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M&A-TRANSAKTIONEN | Finanzstrafrechtliche Risiken bei Unternehmenserwerben

Insbesondere bei Share Deals kauft der Erwerber der Beteiligung gleichsam die Historie des Unternehmens mit ein und übernimmt somit ev. auch zahlreiche Risiken. Werden solche Risiken im Rahmen einer Due Diligence aufgedeckt, können sie möglicherweise beseitigt werden oder im Kaufpreis bzw durch vertragliche Gewährleistungsklauseln berücksichtigt werden. Bei Steuerrisiken stellt sich jedoch auch die Frage, wie mit einem damit verbundenen finanzstrafrechtlichen Risiko umzugehen ist bzw inwieweit dieses auf den Käufer übergeht oder beim Verkäufer verbleibt. 

Finanzstrafrechtliche Risiken des Verkäufers 

Für den weichenden Geschäftsführer gilt der Grundsatz, dass die Zurücklegung des Organmandats bzw die Veräußerung des Unternehmens ihn nicht von seiner (bisherigen) finanzstrafrechtlichen Verantwortung befreit. Auch das bloße Einstellen bisheriger Praktiken mit Abgabenhinterziehungswirkung durch die neue Geschäftsführung heilt die finanzstrafrechtlichen Verfehlungen der alten Geschäftsführer nicht. Kritisch ist für ehemalige Geschäftsführer im Hinblick auf ihre früheren finanzstrafrechtlichen Verfehlungen vor allem der Umstand, dass diese oftmals erst im Rahmen von mitunter Jahre später stattfindenden Außenprüfungen zu Tage gefördert werden. Eine Verteidigung kann sich dann jedoch als äußerst mühsam erweisen, zumal idR kein Zugriff mehr auf die benötigten Unterlagen und Informationen besteht und der ehemalige Geschäftsführer zumeist auch keine Möglichkeit hat, sich aktiv an der Betriebsprüfung zu beteiligen. Hier gilt es, jedenfalls im Rahmen einer entsprechenden Steuerklausel für hinreichende Informationspflichten des neuen Eigentümers und für Mitwirkungsrechte des alten Eigentümers bzw der ehemaligen Geschäftsführung vorzusorgen.  

Im Rahmen einer Due Diligence entdeckte finanzstrafrechtliche Vergehen oder Risiken müssen jedenfalls auch dahingehend gewürdigt werden, ob eine Sanierung (zB Erklärungsberichtigungen, Offenlegung, Selbstanzeige) möglich bzw notwendig ist (zB Verjährung). Gerade bei Finanzvergehen, die auch in die Zukunft wirken, wird sich die ehemalige Geschäftsführung oft gezwungen sehen, diese entsprechend richtigzustellen. Anderenfalls könnte für den Käufer ein sog. „Deal Breaker“ vorliegen, der sogar zum Scheitern der gesamten Transaktion führen kann. 

Finanzstrafrechtliche Risiken des Käufers 

Für den neuen Geschäftsführer gilt der Grundsatz, dass er sich an bereits verwirklichten Finanzvergehen im Nachhinein nicht mehr beteiligen kann. Dies gilt vor allem für Fälle bzw Zeiträume, in denen bereits Steuererklärungen abgegeben wurden und rechtskräftige Bescheide ergangen sind. Auch eine Offenlegungspflichtverletzung iS § 33 Abs 1 FinStrG kann nach Vollendung der Tat (Ergehen des Steuerbescheides bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben) nicht mehr verwirklicht werden. Bei steuerlichen Gestaltungen, die auch in die Zukunft wirken (zB Lizenzgebührenzahlungen an Briefkastengesellschaften in Niedrigsteuerländern) muss hingegen jedenfalls die Frage gestellt werden, ob derartige Paktiken fortgeführt werden können, eine Einstellung der bisherigen Praxis für die Zukunft ausreicht, oder ob auch die Vergangenheit saniert werden muss.  

