Im Zuge von Unternehmenserwerben werden seitens des Käufers häufig auch Due Diligence-Prüfungen durchgeführt, um ein „Objekt der Begierde“ hinreichend kennenzulernen und beurteilen zu können. In der Praxis kommt es - je nach Zeitpunkt und Zielsetzung einer Due Diligence - immer wieder zu Abgrenzungsschwierigkeiten, ob die hiefür aufgewendeten Kosten Betriebsausgaben oder aber aktivierungspflichtige Anschaffungs(neben)kosten für die erworbene Beteiligung sind. In einem konkreten Rechtsmittelfall hatte das Bundesfinanzgericht zunächst die sofortige Abzugsfähigkeit bejaht. Demgegenüber hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner kürzlich veröffentlichten Letztentscheidung auf Aktivierungspflicht erkannt und dabei auch einige allgemeingültige Abgrenzungskriterien erläutert.
Aus allgemeiner (bilanzieller) Sicht ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es sich bei einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (Aktien einer AG oder Geschäftsanteil an einer GmbH) um einen einheitlichen Vermögensgegenstand bzw ertragsteuerlich um ein Wirtschaftsgut handelt, welches anläßlich des Erwerbsvorganges mit den „Anschaffungskosten“ zu aktivieren ist. Mangels einer eigenen steuerlichen Begriffsdefinition in § 6 EStG ist dabei grundsätzlich auf das Unternehmensrecht abzustellen (Maßgeblichkeitsprinzip):
Anschaffungsvorgang und Anschaffungskosten
§ 203 Abs 2 UGB lautet wie folgt: „Anschaffungskosten sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Zu den Anschaffungskosten gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten. Anschaffungspreisminderungen sind abzusetzen.“
Schwierigkeiten bereitet in der Praxis häufig die Abgrenzung, ob es sich bei einzelnen Kosten im Hinblick auf einen geplanten Unternehmens- bzw Beteiligungserwerb – also einem relativ komplexen Vorgang von oftmals längerer Dauer – noch um sofort als Betriebsausgaben abzugsfähige Kosten für die Entscheidungsvorbereitung bzw Entscheidungsfindung handelt (diese Differenzierung findet sich nicht nur in der einschlägigen Fachliteratur sondern auch in den Einkommensteuerrichtlinien des BMF, vgl insb. Rz 2187 EStR) oder um bereits nach erfolgter Erwerbsentscheidung getätigte und somit aktivierungspflichtige Anschaffungskosten.
Die Einkommensteuerrichtlinien differenzieren weiters danach, dass es sich beim Anschaffungszeitpunkt um den Zeitpunkt der Erlangung des wirtschaftlichen Eigentums handelt (Übergang der wirtschaftlichen Verfügungsmacht), der primär für die Bilanzierung dem Grunde nach maßgebend sei (Rz 2166 EStR) und nur sehr eingeschränkt auch für die Bilanzierung der Höhe nach (betreffend Abzinsung auf Barwerte, Rz 2167 EStR). Demgegenüber habe die Ermittlung von Anschaffungskosten für ein Wirtschaftsgut nicht zeitpunkt- sondern zeitraumbezogen zu erfolgen und erfassen diese daher den gesamten Anschaffungszeitraum. Der Anschaffungsvorgang ist va bedeutsam für die Ermittlung der Anschaffungsnebenkosten sowie der nachträglichen Anschaffungskosten (Rz 2168 EStR).
Da es sich bei Beteiligungen um keine körperlichen Wirtschaftsgüter sondern eben um Finanzanlagen handelt, sind eine Tatbestandsmerkmale des Anschaffungskostenbegriffs wie etwa die Versetzung in einen betriebsbereiten Zustand, erstmalige bestimmungsgemäße Nutzbarmachung und objektive Betriebsbereitschaft (Rz 2169 EStR) nicht wörtlich sondern vielmehr sinngemäß zu verstehen. Als konkrete Anschaffungsnebenkosten für Beteiligungen werden in Rz 2239 EStR „insbesondere“ vom Gesellschafter übernommene Gründungskosten1), Provisionen, Kosten der Vertragserrichtung sowie eine allfällige Grunderwerbsteuer angeführt (letztere meint wohl die Verwirklichung des Anteilsvereinigungstatbestandes iS § 1 Abs 3 GrEStG, deren Aktivierungspflicht im Lichte der BFH-Rechtsprechung jedoch strittig ist bzw auch einer Richtlinienaussage an anderer Stelle widerspricht, siehe Rz 6106 EStR). Hinsichtlich der Kosten für eine „Due Diligence“ gibt es in den Richtlinien hingegen bis dato keine expliziten Hinweise.
