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UMSATZSTEUER | Neues in europäischen Ländern 1. Teil

Für international tätige Unternehmen ist das Umsatzsteuerrecht zu einem der entscheidenden Compliance-Faktoren geworden. Grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit bedeutet heute, sich laufend mit einer Vielzahl unterschiedlicher steuerlicher Vorgaben auseinanderzusetzen. Zwar sorgt das europäische Mehrwertsteuersystem in vielen Punkten für eine gewisse Harmonisierung, doch die Details in der Umsetzung unterscheiden sich von Land zu Land – und genau diese Unterschiede können ein erhebliches Risiko in sich bergen.

 

Damit Sie bei der Fülle an länderspezifischen Neuerungen den Überblick behalten, informieren wir Sie gerne über Änderungen, die aus unserer Sicht wesentlich sind und verpacken diese Neuigkeiten in einer neuen Newsletterserie.

Nachfolgend dürfen wir Ihnen einen Überblick über geplante und aktuelle Änderungen und Neuerungen in den EU-Ländern geben. Ergänzend dürfen wir auf unseren Newsletter Umsatzsteuer I Update - Aktuelle Änderungen in Europa vom 28.01.2025 verweisen.

Belgien

E-invoicing Pflicht ab 1. Jänner 2026 (B2B)

Ab dem 1.1.2026 sind in Belgien ansässige zur Umsatzsteuer registrierte Unternehmen verpflichtet, strukturierte elektronische Rechnungen über das Peppol-Netzwerk (4-Ecken-Modell) im Format Peppol BIS zu versenden und zu empfangen (B2B). Das Fehlen der technischen Voraussetzungen zum Ausstellen und zum Empfang von E-Rechnungen wird durch den belgischen Fiskus sanktioniert. Ab 2028 soll auch eine E-Reporting-Pflicht basierend auf dem 5-Ecken-Modell von Peppol als eine Art Echtzeitmeldung von Transaktionsdaten auf der Grundlage von E-Rechnungen eingeführt werden.

Die Verpflichtung zum E-Invoicing besteht daher – mit bestimmten Ausnahmen (zB für Umsätze im medizinischen und im Sozialbereich) - für Transaktionen zwischen in Belgien ansässigen, zur Umsatzsteuer registrierten Unternehmen (B2B). Ausländische Unternehmen mit belgischer UID-Nummer, die in Belgien über keine umsatzsteuerliche Betriebsstätte verfügen, sind nicht verpflichtet, E-Rechnungen zu versenden bzw. zu empfangen. Sind solche Unternehmen aber im Peppol-Netzwerk registriert, sind diese zum Empfang verpflichtet, da die Registrierung im Peppol-Netzwerk als Zustimmung gilt. 

Um Missverständnisse iZm der E-Invoicing Verpflichtung zu vermeiden, empfehlen wir ausländischen Unternehmen mit belgischer UID-Nummer rechtzeitig ihre in Belgien ansässigen Lieferanten oder Kunden zu kontaktieren.

Aktuelle Änderungen (geplant Anfang 2026) – Belgian VAT chain rollout

Die ursprünglich geplante Reform im Bereich der belgischen Umsatzsteuer-Compliance ( „Belgian VAT chain rollout“) wurde auf Anfang 2026 verschoben. Folgende Änderungen sind unter anderem geplant:

