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BEPS | Einigung auf globale Steuerreform (Pillar 1 und 2)

G7, 130 Inclusive Framework-Staaten und zuletzt auch die G20 … Auf diversen Gipfeltreffen wurde in den letzten Wochen eine globale Steuerreform („Pillar One“ und „Pillar Two“) umfassend verhandelt und beschlossen. Pillar One soll zu einer Umverteilung von Gewinnen vor allem von digitalen Unternehmen führen. Mit Pillar Two wird eine globale Mindestkörperschaftsteuer („Global Anti-Base Erosion Proposal“ - GloBE) eingeführt. Dies soll den mitunter ruinösen Steuerwettbewerb zwischen den Staaten eindämmen, Steueroasen trockenlegen und verbliebene Schlupflöcher im internationalen Geflecht weitestgehend schließen. Das Bekenntnis so vieler Staaten zu diesen Maßnahmen wird von den Finanzministern und der OECD bereits als „historischer Durchbruch“ gefeiert. Doch wie geht es nun weiter?

Im Juni 2021 kam es im Zuge des G7-Gipfels in London zu einem Zusammentreffen der sieben führenden demokratischen Wirtschaftsnationen, wobei die Steuerreform des OECD/G20-Projekts ausführlich behandelt und somit der Stein pro Umsetzung der geplanten Steuerreform („Pillar One & Pillar Two“) ins Rollen gebracht wurde. Bei den vertretenen Industriestaaten handelt es sich um Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Italien als Repräsentanten Europas sowie die USA, Kanada und Japan. Spanien als ständiges Gastland bei den G7-Treffen nimmt ebenfalls als Repräsentant in der Diskussionsrunde teil. Im Zuge der geplanten Steuerreform wurde eine zeitnahe Umsetzung von Pillar One und Pillar Two diskutiert und von den G7-Staaten befürwortet. Ergänzend dazu kam es beim Inclusive Framework-Treffen, welches am 1. Juli 2021 in Italien stattgefunden hat, zu einer mehrheitlichen Einigung: 130 der 139 Inclusive Framework-Mitglieder stimmten dem „Inclusive Framework on BEPS“ zu und unterzeichneten die Erklärung „Statement on a Two–Pillar Solution to Address the Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy“. Nur 9 der 139 in den Verhandlungen zur globalen Steuerreform involvierten Staaten – so etwa die Niedrigsteuerländer Ungarn, Estland und Irland - lehnten diese Reform ab und verweigerten ihr Einverständnis. Peru hat am 9. Juli 2021 als 131. Staat ebenfalls unterzeichnet. Beim Treffen der G20-Finanzminister von 9. bis 10. Juli 2021 in Venedig stimmten schließlich auch die G20-Staaten diesen Konzepten zu.

Die Mitgliedstaaten des Inclusive Frameworks haben sich dazu verpflichtet, Pillar One and Two bereits im Jahr 2022 umzusetzen und 2023 in Kraft zu setzen. Vor dem Hintergrund, dass die aktuellen Vorschläge bereits seit mehreren Jahren diskutiert werden, erscheint dies als ein sehr ambitionierter Zeitplan.

Update zu Pillar One

Pillar One sieht die Einführung eines Besteuerungsrechts für digital erbrachte Leistungen vor. Es ist eine Umverteilung der Besteuerungsrechte vorgesehen, wonach Marktstaaten auch dann ein Besteuerungsrecht erhalten sollen, wenn das Unternehmen über keine physische Präsenz in diesem Staat verfügt (=New Nexus). Es sollen vor allem jene Großkonzerne zur Kassa gebeten werden, die ihre Leistungen digital erbringen und sich bis dato durch einen Geschäftssitz in sog. „Steueroasen“ einer Besteuerung (weitgehend) entziehen konnten. Mit Unterzeichnung der Erklärung am 1. Juli 2021 wurden neue Gewinnverteilungsregeln mittels eines Drei-Stufen-Mechanismus eingeführt:

