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LOHNVERRECHNUNG | Lohnsteuerrichtlinienwartungserlass 2022 (Teil 1)

Mit Erlass des BMF vom 19.12.2022, 2022-0.882.742, BMF-AV Nr. 161/2022 wurde der Lohnsteuerrichtlinienwartungserlass 2022 veröffentlicht, der eine Fülle an Änderungen in den Lohnsteuerrichtlinien mit sich bringt. Die wesentlichen Änderungen stellen wir im Rahmen einer zweiteiligen Newsletterreihe dar.

 

Antrag auf unbeschränkte Steuerpflicht – RZ 7-9

​​​​​​​Eine Anpassung/Änderung der Rz 7-9 erfolgte vor allem hinsichtlich der Textierung der in § 1 Abs 4 EStG enthaltenen Bestimmung. Diese war bisher unter dem Titel “Option zur unbeschränkten Steuerpflicht" bekannt und wurde jetzt auf “Antrag auf Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig” geändert. Die Voraussetzungen, um diesen Antrag in Anspruch nehmen zu können, blieben hingegen inhaltlich gleich. Um den Antrag auf unbeschränkte Steuerpflicht stellen zu können, müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • kein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Inland,
  • Vorliegen inländischer Einkünfte im Sinne des § 98 EStG,
  • Haupteinkünfte in Österreich (90% des Welteinkommens) oder Nichtüberschreiten der Grenze von 11.693 Euro (bis 2022: 11.000 Euro) mit den nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegenden Einkünften,
  • Nachweis der Auslandseinkünfte durch eine Bescheinigung der Abgabenbehörde des Ansässigkeitsstaates (Formular E 9 - Bescheinigung der ausländischen Steuerbehörde zur Einkommensteuererklärung für Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums),
  • Nachweis der Auslandseinkünfte aus anderen Staaten, sofern diese nicht im E 9 des Ansässigkeitsstaates enthalten sind,
  • Antragstellung bis zum Eintritt der Rechtskraft des Bescheides.

Auch im Falle der Antragstellung unterliegen der inländischen Besteuerung jedenfalls nur die in Österreich im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht erzielten Einkünfte.  Die Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig erstreckt sich nur auf den Steuerpflichtigen selbst und nicht auch auf seine Angehörigen.

Mit dem Antrag auf unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich können sodann folgende Begünstigungen in Anspruch genommen werden: 

  • Familienbonus Plus,
  • Alleinverdienerabsetzbetrag,
  • Alleinerzieherabsetzbetrag,
  • Unterhaltsabsetzbetrag,
  • Kindermehrbetrag,
  • außergewöhnliche Belastungen nach § 34 und § 35 EStG,
  • Progressionsermäßigungen (§§ 37, 38 EStG) sowie
  • der Freibetrag nach § 105 EStG, das Bausparen nach § 108 EStG, die prämienbegünstigte Pensionsvorsorge nach § 108a EStG und die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge nach § 108g EStG.

In Rz 7a erfolgte zudem eine Anpassung der Länderliste, zumal der Antrag auf unbeschränkte Steuerpflicht nur dann  gestellt werden kann, wenn die Person in einem EU/EWR-Staat oder in einem Drittstaat ansässig ist, mit dem Österreich ein DBA mit Diskriminierungsverbot abgeschlossen hat. So wurde der Kosovo hinzugefügt. Großbritannien ist zwar seit 2021 kein EU-Mitgliedsstaat mehr, der Antrag ist allerdings auch im Verhältnis zu Großbritannien weiterhin möglich, da das DBA ein Diskriminierungsverbot enthält.

 

Anpassung Hinzurechnungsbetrag - RZ 1241m

Erfolgt im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht eine Veranlagung, so kommt der sogenannte „Hinzurechnungsbetrag“ zur Anwendung (es wird den österreichischen Einkünften ein in § 102 Abs 3 EStG festgelegter Betrag hinzugerechnet, damit das “steuerliche Existenzminimum” für beschränkt Steuerpflichtige geringer ausfällt). Dieser Hinzurechnungsbetrag wurde für Zeiträume ab 01.01.2023 von EUR 9.000 auf EUR 9.567 erhöht. 

