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RUSSLAND | Neuer Erlass zur Suspendierung des DBA

Im Zuge einer Verbalnote vom 8. August 2023 hat Russland mit sofortiger Wirkung zahlreiche Bestimmungen des Doppelbesteuerungsabkommens mit Österreich suspendiert. Österreich hat darauf mit der BMF-Info vom 6. Dezember 2023 reagiert, indem auch Österreich die betroffenen Bestimmungen ausgesetzt hat. Die Information des BMF vom 6. Dezember 2023 wird mit diesem Erlass aufgehoben. Bemerkenswert ist vor allem, dass die Doppelbesteuerung nur unilateral auf Basis eines Antrages beim zuständigen Finanzamtes nach § 48 Abs 5 BAO im Wege der Anrechnung vermieden werden kann - die zuständige Behörde hat dabei das Ermessen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu üben.

Umfang der suspendierten Bestimmungen bleibt unverändert

Wie wir Sie bereits in unserem Newsletter RUSSLAND | BMF-Info Suspendierung des Doppelbesteuerungsabkommens vom 18.12.2023 informiert haben, hat Russland im Zuge einer Verbalnote vom 8. August 2023 mit sofortiger Wirkung zahlreiche Bestimmungen des DBA mit Österreich suspendiert. Mit der BMF-Info vom 6. Dezember 2023 hat Österreich klargestellt, dass die suspendierten Bestimmungen auch auf österreichischer Seite ausgesetzt sind. Der Umfang der betroffenen Bestimmungen ist nach dem BMF-Erlass unverändert: 

  • Betriebstätte samt dazugehöriger Protokollbestimmung (Art. 5)
  • Sämtliche Verteilungsnormen samt dazugehöriger Protokollbestimmungen (Art. 6 bis Art. 22)
  • Gleichbehandlung (Art. 24)
  • Amtshilfe bei der Vollstreckung von Steuern (Art. 26.1)
  • Beschränkung von Vergünstigungen (Art. 26.2)
  • Protokollbestimmung zu Art. 25

Formal sind u.a. die Bestimmungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (Art. 23), des Verständigungsverfahrens (Art. 25) und des Informationsaustauschs samt dazugehöriger Protokollbestimmung (Art. 26) zwar nicht suspendiert. Allerdings gehen diese Bestimmungen ebenfalls ins Leere bzw. wurden die Bestimmungen betreffend den Informationsaustausch bereits früher ausgesetzt. 

Unanwendbarkeit der Verordnung zu § 48 BAO

Infolge der Suspendierung des DBA können die Vertragsstaaten nach nationalem Recht uneingeschränkt besteuern. Die Doppelbesteuerung kann daher auch nur durch eine unilaterale Maßnahme in Österreich vermieden werden. 

Der neue Erlass des BMF vom 30.05.2024, 2024-0.317.354 des BMF hat klargestellt, dass die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Vermeidung von Doppelbesteuerungen (Bundesgesetzblatt II Nr. 474/2002), die für in Österreich unbeschränkt Steuerpflichtige bei Nichtanwendbarkeit eines DBA eine unilaterale Beseitigung der Doppelbesteuerung ermöglicht, in diesem Fall nicht anwendbar ist. Dies liegt daran, dass die Anwendbarkeit dieser Verordnung voraussetzt, dass kein DBA besteht. Da das DBA mit Russland dem Grunde nach - zumindest teilweise - noch anwendbar ist, ist diese Voraussetzung nicht erfüllt.

Antrag auf Anrechnung nach § 48 Abs 5 BAO („§ 48 BAO-Bescheid")

Bei Steuerpflichtigen, die der Abgabenhoheit sowohl Österreichs als auch Russlands unterliegen, kann bei Erfüllung der Voraussetzungen nach § 48 Abs 5 BAO auf Antrag die in Russland tatsächlich erhobene Steuer unter Berücksichtigung des Anrechnungshöchstbetrages auf die österreichische Steuer angerechnet werden. Diese Maßnahme erfordert insofern eine bereits eingetretenen internationalen Doppelbesteuerung. 

Im Rahmen der Entscheidung kommen die Ermessensgrundsätze zur Anwendung (arg: “kann”): Die Ermessensentscheidung ist nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Die zu berücksichtigenden Billigkeitsgesichtspunkte umfassen ua. die Art und Schwere der Steuerbelastung des betroffenen Abgabepflichtigen mit in- und ausländischen Steuern. Eine maßgebliche Unbilligkeit wird dann nicht vorliegen, wenn die in Russland erhobene Steuer im Verhältnis zur Gesamtsteuerlast des Steuerpflichtigen lediglich gering ausfällt. Im Rahmen der Zweckmäßigkeit ist das öffentliche Interesse an der Einbringung einer Abgabe zu prüfen. Dieses Interesse kann nicht nur in der Erlangung finanzieller Mittel bestehen, sondern auch dann zu bejahen sein, wenn öffentliche Rücksichten einen Verzicht auf diese Erlangung nicht rechtfertigen lassen (VwGH 14.3.1990, 89/13/0115). Vor diesem Hintergrund ist es nicht zweckmäßig, von EU-Sanktionen betroffene oder nicht in Österreich ansässige Einzelpersonen und Unternehmen im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 48 Abs. 5 BAO unilateral zu entlasten (siehe https://sanctionsmap.eu/#/main sowie VO 833/2014, VO 692/2014 und VO 2022/263).

Um die Voraussetzungen des § 48 Abs. 5 BAO prüfen zu können, hat der Antrag bestimmte Mindesterfordernisse zu beinhalten. 

Um den Vollzug aufgrund zu erwartender hoher Antragszahlen zu vereinfachen, erfolgte für aus Russland bezogene Einkünfte eine Delegierung der Erledigung von Anträgen nach § 48 Abs. 5 BAO vom Bundesminister für Finanzen an das jeweils zuständige Finanzamt als dessen bevollmächtigter Vertreter iSd § 48 Abs. 5 BAO. Der Antrag ist daher beim zuständigen Finanzamt einzubringen und von diesem zu entscheiden. 

FAZIT

  • Die BMF-Info vom 6. Dezember 2023 wird durch den BMF-Erlass vom 30.5.2024 ersetzt. 
  • Der Umfang der suspendierten Bestimmungen hat sich dadurch nicht geändert. Insbesondere läuft auch der Methodenartikel ins Leere. 
  • Daher wurde mit dem BMF-Erlass die im Schrifttum zweifelhafte Frage klargestellt, dass die unilaterale Entlastung nicht „generell“ auf Basis der VO zu § 48 BAO erfolgen kann, sondern individuell ein Antrag nach § 48 Abs 5 BAO zu stellen ist, der dann iSe Ermessenentscheidung vom zuständigen Finanzamt zu erledigen ist. Die Entlastung kann nur im Wege der Anrechnung unter Berücksichtigung des Anrechnungshöchstbetrages erfolgen. 

Zu diesem Thema dürfen wir Sie nochmals auf den Newsletter vom 18.12.2023 hinweisen. 

Abschließend möchten wir Sie noch auf unsere diversen Webinare ​​​​​​​zu den angesprochenen Themenbereichen hinweisen.  

Wenn Sie weitergehende Fragen zu diesen oder ähnlichen Themen haben, so kontaktieren Sie bitte gerne die Verfasser oder die übrigen Expert: innen unserer Service Line "Transfer Pricing".