Amount A definiert die Festsetzung eines Mindestprozentsatzes für die Gewinnzuordnung: Demgemäß soll eine Gewinnzuordnung von 20 bis 30 % des Residualgewinns an die Marktstaaten erfolgen. Dies gilt für alle multinationalen Konzerne, deren Umsätze die Grenze von EUR 20 Milliarden überschreiten und deren Gewinnmarge 10 % übersteigt. Zudem ist geplant, dass die Umsatzgrenze nach sieben Jahren auf EUR 10 Milliarden reduziert werden soll, sofern Amount A erfolgreich implementiert worden ist (dies schließt tax certainty mit ein). Ausgenommen sind Unternehmen, die im Bereich der Extraktion von Rohstoffen tätig sind oder die regulierte Finanzdienstleistungen anbieten. Ein Besteuerungsrecht soll dann bestehen, wenn die Umsätze in einem Staat die Grenze von EUR 1 Mio pa übersteigen. Für kleinere Länder (BIP unter EUR 40 Mrd) soll der Schwellenwert lediglich EUR 250.000 betragen. Für Marketing- und Vertriebseinheiten soll bis Ende 2021 eine Safe Harbour-Regelung definiert werden, danach soll mit der zweiten Stufe - Amount B - ebenfalls eine fixe Abgeltung für Marketing- und Vertriebsfunktionen eingeführt werden. Amount C definiert schließlich eine zusätzliche Abgeltung von weiteren Funktionen im Marktstaat.

Update zu Pillar Two

Pillar Two soll mit Einführung einer Mindeststeuer für global tätige Unternehmen eine globale Steuergerechtigkeit etablieren (vgl zum Konzept der globalen Mindeststeuer bereits unseren NL-Beitrag „BEPS | Aktualisierte OECD-Vorschläge zu Pillar One und Two“ vom 8.11.2020). Mehrere Länder, speziell jene mit vergleichsweise niedrigen Steuersätzen wie Estland, Irland und Ungarn, bremsten bisher ein Vorankommen in diesem Prozess und haben auch jetzt nicht zugestimmt. In den aktuellen Beschlüssen konnte man sich nunmehr auch auf den voraussichtlichen Mindeststeuersatz einigen: War im veröffentlichten Rahmenkonzept im Herbst 2020 noch von 12,5 % die Rede, so hat man sich nun auf einen Steuersatz von nicht weniger als 15 % geeinigt. Teilweise wurde sogar der Wunsch nach noch höheren Steuersätzen geäußert (so befürworten etwa die USA die Einführung eines Steuersatzes von 20 %).

Wie sich die Einführung einer globalen Mindestkörperschaftsteuer auf Niedrigsteuerländer auswirken könnte, erläutern wir in unserem gesonderten NL-Beitrag „SCHWEIZ | Effekte einer Mindeststeuer für den Niedrigsteuerstandort“ vom 19.7.2021.

Steuerliche Effekte für Österreich

Österreich ist eines jener 130 Länder, die am 1. Juli 2021 für die Anwendung des „Inclusive Framework on BEPS Statement“ gestimmt und dieses unterzeichnet haben. Nach den Darstellungen der OECD (grobe Hochrechnung) lassen sich für Österreich durch die Einführung eines Mindeststeuersatzes von 15 % zusätzliche Steuereinnahmen von etwa EUR 3 Milliarden prognostizieren.

FAZIT

Die kürzlich erzielte Einigung einer Vielzahl von Staaten ist sicherlich als bedeutsamer Schritt in Richtung Umsetzung einer „globalen Steuerreform“ anzusehen. Die skizzierten Maßnahmen könnten erst der Anfang eines neuen Verständnisses im internationalen Körperschaftsteuerrecht sein, zu mehr Steuergerechtigkeit führen und den Marktstaaten die Besteuerung von Gewinnen unabhängig von physischer Präsenz der Unternehmen ermöglichen. Vorerst handelt es sich allerdings lediglich um Bekenntnisse zu einem Rahmenkonzept, wofür konkrete Details vielfach noch fehlen.

Im Rahmen der Umsetzung des Multilateralen Instruments (MLI) aus dem BEPS-Projekt entschied sich die OECD für ein System aus vielen Wahlmöglichkeiten und Optionen, um möglichst viele Staaten an Bord zu holen. Dies führte letztlich aber vielfach zur Nichtumsetzung zahlreicher Maßnahmen. Vor diesem Hintergrund bleibt die konkrete Umsetzung der nunmehr geplanten Maßnahmen für eine „globale Steuerreform“ abzuwarten. Es wird sich zeigen, wieviel Wirkung diese letztlich tatsächlich entfalten können. Sicher ist jedoch, dass das internationale Ertragsteuerrecht jedenfalls noch komplexer werden wird. Null- und Niedrigsteuerländer werden durch die angekündigten Maßnahmen jedenfalls einen wesentlichen Standortvorteil verlieren.

Selbstverständlich werden wir Sie über den Fortgang dieses spannenden Projekts auf dem Laufenden halten und dürfen zunächst - ergänzend zu diesem Beitrag - noch folgende Veröffentlichungen empfehlen: 

Newsletterbeiträge

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