Rechtsmittelfahren zu Kosten einer Due Diligence
Sachverhalt
In diesem konkreten Fall stellte sich der Akquisitionsprozess samt Due Diligence (DD) im Zeitablauf wie folgt dar:
- 29.09.2009: Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung
- 04.12.2009: Aufsichtsratssitzung mit Beschluss betreffend eine Marktstudie, Bilanz- und DD-Prüfung (samt ersten Kaufpreisüberlegungen)
- 02.02.2010: Letter of Intent (LOI), worin ua die weitere Vorgangsweise vereinbart wurde, insb. die zeitliche Abfolge für DD, Anbotlegung und Kaufpreisverhandlungen)
- 09.02. bis 15.03.2010: Beauftragung und Durchführung der Due Diligence
- 09.10. 2009 bis 20.05.2010: Beratungsleistungen von Rechtsanwalt u. Steuerberater
- 21.05.2010: Abschluss des Kaufvertrages (auf Erwerberseite durch Vorstand)
- 25.05. bis 08.06.2010: Genehmigung durch den Aufsichtsrat (mittels Umlaufbeschluss)
Im Zuge einer Außenprüfung stellte die Finanzverwaltung fest, dass die in Zusammenhang mit dem gegenständlichen Erwerb einer GmbH in den Jahren 2010 und 2011 angefallenen Beratungsaufwendungen nicht bloße Maßnahmen zur Vorbereitung einer noch gänzlich unbestimmten bzw vielleicht erst später noch zu treffenden Erwerbsentscheidung betrafen (wie etwa bei einer Marktstudie). Vielmehr sei davon auszugehen, dass bereits bei Beauftragung der Due Diligence-Prüfung die Absicht bestand, die Gesellschaft zu erwerben, soferne das Prüfungsergebnis positiv sei. Demgemäß seien die DD-Aufwendungen als Anschaffungskosten zu aktivieren.
Entscheidung des Bundesfinanzgerichts (BFG 3.6.2015, RV/2100567/2015)
Nach Ansicht des BFG entspreche es durchaus der Lebenserfahrung bzw den wirtschaftlichen Gepflogenheiten, in Zusammenhang mit einem geplanten Beteiligungserwerb zunächst strategische Überlegungen in Form von Marktstudien und/oder einer Due Diligence-Prüfung durchzuführen. Die diesbezüglichen Aufwendungen seien jedoch noch nicht in einem derart „engen Kontext“ mit dem späteren Erwerb gestanden, zumal im DD-Zeitpunkt noch nicht festgestanden sei, ob es tatsächlich zu einem Kauf kommen werde. Der DD-Auftrag habe dahingehend gelautet, Grundlagen für die Kaufpreisfindung für einen möglichen Beteiligungserwerb zu erarbeiten. Die endgültige Kaufentscheidung sei im vorliegenden Fall erst mit Abschluss des Kaufvertrages gefallen (welcher erst durch Genehmigung durch den AR wirksam geworden sei).
Bei den strittigen DD-Aufwendungen könne daher nicht von aktivierungspflichtigen Anschaffungsnebenkosten gesprochen werden, vielmehr lägen sofort abzugsfähige Betriebsausgaben vor.
Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 23.2.2017, Ro 2016/15/0006)
Der VwGH teilte im Rahmen der Amtsrevision NICHT die Rechtsansicht des BFG, wonach nur jene Kosten Anschaffungskosten darstellen, die erst nach einer endgültigen („finalen“) Erwerbsentscheidung angefallen sind. Gerade bei so komplexen Transaktionen wie beim vorliegenden Beteiligungserwerb umfasse der Anschaffungsvorgang einen längeren Zeitraum, welcher in eine Phase des Erwerbs sowie ggfs in eine anschließende Phase der Versetzung in einen betriebsbereiten Zustand unterteilt werden könne. Die Erwerbsphase beginnt nach erfolgter (und dokumentierter) Entschlussfassung über den Erwerb mit der ersten eindeutig auf die Erlangung der Verfügungsmacht über einen konkreten Vermögensgegenstand abzielenden Handlung.
Während planerische Handlungen, welche bloß die Entscheidungsfindung unterstützen und auf die Auswahl aus einer Reihe von Alternativen abzielen (zB rein informative Messebesuche, Investitionsrechnungen zur Ermittlung der besten Variante) noch nicht dem Erwerb eines bestimmten Vermögensgegenstandes dienen, sei dies etwa bei der Einholung von Gutachten zur Bestimmung von Beschaffenheit und Wert des ausgewählten Gegenstandes bereits sehr wohl der Fall. Während des Anschaffungsvorganges für den Erwerb (oder die Nutzbarmachung) von Vermögensgegenständen anfallende Aufwendungen zählen daher zu den Anschaffungs(neben)kosten.
Neben div. Literatur zum Unternehmens- und Steuerrecht verweist das Höchstgericht auch auf seine eigene Rechtsprechung zu Schätzgutachten in Zusammenhang mit einem Gebäudeerwerb, wobei es sich typischerweise um Kosten zur Herbeiführung eines (endgültigen) Entschlusses handle, die aber aufgrund des engen und unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs dennoch als Teil der Anschaffungskosten des Gebäudes anzusehen und somit aktivierungspflichtig sind. Gleiches gelte für die im vorliegenden Fall zu beurteilenden Kosten einer Due Diligence-Prüfung, wenn sie NACH einer grundsätzlich (wenn auch noch nicht unumstößlich) gefassten Erwerbsentscheidung anfallen und es sich nicht lediglich um eine Maßnahme zur Vorbereitung einer noch unbestimmten, erst später zu treffenden Erwerbsentscheidung handelt.
