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GRUPPENBESTEUERUNG | Aktuelles zur Ermittlung von Auslandsverlusten

Im Rahmen der österreichischen Gruppenbesteuerung ist ua auch eine temporäre Berücksichtigung von Verlusten ausländischer Gruppenmitglieder vorgesehen, wobei die Ermittlung dieser Auslandsverluste grundsätzlich nach inländischem Steuerrecht zu erfolgen hat. In der Praxis führt diese gesetzliche Anordnung in § 9 Abs 6 Z 6 KStG jedoch immer wieder zu erheblichen Auslegungsschwierigkeiten. Einige dieser Zweifelsfragen wurden zwischenzeitig durch den Verwaltungsgerichtshof geklärt!

Rechtliche Rahmenbedingungen 

Die Ermittlung und (temporäre) Berücksichtigung der Verluste von ausländischen Gruppenmitgliedern im Rahmen der österreichischen Gruppenbesteuerung ist in § 9 Abs 6 Z 6 KStG geregelt. Darin wird angeordnet, dass nur die gemäß § 5 Abs 1 EStG und den übrigen Vorschriften des österreichischen Einkommen- und Körperschaftsteuergesetzes ermittelten Verluste aus Einkunftsquellen des jeweiligen Wirtschaftsjahres, höchstens jedoch die nach ausländischem Steuerrecht ermittelten Verluste des betreffenden Wirtschaftsjahres, dem unmittelbar beteiligten Gruppenmitglied bzw Gruppenträger, im Ausmaß der Beteiligungen aller beteiligter Gruppenmitglieder einschließlich eines beteiligten Gruppenträgers, zuzurechnen sind. Die Verlustdeckelung („höchstens … nach ausländischem Steuerrecht …“) wurde mit dem 1. StabG 2012 eingeführt und ist seit der Veranlagung 2012 zu beachten. 

Von zentraler Bedeutung für die Verlustermittlung nach österreichischem Ertragsteuerrecht ist § 5 Abs 1 EStG, wonach für rechnungslegungspflichtige Steuerpflichtige mit „Einkünften aus Gewerbebetrieb“, insbesondere also auch für Kapitalgesellschaften (Körperschaften iS § 7 Abs 3 KStG), die „unternehmensrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung maßgebend“ sind, „außer zwingende steuerrechtliche Vorschriften treffen abweichende Regelungen“. 

Nähere Details zur Auslandsverlustermittlung bzw die diesbezüglichen Rechtsansichten der Finanzverwaltung finden sich in den Körperschaftsteuerrichtlinien, wobei es vor allem durch den Wartungserlass 2014 zu wesentlichen Änderungen bzw Ergänzungen kam (vgl dazu bereits unseren <link http: www.icon.at de publikationen news detail _blank external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag „GRUPPENBESTEUERUNG | Neues aus den Körperschaftsteuerrichtlinien“ vom 13.3.2015). In Rz 1081 KStR 2013 idgF wird ausgeführt, dass das ausländische Ergebnis des Auslandsgruppenmitglieds im Wege einer steuerlichen Mehr-Weniger-Rechnung („Korrekturrechnung“) auf eine dem inländischen Steuerrecht entsprechende Bemessungsgrundlageumzurechnen“ ist. Dabei sei grds vom ausländischen Steuerrecht auszugehen (ausländischeSteuerbilanz“). Sollte das ausländische vom inländischen Steuerrecht erheblich abweichen, sei hingegen vom ausländischen Handels- bzw Unternehmensrecht bzw ggfs auch von einem internationalen Einzelabschluss nach IAS/IFRS auszugehen (bei letzterem sind jedenfalls jene Bilanzposten „umzurechnen“, deren Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften wesentliche Unterschiede zum österreichischen Steuerrecht aufweisen; dazu wurde eine gesonderte BMF-Info vom 4.2.2014 zur „Ergebnisumrechnung von IAS/IFRS-Einzelabschlüssen ausländischer Gruppenmitglieder“ veröffentlicht). Ausgangswert für die Umrechnung sei grds der bei Aufnahme der Auslandsgesellschaft in die KöSt-Gruppe noch vorhandene (ausländische) Buchwert. Bei der Abschreibung abnutzbarer Wirtschaftsgüter sei daher der steuerliche Aufwand im Zuge der Umrechnung entweder um überhöhte Teile zu kürzen oder um zu geringe Teile zu erhöhen. Das bei Aufnahme in die Gruppe noch vorhandene Abschreibungspotenzial sei (erst) ab der Gruppenzugehörigkeit nach inländischem Steuerrecht zu ermitteln (sog. „Korrekturvariante“ nach bisheriger österreichischer Verwaltungspraxis). 

