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WIRTSCHAFTSPRÜFUNG | Änderungen bei der Konzernabschlussprüfung

Durch den neuen Standard ISA 600R soll es zu weitreichenden Änderungen in der Organisation von Konzernabschlussprüfungen kommen. Die Risikoeinschätzung wird künftig zentral vom Konzernabschlussprüfungsteam vorgenommen und die Kommunikation zwischen Konzernabschlussprüfer:in und Teilbereichsprüfer:innen verstärkt. Die Überarbeitungen spiegeln die laufenden Bemühungen der Standardsetzer wider, die Prüfungsqualität, Transparenz und Konsistenz der Konzernabschlüsse zu verbessern. Im Folgenden eine Zusammenfassung der wesentlichen Änderungen und ihrer Auswirkungen.

 

Allgemeines

Bei den International Standards on Auditing (ISA) handelt es sich um fachliche Normen für die Prüfung von Finanzinformationen. Sie werden von der International Federation of Accountants (IFAC) über das International Auditing and Assurance Standards Board (IAASB) herausgegeben.

ISA 600R (ISA 600 revised - Besondere Überlegungen zu Konzernabschlussprüfungen (einschließlich der Arbeit von Teilbereichsprüfern/Teilbereichsprüferinnen)), befasst sich mit den besonderen Überlegungen, die bei einer Konzernabschlussprüfung anzuwenden sind, einschließlich der Fälle, in denen Teilbereichsprüfer:innen beteiligt sind. Für die Prüfung von Konzernabschlüssen für Zeiträume, die am oder nach dem 15. Dezember 2023 beginnen, ist ISA 600R anzuwenden. Dies bedeutet, dass der überarbeitete Standard erstmals - bei Regelbilanzstichtag -  für Konzernabschlussprüfungen zum 31.12.2024 anzuwenden ist. 

Definition „Teilbereich“

Der Begriff "Teilbereich" bezieht sich auf eine definierte Einheit, einen Geschäftsbereich, eine Funktion oder eine Geschäftstätigkeit, oder eine Kombination davon, die vom/von der Konzernabschlussprüfer:in für die Planung und Durchführung von Prüfungshandlungen im Rahmen einer Konzernabschlussprüfung festgelegt wird. Die Neudefinition dieses Begriffs erleichtert die Aggregierung mehrerer Einheiten zu einem Teilbereich. Beispielsweise können mehrere Vertriebsgesellschaften zu einem Teilbereich zusammengefasst werden oder es können gemeinsam genutzte Servicezentren (Shared-Service-Center) als ein Teilbereich betrachtet werden. 

One-Engagement-Team-Prinzip

Das "One-Engagement-Team"-Prinzip in der Konzernabschlussprüfung legt fest, dass es nur ein Konzernprüfungsteam gibt, bestehend aus dem/der  Konzernabschlussprüfer:in und sämtlichen Teilbereichsprüfer:innen. Der/die Konzernabschlussprüfer:in trägt die Verantwortung für die Anleitung, Koordination und Beaufsichtigung aller Teilbereichsprüfer:innen, um eine konsistente und effektive Prüfung gemäß den geltenden Standards sicherzustellen. 

Horizontales Scoping

Im Gegensatz zum bisherigen (vertikalen) Scoping nach Tochtergesellschaften (financially significant components bzw. significant components due to significant risks) erfolgt das (horizontale) Scoping auf Ebene der Posten des Konzernabschlusses. Dabei werden jene Posten des Konzernabschlusses festgelegt, bei denen Risiken wesentlicher falscher Darstellungen im Konzernabschluss identifiziert wurden. Erst im zweiten Schritt werden die Teilbereiche, zu denen weitere Prüfungshandlungen durchzuführen sind, festgelegt.  

Unmittelbare Verantwortung des Konzernabschlussprüfers bzw. der Konzernabschlussprüferin und erhöhte 2-Weg-Kommunikation

Der/die Konzernabschlussprüfer:in trägt dabei die Gesamtverantwortung für die Identifizierung und Beurteilung von Risiken hinsichtlich wesentlicher falscher Darstellungen im Konzernabschluss. Im Weiteren ist der/die Konzernabschlussprüfer:in verantwortlich für die Auswahl der durchzuführenden Prüfungshandlungen (Art, zeitliche Einteilung und Umfang) sowie der Teilbereiche, zu denen weitere Prüfungshandlungen durchzuführen sind. 

Als Antwort auf das identifizierte Risiko wesentlicher falscher Darstellungen kann der/die Konzernabschlussprüfer:in festlegen, dass die gesamten Finanzinformationen des Teilbereiches oder nur einzelne Arten von Geschäftsvorfällen bzw. Kontensalden geprüft werden. Eine prüferische Durchsicht (Review) von gesamten Finanzinformationen ist nicht mehr vorgesehen. 

In sämtliche Phasen der Planung sowie der Durchführung weiterer Prüfungshandlungen können die Teilbereichsprüfer:innen eingebunden werden. Hierfür ist ein verstärkter Kommunikationsprozess und intensiverer Informationsaustausch zwischen dem/der Konzernabschlussprüfer:in und den Teilbereichsprüfer:innen erforderlich. Daraus resultieren zusätzliche Anforderungen an die Berichterstattung der Teilbereichsprüfer:innen an den/die Konzernabschlussprüfer:in. 

Umfangreichere Durchsicht der Dokumentation der Teilbereichsprüfer:innen

Die verstärkte Durchsicht der Arbeitspapiere der Teilbereichsprüfer:in erfolgt zu bestimmten Zeitpunkten, üblicherweise nach der Planung und nach der Durchführung von Prüfungshandlungen. 

Die Anleitung und Überwachung des/der Teilbereichsprüfers/Teilbereichsprüferin kann dabei auf verschiedene Arten erfolgen, z.B. Meetings bzw. Calls mit den Teilbereichsprüfer:innen zu identifizierten Risiken bzw. wesentlichen Feststellungen, Teilnahme an der Schlussbesprechung des/der  Teilbereichsprüfers/Teilbereichsprüferin mit dem lokalen Management des Teilbereichs, Durchsicht der Arbeitspapiere des/der Teilbereichsprüfers/Teilbereichsprüferin (remote oder vor Ort).   
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FAZIT

Die Überarbeitung des ISA 600R, insbesondere das "One-Engagement-Team"-Prinzip und die verstärkte Kommunikation zwischen Konzernabschlussprüfer:in und Teilbereichsprüfer:innen (2-Weg-Kommunikation) unterstreicht den Fokus auf Zusammenarbeit und Koordination in der Konzernabschlussprüfung. Durch eine genauere Prüfung der Arbeitspapiere der Teilbereichsprüfer:innen und den verstärkten Informationsaustausch soll die Qualität und Wirksamkeit der Konzernprüfung verbessert werden. 

Weiters ermöglichen insbesondere die veränderte Definition des Teilbereiches sowie der risikobasierte Ansatz beim Scoping (horizontales Scoping) die verbesserte Anwendung des risikoorientierten Ansatzes bei Konzernabschlussprüfungen. 

Die Implementierung dieser Maßnahmen ist jedoch mit erhöhten Zeitaufwand bzw. Reisekosten verbunden und kann somit eine Anpassung der Prüfungshonorare erfordern.