG) steuerfrei.
     
  • Für den Fall, dass CN keinen Vertreter hat und sich selbst mangels Ansässigkeit (Betriebsstätte) nicht für das IOSS registrieren lassen kann, ist die Lieferung ebenfalls in Österreich steuerbar und steuerpflichtig. Die Einfuhr in den Niederlanden ist diesfalls jedoch nicht von der EUSt befreit, und für die Versteuerung der Umsätze in Österreich ist zwingend eine österreichische UID-Nummer zu beantragen. Die Verkäufe sind in weiterer Folge direkt in Österreich zu melden.  

FAZIT

Die mit 1. Juli 2021 in Kraft tretenden Maßnahmen zielen darauf ab, den grenzüberschreitenden Online-Handel in der Europäischen Union neu zu regeln, die umsatzsteuerlichen Compliance-Tätigkeiten zu minimieren und die Chancengleichheit von EU-Unternehmen gegenüber Drittlandunternehmen zu wahren.  Nicht nur für Drittlandunternehmer sondern auch für EU-Unternehmer, die Waren aus Lagern in einem Drittland liefern, stellt die Inanspruchnahme des IOSS eine wesentliche Erleichterung dar. 

Der obige Beitrag ist Teil einer Artikelserie über die aktuellen Entwicklungen und Neufassung der umsatzsteuerlichen Bestimmungen im e-commerce, die wir in den folgenden Newsletters noch fortsetzen werden. Bis dato ist dazu folgender weiterer Beitrag erschienen:

Für Rückfragen stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen Ansprechpartner der Service Line "Indirect Tax & Customs"​​​​​​​ gerne zur Verfügung!