Wesentliche Zweifelsfragen bestanden bisher einerseits darin, wie das in § 5 Abs 1 erster Satz EStG normierte Maßgeblichkeitsprinzip in Zusammenhang mit Auslandsgesellschaften zu verstehen ist (Maßgabe in- oder ausländischer GoB?) und andererseits, von welchen Buchwerten bei Ermittlung des Auslandsverlustes nach inländischen Einkünfteermittlungsvorschriften tatsächlich auszugehen ist (zB „Restbuchwerte“ für Zwecke der AfA-Berechnung), insbesondere wenn eine Auslandsgesellschaft nicht von Anbeginn an sondern erst in späteren Jahren in eine körperschaftsteuerliche Unternehmensgruppe einbezogen wird? 

Aktuelle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs  

  • VwGH 16.9.2015, 2012/13/0042

In diesem Erkenntnis hat das österreichische Höchstgericht klargestellt, dass § 5 Abs 1 EStG im Kontext mit Auslandsgruppenmitgliedern auf die Maßgeblichkeit ausländischer handelsrechtlicher Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung abzielt (GoB für die Bücher eines ausländischen Unternehmens), die somit zunächst auch Ausgangspunkt für die Ermittlung des steuerlichen Auslandsverlustes sind und nur insoweit zu adaptieren sind, als diesen ausländischen GoB zwingendes österreichisches Ertragsteuerrecht entgegensteht. Demgemäß können vom grds maßgeblichen ausländischen Bilanzrecht abweichende unternehmensrechtliche Wahlrechte nach österreichischem Bilanzrecht bei dieser steuerlichen Verlustermittlung nicht ins Treffen geführt werden. 

In diesem Rechtsmittelverfahren ging es konkret um ein polnisches Gruppenmitglied bzw um die Bewertung einer Fremdwährungsschuld: Nach polnischem Bilanzrecht sind Fremdwährungsverbindlichkeiten zwingend mit dem jeweiligen Stichtagskurs zu bewerten, ungeachtet dessen, ob dieser über oder auch unter (!) den „Anschaffungskosten“ liegt, dh es gilt handelsrechtlich weder ein Wertbeibehaltungs(wahl)recht noch eine Anschaffungskostenuntergrenze. Aufgrund der Maßgabe der polnischen GoB war die gegenständliche Schuldpost zunächst auf den höheren Stichtagskurs aufzuwerten und zum darauffolgenden Bilanzstichtag aufgrund des zwischenzeitig gesunkenen Stichtagskurses wieder abzuwerten, jedoch unter Beachtung der Anschaffungskostenuntergrenze aufgrund des vom polnischen Bilanzrecht abweichenden zwingenden österreichischen Steuerrechts (Anschaffungskostenprinzip gemäß § 6 Z 3 EStG). Hingegen war für eine Beibehaltung des zuvor aufgewerteten Betrages (Wertbeibehaltungswahlrecht im Sinne des österreichischen UGB und daraus resultierender Maßgeblichkeit für die Steuerbilanz) keine Rechtsgrundlage gegeben (vgl zu diesem Fall auch bereits die Hinweise in unserem <link http: www.icon.at de publikationen news detail _blank external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag „GRUPPENBESTEUERUNG | Aktuelles aus der Rechtsprechung“ vom 10.3.2016).  
 

  • VwGH 29.6.2016, 2013/15/0253 

Mit diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof die von der Finanzverwaltung in den Körperschaftsteuerrichtlinien präferierte „Korrekturvariante“ (vgl Rz 1081 KStR) verworfen und sich eindeutig zur sog. „Eröffnungsbilanzvariante“ bekannt. Dies bedeutet, dass bei erstmaliger Einbeziehung eines Auslandsgruppenmitglieds deren Verlustermittlung nicht einfach auf Basis der zu diesem Zeitpunkt vorgefundenen Restbuchwerte nach ausländischem Recht erfolgen darf, sondern dass zunächst – gemäß zwingendem inländischem Bilanzsteuerrecht (insb. Betriebsvermögensvergleich und Periodenbesteuerung) – dem österreichischen Steuerrecht entsprechende Restbuchwerte zu rekonstruieren sind (aus einer durchgängigen Gewinnermittlung nach österreichischem Steuerrecht resultierende steuerliche Buchwerte), die somit das Abschreibungspotential für steuerwirksame Abschreibungen im Rahmen der Auslandsverlustermittlung während der Gruppenzugehörigkeit darstellen. Nach Ansicht des VwGH ist daher für Zwecke der korrekten Verlustermittlung eines Auslandsgruppenmitglieds eine steuerliche „Eröffnungsbilanz“ unter Beachtung der zwingenden inländischen steuerlichen Vorschriften zu erstellen. Dies gilt sowohl aktiv- wie auch passivseitig bzw kann sich sowohl zugunsten als auch zulasten des Steuerpflichtigen auswirken. Es ist also wiederum eine Adaptierung insoweit vorzunehmen, als ausländische Bilanzansätze gegen zwingendes österreichisches Steuerrecht verstoßen. 