  • Guthaben aus monatlichen Umsatzsteuererklärungen werden monatlich ausbezahlt (bisher: am Ende des Quartals).
  • Rückzahlung von Umsatzsteuerguthaben: jede UVA-Periode wird getrennt behandelt, daher können Guthaben aus Vorperioden nicht mehr automatisch mit Zahllasten in Folgeperioden ausgeglichen werden. Guthaben aus Vorperioden werden auf ein neues „Umsatzsteuerkonto“ übertragen und sind online über „My Minfin“ zu verwalten.  Rückzahlungsanträge werden von den Behörden automatisch bearbeitet, wenn die Umsatzsteuererklärungen der vorangegangenen sechs Monate fristgerecht eingereicht wurden und wenn Auskunftsersuchen der belgischen Steuerbehörde innerhalb von 10 Arbeitstagen beantwortet wurden. 
  • Die Steuerbehörden verhängen automatisch Strafen, wenn eine Umsatzsteuererklärung verspätet eingereicht wird.
  • Ersatz-Umsatzsteuererklärung: bei Fristversäumnis erstellt die belgische Steuerbehörde drei Monate nach Ablauf des Berichtszeitraums eine Ersatz-Umsatzsteuererklärung. Diese Erklärung ist endgültig, wenn der Steuerpflichtige nicht innerhalb eines Monats die Erklärung aufgrund der tatsächlichen Geschäftsfälle für diese Periode abgibt.
  • Einführung des Lastschriftverfahrens (domiciliation bancaire) für Zahllasten

Estland

Erhöhung des Umsatzsteuersatzes ab 1. Juli 2025 auf 24%

Estland hat im Juli 2025 den Normalsteuersatz von 22 % auf 24 % erhöht. Die zunächst befristete Maßnahme ist nun dauerhaft. Der neue Umsatzsteuersatz ist Teil eines Maßnahmenpakets zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit des Landes. 

Seit Jänner 2025 gelten zusätzlich folgende ermäßigte Steuersätze: Erhöhung des Umsatzsteuersatzes auf Beherbergungsleistungen inkl. Frühstück von 9 % auf 13 %; Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes für Presseveröffentlichungen von 5 % auf 9 % 

E-Rechnungsstellungspflicht ab Juli 2025 an registrierte Empfänger

Estland hat eine atypische elektronische Rechnungsstellungspflicht eingeführt. Estnische Unternehmen, die im nationalen Unternehmensregister als Empfänger elektronischer Rechnungen eingetragen sind, sind ab Juli 2025 berechtigt, von in Estland ansässigen Lieferanten elektronische Rechnungen zu verlangen. Das Format der elektronischen Rechnung muss der europäischen Norm für elektronische Rechnungen (EN 16931) entsprechen, sofern Käufer und Verkäufer kein anderes Format vereinbaren. Ab 2027 soll E-Invoicing im B2B-Bereich verpflichtend werden. 

Italien

Ab dem 1. Januar 2026 gilt in Italien ein komplett überarbeitetes Umsatzsteuersystem. Das lang erwartete Testo Unico IVA fasst jahrzehntelange, verstreute Gesetzgebung in einem einzigen, übersichtlichen Regelwerk zusammen.

  • Eine der wichtigsten Änderungen betrifft Exporte in Drittländer. Nach den neuen Regeln (Artikel 45 des Testo Unico) werden nur noch digitale Zollnachweise akzeptiert. Exporteure müssen nun das Automatisierte Exportsystem (AES) nutzen, um einen offiziellen Ausfuhrnachweis zu erbringen. 
  • Technische Verknüpfung von Tageseinnahmen und elektronischen Zahlungen: Ab 1.1.2026 müssen elektronische Registrierkassen neben den Tageseinnahmen auch die Daten der täglichen elektronischen Zahlungen an die Finanzverwaltung übermitteln. 
  • Für Fiskalvertretungen und die Eintragung der italienischen UID-Nummer ins MIAS von Nicht-EU-Unternehmen gelten in Italien neue Anforderungen:  Die italienische Regierung hat strengere Anforderungen an Fiskalvertreter ausländischer Unternehmen eingeführt, darunter die Vorlage einer finanziellen Garantie. Darüber hinaus müssen Nicht-EU-Unternehmen, die bei einem italienischen Fiskalvertreter registriert sind und innergemeinschaftliche Transaktionen durchführen – deren italienische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer daher im MIAS registriert ist – eine finanzielle Garantie (Bankgarantie für die Dauer von 36 Monaten) stellen.