Besonders risikoreich kann für die neue Geschäftsführung die Einreichung von Steuererklärungen für Zeiträume vor dem Unternehmenserwerb sein. Insoweit der neue Geschäftsführer solche Steuererklärungen unterfertigt und einreicht und damit einhergehende Finanzvergehen nicht entsprechend korrigiert, kann dies zur Verwirklichung einer Abgabenhinterziehung oder zumindest Finanzordnungswidrigkeit durch den neuen Geschäftsführer führen. Die erfolgte Durchführung einer Due Diligence kann jedoch dem Geschäftsführer im Zusammenhang mit der Abgabe von Erklärungen für Zeiträume vor dem Erwerb in der Regel als Nachweis dienen, dass er seinen Sorgfaltspflichten hinreichend nachgekommen ist.  

Besonders im Falle von monatlich einzureichenden Erklärungen und Meldungen (UVA und Lohnabgaben) sowie Selbstberechnungsabgaben (zB USt, GrESt) ist entschlossenes und rasches Handeln gefragt. Anderenfalls könnte die neue Geschäftsführung hier, in Bezug auf im Rahmen der Due Diligence bereits entdeckten Finanzvergehen (zB etablierte Verkürzungsmodelle im Hinblick auf Schwarzumsätze), laufend Finanzstrafvergehen verwirklichen. 

Zu beachten ist, dass - insoweit es im Rahmen der Due Diligence zur Feststellung von Abgabenverkürzungen (zB Schwarzlöhne) gekommen ist - das künftige Handeln der Geschäftsführung betreffend dieser Sachverhalte einem strengen Maßstab unterliegt. Werden derartige Finanzvergehen trotz der Erkenntnisse aus dem Due Diligence-Bericht weiter fortgesetzt, wird regelmäßig ein Vorsatzdelikt unterstellt werden. So werden etwa auch vormals fahrlässige Finanzdelikte der alten Geschäftsführung durch die Weiterführung durch den neuen Geschäftsführer zu vorsätzlichen Finanzdelikten, mit entsprechender Erhöhung des Strafausmaßes

Beim Share Deal sollte auch keinesfalls vergessen werden, dass sich im Rahmen der Verbandsverantwortlichkeit auch die Gesellschaft selbst strafbar machen kann. Diesbezügliche Bußgelder haften – auch bei einem Eigentümerwechsel – an der Gesellschaft und können für eine entsprechende Wertminderung der Zielgesellschaft sorgen.  

Abgabenrechtliche Haftung bei Unternehmenserwerben

Auch wenn die neue Geschäftsführung für Verfehlungen, die von ihrem Vorgänger verwirklicht wurden, nicht finanzstrafrechtlich belangt werden kann, so könnte aufgrund der steuerlichen Haftungsbestimmung gemäß § 15 Abs 2 BAO eine Richtigstellung dennoch im Interesse der neuen Geschäftsführung sein. Nach dieser speziellen Vorschrift haftet die neuen Geschäftsführung bzw auch der Erwerber, wenn sie erkennt, dass (Steuer-)Erklärungen des alten Geschäftsführers unrichtig oder unvollständig waren oder deren Einreichung pflichtwidrig unterlassen wurde und sie solche Verstöße nicht binnen drei Monaten, vom Zeitpunkt der Kenntnis an, der Abgabenbehörde melden. 

Zusammenfassung

In Zusammenhang mit der gegenständlichen Thematik dürfen wir Sie auch noch auf folgende weitere, bereits früher erschienene Newsletter-Beiträge hinweisen:  

  • 08.06.2015: <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>M&A-TRANSAKTIONEN | Ablauf eines Unternehmensverkaufs
  • 09.05.2012: <link http: www.icon.at de publikationen news detail external-link-new-window externen link in neuem>DUE DILIGENCE | Vermeidung von Haftungsfolgen beim Unternehmenskauf

Für weitergehende Fragen stehen Ihnen der Verfasser sowie auch die übrigen Experten des <link http: www.icon.at de leistungen mergers-acquisitions external-link-new-window externen link in neuem>ICON-Transaktionsteams<link http: www.icon.at de leistungen mergers-acquisitions external-link-new-window externen link in neuem> gerne zur Verfügung!