Nach Ansicht des VwGH liege bei der gebotenen EB-Berichtigung auch keine Diskriminierung inländischer Gruppenmitglieder vor, zumal sich auch bei reinen Inlandssachverhalten aufgrund der zu beachtenden Periodenbesteuerung überhöhte Abschreibungen ergeben können. Außerdem komme es im Falle von Auslandsgruppenmitgliedern spätestens beim Ausscheiden zu einer Nachversteuerung. (Die Deckelung der Verluste mit dem nach ausländischem Steuerrecht ermittelten Betrag wurde erst mit dem 1. StabG 2012, mit Wirkung ab der Veranlagung 2012, eingeführt.) 

 In diesem Rechtsmittelverfahren ging es konkret um ein deutsches Gruppenmitglied, dessen Buchwerte aus der Berücksichtigung degressiver Abschreibungen (im Widerspruch zu den österreichischen AfA-Grundsätzen gemäß §§ 7 und 8 EStG) und andererseits kürzerer Nutzungsdauern für PKW von fünf Jahren (im Widerspruch zu acht Jahren gemäß § 8 Abs 6 öEStG) resultierten, sodass den zwingenden österreichischen Gewinnermittlungsvorschriften bzw oben dargelegten Grundsätzen (Betriebsvermögensvergleich, periodenrichtige Besteuerung, Berichtigung an der Wurzel) durch eine entsprechende Adaptierung der Eröffnungsbilanzwerte Rechnung zu tragen war. 

Zusammenfassung 

Bei ausländischen Gruppenmitgliedern sind gemäß § 9 Abs 6 Z 6 KStG nur die nach § 5 Abs 1 EStG sowie den übrigen Vorschriften des österreichischen EStG/KStG ermittelten Verluste aus Einkunftsquellen des jeweiligen Wirtschaftsjahres, seit 2012 jedoch höchstens die nach ausländischem Steuerrecht ermittelten Verluste, dem unmittelbar beteiligten inländischen Gruppenmitglied bzw Gruppenträger, im Ausmaß der gruppeninternen Beteiligungsverhältnisse, zuzurechnen, wobei seit 2015 als weitere Einschränkung zu beachten ist, dass die sohin zuzurechnenden Auslandsverluste maximal 75 % des inländischen Gruppeneinkommens betragen dürfen bzw darüber hinaus erst in den Folgejahren als Verlustvortrag verwertbar sind. Nach der Konzeption der österreichischen Gruppenbesteuerung handelt es sich hiebei lediglich um eine temporäre Verwertung von Auslandsverlusten im Inland, zumal § 9 Abs 6 Z 7 KStG wiederum eine entsprechende Nachversteuerung anordnet, sobald ein Verlust im Ausland verrechenbar ist bzw spätestens bei Ausscheiden des Auslandsgruppenmitglieds aus der Unternehmensgruppe. 

Im Detail birgt die korrekte Ermittlung bzw „Umrechnung“ der Auslandsverluste viele Zweifelsfragen in sich. Einige davon wurden zwischenzeitig höchstgerichtlich geklärt, zumal der VwGH in seiner jüngsten Rechtsprechung klargestellt hatte, dass das in § 5 EStG normierte Maßgeblichkeitsprinzip im Falle von Auslandsgruppenmitgliedern auf die grundsätzliche Maßgeblichkeit der ausländischen (!) Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung abstellt und nur davon abweichende Regelungen des zwingenden österreichischen Steuerrechts zu berücksichtigen sind. Letzteres führt auch dazu, dass bei Einbeziehung eines Auslandsgruppenmitglieds die Verlustermittlung nicht einfach auf Basis der zu diesem Zeitpunkt vorgefundenen ausländischen Restbuchwerte zu erfolgen hat (sog. „Korrekturvariante“), sondern dass zuvor korrekte Eröffnungsbilanzwerte nach österreichischem Steuerrecht zu rekonstruieren sind (sog. „Eröffnungsbilanzvariante“). 

In der Praxis wird es freilich nicht immer möglich sein, aus ausländischen Jahresabschlüssen die exakten Bemessungsgrundlagen für die Auslandsverlustermittlung gemäß § 9 Abs 6 Z 6 KStG iVm § 5 EStG abzuleiten. Bei einer hinreichend sachgerechten und plausiblen Vorgehensweise wird ggfs auch eine näherungsweise Ermittlung akzeptabel sein (Schätzung iS § 184 BAO), wobei aber die aus der oa Rechtsprechung resultierenden Grundsätze bestmöglich zu beachten sind. 

Die aktuelle höchstgerichtliche Judikatur wird in nächster Zeit wohl auch Eingang in die Körperschaftsteuerrichtlinien zu finden haben (insbesondere Wartung der Rz 1081 KStR). Bis dahin sollte eine von den Richtlinien abweichende Ermittlung von Auslandsverlusten jedenfalls einer hinreichenden Offenlegung iS § 119 BAO unterzogen werden. 

Für Detailfragen zu diesem Themenkomplex stehen Ihnen die Verfasser natürlich gerne zur Verfügung!