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BETEILIGUNGEN | Noch unverrechnete TWA-Siebtel sind keine Verlustvorträge!

Die restriktive Rechtsansicht der Finanzverwaltung, wonach noch unverrechnete Teilwertabschreibungs-Siebtel, die erst in Folgejahren betriebsausgabenwirksam werden und erst dann gewinnmindernd oder verlusterhöhend wirken, sowohl im Rahmen der Gruppenbesteuerung als auch beim Mantelkauftatbestand genauso wie Verlustvorträge aus Vorjahren zu behandeln seien, also als Vorgruppenverluste bzw im Mantelkauffalle als nicht mehr zum Verlustabzug zugelassene Beträge, wird schon seit Jahren kontroversiell diskutiert. Hinsichtlich der Gruppenbesteuerung hat unlängst der Verwaltungsgerichtshof eine vorangegangene BFG-Entscheidung bestätigt und damit die Richtlinienmeinung des BMF verworfen. Die im höchstgerichtlichen Erkenntnis getroffenen Aussagen und Begründungen lassen den Schluss zu, dass damit auch die diesbezügliche Rechtsansicht der Finanzverwaltung zum Mantelkauf nicht mehr haltbar sein könnte. 

Steuerlich grundsätzlich abzugsfähige Teilwertabschreibungen (TWA) bzw Veräußerungsverluste auf zum Anlagevermögen1) gehörende Beteiligungen iS § 10 KStG sind gemäß § 12 Abs 3 Z 2 KStG im Wirtschaftsjahr der TWA und in den nachfolgenden sechs Wirtschaftsjahren zu je einem Siebentel zu berücksichtigen, grundsätzlich also über sieben Wirtschaftsjahre verteilt in den Körperschaftsteuererklärungen geltend zu machen. Noch unverrechnete, weil gemäß § 12 Abs 3 Z 2 KStG erst in Folgejahren betriebsausgabenwirksam zu berücksichtigende TWA-Siebtel sind daher grundsätzlich keine Verlustvorträge aus Vorjahren iS § 8 Abs 4 Z 2 KStG, sondern können allenfalls erst in den Folgejahren zu steuerlichen Verlusten führen bzw diese erhöhen. Dieser Unterscheidung kommt insbesondere bei der Verlustverrechnung im Rahmen der Gruppenbesteuerung (§ 9 Abs 6 Z 4 KStG) sowie auch beim Verlustvortragsverfall im Falle eines sog. „Mantelkaufs“ (§ 8 Abs 4 Z 2 lit c KStG) erhebliche Bedeutung zu: 

Vorgruppenverluste (gemäß § 9 Abs 6 Z 4 KStG) 

Die Rechtslage

War eine Gesellschaft zunächst selbständiges Körperschaftsteuersubjekt und wird erst später als Mitglied in eine körperschaftsteuerliche Unternehmensgruppe aufgenommen, so sind ihre Verlustvorträge aus der Vorgruppenzeit als sog. „Vorgruppenverluste“ zu behandeln, die nicht auf den Gruppenträger übergehen bzw nicht im Rahmen der Einkommensermittlung im Gruppengesamteinkommen verrechenbar sind, sondern auf Ebene des Gruppenmitglieds verbleiben und nur mit dessen eigenem Einkommen zu verrechnen sind (dafür aber zu 100 %, dh ohne Berücksichtigung der 75%-Grenze) und erst ein sohin vermindertes Einkommen des Gruppenmitglieds der beteiligten Obergesellschaft (übergeordnetes Gruppenmitglied oder Gruppenträger) zugerechnet wird. 