Der Antrag auf Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtiger kann laut Rz 11 weiterhin im Rahmen der Steuerklärung im Formular L1i erfolgen. Ausdrücklich klargestellt wurde darin nun auch, dass dem Antrag eine Bestätigung über den ausländischen Wohnsitz und die Einkünfte im Ausland (Formular E9) beizulegen ist. 

 

RZ 74 Ausländische Ferialpraktikanten – Steuerfreiheit gem. § 3 Abs. 1 Z12 EStG

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 12 EStG können Bezüge von ausländischen Studenten (Ferialpraktikanten) steuerfrei bleiben, wenn die Beschäftigung bei einem inländischen Unternehmen nicht länger als 6 Monate andauert und soweit auch Gegenseitigkeit gewährt wird. Der Umstand der Gegenseitigkeit muss sich dabei grundsätzlich aus dem DBA ergeben. Wenn demnach das DBA im umgekehrten Fall auch im anderen Land Steuerfreiheit bei einer Beschäftigung von Ferialpraktikanten vorsehen würde, so greift lt. Rz 74 die Steuerfreiheit gem. § 3 Abs. Z Z 12 EStG in Österreich. 

 

Klarstellung in RZ 76 hinsichtlich des Gruppenmerkmales – auch leitende Angestellte können eine Gruppe darstellen

Bei der Inanspruchnahme von (lohn-)steuerfreien Leistungen gemäß § 3 EStG ist die Steuerfreiheit oftmals an die Gewährung dieser Leistung an eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern gebunden. Dieses Gruppenmerkmal spielt unter anderem auch bei der steuerfreien Gewährung einer Mitarbeitergewinnbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 Z 35 EStG eine Rolle. 

Hier erfolgte nun auf Basis einer VwGH Entscheidung aus dem Jahr 2016 (VwGH vom 27.07.2016 2013/13/0069) in den Lohnsteuerrichtlinien eine Klarstellung hinsichtlich des Gruppenmerkmales bei leitenden Angestellten . Demnach kann auch der Verantwortungsgrad eines Arbeitnehmers für die Gruppenbildung herangezogen werden, wenn der Verantwortungsgrad anhand objektiver, nachvollziehbarer Kriterien (zB nach einem anerkannten Stellenbewertungssystem) präzisiert ist. Innerhalb einer Gruppe sind aber sämtliche Arbeitnehmer gleich zu behandeln und unter denselben objektiven, nachvollziehbaren Kriterien zu berücksichtigen. Unter diesen Voraussetzungen können auch leitende Angestellte eine Gruppe darstellen.

 

Anpassung der RZ 93 und 94 hinsichtlich freier oder verbilligter Mahlzeiten

§ 3 Abs. 1 Z 17 EStG sieht eine Steuerbefreiung für die unentgeltliche oder verbilligte Verköstigung von Arbeitnehmern vor. In Rz 93 wurde nun - im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben - aufgenommen, dass die Gutscheine für freie oder verbilligte Mahlzeiten gem. § 3 Abs. 1 Z 17 EStG auch für Essensbestellungen via Lieferservice verwendet werden dürfen, ohne dass die Steuerfreiheit verloren geht. 

Gutscheine für Mahlzeiten bleiben gemäß Rz 94 bis zu einem Wert von EUR 8  pro Arbeitstag steuerfrei, wenn die Gutscheine nur zur Konsumation von Mahlzeiten eingelöst werden können, die von einer Gaststätte oder einem Lieferservice zubereitet bzw. geliefert werden.