Erweiterung Reverse Charge auf Logistikdienstleistungen

In Italien wird ein Reverse Charge Verfahren für bestimmte Dienstleistungen gegenüber Unternehmen, die in den Bereichen Transport, Frachtumschlag und Logistik tätig sind, eingeführt. Die Dienstleistungen umfassen vorwiegend körperliche Tätigkeiten am Sitz des Auftraggebers und unter Verwendung von Betriebsgütern desselben und werden auf der Grundlage von Werkverträgen oder sonstigen Beauftragungen erbracht. Die Maßnahme muss noch vom Rat der Europäischen Union genehmigt werden. In der Zwischenzeit (seit 1.1.2025) können die betroffenen Parteien sich dafür entscheiden, dass der Kunde die fällige Umsatzsteuer im Namen und im Auftrag des Lieferanten, der dafür gesamtschuldnerisch haftet, bis 16. des Folgemonats ab Rechnungsausstellung entrichtet. Diese Option gilt für drei Jahre.

Kroatien

Im Juni 2025 wurde in Kroatien das neue Fiskalisierungsgesetz beschlossen, demzufolge elektronische Rechnungsstellung und Echtzeit-Meldung sowie E-Reporting ab dem 1. Januar 2026 obligatorisch werden.

E-Invoicing und Echtzeitmeldung

Alle in Kroatien ansässigen, umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen werden verpflichtet, für inländische B2B-Transaktionen elektronische Rechnungen (nach der EU-Norm EN 16931) auszustellen und zu empfangen sowie diese Rechnungen in Echtzeit zu melden („zu fiskalisieren“). Für B2C-Verkäufe bleibt die elektronische Rechnungsstellung optional, die Fiskalisierung wird jedoch für alle Zahlungen obligatorisch.

Echtzeit-Meldung bzw. Fiskalisierung bedeutet, dass sowohl Aussteller als auch Empfänger von E-Rechnungen verpflichtet werden, jede ausgestellte und empfangene E-Rechnung innerhalb von 5 Werktagen an die Steuerbehörde elektronisch zu melden (zu fiskalisieren). Zu melden sind unter anderem Rechnungsdetails, Bemessungsgrundlagen, Mehrwertsteuersätze und Bankkontonummern.

FiskApplication ist die staatliche Anwendung für Fiskalisierung und E-Reporting. Diese Anwendung ermöglicht es den betroffenen Unternehmen, fiskalisierte Daten einzusehen, Autorisierungen für den Austausch von E-Rechnungen und die Fiskalisierung zu verwalten, die vorausgefüllte Umsatzsteuererklärung für einen bestimmten Besteuerungszeitraum zu prüfen und Daten für Fiskalisierung und E-Reporting einzugeben. Der Zugriff auf diese Anwendung und die Verwaltung von Autorisierungen erfolgt über das Nationale Identifikations- und Authentifizierungssystem und das E-Authorization-System.

E-Reporting

Das Fiskalisierungsgesetz führt Continuous Transaction Controls (CTC) ein, die eine Echtzeit-Berichterstattung und -Bestätigung von Rechnungsdaten erfordern. Die Meldepflichten umfassen unter anderem weitere Rechnungsdaten, wie zB das Fälligkeitsdatum der Zahlung, die Bankkontonummer des Lieferanten, den Sechsstelligen Produkt-/Dienstleistungscode (gemäß dem kroatischen Statistikamt).

Auf Grundlage der übermittelten Daten erstellt die Steuerbehörde sowohl für den Aussteller als auch für den Empfänger vorausgefüllte Umsatzsteuererklärungen.

Rumänien

Erhöhung des Umsatzsteuersatzes ab 1. August 2025 auf 21%

Mit 1. August 2025 wurden die Umsatzsteuersätze geändert: der Normalsteuersatz stieg von 19 % auf 21 %; es gibt nur noch einen ermäßigten Steuersatz von 11 % (für bestimmte Lebensmittel und Getränke, Medikamente, Bücher, Wasserversorgungsdienstleistungen, Lieferung von Wärmeenergie für bestimmte Verbrauchergruppen, Lieferung von Brennholz, Lieferung von chemischen Düngemitteln und Pestiziden für die Landwirtschaft, Zugang zu Museen und ähnlichen Einrichtungen). 

