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GRUPPENBESTEUERUNG | EuGH bestätigt FW-Abschreibung auf EU-Beteiligungen!

Nun hat auch der EuGH geurteilt, dass die Beschränkung der Firmenwertabschreibung auf Inlandsgruppenmitglieder eine Verletzung der Niederlassungsfreiheit darstellt. Die zweite Vorlagefrage einer ev. verbotenen Beihilfe blieb hingegen unbeantwortet. Erfahren Sie hier, wie Sie die FW-Abschreibung für Beteiligungen an in der Europäischen Union ansässigen Tochtergesellschaften ev. noch lukrieren können. 

Ausgangssituation und Hintergrund

Im Rahmen der österreichischen Gruppenbesteuerung war ursprünglich für (von fremden Dritten erworbene) Beteiligungen an operativen Inlandsgesellschaften („betriebsführenden unbeschränkt steuerpflichtigen Beteiligungskörperschaften“) eine spezielle „Firmenwertabschreibung“ (FWA) über 15 Jahre in Höhe von max. 50 % der steuerlichen Anschaffungskosten vorgesehen (§ 9 Abs 7 KStG).

Mit seiner aufsehenerregenden Entscheidung vom 16.4.2013 hat der Unabhängige Finanzsenat (UFS Linz) in der Einschränkung auf inländische Gruppenmitglieder einen Verstoß gegen das Unionsrecht gesehen und die FWA im Lichte der Niederlassungsfreiheit auch für Beteiligungen an in der Europäischen Union ansässige Gruppenmitglieder zugestanden, und zwar ungeachtet dessen, dass es sich im Rechtsmittelfall um eine steuerneutrale internationale Schachtelbeteiligung handelte, für die also keine Option zur Steuerwirksamkeit ausgeübt wurde und demgemäß im Falle eines späteren Beteiligungsabgangs ein Veräußerungsgewinn nicht steuerpflichtig wäre. Dies veranlasste das zuständige Finanzamt Linz zu einer Amtsbeschwerde an den VwGH, wobei das Höchstgericht jedoch zunächst ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH richtete und darin nicht nur die Frage der Niederlassungsfreiheit thematisierte sondern zugleich anfragte, ob es sich bei der österreichischen FW-Abschreibung ev. überhaupt um eine (grds verbotene) staatliche Beihilfe handeln könnte? Am 16.4.2015 ergingen im EuGH-Verfahren zunächst die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott, die in der restriktiven österreichischen Regelung ebenfalls eine Verletzung der Niederlassungsfreiheit sah und das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe verneinte.

Das österreichische BMF bzw der Steuergesetzgeber dürfte die tatsächliche EU-Widrigkeit der auf das Inland eingeschränkten FW-Abschreibung wohl befürchtet haben, zumal mit dem Abgabenänderungsgesetz 2014 deren generelle Abschaffung für neue Beteiligungserwerbe erfolgte. Die Geltendmachung von offenen Fünfzehntelabschreibungen für Alterwerbe bis 28.2.2014 ist nur dann weiter zu berücksichtigen, „wenn sich der steuerliche Vorteil aus der Firmenwertabschreibung beim Erwerb der Beteiligung auf die Bemessung des Kaufpreises auswirken konnte und die Einbeziehung dieser Körperschaft in eine Unternehmensgruppe spätestens für ein Wirtschaftsjahr dieser Körperschaft erfolgt, das im Kalenderjahr 2015 endet“ (Übergangsbestimmung in § 26c Z 47 KStG).

Siehe zur bisherigen Rechtslage und Entwicklung im Detail auch unseren NL-Beitrag <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>„GRUPPENBESTEUERUNG – Aktuelles zur Firmenwertabschreibung“ vom 12.5.2015.

