ENTSENDUNGEN | Einheitliche EU-Meldeplattform für Auslandsentsendungen
Sind ZKO-Meldungen bald Schnee von gestern? Die europäische Kommission schlug Ende 2024 die Einführung eines EU-weit harmonisierten (elektronischen) Meldeportals für die Entsendung von Arbeitskräften innerhalb der Mitgliedstaaten vor. In unserem neuesten Beitrag erfahren Sie, inwiefern Ihr Unternehmen von der neuen Form des Meldeverfahrens profitieren kann und erhalten nähere Informationen zur geplanten Einführung.
Im europäischen Binnenmarkt spielt die grenzüberschreitende Entsendung von Arbeitskräften eine zentrale Rolle. Allein im Jahr 2022 wurden über fünf Millionen Arbeitskräfte vorübergehend innerhalb der EU entsandt – mit steigender Tendenz.
Um ihren Meldepflichten gegenüber den jeweiligen nationalen Behörden nachzukommen, haben Unternehmen derzeit 27 unterschiedliche nationale Formulare zu bearbeiten und mittels verschiedenster Systeme einzubringen. Während für Entsendungen nach Österreich die allseits bekannten ZKO-Meldungen abzugeben sind, verlangt bspw Belgien die Einbringung der Entsendemeldung über das Portal “Limosa” oder Frankreich über “SIPSI”.
Um diesen bürokratischen Aufwand für Unternehmen zu verringern, ohne dabei den Schutz der Arbeitskräfte hintanzustellen, steht nachfolgender Plan auf der Agenda der EU: die Einrichtung eines zentralen, digitalen und einheitlichen Entsendeportals für sämtliche Mitgliedstaaten, die eine EU-weite Harmonisierung des gesamten Entsende- und Meldeprozesses bewirkt.
Was bislang bekannt ist:
Einheitliches elektronisches Meldeportal
Eine öffentliche Schnittstelle innerhalb des Binnenmarktinformationssystems (IMI) soll es ermöglichen, Entsendemeldungen auf nutzerfreundliche Weise an die Mitgliedstaaten zu übermitteln und dort laufend zu verwalten. Technisch baut die Lösung auf der bereits verfügbaren elektronischen Plattform für die Meldung von Arbeitskräften im Straßenverkehrssektor auf und weitet diese aus. Die Zurverfügungstellung und Nutzung soll für Unternehmen kostenlos sein und es Unternehmen ermöglichen, Entsendemeldungen auf benutzerfreundliche Weise über die Schnittstelle an die Mitgliedstaaten zu übermitteln und die eingebrachten Entsendemeldungen zu verwalten.
Die Schnittstelle wird von der Europäischen Kommission zur freiwilligen Nutzung durch die Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt. Die Kommission geht davon aus, dass die Straffung des Verwaltungsverfahrens und der erhöhte Schutz der Arbeitnehmerrechte als überzeugende Argumente für die Anwendungsbereitschaft der Mitgliedstaaten sprechen, sodass keine Verpflichtung zur Nutzung der Schnittstelle notwendig sein wird. Dafür spricht auch, dass im Vorfeld des Kommissionsvorschlags von einer Expertengruppe eine Empfehlung für die Informationsanforderungen an das gemeinsame Formular ausgearbeitet wurde. Als Reaktion darauf haben umgehend 9 Mitgliedstaaten ihre aktuellen nationalen Formulare daran angepasst.
Einbringung mittels standardisiertem Formular
Dem Portal soll ein für alle Mitgliedstaaten standardisiertes Formular zugrunde liegen, welches - ebenso wie die Schnittstelle - in allen Amtssprachen verfügbar sein soll. Die konkrete Ausgestaltung des Standardformulars obliegt der Kommission und ist noch ausständig, wird aber jedenfalls Informationen über den Dienstleistungserbringer, den entsandten Arbeitnehmer, die Entsendung, die Kontaktperson für die zuständigen Behörden sowie den Dienstleistungsempfänger umfassen. In Summe sollen rund 30 Informationspunkte abgefragt werden.