§ 9 Abs 6 Z 4 KStG ordnet relativ klar an, was in diesem Zusammenhang bei Ermittlung des zuzurechnenden steuerlich maßgeblichen Ergebnisses zu beachten ist: „Vortragsfähige Verluste (§ 8 Abs 4 Z 2) des unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitglieds aus Zeiträumen vor dem Wirksamwerden der Unternehmensgruppe (Vorgruppenverluste) oder aus einer umgründungsbedingten Übernahme durch ein Gruppenmitglied (Außergruppenverluste) können bis zur Höhe des eigenen Gewinnes des jeweiligen Gruppenmitglieds verrechnet werden. Außergruppenverluste liegen nicht vor, wenn vortragsfähige Verluste innerhalb der Gruppe entstanden sind und umgründungsbedingt auf ein anderes Gruppenmitglied übergehen.“ 

Verwaltungspraxis: Nach der in den Körperschaftsteuerrichtlinien dargelegten Rechtsauslegung der Finanzverwaltung sollen hingegen auch bis dato noch unverrechnete TWA-Siebtel in die Vorgruppenverlustverrechnung einbezogen werden (Rz 1071 KStR 2013): „ … Auch offene Siebentel aus Teilwertabschreibungen im Sinne des § 12 Abs 3 Z 2 KStG 1988 stellen Vorgruppenverluste dar, weil es sich bei § 12 Abs 3 Z 2 KStG 1988 um eine reine Verteilungsvorschrift handelt, die keine Auswirkung auf den Zeitpunkt des Entstehens des TWA-Verlustes hat (in diesem Sinne VwGH 14.10.2010, 2008/15/0212 zu § 4 UmgrStG). Ab Aufnahme einer Beteiligungskörperschaft in die Unternehmensgruppe sind offene TWA-Siebtel der Beteiligungskörperschaft daher nach Maßgabe ihrer Abreifung als Vorgruppenverlust zu berücksichtigen. …“ 

Das Rechtsmittelverfahren 

Sachverhalt: Im konkreten Fall ging es um eine GmbH, an der im Jahr 2007 eine Mehrheitsbeteiligung seitens der Gruppenträgerin begründet wurde und die sodann in deren körperschaftsteuerliche Unternehmensgruppe einbezogen wurde. Das nunmehrige Gruppenmitglied dürfte zu diesem Zeitpunkt über kein (nennenswertes) Gesellschaftsvermögen mehr verfügt haben, jedoch über beträchtliche Verlustvorträge und offene Siebentel-Abschreibungen gemäß § 12 Abs 3 Z 2 KStG aus einer bereits im Jahr 2004 erfolgten Teilwertabschreibung. Strittig war die steuerliche Behandlung der erst in den Jahren 2007 bis 2009abgereiftenSiebentel-Abschreibungen aus dieser Beteiligungsabschreibung.  

  • Entscheidung des Bundesfinanzgerichts (BFG 13.7.2015, RV/7100148/2014) 

In Ansehung des offenbar relativ speziellen Sachverhalts wies das BFG (so wie zuvor auch bereits das Finanzamt) zunächst zwar darauf hin, dass es ein grundsätzliches Ziel des Gesetzgebers sei, ua den “Einkauf von Verlusten“ zu vermeiden, sodass auch eine steueroptimierende Aufnahme von Gruppenmitgliedern mit offenen Siebentel-Abschreibungen durchaus kritisch zu sehen sei. Das Finanzgericht kam aber letztlich dennoch zum Ergebnis, dass es der Gesetzeswortlaut des § 9 Abs 6 Z 4 KStG einfach NICHT zulasse, auch die erst während der Gruppenmitgliedschaft wirksam werdenden TWA-Siebtel als „vortragsfähige Verluste (§ 8 Abs 4 Z 2)“ aus Zeiträumen vor dem Wirksamwerden der Unternehmensgruppe zu subsumieren. Die gemäß § 12 Abs 3 Z 2 KStG erst in den einzelnen Gruppenmitgliedschaftsjahren abreifenden TWA-Siebtel seien daher im Rahmen der jährlichen Ergebnisermittlung für das betreffende Gruppenmitglied zu berücksichtigen und vermindern daher im Wege der Zurechnung auch das Gruppeneinkommen. Im Detail verweisen wir dazu auf unseren <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag „BETEILIGUNGEN | Siebtelabschreibungen oder Vorgruppenverluste?“ vom 14.10.2015.  

  • Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH 31.5.2017, Ro 2015/13/0024) 

Die Finanzverwaltung trug die Frage im Wege einer Amtsrevision an den VwGH heran, worüber das Höchstgericht nunmehr entschieden und im Ergebnis die Vorentscheidung des BFG bestätigt bzw die Revision als unbegründet abgewiesen hat: Ungeachtet der  auch vom VwGH angesprochenen Problematik unerwünschter Verlustverwertungsgestaltungen seien jedoch in Ansehung des Gesetzeswortlauts (und mit Hinweis auf div. Literaturmeinungen) die erst später „abreifendenTWA-Siebtel nicht unter die Vorgruppenverluste nach § 9 Abs 6 Z 4 KStG subsumierbar. Der Umstand, dass das Siebentel seine Wurzel in einer vor dem Wirksamwerden der Unternehmensgruppe erfolgten Teilwertabschreibung hat, sodass sich seine Herkunft „aus Zeiträumen“ vor dem Wirksamwerden der Unternehmensgruppe bejahen ließe, ändere daran nichts. Dem unstrittig verfolgten Ziel, einem Einkauf von Verlusten entgegenzuwirken, diene § 9 Abs 6 Z 4 KStG nur im Rahmen der in § 18 Abs 6 EStG bzw § 8 Abs 4 Z 2 KStG besonders geregelten Berücksichtigung von Verlusten früherer Jahre, zu denen das im jeweiligen Veranlagungsjahr „abreifende“ (und erst hier einkünftemindernd wirkende) Siebtel NICHT gehört. Schließlich wies das Höchstgericht auch noch darauf hin, dass auch sein von der Finanzverwaltung ebenfalls ins Treffen geführtes Erkenntnis (VwGH 14.10.2010, 2008/15/0212, betreffend Siebtelübertragungen für eine nicht mehr vorhandene Beteiligung im Rahmen der partiellen Gesamtrechtsnachfolge bei Spaltungen) zu keinem anderen Ergebnis führen könne bzw diese Argumentation auf die gegenständliche Fallkonstellation nicht übertragbar sei.

Verlustvortragsverfall beim Mantelkauf (gemäß § 8 Abs 4 Z 2 lit c KStG) 

Im Zeitablauf noch vor der oben dargelegten Problematik, auf welche Weise Verlustvorträge aus Vorjahren sowie erst in Folgejahren „abreifende“ TWA-Siebtelbeträge nach Eintritt in eine Unternehmensgruppe zu verrechnen sind, stellt sich die Vorfrage, inwieweit körperschaftsteuerliche Verlustvorträge einer Kapitalgesellschaft anläßlich deren Veräußerung (Gesellschafterwechsel) überhaupt erhalten bleiben. Dazu wurde im Gesetz ein spezieller Mantelkauftatbestand normiert, mit dem insbesondere der „Verlusteinkauf“ aus nicht mehr aktiven Gesellschaften hintangehalten werden soll (vgl zuletzt auch unseren <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag „DEUTSCHLAND | Überzogene Mantelkaufbestimmung verfassungwidrig!“ vom 13.6.2017). 

Gemäß § 8 Abs 4 KStG steht grundsätzlich auch Körperschaften im Rahmen ihrer steuerlichen Einkommensermittlung ein Verlustabzug iS § 18 Abs 6 EStG zu, was jedoch gemäß § 8 Abs 4 Z  2 lit c KStG wie folgt eingeschränkt wird: „Der Verlustabzug steht ab jenem Zeitpunkt nicht mehr zu, ab dem die Identität des Steuerpflichtigen infolge einer wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur im Zusammenhang mit einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage nach dem Gesamtbild der Verhältnisse wirtschaftlich nicht mehr gegeben ist (Mantelkauf). …“ 

Verwaltungspraxis: Nach der in den Körperschaftsteuerrichtlinien dargelegten Rechtsauslegung der Finanzverwaltung sollen bis dato noch unverrechnete TWA-Siebtel auch in die Mantelkaufregelung einbezogen werden (Rz 994 KStR 2013): „Unberührt vom Tatbestand eines Mantelkaufs bleiben Schwebeverluste (Wartetastenverluste) im Sinne des § 7 Abs 2 KStG 1988 in Verbindung mit § 2 Abs 2a EStG 1988, die auch bei einer vollständigen Strukturänderung der Körperschaft mit ihren nächsten Gewinnen zu verrechnen sind. Keine Schwebeverluste (Wartetastenverluste) sind die Siebentelbeträge iSd § 12 Abs 3 Z 2 KStG 1988. Die Bestimmung des § 12 Abs 3 Z 2 KStG 1988 stellt eine reine Verteilungsregelung dar, die anders als die Vorschrift des § 2 Abs 2a EStG 1988 keine Bindung der Verrechnung an eine bestimmte Einkunftsquelle festlegt. Die Siebentelbeträge sind daher wie ein noch nicht verwerteter Verlust vom Tatbestand des Mantelkaufes mit umfasst.“ 