 

Neue RZ 92m – E-Car-Sharing (§ 3 Abs. 1 Z 16d EStG)

Ab dem Kalenderjahr 2023 sind aufgrund des Teuerungs-Entlastungspaketes Teil II Zuschüsse des Arbeitgebers für die Nutzung CO2-emissionsfreier Fahrzeuge im Rahmen von Carsharing-Plattformen für nicht beruflich veranlasste Fahrten (hierzu zählen auch Fahrten zwischen der Wohnstätte zum Arbeitsplatz) bis zu einer Höhe von EUR 200 pro Jahr steuerfrei. Von der Befreiung sind Kraftfahrzeuge, Fahrräder und Kraftfahrräder im Sinne der §§ 4 und 4b der Sachbezugswerteverordnung umfasst (darunter fallen zB E-Autos, E-Motorräder aber auch E-Bikes und E-Scooter).

E-Car-Sharing im Sinne dieser Steuerbefreiung bedeutet

  • die Nutzung CO2-emissionsfreier Fahrzeuge,
  • die einer unbestimmten Anzahl von Fahrern auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung und einem die Energiekosten miteinschließenden Zeit- oder Kilometertarifes oder Mischformen solcher Tarife angeboten und
  • vom Arbeitnehmer selbständig reserviert und genutzt (z. B. mit Hilfe einer Onlineplattform) werden können.

Der Zuschuss darf an den Arbeitnehmer nicht über die Lohnverrechnung ausbezahlt werden. Der Arbeitgeber kann den Zuschuss entweder direkt an den Fahrzeuganbieter leisten oder dem Arbeitnehmer einen Gutschein zur Verfügung stellen. Zudem muss sichergestellt sein, dass der Arbeitnehmer mit dem Gutschein lediglich E-Fahrzeuge nutzen kann. 

Der Zuschuss ist gemäß der Verweise in § 41 Abs. 4 lit. c FLAG bzw. § 5 Abs. 2 lit. c KommStG auch von den Lohnnebenkosten, also von DB, DZ und Kommunalsteuer befreit und hat keine schädliche Auswirkung auf Pendlerpauschale und Pendlereuro. In der Sozialversicherung und in der betrieblichen Vorsorge ist hingegen derzeit noch keine korrespondierende Regelung vorgesehen, sodass in diesen Bereichen “normale” Beitragspflicht besteht. Es wird in den zuständigen Fachkreisen allerdings noch über eine allfällige Gesetzesinitiative verhandelt.

 

Aufnahme der Regelungen zur 2022 eingeführten Mitarbeitergewinnbeteiligung in die Lohnsteuerrichtlinien

Gemäß  § 3 Abs. 1 Z 35 EStG sind Gewinnbeteiligungen des Arbeitgebers an aktive Arbeitnehmer bis zu 3.000 Euro im Kalenderjahr von der Einkommensteuer befreit. Die bisher nur in BMF-Infos (vgl. zB. Info des BMF vom 25.03.2022, 2022-0.227.090) enthaltenen Detailausführungen zur steuerfreien Mitarbeitergewinnbeteiligung wurden nun auch weitgehend in die Lohnsteuerrichtlinien übernommen. 

Eine umfassende Beitrags-Reihe mit Fragen und Antworten rund um die Mitarbeitergewinnbeteiligung erschienen in der Zeitschrift PVP finden Sie hier:


Folgende Ausführungen aus dem Lohnsteuerrichtlinienwartungserlass möchten wir aber noch hervorheben​​​​​​​

