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DBA-RECHT | Betriebsstättenvorbehalt für ungarische Landwirtschaft?

Im Rahmen des „Express Antwort Service“ (EAS) nimmt das österreichische Finanzministerium (BMF) zu Auslegungsfragen des internationalen Steuerrechts Stellung. In einem aktuellen EAS vom 25.03.2020 (EAS 3421) beschäftigte sich das BMF mit der Frage, ob bei einer im Rahmen einer ungarischen Kapitalgesellschaft (Kft) betriebenen Landwirtschaft eines österreichischen Steuerpflichtigen der Betriebsstättenvorbehalt zugunsten Ungarns greift. Im Zuge dieser Anfragebeantwortung wurden  zentrale Grundsatzfragen der Betriebsstättenbegründung durch eine landwirtschaftliche Tätigkeit im Ausland sowie auch betreffend die Beteiligungszurechnung zu Betriebsstätten angesprochen. 

Sachverhalt 

Ein in Österreich ansässiger Steuerpflichtiger ist Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer einer ungarischen Kapitalgesellschaft (Rechtsform Kft). Die Beteiligung wird im Privatvermögen des österreichischen Steuerpflichtigen gehalten. Die Kft verfügt über Anlagen, Maschinen, Grundstücke und Mitarbeiter und führt den operativen Betrieb, einschließlich des Verkaufs der Ernte. 

Weiters hat der Steuerpflichtige auch ein Einzelunternehmen in Ungarn, welches als landwirtschaftlicher Betrieb geführt wird. Das Einzelunternehmen ist aufgrund der Ansässigkeit des Unternehmers als österreichisches Unternehmen zu werten. Es beschäftigt allerdings keine Mitarbeiter und dient dazu, Grundstücke zu erwerben und diese der Kft zur Bewirtschaftung zur Verfügung zu stellen. 

Es stellt sich nun die Frage, ob nach dem maßgeblichen Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Ungarn im Falle einer Gewinnausschüttung der Kft iS Art 10 Abs 4 bzw bei einer Veräußerung der Gesellschaftsanteile iS Art 13 Abs 2 DBA-Ungarn die Beteiligung an der Kft einer Betriebsstätte des Einzelunternehmens in Ungarn zuzurechnen ist (sog. „Betriebsstättenvorbehalt“)? Diesfalls wäre das Besteuerungsrecht nämlich Ungarn zuzuordnen bzw müßte Österreich diese Einkünfte - unter Progressionsvorbehalt - freistellen. 

Ableitbare Grundsätze 

  • Eine Landwirtschaft kann grundsätzlich sehr wohl eine ertragsteuerliche Betriebsstätte begründen, was allerdings eine unternehmerische Tätigkeit voraussetzt. Dies ist aber bei einer bloßen Vermögensverwaltung nicht der Fall. Wenn lediglich Grundstücke angekauft und zur betrieblichen Tätigkeit überlassen werden, ist keine betriebliche Tätigkeit sondern eine reine Vermögensverwaltung gegeben.
     
  • Nach österreichischem innerstaatlichen Recht kann die Kft-Beteiligung nur dann in das Einzelunternehmen eingelegt werden, wenn die Beteiligung als notwendiges Betriebsvermögen des Einzelunternehmens zu werten ist (vgl EStR 2000 Rz 492).
     
  • Abkommensrechtlich setzt die Zurechnung der Kft-Beteiligung zur Betriebsstätte einen funktionalen Zusammenhang mit dieser Betriebsstätte voraus (Grundsätze des AOA). Dabei ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise maßgeblich, dass das Recht auf die Dividende und das potenzielle Risiko iZm der Beteiligungserhaltung tatsächlich der Betriebsstätte zuzurechnen sind.
     
  • Mit der Zurechnung der Beteiligung zur ungarischen Betriebsstätte würde insoweit ein Verlust des österreichischen Besteuerungsrechts und demgemäß im Einlagezeitpunkt eine entsprechende Wegzugsbesteuerung iS § 6 Z 6 lit a EStG einhergehen. 

Das BMF hat jedoch im Rahmen dieses EAS die Fragen hinsichtlich der Begründung einer Betriebsstätte sowie der Beteiligungszurechnung nicht abschließend beantwortet, sondern darauf verwiesen, dass die Sachverhaltswürdigung vom zuständigen Finanzamt zu erfolgen habe. 

FAZIT 

Im oa aktuellen EAS wurden einige wichtige Grundsatzfragen zum Vorliegen einer steuerlichen Betriebsstätte und Zurechnung von Beteiligungen zu einer solchen Betriebsstätte behandelt. Für das Vorliegen einer Betriebsstätte ist eine über die bloße Vermögensverwaltung hinausgehende Tätigkeit erforderlich. Für die Zurechnung einer Beteiligung zu einer Betriebsstätte ist nach innerstaatlichem Recht entscheidend, dass diese zum notwendigen Betriebsvermögen gehört, während abkommensrechtlich die funktionale Zurechnung der Beteiligung zur Betriebsstätte ausschlaggebend ist. 

Für weitere Fragen zu diesem Themenkomplex bzw auch für andere Steuerfragen mit internationalem Bezug stehen Ihnen die Verfasser sowie das gesamte Team der Service Line "International Tax​​​​​​​" gerne bei zur Verfügung!