Ähnlich wie bei der obigen Streitfrage zum Thema Vorgruppenverluste, die jedoch zwischenzeitig höchstgerichtlich geklärt wurde, will die Finanzverwaltung also auch beim Mantelkauftatbestand die noch gar nicht verrechneten Siebtelbeträge aus Beteiligungsabschreibungen unter die Verlustvorträge aus Vorjahren subsumieren, sodass diese daher bei Erfüllen sämtlicher Tatbestandsmerkmale des § 8 Abs 4 Z 2 lit c KStG ebenfalls nicht mehr verrechenbar wären (vgl dazu auch bereits unseren <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag „BETEILIGUNGSERWERB | Warm anziehen beim Mantelkauf!“ vom 30.9.2013). 

Im Hinblick auf den dem oa Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zu den Vorgruppenverlusten (VwGH 31.5.2017, Ro 2015/13/0024) zugrunde liegenden Sachverhalt bzw auch aufgrund einiger inhaltlicher Aussagen des Höchstgerichts ist uE fraglich, ob die restriktive Richtlinienmeinung der Finanzverwaltung in Rz 994 KStR tatsächlich noch aufrechtzuerhalten ist.

Fazit 

Nach dem aktuellen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 31.5.2017, Ro 2015/13/0024) ist nunmehr endgültig geklärt, dass die im Zeitpunkt des Gruppenbeitritts noch unverrechneten Siebtelabschreibungen für (noch bestehende oder ehemalige) Beteiligungen auch weiterhin im Rahmen der jährlichen Einkommensermittlung beim nunmehrigen Gruppenmitglied betriebsausgabenwirksam werden und NICHT als „Vorgruppenverluste“ iS § 9 Abs 6 Z 4 KStG umzuinterpretieren sind. Die gegenteilige Rechtsansicht in den Körperschaftsteuerrichtlinien (Rz 1091 KStR) ist daher nicht mehr aufrechtzuerhalten. 

Wenngleich die oa VwGH-Entscheidung also zu einer anderen Thematik ergangen ist, können aufgrund des zugrundeliegenden Sachverhalts (Erwerb einer relativ vermögenslosen, mit Verlustvorträgen und offenen TWA-Siebteln ausgestatteten Kapitalgesellschaft und deren anschließende Einbeziehung in eine Unternehmensgruppe) sowie auch in Anbetracht einiger Ausführungen des Höchstgerichts (Hintanhaltung unerwünschten Verlusteinkaufs durch § 8 Abs 4 Z 2 KStG betreffend die Verluste früherer Jahre, zu denen jedoch die erst in späteren Veranlagungsjahren „abreifenden“ TWA-Siebtel nicht gehören) zumindest auch starke Zweifel aufkommen, inwieweit die Rechtsansicht in den Körperschaftsteuerrichtlinien (Rz 994 KStR), wonach beim Mantelkauf neben den Verlustvorträgen aus Vorjahren auch offene TWA-Siebtel verfallen würden, ebenfalls noch aufrechtzuerhalten ist. 

Im Falle einer von den Richtlinien abweichenden Vorgangsweise sollte freilich auf eine hinreichende Offenlegung iS § 119 BAO Bedacht genommen werden, um jedenfalls finanzstrafrechtliche Probleme hintanzuhalten. 

Für weitere Fragen zu diesem Themenkomplex stehen Ihnen die Verfasser natürlich gerne zur Verfügung!


1) Vgl dazu auch unseren <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>NL-Beitrag „BETEILIGUNGEN | Anlage- oder Umlaufvermögen im Bilanzsteuerrecht?“ vom 22.5.2017