Von zentraler Bedeutung für die Bestimmung der Grundsatzentscheidung für den Beteiligungserwerb war für den VwGH im vorliegenden Fall der sog. „LETTER OF INTENT“ (LOI) vom 2.10.2010, worin schon relativ detailliert die beabsichtigte weitere Vorgangsweise zwischen der (potentiellen) Käufer- und Verkäuferseite festgehalten wurde: Demnach sei Verhandlungsgegenstand eine mögliche zukünftige Übernahme aller Gesellschaftsanteile der betreffenden GmbH; hinsichtlich Kaufpreis gingen die Parteien von einer Bandbreite zwischen acht und 10 Mio EUR aus; Verpflichtung der Verkäuferin, nach Maßgabe der bereits abgeschlossenen Vertraulichkeitsvereinbarung den Vertretern bzw Beratern der Käuferin Zugang zu allen erforderlichen Informationen sowie Durchführung einer umfassenden Due Diligence zu gewähren; Festlegung der Zeitfenster für die Anbotlegung sowie die Kaufpreisverhandlungen. Demgegenüber beiderseitiger Vorbehalt des Rechts einer jederzeit möglichen Beendigung der Verhandlungen, ohne Angabe von Gründen und ohne Entstehung von Ansprüchen der Gegenpartei, jedoch unter Fortbestand der Verpflichtungen aus der Vertraulichkeitsvereinbarung.
So gab der Verwaltungsgerichtshof in diesem konkreten Fall schließlich der Finanzverwaltung Recht und kam zu folgendem Ergebnis:
„Damit lag zwar zu jenem Zeitpunkt unstrittig noch keine endgültige Entscheidung der Mitbeteiligten zum Erwerb der Beteiligung vor. Mit dieser Urkunde wurde aber die Absicht der Mitbeteiligten, eine ganz bestimmte (bereits ausgewählte) Gesellschaft in einem konkret genannten Zeitraum erwerben zu wollen, dokumentiert. Es handelte sich nicht mehr um eine bloße Maßnahme zur Vorbereitung einer noch gänzlich unbestimmten und später vielleicht erst noch zu treffenden Erwerbsentscheidung (wie z.B. bei einer Marktstudie oder im Zusammenhang mit der Auswahl eines Vermögensgegenstandes aus einer Reihe von Alternativen). Die Kosten der Due Diligence-Prüfung dienten also bereits der (zunächst beabsichtigten und sodann realisierten) Anschaffung; sie sind als Anschaffungs(neben)kosten zu beurteilen.“
Conclusio
Bei M&A-Projekten bzw Unternehmenserwerben ab einem gewissen Umfang handelt es sich um relativ komplexe Transaktionen, sodass sich in der Regel auch der Anschaffungsvorgang über einen längeren Zeitraum erstreckt. Dies erschwert in der Praxis insbesondere auch die Bestimmung jenes Zeitpunktes, ab dem die Grundsatzentscheidung für einen beabsichtigten Beteiligungserwerb als gefallen anzusehen ist und damit die Erwerbsphase beginnt, in welcher die nunmehr anfallenden Aufwendungen nicht mehr als bloße Kosten der Entscheidungsvorbereitung und –findung sofort als Betriebsausgaben abzugsfähig sind (sog. „pre-decision costs“) sondern als Anschaffungs(neben)kosten iS § 203 Abs 2 UGB auf den Beteiligungsansatz zu aktivieren sind (sog. „post-decision costs“).
Diese Abgrenzungsschwierigkeiten betreffen insbesondere auch die Kosten für die in der M&A-Praxis bedeutsamen sog. „Due Diligence“-Prüfungen, die im Sinne der gebotenen Sorgfalt hinreichende Informationen im Hinblick auf einen eventuellen Unternehmens- bzw Beteiligungserwerb bieten sollen. Im obzitierten VwGH-Fall kam das steuerliche Höchstgericht zu dem Ergebnis, dass die grundsätzliche Erwerbsentscheidung schon mit Abschluss eines hinreichend konkreten und detaillierten „Letters of Intent“ (LOI) und somit bereits VOR der Due Diligence getroffen und dokumentiert (!) wurde, sodass die DD-Kosten in diesem konkreten Fall aktivierungspflichtig waren. Daraus ist jedoch keine generelle Aktivierungspflicht für DD-Kosten abzuleiten, sondern auch weiterhin in jedem Einzelfall – je nach Zielsetzung und Zeitpunkt einer Due Diligence und im Gesamtkontext des gesamten Erwerbsprozesses – die korrekte bilanzielle und steuerliche Behandlung zu beurteilen.
Für weitere Fragen zu diesem Themenkomplex stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen Steuerexperten des ICON-Teams gerne zur Verfügung!
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1) vgl zuletzt auch BFG vom 20.02.2017, RV/1100475/2016;