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH 6.10.2015 in der Rs C-66/14)

Am 6.10.2015 wurde nunmehr das mit Spannung erwartete Urteil des europäischen Höchstgerichts veröffentlicht, womit dem Vorabscheidungsersuchen des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes mittels Stellungnahme zu den beiden Vorlagefragen wie folgt Rechnung getragen wurde:

  • Frage der verbotenen Beihilfe

Hier führt der EuGH kurzerhand aus, dass sich ein Abgabenschuldner nicht darauf berufen kann, die Befreiung anderer Unternehmen stelle eine staatliche Beihilfe dar, um sich so seiner Abgabenentrichtung zu entziehen. Zudem enthalte die Vorlageentscheidung des VwGH keinen Anhaltspunkt, dass die Beantwortung dieser Vorlagefrage für das vorlegende Gericht erforderlich wäre, um den bei ihm anhängigen Rechtsstreit zu entscheiden. Es sei daher davon auszugehen, dass die erste Frage offensichtlich in keinem Zusammenhang mit dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht. Diese erste Frage des VwGH ist nach Ansicht des EuGH daher im gegenständlichen Verfahren unzulässig und blieb somit unbeantwortet.

  • Frage der Niederlassungsfreiheit

In Ansehung des Ziels der österreichischen Regelung, nämlich die Schaffung eines steuerlichen Anreizes zur Bildung von körperschaftsteuerlichen Unternehmensgruppen, ist nach Ansicht des EuGH der Erwerb von in- und ausländischen Gruppenmitgliedern objektiv vergleichbar. Ein Ausschluss ausländischer Gruppenmitglieder von der Firmenwertabschreibung ist daher tatsächlich als Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit anzusehen. Eine derartige Ungleichbehandlung lässt sich auch durch die seitens der Republik ins Treffen geführten Argumente nicht rechtfertigen, weder mit der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten der EU (Besteuerungsrechte für Gewinne von in- und ausländischen Gruppenmitgliedern) noch mit der Wahrung der Kohärenz des Steuersystems (Besteuerungsunterschiede zwischen Inlandsbeteiligungen und internationalen Schachtelbeteiligungen im Veräußerungsfalle). Für den EuGH war auch nicht erkennbar, dass die fragliche Ungleichbehandlung durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt wäre, sodass die österreichische Firmenwertabschreibung im Rahmen der Gruppenbesteuerung mit der Niederlassungsfreiheit unvereinbar ist.

Zusammenfassung und Handlungsbedarf

Nach Ergehen des EuGH-Urteils ist in gegenständlicher Angelegenheit noch die förmliche Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes abzuwarten, wobei der Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit klar sein sollte und hinsichtlich der Beihilfenfrage in Expertenkreisen davon ausgegangen wird, dass der VwGH diese verneinen oder sich dazu überhaupt nicht äußern wird.

Für Beteiligungen an in der Europäischen Union ansässigen Gesellschaften, die bis spätestens 28.2.2014 erworben wurden und für welche sich nach § 9 Abs 7 KStG ein nennenswerter Firmenwert errechnet und die bereits Gruppenmitglieder sind oder bis spätestens 2015 in eine körperschaftsteuerliche Unternehmengsgruppe einbezogen werden, kann – im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten ggfs auch noch für Vorjahre – versucht werden, offene Fünfzehntelbeträge gemäß § 26c Z 47 KStG geltend zu machen. Die restriktive Übergangsvorschrift in § 26c Z 47 KStG sollte dem bei unionsrechtskonformer Interpretation bzw in Ansehung des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts nicht entgegenstehen bzw wird die Übergangsbestimmung in Expertenkreisen für sich als unionsrechtswidrig erachtet. Dem steht allerdings nach wie vor die gegenteilige Rechtsansicht der Finanzverwaltung gegenüber, wonach eine Firmenwertabschreibung auf Beteiligungen an EU-Gruppenmitgliedern aufgrund der österreichischen Rechtslage kategorisch abzulehnen sei (vgl Rz 1110c KStR). Zur Vermeidung finanzstrafrechtlicher Risiken sollte die Geltendmachung von FWA-Fünfzehntelbeträgen für EU-Gruppenmitglieder daher einer hinreichenden Offenlegung in den Körperschaftsteuererklärungen unterzogen werden (§ 119 BAO).

Für Fragen stehen Ihnen die Verfasser sowie auch die übrigen Steuerexperten der ICON gerne zur Verfügung!