Zur Gewährleistung größtmöglicher Transparenz auch gegenüber den entsandten Arbeitskräften soll die Möglichkeit bestehen, die Meldung auch unmittelbar an die betreffende Person zu übermitteln. Darüber hinaus soll die Wiederverwendung bereits übermittelter Daten aus früheren Meldungen wesentlich zur Effizienzsteigerung beitragen.
Die Rationalisierung des Formulars soll laut Q&A-Aussendung der Kommission eine 25%ige Reduktion des Verwaltungsaufwands bringen, ohne dabei die politischen Ziele zu untergraben.
Vorteile der neuen Meldeplattform
Die Einführung des zentralen EU-Meldeportals für Auslandseinsätze bringt wesentliche Vorteile mit sich, die sowohl Unternehmen als auch entsandten Arbeitskräften zugutekommen:
- Geringerer Verwaltungsaufwand - Zeit- und Kostenersparnis
- Höhere Rechtssicherheit bei der Einhaltung der rechtlichen Vorschriften
- Reduktion des Risikos der Verhängung von Verwaltungsstrafen für die entsendenden Unternehmen
- Erhöhung des Schutzes der Rechte der entsandten Arbeitskräfte
Weiterhin hohe Regeltreue für Unternehmen gefordert
Die einheitliche Meldesystematik erleichtert der öffentlichen Verwaltung die Überwachung der Einhaltung rechtlicher Vorschriften. So wird die transparente Abwicklung des Entsendeprozesses als Ganzes erhöht und die Zahl der Aufdeckung jener Fälle, in denen gegen Entsendevorschriften verstoßen wurde, steigen. Auch soll das System den betreffenden Behörden eines Mitgliedsstaates ermöglichen, im Wege der Amtshilfe von einer Behörde in einem anderen Mitgliedstaat direkt Informationen anzufordern. Die über die Schnittstelle IMI bereitgestellten Informationen sollen für die nationalen Verwaltungsbehörden bei Vorliegen der Voraussetzungen verfügbar gemacht werden.
Zeitrahmen und Ausblick
Die Einführung des Portals ist für das zweite Halbjahr 2025 vorgesehen. In einer ersten Phase sollen freiwillige Meldungen möglich sein, bevor die umfassende Nutzung stufenweise ab 2026 erfolgt. Der Legislativvorschlag der Kommission schafft im Vorfeld jedenfalls die notwendige Rechtsgrundlage für eine Ausweitung des IMI, die Verknüpfung mit der Schnittstelle sowie die Verarbeitung personenbezogener Daten. Die notwendigen Weichen für eine Umsetzung wurden damit gestellt.
FAZIT
Das einheitliche Meldesystem für Entsendungen innerhalb der EU ist ein bedeutender Schritt hin zu mehr Transparenz, Effizienz und Fairness auf dem europäischen Arbeitsmarkt. Wie oben dargestellt werden die Compliance-Anforderungen für Unternehmen dadurch insgesamt nicht geringer, weshalb es weiterhin gilt, behutsam bei der Abwicklung von Entsendefällen vorzugehen.
Durch die harmonisierte, digitale Abwicklung der Entsendemeldung und die zentrale Erfassung der Daten wird das System sowohl den Unternehmen als auch den Behörden ermöglichen, ihre Aufgaben effizienter zu erledigen und gleichzeitig die Rechte der Arbeitnehmer zu schützen.
Die durchschnittliche Zeitersparnis für die Erstellung der Meldung schätzt die Kommission auf über 70%. Für die Praxis bedeutet dies jedenfalls eine durchwegs positive Zukunftsprognose. Es bleibt zu hoffen, dass der Vorschlag in der geplanten Form möglichst rasch umgesetzt wird.