  • Für die Steuerfreiheit der Mitarbeitergewinnbeteiligung ist maßgeblich, dass die Zahlung vom (zivilrechtlichen) Arbeitgeber erfolgt. Entgelte von dritter Seite, wie zB eine Mitarbeitergewinnbeteiligung, welche die Konzernmutter den Arbeitnehmern der Konzerntöchter gewährt, sind von der Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z 35 EStG nicht umfasst.
  • Auch die Kombination der Mitarbeitergewinnbeteiligung mit der sogenannten “Formel 7” (Sechsteloptiermung) ist möglich, wenn ein Teil der Mitarbeitergewinnbeteiligung steuerpflichtig abzurechnen ist (zB weil die Mitarbeitergewinnbeteiligung mehr als EUR 3.000 beträgt). Es muss aber natürlich auch hier eine entsprechende Vereinbarung über die “Sechsteloptimierung” vorliegen. 
  • Es ist durchaus möglich, innerhalb einer Gruppe die Gewinnbeteiligung in unterschiedlicher Höhe zu gewähren. Eine unterschiedliche Höhe der Gewinnbeteiligung innerhalb einer Gruppe von Arbeitnehmern muss ebenso anhand objektiver Kriterien sachlich begründet und nachvollziehbar sein. Durch die Anknüpfung an ein objektives Merkmal (zB das Ausmaß eines einheitlichen Prozentsatzes des Bruttobezuges) kann sich daher im Ergebnis ein unterschiedlich hoher Vorteil (Gewinnbeteiligung in unterschiedlicher Höhe) ergeben. Individuelle Zielvorgaben oder Leistungsziele sind weder als Abgrenzungsmerkmal zur Gruppenbildung noch als sachliche Begründung der Höhe der ausbezahlten Mitarbeitergewinnbeteiligung geeignet. Erhalten einzelne Mitarbeiter der Gruppe ohne sachliche Begründung abweichende, vorteilhaftere Prämienzusagen, steht die Steuerbefreiung insoweit nicht zu.
  • Zudem wurde in RZ 112 ea angeführt, dass es durchaus auch möglich ist, einzelne Arbeitnehmer von einer bestimmten Gruppe auszuschließen, sofern Gründe hierfür nach objektiven, nachvollziehbaren Kriterien im Voraus festgelegt wurden.

Siehe dazu auch folgendes Beispiel aus den Lohnsteuerrichtlinien RZ 112ea:

Der Arbeitgeber hat mit allen angestellten Lagerarbeitern eine Mitarbeiterbeteiligungsvereinbarung geschlossen. Hiervon sollen all jene Lagermitarbeiter, welche im für die Beteiligung relevanten Wirtschaftsjahr Dienstpflichtverletzungen begangen haben, ausgeschlossen werden. Trotz dieser zusätzlichen, sachlich gerechtfertigten Einschränkung kann die Mitarbeiterbeteiligung unter den sonstigen Voraussetzungen an die übrigen Lagerarbeiter steuerfrei gewährt werden.

 

COVID-19 Zulagen und Bonuszahlungen - Ergänzung der Rz 112g aufgrund der Entscheidung des BFG vom 23.06.2022, RV/5100334/2022  

Zulagen und Bonuszahlungen gemäß § 124b Z 350 EStG, die aufgrund der COVID-19-Krise zusätzlich geleistet wurden, waren in den Kalenderjahren 2020/2021 bis 3.000 Euro (auch in Form von Gutscheinen oder vergleichbaren geldwerten Vorteilen) steuerfrei. 

Hier wurde nun auf Basis einer Entscheidung des BFG eine Klarstellung im Lohnsteuerrichtlinienwartungserlass mit aufgenommen. Danach besteht keine Steuerfreiheit gemäß § 124b Z 350 EStG, wenn die im Zusammenhang mit der Covid-19-Krise gezahlte Prämie anstatt (an Stelle) einer in den Vorjahren ausgezahlten Prämie gewährt wird (BFG vom 23.06.2022, RV/5100334/2022).
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FAZIT

Dieser Beitrag umfasst den ersten Teil der umfangreichen Ergänzungen und Änderungen, die sich aus dem Lohnsteuerrichtlinienwartungserlass 2022 in den Lohnsteuerrichtlinien ergeben. Im zweiten Teil informieren wir Sie unter anderem über die Änderungen zu Spezialfahrzeugen, Bezugsumwandlung im Falle von E-Fahrzeugen sowie die neuen Pflichtveranlagungstatbestände.