Einführung SAF-T ab Jänner 2025 für nichtansässige Steuerpflichtige

Ab Januar 2025 sind nicht ansässige Unternehmen mit einer rumänischen UID-Nummer verpflichtet, die SAF-T-Meldepflichten zu erfüllen. Bei in Rumänien registrierten nicht ansässigen Unternehmen basiert die SAF-T-Meldung in erster Linie auf den Angaben in den Verkaufs-/Einkaufsbüchern. Die Einreichungsfrist ist der letzte Tag des Monats, der auf den Berichtszeitraum folgt.

Slowakei

Erhöhung des Umsatzsteuersatzes ab 1. Jänner 2025 auf 23%

In Rumänien wurde ab Januar 2025 der Normalsteuersatz von 20% auf 23 % erhöht. Außerdem wurden zwei neue ermäßigte Steuersätze eingeführt, 19% bzw. 5%, der ermäßigte Satz von 10 % wird 2025 abgeschafft.

  • Der Steuersatz von 19 % gilt für Nahrungsmittel, Konsumation von antialkoholischen Getränken in Restaurants (alkoholische Getränke mit mehr als 0,5 % Alkoholgehalt sind ausgenommen) und elektrische Energie.
  • Der Satz von 5 % gilt insbesondere für einige ausgewählte Grundnahrungsmittel, glutenfreie Lebensmittel, pharmazeutische Produkte, Bücher, Zeitschriften und Periodika mit nicht mehr als 50% Werbeinhalte, orthopädische Hilfen, Kontaktlinsen, kulturelle Dienstleistungen.

Reverse Charge Verfahren auf Einfuhren

Die Slowakei führt schrittweise ab dem 1. Juli 2025 das Reverse-Charge-Verfahren für die Einfuhrumsatzsteuer ein. Dieses System ermöglicht es berechtigten Steuerzahlern, die Einfuhrumsatzsteuer direkt über ihre slowakische Umsatzsteuererklärung selbst zu berechnen, anstatt sie im Voraus beim Zoll zu entrichten. Die Einführung erfolgt schrittweise zunächst für in der Slowakei ansässige, steuerpflichtige Unternehmen (ab dem 1.7.2025), ab dem 1.1.2026 auch für in der EU ansässige Unternehmen mit slowakischer UID-Nummer.

 

FAZIT

Das Umsatzsteuerrecht unterliegt ständigen Veränderungen, insbesondere im grenzüberschreitenden Kontext. Trotz europäischer Harmonisierung stellen nationale Besonderheiten Unternehmen weiterhin vor große Herausforderungen. 

Besonders rasant entwickelt sich aktuell der Bereich des E-Invoicing und E-Reporting. Immer mehr Staaten führen verpflichtende elektronische Rechnungs- und Meldesysteme ein, die zum Teil mit sehr kurzen Vorlaufzeiten umgesetzt werden müssen. Für Unternehmen bedeutet das, ihre Prozesse und IT-Systeme kontinuierlich anzupassen, um rechtzeitig compliant zu bleiben und Sanktionen zu vermeiden. Gleichzeitig kommen neue Dokumentations- und Reportingpflichten, geänderte Steuersätze sowie Anpassungen im Reverse-Charge-Verfahren hinzu.

Vor diesem Hintergrund ist es für Unternehmen unerlässlich, Geschäftsvorfälle regelmäßig zu prüfen und ihre Steuer- und Finanzprozesse frühzeitig auf neue gesetzliche Rahmenbedingungen auszurichten. Gerne unterstützen wir Sie dabei, den Überblick über die Vielzahl an länderspezifischen Neuerungen zu behalten und die für Ihre Praxis relevanten Änderungen rechtzeitig zu identifizieren. 

Für Rückfragen zu diesen neuen Herausforderungen stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen Ansprechpartner der Service Line “Indirect Tax & Customs” gerne zur Verfügung!